Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106043/10/WEI/Bk

Linz, 03.11.1999

VwSen-106043/10/WEI/Bk Linz, am 3. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des K, gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. November 1998, Zl. VerkR 96-10745-1998, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 45 Abs 4 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 (BGBl Nr. 267/1967, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 146/1998) und §§ 102 Abs 1, 134 Abs 1 KFG 1967 iVm § 4 Abs 4b KDV 1967 (BGBl Nr. 399/1967, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 308/1999) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 7. Oktober 1999 und Einschränkung der Berufung zu Spruchpunkt 3. auf Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen Spruchpunkt 2. wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten dieses Strafverfahrens entfällt.

II. Die Strafberufung gegen Spruchpunkt 3. wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Zu diesem Spruchpunkt hat der Berufungswerber im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 300,00 Schilling (entspricht  21,80 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie lenkten am 13.02.1998 um 19.40 Uhr den PKW, Mercedes 190, mit dem Probefahrtkennzeichen , auf der Engelbachstraße, von Wagenham kommend in Richtung Pischelsdorf, bis zum Nebengebäude Engelschärding , auf der Westseite der Engelbachstraße, auf ca. Höhe des Km 6,60 und haben

1. als Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, da Sie

  1. bei ca. Km 6,5 der Engelbachstraße nach links in den Engelschärdinger Ortschaftsweg einbogen,
  2. kurz nach dem Haus Engelschärding nach links in Richtung Engelbachstraße abbogen
  3. kurz nach dem Haus Engelschärding nach links in die Engelbachstraße einbogen

und Ihrer Verpflichtung zur Anzeige der Fahrtrichtungsänderung nicht nachge-kommen sind und sich sohin der Nachfolgeverkehr (Lenker des Dienstkraftwagens, Kennzeichen ) nicht auf die Fahrtrichtungsänderung einstellen konnte;

2. das Probefahrtkennzeichen zu einer Fahrt verwendet, die keine Probefahrt war.

3. Am gegenständlichen Fahrzeug waren verbotenerweise Sommerreifen mit verschiedenen Dimensionen montiert (hinten Firestone, Firehawk 690, Dimension 195/50 R 15, vorne Pirelli, P 600, Dimension 205/55 R 15)."

Dadurch erachtete die belangte Behörde in den gegenständlich relevanten Fällen zu Spruchpunkt 2. den § 45 Abs 4 KFG 1967 und zu Spruchpunkt 3. den § 102 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 KFG 1967 iVm § 4 Abs 4b KDV 1967 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen je nach dem Strafrahmen des § 134 Abs 1 KFG 1967 zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und zu Spruchpunkt 3. eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden).

1.2. Gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 26. November 1999 zugestellt wurde, richtet sich die am 9. Dezember 1999 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 4. Dezember 1999, die am 10. Dezember 1999 bei der belangten Behörde einlangte. Mit der schriftlichen Berufung wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung der Strafverfahren in beiden Spruchpunkten angestrebt. In der Berufungsverhandlung zog der Rechtsvertreter des Bw die Schuldberufung zu Spruchpunkt 3. zurück und hielt das Rechtsmittel in der Straffrage aufrecht.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche Berufungsverhandlung durchgeführt und Beweis erhoben durch Darstellung des Verfahrensganges, Einvernahme des Bw, Verlesung und Erörterung von vorgelegten Urkunden Beilagen A und B und Einvernahme der Gendarmeriebeamten GI W und RI J Zeugen.

3. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens und der Aktenlage ergibt sich nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 1999 Folgendes:

Zum Vorwurf nach Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses kann das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates auch nach Einvernahme der erhebenden Gendarmen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht den von der belangten Strafbehörde zugrundegelegten Sachverhalt mit der notwendigen Sicherheit feststellen. GI S gab an, dass der Bw am GP Mattighofen erklärte, in Mattighofen tanken gewesen zu sein. Ob er den Bw nach der Tankstelle konkret fragte oder nicht, konnte GI S in der Berufungsverhandlung nicht mehr angeben. Auch bei seiner Einvernahme im erstbehördlichen Verfahren machte dieser Zeuge zu diesem Beweisthema eher ungenaue Angaben. Er musste einräumen, dass eine Überprüfung der Tankangaben des Bw jedenfalls nicht stattfand. Zudem steht fest, dass man in Mattighofen bis 20.00 oder sogar 21.00 Uhr tanken kann, weshalb die Behauptung des Bw möglich war. Der den Meldungsleger begleitende RI D konnte in der Berufungsverhandlung mangels Erinnerung zur beanstandeten Verwendung der Probefahrtkennzeichen und zum angegebenen Grund der Fahrt überhaupt keine Angaben mehr machen.

Dieser dürftigen Beweislage steht die Vorlage einer Tankrechnung der Mattighofener Tankstelle B vom Vorfallstag gegenüber. Diese Urkunde (vgl Beilage A) beweist zwar für sich alleine nichts, zumal der Bw nicht als Adressat aufscheint und daher keine umsatzsteuergerechte Rechnung vorliegt. Das im Zusammenhang mit dieser Tankrechnung erstattete Vorbringen des Bw kann aber nach der Aktenlage auch nicht widerlegt werden. Im Zweifel ist daher zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er tatsächlich eine Tankfahrt zur nächsten Tankmöglichkeit von P nach Mattighofen unternommen hatte.

Zum Vorwurf nach Spruchpunkt 3. ist zunächst festzuhalten, dass der Rechtsvertreter des Bw in der Berufungsverhandlung nach durchgeführter Einvernahme der Zeugen die Schuldberufung zurückzog. Der Schuldspruch nach Spruchpunkt 3. ist demnach in Rechtskraft erwachsen, weshalb insofern die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde verbindlich und der weiteren Entscheidung über die Straffrage zugrunde zu legen sind. Im Einzelnen wird dazu auf die Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

4.1. Zum Spruchpunkt 2:

Gemäß § 45 Abs 1 Satz 2 KFG sind Probefahrten Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen.

Nach § 45 Abs 1 Satz 3 KFG gelten als Probefahrten auch

  1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,
  2. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer und
  3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt.

Nach § 45 Abs 4 Satz 2 KFG dürfen Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten geführt werden.

Die Berufungsansicht, dass Fahrten zum Zwecke des Tankens im Rahmen des Geschäftsbetriebes erfolgen, trifft auch nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates zu. Die Überführung eines Fahrzeuges zu einem anderen Gewerbebetrieb, zum Beispiel um Schlüssel zu besorgen oder das Fahrzeugschloss überprüfen zu lassen, erfolgt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Geschäftsbetriebes (vgl Grundtner, MGA KFG5, 1998, E 8 zu § 45). Analog dazu wird man auch eine Fahrt vom Betrieb zur nächsten Tankstelle, um Treibstoff für künftige Probefahrten zu beschaffen, als Probefahrt ansehen müssen.

Im vorliegenden Fall konnte die Verantwortung des Bw, er habe nur eine Probefahrt von seiner Werkstätte in P zur Tankstelle B an der B 147 im Ortsgebiet von Mattighofen unternommen und wäre nach dem Tanken auf der Heimfahrt von der Gendarmeriestreife angehalten worden, nicht widerlegt werden. Das gemäß § 45 Abs 6 KFG zu führende Probefahrtenbuch muss bei Fahrten nicht mitgeführt und ausgehändigt werden (vgl Grundtner, KFG5, Anm 15 zu § 45). Um den Bw einer missbräuchlichen Verwendung zu überführen, hätten die Gendarmen die Angaben des Bw zum Zweck seiner Fahrt unverzüglich überprüfen müssen. Sie hätten seine Angaben durch Ermittlungen vor Ort überprüfen und ihn gegebenenfalls auch auffordern können, das Probefahrtenbuch sofort vorzuweisen. Da derartige Erhebungen unterlassen wurden, kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht einfach davon ausgegangen werden, dass der Bw bloße Schutzbehauptungen vorgebracht hätte. Vielmehr konnte die angelastete Verwaltungsübertretung des § 45 Abs 4 iVm § 134 Abs 1 KFG nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit bewiesen werden.

4.2. Zum Spruchpunkt 3:

4.2.1. Gemäß § 102 Abs 1 Satz 1 KFG trifft den Kraftfahrzeuglenker die Pflicht sich vor Inbetriebnahme, soweit dies zumutbar ist, davon zu überzeugen, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht.

Gemäß § 4 Abs 4b KDV 1967 müssen Kraftwagen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg und einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h mit Reifen gleicher Bauart (Diagonal, Gürtelreifen mit Diagonalkarkasse, Radial, verstärkte Reifen) und Größe ausgerüstet sein.

Nach § 134 Abs 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis S 30.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

wer dem KFG, den auf Grund des KFG erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt.

Die unzulässige Verwendung von Sommerreifen verschiedener Größe, nämlich hinten Firestone, Firehawk 690, Dimension 195/50 R 15, und vorne Pirelli, P 600, Dimension 205/55 R 15, steht nach Zurückziehung der Schuldberufung in diesem Punkt nicht mehr in Frage. Es ist daher von einer Verwaltungsübertretung des § 4 Abs 4b KDV 1967 iVm §§ 102 Abs 1, 134 Abs 1 2. Fall KFG 1967 auszugehen.

4.2.2. Im Rahmen der Strafbemessung ging die belangte Behörde unwidersprochen von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen des Bw von S 15.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten und keinem relevanten Vermögen aus. Erschwerend wertete die Strafbehörde zu Spruchpunkt 3. eine einschlägige Vormerkung. Im aktenkundigen Vorstrafenverzeichnis ist per 22. Jänner 1998 eine Übertretung des § 102 Abs 1 KFG 1967, allerdings ohne Angabe des § 4 Abs 4b KDV 1967, vermerkt. Dabei muss es sich um eine gleichartige Übertretung gehandelt haben, zumal der Bw in der Berufungsverhandlung selbst angab, dass er bereits im Dezember 1997 wegen der Verwendung von Sommerreifen verschiedener Dimensionen beanstandet worden war.

Im Zuge der Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe wurde in der Berufungsverhandlung vorgebracht, dass die verhängte Geldstrafe von S 1.500,-- überhöht sei, weil die Reifen die richtige Profiltiefe aufwiesen und für sich allein betrachtet wegen identischen Abrollumfanges zur Verwendung zulässig gewesen wären. Die Verkehrssicherheit wäre nicht gefährdet worden.

Selbst wenn dieses Vorbringen zutreffen sollte, vermag es an der unzulässigen gleichzeitigen Verwendung von Sommerreifen verschiedener Dimensionen nichts zu ändern. Nach dem Sachverhalt hat der Bw vorne etwas breitere Reifen als hinten verwendet, obwohl dies nach dem Typenschein offenbar nicht zulässig war. Die Verwendung von Reifen verschiedener Größe kann sich auf das Fahrverhalten des Kraftfahrzeuges vor allem in Extremsituationen nachteilig auswirken. Deshalb muss noch keine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit vorliegen. Es genügen bereits abstrakte Gefahren, denen entgegengewirkt werden soll. Andernfalls hätte die Vorschrift des § 4 Abs 4b KDV 1967 über die Bereifung keinen Sinn. Nur der Typenschein oder die Einzelgenehmigung können Abweichungen vorsehen. Die zugunsten des Bw reklamierte Profiltiefe der Reifen hat überhaupt keinen Bezug zur Bestimmung des § 4 Abs 4b KDV 1967. Aus der Einhaltung der Vorschrift des § 4 Abs 4 KDV 1967 über die Mindestprofiltiefe kann er keine mildernden Umstände ableiten.

Bedenkt man, dass der Bw einschlägig vorbestraft ist und keine Milderungsgründe vorliegen, kann die verhängte Strafe von S 1.500,-- beim gegebenen Strafrahmen bis zu S 30.000,-- keineswegs als überhöht angesehen werden, beträgt sie doch lediglich 5 % des Strafrahmens. Für einen Wiederholungstäter innerhalb weniger Monate (Dezember 1997 - Februar 1998), für den in spezialpräventiver Hinsicht eine besondere Indikation vorliegt, erscheint diese Strafe eher als milde. Die Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden bewegt sich ebenfalls im untersten Bereich des vorgesehenen Strafrahmens bis zu sechs Wochen und kann daher nicht beanstandet werden. Die Strafberufung zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses war daher als unbegründet abzuweisen und der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel im Strafverfahren zu Spruchpunkt 2 gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Im Strafverfahren zu Spruchpunkt 3 war dem Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in Höhe von S 300,-- (20% der Geldstrafe) vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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