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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106061/17/BI/FB

Linz, 06.04.1999

 

VwSen-106061/17/BI/FB Linz, am 6. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, A, L, vom 11. Dezember 1998 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. November 1998, III/ S 36258/97 V2S SE, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 24. März 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die Verwaltungsstrafverfahren jeweils im Zweifel eingestellt, wobei Verfahrenskostenbeiträge nicht zu leisten sind.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a und 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 idFd 19. StVO-Novelle, BGBl.Nr. 518/94.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.500 S (64 Stunden EFS) und 2) 1.000 S (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 5. Oktober 1997 um ca 14.00 Uhr in L, S gegenüber Nr. 3 (vor Wahllokal) das KFZ, Kennzeichen , gelenkt und es

  1. als Lenker dieses Kraftfahrzeuges unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und
  2. als Lenker dieses Kraftfahrzeuges es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 250 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 24. März 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, der Zeugen J K, P S, S H und RI G Z durchgeführt. Seitens der Erstinstanz ist niemand erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei an dem in Rede stehenden Verkehrsunfall nicht beteiligt gewesen, könne sich nicht erklären, wie der Zeuge G zu seinem Namen und seiner Telefonnummer komme, und führt aus, ihm sei auch am Tag der Gegenüberstellung vom ÖAMTC Starthilfe geleistet worden, was beim ÖAMTC vermerkt sein müßte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört und die genannten Personen zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Am 5. Oktober 1997 um ca 14.00 Uhr machte der Zeuge P S, der vor dem Schulgebäude S 3, in dem an diesem Tag ein Wahllokal eingerichtet war, im PKW sitzend, auf eine Bekannte wartete, die Beobachtung, daß ein weißer Citroen XM mit Heckspoiler auf einem vor dem Schulgebäude gelegenen Parkplatz ausparkte und beim Rückwärtsfahren mit dem hinter ihm auf der gegenüberliegenden Seite des S abgestellten PKW kollidierte. Der abgestellte PKW des E G wurde dabei insofern beschädigt, als die Tür auf der Beifahrerseite eingedrückt wurde.

Der Zeuge S hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, es sei für ihn so überraschend gewesen, daß der Lenker anschließend mit starker Beschleunigung davongefahren sei, daß er nur Teile des Kennzeichens gesehen habe, die sich dann aber als nicht richtig herausgestellt hätten. Zu dieser Zeit seien außerdem die ihm persönlich bekannten Zeugen J und D K aus dem Schulgebäude gekommen und hätten ihn gegrüßt.

J K hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgesagt, er sei auf den PKW, der sich mit "höllischem Tempo" entfernt habe, vom Zeugen S aufmerksam gemacht worden und habe nur mehr festgestellt, daß es sich dabei um einen weißen Citroen XM mit weißem Heckspoiler und neuem Linzer Kennzeichen gehandelt habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte er sich nur mehr an den Endbuchstaben "S" des Kennzeichens erinnern, nicht aber an die Ziffernkombination.

Der Zeuge RI Z bestätigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, er sei damals als Beamter des VUK vom Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges, Herrn G, zur Unfallstelle gerufen worden. Die Zeugen K hätten ihm dort mitgeteilt, sie hätten beobachtet, daß ein weißer Citroen XM mit weißem Heckspoiler beim Ausparken vom Parkplatz vor dem Wahllokal an den gegenüber geparkten PKW angefahren sei, sodaß anzunehmen gewesen sei, daß das Fahrzeug eine Beschädigung im hinteren Bereich der Stoßstange haben müßte. Ihm sei auch ein, allerdings unvollständiges, Kennzeichen genannt worden, wobei sich aber bei der Funkabfrage weder eine Übereinstimmung der Marke noch der Farbe ergeben habe. Er habe dann eine Abfrage der Zulassungsdaten begonnen hinsichtlich Citroen XM, wobei für ihn auch naheliegend war, daß der Lenker des PKW offenbar vom Wahllokal kam, dh im dortigen Wahlsprengel wohnhaft sein mußte. Aufgrund der Zeugenangaben, das Kennzeichen habe mit " -7....." begonnen, hätten sich bei der Abfrage nur mehr drei Fahrzeuge ergeben, bei denen aber der PKW S nicht dabeigewesen sei. Es sei auch die Gegend abgefahren worden; allerdings seien dabei keine weißen Citroen XM mit weißem Heckspoiler aufgefallen. Erst später habe ihm der Geschädigte ein Kennzeichen genannt, nämlich , das von einem Fahrzeug, das in der Umgebung seiner Wohnadresse abgestellt sei, stamme. Bei der Überprüfung habe sich ergeben, daß es sich dabei tatsächlich um den weißen Citroen XM mit weißem Heckspoiler des Rechtsmittelwerbers gehandelt habe, der außerdem im Bereich der linken hinteren Stoßstange einen Abrieb aufwies, den der Rechtsmittelwerber, der offenbar als einziger seiner Familie das Fahrzeug lenkte, nicht erklären konnte. Aus diesem Grund sei schließlich Anzeige gegen ihn erstattet worden.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erneut ausgeführt, er habe damals zu Hause die Türstöcke gestrichen, während seine Gattin mit dem ältesten Sohn wählen gegangen sei. Bei ihrer Rückkehr habe sie ihm mitgeteilt, er brauche vom Haus A 31 nicht, wie zuerst vermutet, zur Vorderseite des Schulgebäudes im S zu gehen, sondern könne von hinten durch das Kindergartengebäude ins Wahllokal gelangen. Seine Gattin sei dann mit dem Sohn weggefahren und er habe nach Beendigung seiner Arbeit beabsichtigt, mit dem PKW nachzukommen. Er sei aber zuvor noch wählen gegangen, wobei er vom Haus A 31 aus zu Fuß über die Kreuzung mit dem M und durch das unmittelbar angrenzende Kindergartengebäude ins Wahllokal gegangen sei. Nach dem Wählen sei er zu seinem Wohnhaus zurückgegangen. Zu dieser Zeit sei sein PKW insofern defekt gewesen, als, wie ihm ein Mitarbeiter des ÖAMTC mitgeteilt habe, eine Kammer der Batterie nicht richtig funktioniert habe, dh der PKW sei manchmal angesprungen und manchmal nicht. Er habe aus diesem Grund bereits ein Startkabel mitgeführt und den Lenker eines neben seinem geparkten PKW, der ihm persönlich unbekannt gewesen sei, ersucht, ihm Starthilfe zu geben. Er sei daraufhin mit dem PKW nach U gefahren.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters ausgeführt, es sei ihm gar nicht mehr in Erinnerung gewesen, daß er an diesem Tag den Zeugen S H getroffen habe, einen Schulfreund seines Sohnes D, der zu diesem Zeitpunkt seinen Sohn von zu Hause zum Fußballspielen abholen wollte. Erst bei einem späteren Gespräch habe sich zufällig ergeben, daß sich der Zeuge H erinnern konnte, den Rechtsmittelwerber auf dem Weg zum Wahllokal zu Fuß angetroffen zu haben.

Der Zeuge S H hat bei der mündlichen Verhandlung bestätigt, er sei damals zu Fuß über die Kreuzung A - M gegangen und habe dabei den ihm persönlich bekannten Vater seines Schulfreundes getroffen und sie hätten sich gegrüßt. Er habe dann seinen Freund D zu Hause abgeholt. Der Zeuge H bestätigte bei der mündlichen Verhandlung, daß der Rechtsmittelwerber zu Fuß Richtung Kindergarten gegangen sei und gab auch an, ihm sei der ihm auch damals bekannt gewesene PKW der Familie S nicht aufgefallen; allerdings sei er nicht über den Parkplatz gegangen und habe auch nicht darauf geachtet.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters geltend gemacht, daß vor dem Haus A 31 manchmal ein PKW abgestellt sei, der seinem bis in Einzelheiten ähnle, wobei er auch in Erfahrung gebracht habe, daß dieser PKW auch am Nachmittag des 5. Oktober 1997 vor dem Haus A 31 abgestellt gewesen sei.

Der Zeuge RI Z hat bestätigt, daß ein solcher PKW des öfteren vor dem Haus A 31 abgestellt sei, konnte aber keine Angaben darüber machen, ob dies auch am Vorfallstag der Fall gewesen sei. Er bestätigte aber, er könne sich nicht mehr genau erinnern, aber er wisse noch, daß er lediglich aufgrund des Abriebs an der linken hinteren Stoßstangenecke am PKW S, die dieser auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr erklären konnte, zu der Auffassung gelangt sei, daß möglicherweise dieser PKW am in Rede stehenden Verkehrsunfall beteiligt gewesen sein könnte.

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß durch die Aussage des Zeugen H, der als Schulfreund des Sohnes des Beschuldigten keine nähere Beziehung zum Rechtsmittelwerber hat, und außerdem im Rahmen der mündlichen Verhandlung unter der Wahrheitspflicht des § 289 StGB stehend den damaligen Vorfall glaubwürdig geschildert hat, die Beschuldigtenverantwortung insofern bestätigt wurde, als davon ausgegangen werden kann, daß der Rechtsmittelwerber zu Fuß den Weg zum Wahllokal zurückgelegt hat.

Andererseits waren die Aussagen der Zeugen K und S, die bereits am Vorfallstag das Kennzeichen des unfallbeteiligten PKW nur mehr bruchstückhaft und letztlich unrichtig genannt haben, naturgemäß auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine näheren Angaben dazu machen konnten. Nachvollziehbar sind auch die Überlegungen des Zeugen RI Z, der aufgrund des Abriebs an der linken hinteren Stoßstangenecke des PKW S zur Überzeugung kam, daß nur dieser PKW am Unfall beteiligt sein konnte, zumal der Rechtsmittelwerber keine Gründe für diesen Abrieb nennen konnte. Der Zeuge hat aber ausdrücklich eingeräumt, es hätten sich bei der Überprüfung drei Fahrzeuge ergeben, darunter aber nicht der PKW , und er hat auch dezidiert ausgeführt, daß die Zulassungsdaten auch hinsichtlich der Farbe von Kraftfahrzeugen derart ungenau gespeichert sind, daß es geradezu einen Zufall darstellt, wenn tatsächlich alle in Frage kommenden Kennzeichen bei dieser Abfrage aufscheinen würden.

Zusammenfassend ergibt sich aus dem abgeführten Beweisverfahren, daß der Rechtsmittelwerber als Unfallbeteiligter am in Rede stehenden Verkehrsunfall wohl ausscheidet, zumal zum einen kein Grund vorgelegen hat, zunächst zu Fuß zum Wahllokal zu gehen, um dann nochmals mit dem PKW dort hinzufahren. Abgesehen davon besteht auch die Möglichkeit, daß der weiße Citroen XM, der am Unfall beteiligt war, trotz des Anstoßes an die relativ weichen Metallteile der Tür überhaupt keine Beschädigung aufwies, sodaß dies auch nicht unbedingt einen Anhaltspunkt bei der Suche nach diesem Lenker darstellen muß. Abgesehen davon hat auch der Zeuge RI Z bestätigt, daß ein PKW wie der des Rechtsmittelwerbers vor dem Haus A 31 öfters abgestellt war, der offenbar nicht überprüft wurde. Dabei ist aber zu bedenken, daß sich der Verkehrsunfall um ca 14.00 Uhr des 5. Oktober 1997 ereignet hat und das VUK laut Anzeige erst um etwa 15.20 Uhr dort eintraf. Aus den Aussagen von RI Z ergibt sich aber auch, daß es aufgrund der Ungenauigkeit des Systems bei der Abfrage der Zulassungsdaten geradezu einen Zufall darstellt, wenn tatsächlich ein Fahrzeug, das an einem Verkehrsunfall beteiligt war und anhand verschiedener Merkmale gesucht wird, auch tatsächlich gefunden wird.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß aus diesen Überlegungen dem Rechtsmittelwerber nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit die Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen vorgeworfen werden kann, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Naturgemäß fallen auch keinerlei Verfahrenskostenbeiträge an.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab erhebliche Zweifel an Lenkereigenschaft und PKW-Beteiligung des Rechtsmittelwerbers -> Einstellung im Zweifel.

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