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VwSen-106063/6/Gu/Pr

Linz, 21.04.1999

VwSen-106063/6/Gu/Pr Linz, am 21. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F. L., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.12.1998, Zl.III/Cst.9474/98, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 19. April 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Faktums 1 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Sachverhalt VStG eingestellt.

Bezüglich des Faktums 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Schuldspruch bestätigt, im übrigen aber der Berufung insoferne Folge gegeben, als der Straf- und Kostenausspruch zu entfallen hat und dem Rechtsmittelwerber in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG,

zu 1.: Art.4 Abs.1 7. Zusatzprotokoll zur MRK

zu 2.: § 5, § 24 Abs.1c StVO 1960, § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 13.2.1998 um 15.05 Uhr in das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen

1.abgestellt zu haben, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot besteht und

2.innerhalb von 5 m vor dem Schutzweg (ca. 2 m) aus der Sicht des ankommenden Verkehrs abgestellt zu haben, wobei die Benutzung des Schutzweges nicht durch Lichtzeichen geregelt war.

Wegen Verletzung des § 24 Abs.1 lit.a StVO einerseits und wegen Verletzung des § 24 Abs.1 lit.c StVO andererseits, wurden ihm in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. Geldstrafen von zweimal 500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von zweimal 18 Stunden und 10%ige erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge auferlegt.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß es sich bei dem beanstandeten Verhalten um ein bloßes Anhalten, dh ein durch die Verkehrsverhältnisse erzwungenes zum Stillstandbringen des Fahrzeuges gehandelt habe, weil Fußgänger vor seinem Fahrzeug den Schutzweg überquert hätten.

Aufgrund der Berufung wurde am 19. April 1999 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und der Meldungsleger zur zeugenschaftlichen Aussage verhalten.

Der Meldungsleger konnte sich in der mündlichen Verhandlung an den seinerzeitigen Vorfall nicht mehr erinnern und verwies auf die Anzeige. Deshalb mußte auf diese und auf das Protokoll über die Vernehmung vor der 1. Instanz zurückgegriffen werden.

Der Rechtsmittelwerber blieb bei seiner Darstellung in der Berufung.

Feststeht, daß sich der Beschuldigte zur Tatzeit im Bereiche der Tatörtlichkeit aufgehalten hat und hiebei ca. 2 m vor dem Schutzweg "zwischen den beiden Löwen" bei der Abfahrtshalle des Hauptbahnhofes in Linz gesichtet wurde und hiebei ca. 1 - 2 Minuten vor diesem Schutzweg nahe den einfallenden Stufen des Hauptbahnhofes stand. Beim südlichen Löwenstandbild ist das Verbotszeichen "Halten und Parken verboten Anfang" und beim nördlichen das Ende dieses Verbotes angebracht.

Ungeachtet, daß Fußgänger den Schutzweg überquerten, hat es das höhere Maß der Wahrscheinlichkeit für sich, daß der meldungslegende Zeuge seinerzeit wohl zu unterscheiden vermochte, daß das Stehen am rechten Fahrbahnrand vor dem Schutzstreifen nicht bloß zur Möglichkeit des Passierens von Fußgängern stattfand, sondern in Erwartung einer Person. Kurz darauf erschien auch eine Person (der Sohn des Beschuldigten), welcher die anschließende Amtshandlung zu kalmieren versuchte.

Daß der Sohn des Beschuldigten, welcher noch studiert, zufällig zum Hauptbahnhof und bei ihm vorbeigekommen sei, erschien dem Oö.Verwaltungssenat aufgrund der Umstände in der Zusammenschau nicht glaubwürdig.

Handelte es sich jedoch beim Stehen des PKW 2 m vor dem Schutzweg, wenn auch nur 1 - 2 Minuten um kein bloßes Anhalten, so war hiezu rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 24 Abs.1 StVO 1960 ist das Halten und Parken verboten

a.im Bereich des Vorschriftszeichens Halten und Parken verboten nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13b

..................................

c.auf Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten und wenn deren Benützung nicht durch Lichtzeichen geregelt ist, 5 m vor dem Schutzweg oder der Radfahrerüberfahrt aus der Sicht des ankommenden Verkehrs.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer unter anderem die vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen mißachtet.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Als geprüften Autolenker mußte dem Beschuldigten die Kenntnis der Halte- und Parkverbote zugemutet werden. Umstände, wonach die subjektive Tatseite nicht gegeben gewesen sei, wurden nicht offenbar.

Art.4 Abs.1 des 7. ZP zur MRK normiert das Verbot der Doppelbestrafung.

Der Verfassungsgerichtshof hat in nunmehriger ständiger Rechtsprechung dargetan, daß bei eintätigem Verhalten, welches mehrere strafbare Tatbestände erfüllt, dieses verfassungsrechtliche Gebot der Vermeidung einer Doppelbestrafung zu beachten ist und die Normen eingehend dahin zu untersuchen sind, ob nicht Fälle der Scheinkonkurrenzen so auch der Spezialität gegeben sind.

Gemessen am vorliegenden Einzelfall und unter Maßgabe der besonderen örtlichen Verhältnisse ergibt sich, daß aufgrund des in § 24 Abs.1 lit.a StVO der beschriebene Halte- und Parkverbotsbereich (zwischen den beiden steinernen Löwen vor der Abfahrtshalle des Linzer Hauptbahnhofes) in der Zone auf dem Schutzweg und 5 m davor (aus der Sicht des ankommenden Verkehrs) durch die speziellere Norm des § 24 Abs.1 lit.c StVO 1960 verdrängt wird.

Aus diesem Grunde war in verfassungskonformer Interpretation Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

Bezüglich des Faktums 2 kam der Oö. Verwaltungssenat, wie oben ausgeführt zum Ergebnis, daß es sich um kein bloßes Anhalten vor dem Schutzweg handelte. Aus diesem Grunde war der Schuldspruch zu bestätigen.

Angesichts der Tatsache, daß es sich beim Rechtsmittelwerber um einen unbescholtenen Verkehrsteilnehmer handelt, wobei der Unrechtsgehalt durch das bloße Halten im Ausmaß von 1 - 2 Minuten als mindergewichtig angesehen werden konnte und das Verschulden ebenfalls gering wog, konnte von der Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG Gebrauch gemacht werden.

Im Hinblick auf eine künftige genaue Beachtung der einschlägigen Verkehrsvorschriften erschien gegenüber dem Beschuldigten, der weiterhin Verkehrsteilnehmer ist, der Ausspruch einer Ermahnung erforderlich.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, blieb der Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG von der Pflicht befreit, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Bei eintätigem Handeln ist § 24 Abs.1 lit.c StVO die speziellere Norm gegenüber einem verordneten Halteverbot, welches sich über den Schutzweg und die 5 m Zone davor hinzieht.

 

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