Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106084/16/Kon/Pr

Linz, 12.05.1999

VwSen-106084/16/Kon/Pr Linz, am 12. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn R. St., E., BRD, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N. N., G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 29.12.1998, VerkR96-2356-1998, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 27. April 1999 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf den Betrag von 3.300 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 60 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 330 S herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben am 4.4.1998 um 09.46 Uhr als Lenker des PKW auf der A 8 zwischen Km 60 und Km 61 eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 180 km/h eingehalten und damit die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 50 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr.159/1960 idgF. (StVO 1960)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

3.600,-- 3 Tage 99 Abs.3 lit. a StVO 1960

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

360,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 3.960,--Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Hiezu führt die belangte Behörde unter Anführung des § 20 Abs.2 StVO im wesentlichen aus, daß Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand und Aufzeichnung der gemessenen Geschwindigkeit mittels geeichter ProViDa-Anlage grundsätzlich eine geeignete Meßmethode darstelle. Dabei sei das Meßergebnis um so genauer, je länger die Meßstrecke sei, weil dann nicht nur eine punktuelle Höchstgeschwindigkeit sondern eben die Durchschnittsgeschwindigkeit für diese Meßstrecke ermittelt werde. Selbstverständlich sei auch bei diesem Meßverfahren eine gewisse Meßtoleranz zu berücksichtigen, wobei nach der Rechtsprechung 5 % vom Meßwert als Fehlergrenze ausreichend seien. Es ergebe sich daher für die Fahrtstrecke zwischen Km 60 und Km 61 eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 180 km/h.

Aufgrund der unbedenklichen Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten sei das Kennzeichen auf dem vorhandenen Videofilm deutlich ablesbar. Lediglich bei der Ausarbeitung einzelner Lichtbilder sei die Ausarbeitungsqualität nicht so hoch, daß die Kennzeichen ablesbar blieben. Diese Angaben könnten durch Abspielen des Filmes bei der Autobahngendarmerie leicht überprüft werden, was jedoch entbehrlich erscheine, weil nicht anzunehmen sei, daß die Gendarmeriebeamten Fotos vertauscht hätten. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Tatzeit übereinstimme. Eine derartige Vorgangsweise hätte lediglich das Verfahren verzögert und weitere Kosten bewirkt. Was den Einwand der Verfolgungsverjährung betrifft, führt die belangte Behörde aus, daß nach der Entscheidung des VwGH vom 18.5.1988, 87/02/0178, es eine dem Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung darstelle, wenn dem Vertreter des Beschuldigten die Anzeige, aus der sich der von der Behörde angenommene Sachverhalt ergebe, durch Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht werde. Nachdem die Akteneinsicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt sei und der dem Beschuldigten nunmehr vorgeworfene Sachverhalt sich vollständig aus der Anzeige ergebe, sei keinesfalls Verfolgungsverjährung eingetreten. Dies ungeachtet, daß die im Spruch dem Beschuldigten vorgeworfene Verwaltungsübertretung geringfügig vom Vorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung abweiche.

Das Vorliegen der subjektiven Tatseite der gegenständlichen Verwaltungs-übertretung wird von der belangten Behörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 5 Abs.1 und Abs.2 VStG damit begründet, daß die vom Beschuldigten behauptete Unkenntnis des auf österreichischen Autobahnen geltenden Tempolimits von ihm selbst verschuldet sei. Er hätte sich nämlich mit den österreichischen einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut machen müssen. Des weiteren sei gemäß § 53 Abs.1 Z22 StVO das Hinweiszeichen "Allgemeine Geschwindigkeits-beschränkung" an den für den Kraftfahrzeugverkehr geöffneten Grenzübergängen angebracht.

Die Strafhöhe wird von der belangten Behörde unter Hinweis auf die von ihr angeführten Bestimmungen des § 19 VStG damit begründet, daß insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, die verhängte Strafe sich als angemessen erweise. Geschwindigkeitsüberschreitungen gehörten zu den gravierendsten Verstößen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und stellten eine der häufigsten Unfallsursachen dar. Eine derartig eklatante Geschwindigkeits-überschreitung wie die des Beschuldigten gefährde in höchstem Maße jene Rechtsgüter, deren Schutz die Straßenverkehrsordnung diene. Es seien dies insbesondere Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Straßenverkehrsteilnehmer. Bei einem Unfall mit einer so hohen Geschwindigkeit würden erfahrungsgemäß besonders große Schädigungen dieser Rechtsgüter auftreten. Die Strafbehörde gehe davon aus, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung zumindest grob fahrlässig begangen worden sei, weil bei einer Geschwindigkeit von ca. 180 km/h ein "Übersehen" der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht anzunehmen sei.

Die vom Beschuldigten beantragte Anwendung des § 20 VStG sei nicht möglich, weil § 99 Abs.3 lit.a StVO keine Mindeststrafe vorsehe und auch nicht nachvollziehbar sei, wie eine nicht vorhandene Mindeststrafe unterschritten werden solle. In Anbetracht der gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S bewege sich die verhängte Geldstrafe von 3.600 S ohnehin noch im unteren Bereich des Strafrahmens. Sie würde auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten entsprechen, wobei die Strafbehörde aufgrund dessen Mitteilung davon ausgehe, daß dieser über ein monatliches Einkommen von ca. 10.000 S bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten erziele.

Als mildernd wäre die bisherige Straflosigkeit zu werten gewesen. Erschwerungsgründe seien nicht in Erscheinung getreten.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung ausgeführt wie folgt:

" Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfange und Inhalte nach wegen Rechtswidrigkeit/Mangelhaftigkeit bekämpft und im einzelnen ausgeführt wie folgt:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir angelastet am 04.04.1998 um 09.46 Uhr als Lenker des PKW auf der A8 zwischen Km. 60 und 61 eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 180 km/h eingehalten und damit die auf österr. Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 50 km/h überschritten zu haben, und wurde deshalb über mich eine Geldstrafe von ATS 3.960,-- (inkl. Verfahrenskosten) verhängt.

Laut dem Akteninhalt ereignete sich das angebliche Schnellfahrdelikt am 04.04.1998. Die Verfolgungsverjährung ist somit mit 04.10.1998 eingetreten. Es erfolgte aber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - sohin bis 04.10.1998 - keine rechtswirksame/korrekte Verfolgungshandlung im Sinne des nunmehr,mit dieser Berufung bekämpften Tatvorwurfes, wie er im Straferkenntnis vom 29.12.1998 enthalten ist.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.05.1998 wurde vorgeworfen am 04.04.1998 um 09.46 Uhr als Lenker des PKW auf der A8 bei Km. 60.500 im Gemeindeaebiet St. M., Fahrtrichtung S. die auf österr. Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 56 km/h überschritten zu haben.

In der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.11. 1998 wird in Abweichung zu diesem Tatvorwurf laut Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.05.1998 der Tatvorwurf bereits dahingehend abgeändert, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mindestens 50 km/h überschritten worden sei. Hiezu ist auszuführen, dass es sich dabei um keine konkrete Verfolgungshandlung im Sinne eines Tatvorwurfes, sondern lediglich eine Verständigung handelt.

Überdies ist diese Konkretisierung des Tatvorwurfes bereits

ausserhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt.

Gemäß § 44 a Zif. 1 VSTG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, wobei diese in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und der Spruch geeignet ist dem Beschuldigten rechtlich vor einer Doppelbestrafung zu schützen. Da der nunmehr konkrete Schuld- und Tatvorwurf innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist seitens der Behörde nicht geahndet wurde, ist der bekämpfte Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und sohin ersatzlos zu beheben und wird zur Darlegung daher nochmals ausgeführt wie folgt:

Wie bereits dargelegt bin ich das erste Mal in Österreich unterwegs gewesen und habe leider keine konkrete Kenntnis über die höchstzulässige Geschwindigkeit auf Autobahnen gehabt. Dies ergibt sich auch aus der Anzeigetextierung vom 24.04.1998 in der Rubrik "Angaben des Verdächtigen" ist in der Anzeige festgehalten, dass ich nicht wusste wie schnell man in Österreich fahren dürfe.

Zu den vorliegenden Lichtbildauswertungen der Videoaufnahme ist auszufahren, dass auf keinem der Lichtbilder das Kennzeichen tatsächlich abgelesen werden kann. Sowohl Grup.Insp. E. als auch Rev.Insp. W. haben anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme vom 31.08.1998 bzw. 27.07.1998 zugestanden, dass auf den Fotos die Kennzeichen nicht ablesbar sind. Dies gilt offensichtlich auch für die Original-Fotos und nicht nur für die vorliegenden Lichtbildkopien, welche dem ausgewiesenen Rechtsfreund zur Verfügung stehen.

Es wird sohin in diesem Zusammenhang gestellt der

A N T R A G

Lichtbildauswertungen vorzunehmen, aus welchem das Kennzeichen des abgebildeten PKW's ersichtlich und lesbar ist. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt bestritten, dass auf den vorliegenden Lichtbildern die Messung vom 04.04.1998, 09.46 Uhr den PKW der Marke Opel Typ Omega mit dem Kennzeichen betraf.

Obwohl im Stellungnahmeschriftsatz vom 07.07.1998 ausdrücklich der Antrag auf Beischaffung des bezughabenden Eichscheines für das in Verwendung gestandene Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät beantragt wurde, haben die Zeugen Grup.Insp. E. und Rev.Insp.

W. anlässlich ihrer Einvernahmen vom 31.08.1998 und

 

27.07.1998 keinen Eichschein beigebracht.

 

Es muss daher davon ausgegangen werden, dass im konkreten Fall keine ordnungsgemäße Eichung vorlag, womit das Vorliegen einer Fehlmessung indiziert ist. Es wird sohin wiederholt der

A N T R A G

auf Beischaffung des bezughabenden Eichscheines betreffend die verfahrensgegenständliche Pro-Vida-Anlage zum Beweise dafür, dass die gesetzlich erforderliche Eichung unterlief

Wenn in der Anzeige vom 24.04.1998 festgehalten ist bei Autobahnkm. 60,500 sei eine Höchstgeschwindigkeit von 196 km/h gemessen worden, was nach Abzug der 5 %igen Verkehrsfehlergrenze 186 km/h an Höchstgeschwindigkeit entspreche, so ist dies unrichtig.

Wie sich aus den beigelegten Lichtbildaufnahmen ergibt erfolgte der Messbeginn um 09:46:17 Uhr. Dabei ist aus dem Lichtbild eine gemessene Geschwindigkeit von 186 km/h ersichtlich (offensichtlich Höchstgeschwindigkeit). Wie aus den Lichtbildern weiter ersichtlich ist müsste dieses Lichtbild bei Km. 60,00 angefertigt worden sein. Nach einer Verlaufsdauer von 9,73 sek., sohin bei 09:46:27 Uhr ist eine Geschwindigkeit von 191 km/h auf dem Foto ersichtlich. Unter Berücksichtigung des 5 %igen Sicherheitsabzuges entspricht dies einem Höchstgeschwindigkeitswert von 181 km/h und nicht wie in der Anzeige dargestellt von 186 km/h. Aus dem Lichtbild ist ersichtlich, dass eine Distanz von 511 m zurüqkgelegt wurde und sich dies daher bei AutobahnKm. 60,500 ereignet haben müsste. Der Vorwurf bei AutobahnKm. 60,500 eine Höchstgeschwindigkeit von 186 km/h gefahren zu haben, ist sohin vom vorliegenden Beweismaterial nicht gedeckt. Es wird sohin in diesem Zusammenhang gestellt der

A N T R A G

auf Beiziehung eines technischen Sachverständigen, welchem die Video-Aufnahme zur Auswertung vorzulegen ist. Dies zum Beweise dafür, dass der Einschreiter bei AutobahnKm. 60,500 keine Höchstgeschwindigkeit von 186 km/h (abzüglich Sicherheitsabzug, gemessene Geschwindigkeit sohin 196 km/h) eingehalten hat.

Weiters wird gestellt der

A N T R A G

auf ergänzende Einvernahme der Mgldungsleger zum Beweise dafür, dass sich bei AutobahnKm. 60,500 aufgrund des vorliegenden Lichtbildmateriales und der Video-Aufnahme keine Höchstgeschwindigkeit des Einschreiters (unter Abzug des Sicherheitsabzuges) von 186 km/h ergibt und sohin hinsichtlich des Tatortes 61,000, bei welchem ein Messergebnis von 196 km/h (unter Sicherheitsabzug 186 km/h) ausweist, bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Über all diese Punkte liegen keinerlei Beweisergebnisse vor, weshalb das Verfahren noch nicht spruchreif war und die angefochtene Entscheidung sohin rechtswidrig.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sowie unter Hinweis auf das lediglich geringe Einkommen von DEM 1.430,04 ist die verhängte Geldstrafe überdies als überhöht anzusehen. Im konkreten Fall liegen nachfolgende Milderungsgründe vor:

- der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, daß die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;

- die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

- die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

- die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen wurde;

- optimale Fahrbahn- und Straßen- sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr);

- die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

- es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

- sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde (keine noch höhere Geschwindigkeit eingehalten wurde);

- die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt."

Aufgrund des dieses Berufungsvorbringens wie auch aufgrund des entsprechenden ausdrücklichen Antrages war vom unabhängigen Verwaltungssenat eine öffentlich mündliche Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen wie auch unter Beiziehung eines technischen Amtssach-verständigen anzuberaumen.

Unter Zugrundelegung des Ergebnisses dieser mündlichen Verhandlung vom 27.4.1999 hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zur behaupteten Verfolgungsverjährung:

Dieser Einwand ist insoferne unzutreffend, als aktenkundig die belangte Behörde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.5.1998, das sind rund 5 Wochen nach dem Begehungszeitpunkt und sohin innerhalb der 6-monatigen Verfolgungs-verjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt hat.

Wenn in der erwähnten Aufforderung dem Beschuldigten eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von 56 km/h bei Autobahn-Km 60,500 vorgeworfen wird, in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.11.1998 wie auch im Straferkenntnis selbst davon abweichend eine Überschreitung im Ausmaß von lediglich 50 km/h und dies im Bereich zwischen Autobahn-Km 60 und 61, ist dies ohne Belang und verbindet sich damit keine Tatauswechslung. Ebensowenig ist der Beschuldigte hiedurch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt, dies allein schon deshalb, weil auszuschließen ist, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt 4.4.1998, 9.46 Uhr, zwischen Autobahn-Km 60 und 61 zweimal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, nämlich einmal um 56 und einmal um 50 km/h überschritten hat. Jedenfalls wurde dem Beschuldigten rechtzeitig und ausreichend individualisiert und konkretisiert die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen vorgeworfen. Beizutreten ist auch der Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach es eine dem Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung darstellt, wenn dem Vertreter des Beschuldigten die Anzeige, aus der sich der von der Behörde angenommene Sachverhalt ergibt, durch Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht wird. Anhand der Aktenlage ergibt sich, daß vom Beschuldigtenvertreter innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist Akteneinsicht genommen werde.

Zum Einwand der nicht erwiesenen Tat und des überhöhten Strafausmaßes:

Ungeachtet, daß auf den im Akt erliegenden Videofotos das behördliche Kenn-zeichen des darauf abgebildeten PKWs nicht ersichtlich ist und daß auch für das Beweisverfahren der Berufungsinstanz ein Videofilm nicht mehr zur Verfügung stand, ist aufgrund des Ergebnisses der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung sowohl hinsichtlich der objektiven als auch der subjektiven Tatseite als erwiesen anzusehen. So wurde lt. dem bei der öffentlich mündlichen Verhandlung aufliegenden Eichschein Nr. E BG 4054 des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen das verfahrensgegenständliche Geschwindigkeitsmeßgerät am 9.1.1998 geeicht. Lt. Eichschein verliert die Eichung ihre Gültigkeit erst mit Ablauf des 31.12.2001. Die Geschwindigkeitsmessung zum Tatzeitpunkt erfolgte sohin mit einem gültig geeichten Gerät. Übereinstimmend mit der belangten Behörde hält der unabhängige Verwaltungssenat grundsätzlich fest, daß Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand und Aufzeichnen der gemessenen Geschwindigkeiten mittels geeichte ProViDa-Anlage grundsätzlich eine geeignete Meßmethode darstellt. Dies insoferne, weil ein Meßergebnis um so genauer wird, je länger die Meßstrecke ist und dabei nicht nur eine punktuelle Höchstgeschwindigkeit sondern eben auch die Durchschnittsgeschwindigkeit für diese Meßstrecke ermittelt wird. Die Richtigkeit des Tatvorwurfes wird weiters durch die Aussagen der Meldungsleger, Bez.Insp. Josef E. und Rev.Insp. W. erhärtet. So sind genannte Zeugen als Zivilstreife dem Beschuldigten auf eine Strecke von ungefähr 1000 m Länge in einem Abstand von ca. 300 m nachgefahren. Die Meldungsleger haben den Beschuldigten auch im Bereich der Autobahnausfahrt Ort i.I. angehalten und ihm die Überschreitung vorgehalten, wobei sich der Beschuldigte lediglich mit dem Vorbringen verantwortete, daß ihm die in Österreich auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeiten nicht bekannt seien. Vielmehr sei er als deutscher Staatsbürger von einer Richtgeschwindigkeit, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland festgesetzt seien, ausgegangen. Festzuhalten ist auch, daß einer der Meldungsleger bei der Anhaltung des Beschuldigten dessen Autokennzeichen festgehalten hat, sodaß unabhängig davon, daß auf den im Akt erliegenden Videobildern das Kennzeichen nicht ersichtlich ist, davon ausgegangen werden kann, daß der darauf abgebildete PKW jener des Beschuldigten ist. Auch hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung bzw. der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit des Beschuldigten bestehen keine Zweifel. Dies aus folgenden Gründen:

Es wurde vom Meldungsleger Rev.Insp. W. eine Kopie seiner handschriftlichen Aufzeichnungen betreffend die zur Anzeige gebrachte Geschwindigkeitsübertretung vorgelegt. Lt. diesen handschriftlichen Aufzeichnungen ist bei Autobahn-Km 60,500 eine Geschwindigkeit von 196 km/h verzeichnet. Es tut dabei nichts zur Sache, wenn der Meldungsleger, wie er selbst angab, zunächst fälschlicherweise eine solche von 191 km/h vermerkt hatte und diese dann auf den Wert von 196 km/h ausbesserte. Dies auch deshalb, weil dem Beschuldigten bei seiner Anhaltung ohnehin nur eine Fahrgeschwindigkeit von 191 km/h vorgehalten wurde. Das Meßergebnis mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 191 km/h sei auf dem Display der ProViDa-Anlage aufgezeigt worden. Vom Zeugen Rev.Insp. W. wurden sodann auch diese Aufzeichnungen den Parteien zur Einsichtnahme vorgelegt. Für die Richtigkeit der festgestellten Geschwindigkeitsmessung sprechen auch die Ausführungen des beigezogenen technischen Amtssachverständigen, denenzufolge mangels ersichtlicher PP-Geschwindigkeit auf den Fotos von der geeichten Eigengeschwindigkeit des nachfahrenden Dienstfahrzeuges auszugehen ist. Diese Eigengeschwindigkeit ist im rechten unteren Datensegment eingeblendet und beträgt lt. Fotos zum Zeitpunkt 09:46:17, 186 km/h, zum Zeitpunkt 09:46:36, 196 km/h und zum Zeitpunkt 09:46:27, 191 km/h. Aufgrund des fehlenden Videobandes als Beweismittel müsse jedoch von einer einfachen Geschwindigkeitsfeststellung, wie sie durch Nachfahren hinter dem Beschuldigtenfahrzeug vorgenommen würde, ausgegangen werden. Hiezu sei jedoch festzustellen, daß die Geschwindigkeit nicht vom Geschwindigkeitsmesser des verfolgenden Dienstkraftwagens abgelesen wird, sondern vom geeichten Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerät. Es brauche daher die Tachofehlerabweichung nicht bekannt zu sein. So liege diesbezüglich eine Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen mit der Geschäftszahl GZ-41800/97 gerichtet an das Amt der Steierm. Landesregierung vor. In dieser werde festgehalten, daß eine Zuordnung einer Geschwindigkeit zur Geschwindigkeit eines davor fahrenden Fahrzeuges nur durch Einhaltung eines annähernd konstanten Abstandes auf eine Länge von mindestens 300 m möglich und gestattet sei. Die im gegenständlichen Fall gefahrene Meßstrecke betrage jedoch mindestens 1000 m. Wenn dabei keine Videoaufzeichnungen verwendet werden, so sind bei der Übertretung der Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund der Unsicherheit der Methode bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h 10 % in Abzug zu bringen. Im gegenständlichen Fall würde dies bedeuten, daß bei einer im Display erscheinenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 191 km/h eine Geschwindigkeit von 171,9 km/h verbliebe. Der Amtssachverständige erklärte dabei, daß diese Regelung betreffend die Meßfehlergrenze eine solche zu Gunsten des Beschuldigten darstelle und es durchaus der Fall sein könne, daß die zur Anzeige gebrachte Geschwindigkeit tatsächlich gefahren worden sei.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen, in welchem auf die obzitierte Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen hingewiesen wurde, sah sich der unabhängige Verwaltungssenat veranlaßt, die dem Beschuldigten angelastete Höchstgeschwindigkeit von 181 km/h auf 171,9 km/h herabzusetzen, wodurch sich das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung auf rund 41 km/h vermindert. Aufgrund des sohin geringer anzusetzenden Ausmaßes der Geschwindigkeits-überschreitung war daher das Strafausmaß auf das im Spruch festgelegte Ausmaß herabzusetzen.

Aus den dargelegten Gründen war in teilweiser Stattgebung der Berufung wie im Spruch zu entscheiden.

Kosten für das Berufungsverfahren fallen nicht an, da der vorliegenden Berufung - wenn auch nur teilweise - Folge zu geben war (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h 

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