Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106109/2/Le/Km

Linz, 02.03.1999

VwSen-106109/2/Le/Km Linz, am 2. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des K F, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12.1.1999, S-41577/98-4, mit welchem dem Einspruch vom 28.12.1998 gegen die mit der Strafverfügung vom 14.12.1998 verhängte Strafe keine Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 300 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 49 Abs.2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit der Strafverfügung vom 14.12.1998 wurde der nunmehrige Berufungswerber wegen einer Geschwindigkeitsübertretung auf der Autobahn mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) bestraft. Es war ihm vorgeworfen worden, auf einer näher bezeichneten Teilstrecke der A1 Westautobahn die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten zu haben, weil die mit einem Meßgerät festgestellte Fahrgeschwindigkeit 162 km/h betrug.

2. Mit Schriftsatz (ohne Datum), zur Post gegeben am 28.12.1998, erhob der nunmehrige Berufungswerber Einspruch ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß. Den Einspruch begründete er damit, daß durch seine Geschwindigkeitsübertretung niemand gefährdet oder behindert worden sei, daß keine aus Sicherheitsgründen notwendige Geschwindigkeitsbeschränkung übertreten wurde und daß das Strafausmaß knapp 10 % seines Nettobezuges betrage. Er ersuchte, das verhängte Strafausmaß im Rahmen des Möglichen nach unten zu reduzieren bzw. völlig von einer Strafbemessung abzusehen und das Verfahren einzustellen.

3. Die Erstbehörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12.1.1999 diesem Einspruch keine Folge gegeben und die mit der Strafverfügung verhängte Strafe bestätigt. Ferner hat sie einen Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben. In der Begründung legte die Erstbehörde dar, daß bei der Strafbemessung die Bestimmung des § 19 VStG eingehalten wurde. Sie führte weiters aus, daß dem Einspruchswerber der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute kam. Überdies hätte sie auch den Umstand, daß zu einem großen Teil gerade Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder Ursache von Verkehrsunfällen sind, in generalpräventiver Hinsicht bei der Verhängung der Strafe berücksichtigt.

4. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung (ohne Datum), mit der beantragt wurde, das verhängte Strafausmaß im Rahmen des Möglichen entsprechend nach unten zu reduzieren bzw. von einer Strafbemessung völlig abzusehen und das Verfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, daß durch seine Geschwindigkeitsübertretung niemand gefährdet oder behindert worden sei, weil schönes Wetter und klare Sicht gewesen wären, die Straße in diesem Bereich kerzengerade gewesen wäre und kein nennenswertes Verkehrsaufkommen auf der Autobahn eine "angepaßte Geschwindigkeit" erfordert hätte. Es wäre auch keine aus Sicherheitsgründen notwendige Geschwindigkeitsbeschränkung vorhanden gewesen. Es sei somit kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet geschweige denn geschädigt worden; es wären dadurch niemandem nachteilige Folgen entstanden. "Es wurde lediglich eine Rechtsvorschrift (höchstzulässige Geschwindigkeit auf Autobahnen) unbedeutend übertreten." Hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit führte der Berufungswerber aus, daß er seines Wissens nach auf der Autobahn noch niemals wegen einer Geschwindigkeitsübertretung belangt worden sei. Seiner Meinung nach müsse unterschieden werden, wo und wann Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen werden. Das generelle Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen sei seinerzeit nicht aus Gründen der besonders signifikanten Unfallzahlen, sondern aus Umweltschutzgründen eingeführt worden. In der BRD gäbe es auch keine höheren Unfallzahlen als in Österreich. Es entstehe sohin für ihn der Eindruck, daß die Geschwindigkeitsüberwachungen auf der Autobahn in solchen Teilabschnitten hauptsächlich zum einen der verwaltungsrechtlichen Kriminalisierung und zum anderen dem schonungslosen Abkassieren der Autofahrer denn der Hebung der Verkehrssicherheit diene. Die Aussage der Behörde, daß sie bei der Strafbemessung die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ausreichend berücksichtigt habe, sei falsch. Er selbst sei Verwaltungsbeamter im öffentlichen Dienst mit einer teilzeitbeschäftigten Ehefrau und einem schulpflichtigen Kind. Für ihn und seine Familie wäre 1.650 S Strafe eine große Belastung und keinesfalls der für die Allgemeinheit unbedeutenden geringfügigen Geschwindigkeitsübertretung auf einer Autobahn angemessen. 5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

5.2. Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges .... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h ... fahren. Eine Verwaltungsübertretung begeht gemäß § 99 Abs.3 StVO und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen a) wer als Lenker eines Fahrzeuges ... gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes ... verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1 b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Der nunmehrige Berufungswerber hat außer Streit gestellt, daß er die ihm angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat. Es ist daher im vorliegenden Verfahren von der Verwirklichung der objektiven Tatseite dieser Verwaltungsübertretung auszugehen. 5.3. Der Berufungswerber aber, vermeint aufgrund der geschilderten optimalen Verhältnisse (schönes Wetter, klare Sicht, kerzengerade Straße, kein nennenswertes Verkehrsaufkommen) nicht Unrecht gehandelt zu haben, sondern daß er "lediglich eine Rechtsvorschrift ... unbedeutend übertreten" habe.

Diese Argumentation kann nicht nachvollzogen werden: Wenn der Berufungswerber meint, daß er damit einen Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgrund für seine Geschwindigkeitsübertretung aufgezeigt hat, so ist ihm entgegenzuhalten, daß er damit selbst angegeben hat, die Geschwindigkeitsübertretung vorsätzlich begangen zu haben. Es war ihm das auf Österreichs Autobahnen geltende Tempolimit bekannt und er fühlte sich aufgrund der von ihm geschilderten optimalen Verhältnisse berechtigt, diese Geschwindigkeitsbeschränkung zu überschreiten. Damit aber hat er selbst zugegeben, diese Übertretung vorsätzlich, und zwar in der Form der Wissentlichkeit, begangen zu haben. Bei der Vorsatzform der Wissentlichkeit bezweckt der Täter nicht den tatbildmäßigen Erfolg, sein Ziel ist nicht dieser, sondern ein anderer, aber er weiß, daß der verpönte Erfolg sicher mit seiner Handlung verbunden ist. Im vorliegenden Fall kam es dem Berufungswerber offensichtlich nicht darauf an, eine Geschwindigkeitsbeschränkung (die ihm auch bekannt war) zu übertreten, aber er nahm die Geschwindigkeitsüberschreitung in Kauf, weil er eben schneller fahren wollte. Bei der Beurteilung des Verschuldens ist somit von einer wissentlichen Begehung der Geschwindigkeitsübertretung auszugehen.

5.4. Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung und hat nach den Grundsätzen des § 19 VStG zu erfolgen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen." Der Berufungswerber vermeint, keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet oder geschädigt zu haben.

Dies ist nicht richtig: Die Geschwindigkeitsbeschränkungen der StVO oder darauf beruhender Verordnungen bezwecken die Hebung der Verkehrssicherheit. Jede Überschreitung einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit verursacht sohin eine Vergrößerung der abstrakten Gefährdung der Sicherheit auf den Straßen und zwar über das vom Gesetzgeber eingeräumte Ausmaß hinaus. Der Berufungswerber hat daher durch die Überschreitung der Geschwindigkeit im Ausmaß von immerhin 26 % der erlaubten Höchstgeschwindigkeit hinaus eine abstrakte Gefährdungssituation geschaffen. Wenn er vorbringt, daß kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet geschweige denn geschädigt worden sei, so ist festzustellen, daß er im Falle einer konkreten Gefährdung oder Behinderung nach der Strafbestimmung des § 99 Abs.2 StVO bestraft worden wäre, wo ein Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S bzw. Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen vorgesehen sind.

Bei der Berücksichtigung von Erschwerungs- und Milderungsgründen steht fest, daß Milderungsgründe nicht vorliegen, weil eben schönes Wetter und dergleichen nicht als Milderungsgründe anerkannt sind. Der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit kam dem Berufungswerber nicht zugute.

Erschwerend dagegen waren die beiden Vorstrafen wegen Übertretungen der StVO, wobei eine davon sogar einschlägig ist, zumal offensichtlich in einer Zone eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden war.

5.5. Der Berufungswerber hat weiters gerügt, daß die Erstbehörde keinerlei Erhebungen über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durchgeführt habe. Er gab an, Verwaltungsbeamter im öffentlichen Dienst zu sein, eine teilzeitbeschäftigte Ehefrau und ein schulpflichtiges Kind zu haben. Weitere Angaben unterließ er in der Berufung. Aus seinem Einspruch gegen die Strafverfügung ist zu entnehmen, daß das Strafausmaß knapp 10 % seines Nettobezuges betrage. Genaue Zahlen hat der Berufungswerber auch in seiner vorliegenden Berufung nicht genannt. Er hat damit seiner Mitwirkungspflicht im Berufungsverfahren nicht entsprochen. Bei der Bemessung des Einkommens des Berufungswerbers ist damit von einem Monatseinkommen von mindestens 15.000 S, einer Sorgepflicht für ein schulpflichtiges Kind und einer lediglich eingeschränkten Sorgepflicht für die Ehegattin auszugehen. Hinsichtlich des Vermögens hat der Berufungswerber keine Angaben gemacht. Es wird daher von keinem nennenswerten Vermögen ausgegangen.

Zu berücksichtigen ist auch weiters der in § 99 Abs.2 StVO festgelegte Strafrahmen für derartige Delikte von bis zu 10.000 S. Die von der Erstbehörde verhängte Strafe liegt bei (lediglich) 15 % dieser Höchststrafe, was bei Geschwindigkeitsübertretungen in einem derartigen Ausmaß bei Vorliegen erschwerender Umstände und dem Fehlen von Milderungsgründen keinesfalls als überhöht angesehen werden kann. Dies auch unter Berücksichtigung der Einkommens und Familienverhältnisse. 5.6. Weiters sprechen gravierende spezialpräventive Gründe gegen eine Herabsetzung der Strafe, da der Berufungswerber durch seine Argumentation in der Begründung seiner Berufung eine bedenkliche Einstellung zur Rechtsordnung gezeigt hat, indem er ausführte, "lediglich eine Rechtsvorschrift (höchstzulässige Geschwindigkeit auf Autobahnen) unbedeutend übertreten" zu haben. Weiters führte er aus, daß das Tempolimit "aus Umweltschutzgründen eingeführt "worden sei: Dem Berufungswerber war somit bewußt, daß Geschwindigkeitsbeschränkungen auch dem Schutz der Umwelt dienen und er hat die übermäßige Verschmutzung der Umwelt offensichtlich bewußt in Kauf genommen. Bekanntlich ist es für den Schadstoffausstoß eines Kraftfahrzeuges unbeachtlich, ob die Straße kerzengerade ist und geringes Verkehrsaufkommen herrscht.

Der Berufungswerber verkennt die Gefahrensituation, die bei der Überschreitung von erlaubten Höchstgeschwindigkeiten eintritt. Geschwindigkeitsübertretungen sind immer wieder die Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle, auch auf Autobahnen. Daher dürfen - generell! - erlaubte Höchstgeschwindigkeiten nur bei günstigsten Verhältnissen erreicht, aber keineswegs überschritten werden.

5.7. Die verhängte Strafe erscheint daher jedenfalls erforderlich, dem Berufungswerber das Unerlaubte seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn künftig dazu zu bewegen, die Rechtsvorschriften zur Sicherheit des Straßenverkehrs einzuhalten.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 300 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Strafbemessung; Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen

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