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VwSen-106111/9/Kon/Pr

Linz, 14.04.1999

VwSen-106111/9/Kon/Pr Linz, am 14. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der Frau A. St., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom wegen Übertretung der Straßenverkehrsverordnung 1960 (StVO) nach öffentlich mündlicher Verhandlung und Verkündung am 9.4.1999, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Gleichzeitig wird der Beschuldigten jedoch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwal-tungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 21 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben am um Uhr den PKW, Mazda 121, Kennz. , in Richtung gelenkt und dabei unmittelbar vor der Kreuzung mit der den Fahrstreifen von rechts nach links gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 11 Abs. 1 StVO. 1960, BGBl. Nr.159 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

1.000,-- 24 Stunden 99 Abs. 3 lit. a

StVO. 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100,--  Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.100,--Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Hiezu führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß die im Spruch angeführte Übertretung durch die Erhebungen der BPD Linz sowie die zeugenschaftlichen Ausführungen des Unfallgegners hinlänglich erwiesen seien.

So habe der Unfallzeuge den Abschleppwagen, Kennzeichen, auf der in Richtung Kreuzung mit der auf dem rechten der beiden Fahrstreifen für die Geradeausfahrt gelenkt. Die Ampel habe Grünlicht gezeigt, als plötzlich die Beschuldigte vom Fahrstreifen für Rechtsabbieger auf den vom Unfallgegner benützten Fahrstreifen wechselte und diesen dadurch nötigte, eine Notbremsung durchzuführen. Bei dieser sei der abgeschleppte Wagen beschädigt worden.

Diese Ausführungen habe der Unfallgegner als Zeuge bestätigt. Die Beschädigung des abgeschleppten Fahrzeuges sei auch von der Polizei festgestellt worden.

Aufgrund der Ausführungen des Zeugen sowie der Feststellungen der Polizei Linz sei bei freier Beweiswürdigung zu der Überzeugung zu gelangen gewesen, daß die Beschuldigte die im Spruch angeführte Übertretung tatsächlich begangen habe, hätte doch sonst der Unfallgegner gar keine Veranlassung zu einer derartigen Notbremsung gehabt.

In bezug auf die Strafhöhe führt die belangte Behörde aus, da die der Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung unter Strafsanktion gestellt sei, wobei Geldstrafen bis zu 10.000 S vorgesehen seien, wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die Strafbemessung sei entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG unter Berücksichtigung der aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten erfolgt. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß des Verschuldens habe der Strafbemessung zu Grunde gelegt werden müssen. Als mildernd konnte die bisherige Unbescholtenheit gewertet werden; erschwerend sei die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden zu werten gewesen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung vorgebracht, sie habe vor dem Fahrstreifenwechsel in den Rückspiegel gesehen und bemerkt, daß der LKW noch in einiger Entfernung hinter íhr gewesen wäre, sodaß aus ihrer Sicht ein Fahrstreifenwechsel noch möglich gewesen wäre.

Im übrigen bemerke sie, daß sie von einer Bremsung nichts mitbekommen habe. Während ihres Fahrstreifenwechsels sei die Verkehrsampel noch auf "Rot" geschaltet gewesen.

Aufgrund des Berufungsvorbringens sah sich der unabhängige Verwaltungssenat zur Klärung des Sachverhaltes veranlaßt, eine öffentlich mündliche Verhandlung für Freitag, den 9. April 1999, unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen anzuberaumen.

Nach dem Ergebnis der an diesem Tag stattgefundenen öffentlich mündlichen Verhandlung steht fest, daß die Beschuldigte die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 VStG (Fahrstreifenwechsel unter Behinderung anderer Fahrzeuglenker) begangen hat. So hat sie letztlich selbst in der öffentlich mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß der von ihr vorgenommene Fahrstreifenwechsel etwas plötzlich erfolgt sei und geeignet gewesen wäre, den nachfahrenden Fahrzeuglenker zu einer Bremsung zu veranlassen.

Ungeachtet des hiemit zu bestätigen gewesenen Schuldspruches der belangten Behörde hat sich aber aufgrund der übrigen erst im Zuge der mündlichen Verhandlung zu Tage getretenen Umstände die Anwendung des § 21 VStG als gerechtfertigt bzw. geboten erwiesen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" ist hiebei die Behörde nicht zur Ermessensausübung ermächtigt, sondern hat der Beschuldigte, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch darauf, daß von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird (VwGH 27.2.1992, 92/02/0033 uva.).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, ist die Schuld des Beschuldigten nur dann als geringfügig anzusehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Neben der Voraussetzung der Geringfügigkeit des Verschuldens tritt kumulativ als weitere Anwendungsvoraussetzung des § 21 VStG hinzu, daß die Folgen der Übertretung unbedeutend geblieben sind.

Liegen demnach beide Anwendungsvoraussetzungen vor, ist die Strafbehörde verhalten gemäß der zitierten Gesetzesstelle vorzugehen.

Im vorliegenden Fall kann das Verschulden der Berufungswerberin insoferne als geringfügig eingestuft werden, als der von ihr vorgenommene Fahrstreifenwechsel zu einem Zeitpunkt vorgenommen wurde, als - bedingt durch die unmittelbar vorher bestandene Ampel-Rotphase - die Fahrgeschwindigkeit aller übrigen Verkehrsteilnehmer als noch sehr gering anzunehmen ist und der Zeitpunkt des Fahrstreifenwechsels als gerade über der Zulässigkeitsgrenze gelegen angesehen werden kann. Zu berücksichtigen war auch die bisherige völlige strafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin. Aufzuzeigen ist auch weiters, daß das nachfolgende Fahrzeug doch noch rechtzeitig zum Stillstand gekommen ist und nicht mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin kollidierte. Das Auffahren des abgeschleppten Fahrzeuges auf den Auslegerarm des Abschleppfahrzeuges, dessen Lenker zu einer Notbremsung verhalten wurde, tritt hiebei als Schadensfall in den Hintergrund. Da der aufgezeigte Sachschadensfall im Zivilrechtswege ohne weiteres bereinigt werden kann und der Aktenlage nach, Personen weder verletzt noch in besonderer Weise gefährdet wurden (eben wegen der noch geringen Fahrgeschwindigkeiten), können auch die Folgen der von der Berufungswerberin begangenen Übertretung noch als unbedeutend gewertet werden.

Insgesamt ergibt sich daher, daß das tatbildmäßige Verhalten der Beschuldigten hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt noch erheblich zurückbleibt. Die der Beschuldigten erteilte Ermahnung gemäß § 21 VStG - sie stellt keine Strafe dar - soll bewirken, daß sie in Hinkunft bei gleichartigen Fahrmanövern (Fahrstreifenwechsel) im besonderen darauf Bedacht nimmt, eine Gefährdung oder Behinderung nachfahrender Fahrzeuglenker zu vermeiden.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist die Berufungswerberin von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

 

 

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