Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106121/30/BI/FB

Linz, 04.10.1999

VwSen-106121/30/BI/FB Linz, am 4. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C S, F, E, vertreten durch Rechtsanwälte E, F, S, vom 28. Jänner 1999 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13. Jänner 1999, VerkR96-10826-1998-Shw, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat im Punkt 1) des oben genannten Straferkenntnisses über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 2.000 S (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Mai 1998 um 15.31 Uhr den PKW, Kz. , auf der W Landesstraße im Gemeindegebiet von T aus Richtung A kommend in Richtung O gelenkt habe und auf der Freilandstraße bei Strkm 24,950 um 35 km/h schneller als 100 km/h gefahren sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. Mai 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters RA Dr. E und des Meldungslegers Insp. K durchgeführt; die Vertreterin der Erstinstanz hat sich ebenso entschuldigt wie der vom Rechtsmittelwerber namhaft gemachte Zeuge M H.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz sei seinem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme seines damaligen Beifahrers M H nicht nachgekommen, sondern habe nur den Meldungsleger - und diesen im Rechtshilfeweg vor dem Gemeindeamt - einvernommen, was zu einem einseitigen Ergebnis geführt habe, das die gründliche Beurteilung der Sache zu hindern geeignet sei. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Ortsaugenschein im Meßbereich und nachfolgende gutachtliche Beurteilung durch den technischen Amtssachverständigen Ing. R. Auf dieser Grundlage war eine Berufungsentscheidung ohne weitere Verhandlung zu treffen, weil bereits auf Grund des bisherigen Ergebnisses des Beweisverfahrens mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Meldungsleger seiner Anzeige gemäß ausgeführt, er habe von seinem Standort rechtsseitig der W Landesstraße bei km 24,600 vom Lenkersitz des Gendarmeriefahrzeuges , das in einer Waldeinfahrt mit Blickrichtung zur L abgestellt war, aus Lasermessungen der aus Richtung A kommenden Fahrzeuge vorgenommen, wobei die Kolonne mit schätzungsweise 80 km/h an ihm vorbeigefahren sei. Der BeschuldigtenPKW sei das dritte Fahrzeug in der Kolonne gewesen und sei etwa 100 m nach seinem Standort ein Überholmanöver begonnen worden, in dessen Verlauf der Rechtsmittelwerber bis 135 km/h beschleunigt habe, obwohl dort die für Freilandstraßen generell erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gelte. Die Messung habe er mit dem Gerät LTI 20.20 TS KM-E Nr.7082 - laut Eichschein wurde dieses zuletzt vor dem Vorfall am 17. Jänner 1995 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht - vorgenommen und sei das Meßergebnis 140 km/h auf eine Entfernung von ca 350 m angezeigt worden. Es habe sich um ein silberfarbenes Porsche Boxter Cabrio gehandelt und das Überholmanöver bezüglich der ersten beiden PKW in der Kolonne sei gefahrlos durchgeführt worden. Er habe über Funk seine Kollegen verständigt; die Anhaltung sei etwa eine 1/4 Stunde später in W erfolgt, wobei der Rechtsmittelwerber seine Geschwindigkeit mit ca 85 km/h angegeben und eine Überschreitung bestritten habe.

In der mündlichen Verhandlung hat der Meldungsleger weiters erläutert, die L verlaufe beim Standort noch eben, steige dann aber an, wobei auch vom Lenkersitz des Gendarmeriefahrzeuges aus die Messung eines PKW auf beiden Fahrstreifen möglich sei. Er wußte nicht mehr, ob er die Messung des BeschuldigtenPKW auf dem rechten oder dem linken Fahrstreifen und im Bereich der Steigung oder in der Ebene durchgeführt hatte, gab aber an, grundsätzlich die hintere Kennzeichentafel anzuvisieren, wobei er zum Anvisieren und Messen eines PKW etwa 2 Sekunden benötige. Der Abstand der Kolonnenfahrzeuge sei normal für die eingehaltene Geschwindigkeit gewesen.

Ein Meßprotokoll wurde vorgelegt, aus dem sich die Durchführung der vom Hersteller vorgeschriebenen Tests um 15.15 Uhr und das Ende der Messung mit 15.45 Uhr ersehen läßt.

Beim Ortsaugenschein wurden die genaue Abstellposition und die Meßposition ermittelt.

Der technische Amtssachverständige hat nach Durchführung eines weiteren Ortsaugenscheins unter Zugrundelegung der bisherigen Ergebnisse des Beweisverfahrens, nämlich 80 km/h Kolonnengeschwindigkeit bei einem Sicherheitsabstand von 2 Sekunden oder 44 m, gutachtlich ausgeführt, daß ein Überholvorgang von einem 2 m neben der Fahrbahn gelegenen Standort aus nur zum Zeitpunkt des Umspurens, in der Anfangsphase des Überholvorganges und nach dem Wiedereinordnen ein Anvisieren der hinteren KZ-Tafel zulasse. Je näher der Standort am Fahrbahnrand liege, desto schwerer sei die Möglichkeit einer brauchbaren Messung. Beim Durchmessen einer Kolonne mit einem 2 sec-Abstand bei einer Anvisierzeit von ebenfalls 2 sec werde der Visierstrahl durch langsamere Fahrzeuge beeinträchtigt.

Unter Zugrundelegung des Meßergebnisses 140 km/h wurde bei einer durchschnittlichen Überholgeschwindigkeit von 110 km/h eine Überholzeit von 12,4 sec auf einen Überholweg von 103 m errechnet und weiters, daß der Überholvorgang dann in einer Entfernung von 478,8 m vom Meldungsleger abgeschlossen worden sei, wobei sich der BeschuldigtenPKW nach Ablauf der 2 sec-Anvisierzeit 556,4 m vom Meldungsleger entfernt befunden habe. Ein PKW der Bauart des Beschuldigtenfahrzeuges benötigt zum Beschleunigen von 80 auf 140 km/h 19,6 sec - diesbezüglich wurde auf die in einer Fachzeitschrift enthaltenen technischen Daten eines Porsche Boxer mit 204 PS/150 kW verwiesen. Tatsächlich habe die Überholzeit laut Messung aber 12,4 sec betragen.

Abgesehen davon, daß der Sachverständige den Meßpunkt ca 350 m vom Meldungsleger entfernt noch im flachen Teil der L vorgefunden hat, hat er im Ergebnis das Meßergebnis für aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar erachtet.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat bestehen im gegenständlichen Fall erhebliche Zweifel dahingehend, ob überhaupt eine Messung im Zuge des Überholvorgangs möglich war, zumal bei einer Anvisierzeit von 2 sec der Sicherheitsabstand der überholten Fahrzeuge wesentlich zu gering gewesen sein muß und eine Messung auf dem linken Fahrstreifen weitgehend auszuschließen ist. Selbst im Bereich der Steigung, die außerdem weiter als 350 m vom Standort entfernt beginnt, besteht eine solche Meßmöglichkeit nicht. Wenn außerdem das Erreichen einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 140 km/h erst etwa 556 m nach dem Standort des Meldungslegers technisch möglich war, ist das Erreichen einer solchen Geschwindigkeit schon 350 m nach dem Standort technisch schlicht unmöglich. Außerdem ist zu bedenken, daß Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser dieser Bauart nur bis zu einer Meßstrecke bis zu 500 m geeicht und zugelassen sind. Die Angaben des Meldungslegers sind daher als Beweismittel nicht geeignet und das (angebliche) Meßergebnis kann von einem Gerät der verwendeten Bauart nicht dokumentiert werden.

In rechtlicher Hinsicht ist auf dieser Grundlage eine Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit möglich. Es war daher im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweisverfahren (Verhandlung, Ortsaugenschein und nachfolgendes Sachverständigengutachten) ergab mangelnde Nachvollziehbarkeit der Angaben des Meldungslegers und des Tatvorwurfs -> Einstellung.

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