Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106186/2/Ga/Fb

Linz, 23.03.1999

VwSen-106186/2/Ga/Fb Linz, am 23. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M M, vertreten durch Mag. M S, Rechtsanwältin in N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Februar 1999, VerkR96-6438-1997-Pre, wegen Übertretung von kraftfahrrechtlichen Vorschriften betreffend die Verwendung der Schaublätter, zu Recht erkannt: Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis (Faktum 2.) wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe: Mit Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe, wie im Zuge einer Kontrolle am 24. April 1997 um 18.20 Uhr bei der Grenzkontrollstelle B des durch Kennzeichen bestimmten Lkw mit Anhänger, mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t, festgestellt worden sei, als Lenker dem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen das Schaublatt für den letzten Lenktag der Vorwoche sowie das Schaublatt "vom 21.07.1997" (gemeint: 21. April 1997) nicht ausgehändigt. Dadurch habe er Art.15 Abs.7 EG-VO 3821/85 idgF. verletzt. Über ihn wurde gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis (Faktum 2.) mit dem Antrag auf Aufhebung und Einstellung erhobene Berufung - Faktum 1. wurde in der Berufungserklärung ausdrücklich von der Anfechtung ausgenommen; es ist rechtskräftig und vollstreckbar - hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Im Kapitel IV ("Benutzungsvorschriften") der VO (EWG) 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (in der hier maßgeblichen Fassung noch vor der Nov. ABl.Nr.L 274 vom 9.10.1998) regelt dessen Art.14 die Pflichten des UNTERNEHMERS hinsichtlich der Aushändigung und Aufbewahrung der Schaublätter. Demgemäß bestimmt Abs.2 leg.cit., daß der Unternehmer die Schaublätter jedem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen vorzulegen oder auszuhändigen hat (Hervorhebung durch den Oö. Verwaltungssenat). Im Art.15 der Verordnung hingegen sind die den FAHRER treffenden Pflichten bezüglich der Verwendung der Schaublätter festgelegt. Dabei gebietet Abs.7 leg.cit. (als Komplementärvorschrift zu Art.14 Abs.2), daß der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können muß. Die systematische Gegenüberstellung der Gebotsvorschriften macht deutlich, daß die Verordnung zwischen "vorlegen" und "aushändigen" inhaltlich unterscheidet und mit "aushändigen" die offenbar eingriffsstärkere Pflicht, nämlich die Übergabe der Schaublätter in die Gewahrsame des Kontrollorgans meint, somit den über das bloße Vorlegen (Vorzeigen) zur Ermöglichung der kontrollierenden Einschau hinausreichenden Vorgang bezeichnet. Zusätzlich zur Vorlagepflicht ist nur dem Unternehmer auch eine Aushändigungspflicht auferlegt; der Fahrer hingegen ist bloß vorlagepflichtig. Daß hier eine absichtsvolle Unterscheidung getroffen wurde, folgt schon daraus, daß dem Normsetzer nicht zugesonnen werden darf, ein und dasselbe Verhalten der Gebotsadressaten überflüssigerweise mit zwei verschiedenen, inhaltlich jedoch (scheinbar) gleichbedeutenden Tätigkeitswörter ausgedrückt zu haben. Ausgehend davon aber verfehlt der im Berufungsfall erhobene Vorwurf an den Fahrer (Lenker), Schaublätter nicht "ausgehändigt" zu haben, die Tatbildlichkeit. Schon aus diesem Grund war, weil der Berufungswerber für ein vermeintlich gebotswidriges Verhalten bestraft wurde, das dem Fahrer als Gebot jedoch gar nicht auferlegt ist, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung zu verfügen.

Bei diesem, den Berufungswerber auch von seiner Kostenpflicht befreienden Verfahrensergebnis kann (abgesehen davon, daß im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG der den Straftatbestand erst begründende § 134 Abs.1 (bzw Abs.1a) KFG nicht genannt wurde) auf sich beruhen, daß mit der spruchgemäßen Formulierung, es habe der Berufungswerber als Lenker "das Schaublatt für den letzten Lenktag der Vorwoche" nicht ausgehändigt, ein im Hinblick auf die Gebotsvorschrift des § 15 Abs.7 zweite Alternative EG-VO 3821/85 unbestimmter Vorwurf erhoben wurde. Erst durch diese, das Anliegen des § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Judikatur des VwGH verfehlenden Formulierung wurde der Berufungswerber zu dem Einwand verleitet, er sei "am letzten Tag der vorangegangenen Woche nicht mit dem Lkw gefahren". Ein dieser Sicht entsprechender Vorwurf, wäre er erhoben worden, träfe das Tatbild jedoch nicht. Vielmehr hätte - dem Bestimmtheitsgebot folgend - unmißverständlich vorgeworfen werden müssen, es habe der Lenker das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, nicht vorgelegt. Daß dieser Tag ein anderer als der letzte Tag der vorangegangenen Woche sein kann bzw mit dem letzten Tag der vorangegangenen Woche nicht zusammenfallen muß, liegt auf der Hand. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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