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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221511/40/Kl/Ka

Linz, 04.03.2002

VwSen-221511/40/Kl/Ka Linz, am 4. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.11.1997, Ge96-183-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16.1.2002, 6.2.2002 und 1.3.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.11.1997, Ge96-183-1997, wurde gegen den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z1, 5 Abs.2 Z2, 127 Z5 und 341 Abs.1 GewO 1994 idgF verhängt, weil er am 13.5.1997 um 14.15 Uhr im landwirtschaftlichen Anwesen des Herrn H, beim Neubau eines Stallgebäudes eine Holzschalung angebracht und somit das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe "Zimmermeister" ausgeübt und für diese Tätigkeit 100 S pro Stunde kassiert hat, obwohl er die für die Ausübung des Gewerbes "Zimmermeister" erforderliche Gewerbeberechtigung nicht erlangt hat.


2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, dass "der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt nicht bestritten wird", die Behörde aber einem Rechtsirrtum unterliege, wenn sie die ausgeübte Tätigkeit als unbefugte Ausübung des Gewerbes "Zimmermeister" ansieht. Gemäß § 2 Abs.4 Z4 GewO sei der Bw nämlich als selbständiger Land- und Forstwirt auch berechtigt, im Rahmen der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe auch für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe im gleichen oder angrenzenden Verwaltungsbezirk tätig zu sein. Die bäuerliche Nachbarschaftshilfe sei aber dem Kompetenztatbestand "Landwirtschaft" zuzuordnen und in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache und unterliegt daher nicht der Gewerbeordnung. Dazu verwies er auf vormalige Regelungen über die konzessionierten Baugewerbe, die Literatur über die Land- und Forstwirtschaft in der Gewerbeordnung und das Erkenntnis des VwGH vom 30.1.1996, 95/04/0178 sowie einen Erlass des BM für wirtschaftliche Angelegenheit vom 16.10.1996. Es habe daher die belangte Behörde seine Tätigkeit einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen. Daraus folge auch, dass kein Verschulden vorgelegen sei. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 16.1.2002, 6.2.2002 und 1.3.2002. An dieser Verhandlung hat der Bw bzw sein Vertreter teilgenommen. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen H und J geladen und einvernommen.

Der Bw führte zum Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung aus, dass er zum Tatzeitpunkt im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb mitgearbeitet hat und gemeldet war. Über Ersuchen des Nachbarn S ist er bei ihm tätig geworden, die Verrechnung erfolgte über den Maschinenring. Das Stallgebäude war im Wesentlichen fertig, der Dachstuhl war fertig und das Dach war eingedeckt. Konkret ging es darum, dass zwischen Pfetten bzw Dachlattung und der Mauerbank noch ein Freiraum bestand, welcher mit Brettern geschlossen werden musste, damit keine Vögel unter das Dach fliegen können. Da das Gebäude an dieser Stelle nicht hoch ist, konnte man zu diesem Zweck vom Stand aus hinaufreichen, jedenfalls aber mittels eines Stockerls. Die Entgeltsverrechnung verlief so, dass die einzelnen Leistungen auf einem Zettel aufgeschrieben werden, und zwar vom Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam, und dann die Wochenleistung verrechnet und entlohnt wird. Der Bw hat bei der Errichtung des Stallgebäudes seines Nachbarn schon öfters mitgeholfen und Hilfstätigkeiten geleistet.

Dies wird auch vom einvernommenen Zeugen H, dem Nachbarn des Bw, in seiner Aussage bestätigt. Die dafür benötigten Holzbretter wurden vom Nachbarn vorbereitet und hergeschnitten. Auch die erforderlichen Nägel und den Hammer hat der Nachbar zur Verfügung gestellt. Weiters gab der Nachbar an, dass dazu ein halber Tag benötigt wurde. Die Abrechnung des Entgeltes verlief über den Maschinenring und es wurde ein Stundensatz nach seiner Erinnerung von 120 S bezahlt.

Der Anzeiger und als Zeuge geladene J ist zu den Verhandlungen am 13.1. und 6.2.2002 nicht erschienen und wurde daher bei der mündlichen Verhandlung am 1.3.2002 einvernommen. Er gab an, dass er zur Pfuscherbekämpfung im Bereich Innviertel eingesetzt war und das gesamte Gebiet nach Baustellen durchforstete. Zur gegenständlichen Baustelle befragt, gab er an, einen Stallbau vorgefunden zu haben, wobei die Fenster und Türen noch fehlten. Die Leute standen im Stall und haben drinnen gearbeitet. Es wurde im Gebäude gearbeitet und zwar mit Holz und wurde daher die Arbeit mit Anbringen einer Holzschalung oder Holzverkleidung bezeichnet. Die genaueren Arbeiten hatte der Zeuge nicht mehr in Erinnerung. Er vermeinte über seinen Vermerk "Holzschalung angebracht", dass eine Holzschalung für die Aufmauerung aufgezogen worden ist. Der Zeuge vermeinte auch, dass die Arbeit über den Maschinenring vermittelt wurde und verwies auf seine Anzeige. Auch hinsichtlich des Entgeltes hat er immer gefragt und verweist diesbezüglich auf den Vermerk in der Anzeige.

Im Grunde der mündlichen Verhandlungen konnte daher nicht eindeutig erwiesen werden, welche Arbeiten konkret zum Tatzeitpunkt durchgeführt wurden. Es steht die Aussage des Nachbarn der Aussage des anzeigenden Detektivs gegenüber, wobei der Detektiv aufgrund der verstrichenen Zeit keine genauen Vorgänge mehr in Erinnerung hatte und nur mehr über Vorhalt seiner Anzeige Rückschlüsse über deren Inhalt machen konnte. Wenn auch aufgrund der Anzeige und der Rückschlüsse dieses Zeugen für die Anbringung einer Holzschalung für eine Aufmauerung einer Trennwand im Inneren des Stallgebäudes einiges spricht, so kann im Grunde der ebenfalls unter Wahrheitspflicht getätigten Aussagen des Nachbarn ein eindeutiger Beweis für das Anbringen einer Holzschalung und der genauen Tätigkeiten nicht mehr gebracht werden.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl.I.Nr. 10/1997 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 127 Z5 GewO zählt das Gewerbe des Zimmermeisters zu den bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben, welche erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden dürfen. Die Anbringung einer Holzschalung stellt die Tätigkeit eines Zimmermeisters dar.

Wie aber die mündlichen Verhandlungen gezeigt haben, konnte nicht eindeutig mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, dass zum Tatzeitpunkt Holzschalungsarbeiten durchgeführt wurden. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch nur Hilfstätigkeiten, nämlich das Anbringen von Holzbrettern, ausgeführt wurden.

Gemäß § 2 Abs.1 GewO 1994 ist dieses Gesetz auf folgende Tätigkeiten ua nicht anzuwenden:

Z1: Die Land- und Forstwirtschaft (Abs.2 und 3)

Z2: Die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs.4)

Z8: Die gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werksentgelt zu leistenden Verrichtungen einfachster Art.

Eine Verrichtung einfachster Art wird nur dann anzunehmen sein, wenn hiefür nicht besondere Fachkenntnisse erforderlich sind (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Seite 20). Dies kann etwa bei einfachen Raumpflegearbeiten zum Tragen kommen; weitere Beispiele: Holz hacken, Rasen mähen, Mithilfe bei der Gartenarbeit. Die Mithilfe bei der Anbringung von Holzbrettern, ohne dass hiezu Vermessungs- und Zuschneidearbeiten getätigt werden, wird wohl ebenfalls unter diesen Tatbestand fallen. Es würde daher diesfalls der Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs.1 Z8 GewO 1994 zum Tragen kommen. Weil eine diesbezügliche Tätigkeit aufgrund des Beweisergebnisses nicht ausgeschlossen werden kann, war ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Tatverhalten nicht einwandfrei nachweisbar und war daher das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG (die Tat ist nicht erwiesen) einzustellen. Es war daher entsprechend das Straferkenntnis aufzuheben.

Im Grunde dieser Ausführungen waren daher weitere Überlegungen hinsichtlich des Ausnahmetatbestandes nach § 2 Abs.4 Z4 GewO (Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft) nicht mehr anzustellen.

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, war gemäß § 66 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

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