Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106232/12/Fra/Ka

Linz, 10.05.1999

VwSen-106232/12/Fra/Ka Linz, am 10. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6.  Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.2.1999, VerkR96-5191-1998, wegen Übertretung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG 1997, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.4.1999, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß das Kennzeichen des vom Berufungswerber am Tatort zur Tatzeit gelenkten PKW´s auf " " richtiggestellt wird. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Freiheitsstrafe auf zwei Wochen herabgesetzt wird.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 11, 12, 16, 19, 24 und 44a Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 30.000 S (EFS 6 Wochen) und eine Freiheitsstrafe von sechs Wochen verhängt, weil er am 8.3.1998 gegen 17.10 Uhr den PKW, Kz.: auf der Wienerstraße B 1 im Stadtgebiet von Schwanenstadt in Fahrtrichtung Lambach bis zum Haus Salzburgerstraße 1 gelenkt hat, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B ist. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der Bw behauptet, zum Tatzeitpunkt den PKW, Kz.: nicht gelenkt zu haben. Der PKW sei von seiner geschiedenen Gattin A gelenkt worden. Wie die Gendarmeriebeamten darauf kämen, daß er der Lenker war, könne er sich nicht erklären.

I.4. Aufgrund des Berufungsvorbringens war gemäß § 51e Abs.1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Zu dieser Verhandlung wurden die geschiedene Gattin des Bw, Frau A sowie der Meldungsleger Gr.Insp. E, GP Schwanenstadt, als Zeugen geladen. Zur Berufungsverhandlung erschienen weiters der Bw und ein Vertreter der belangten Behörde.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Der Oö. Verwaltungssenat folgt insoweit den Aussagen des Zeugen Gr.Insp. Er. Dieser führte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schlüssig aus, wie er den gegenständlichen Sachverhalt wahrgenommen hat. Er lenkte sein Dienstfahrzeug auf der B1 in Richtung Attnang-Puchheim, wobei das gegenständliche Fahrzeug entgegenkam und dieses vom Bw gelenkt wurde. An der Vorbeifahrt habe er den Bw als Lenker erkannt.

Der Bw ist dem Gendarmeriebeamten persönlich bekannt. Er weiß auch, daß dieser die erforderliche Lenkberechtigung nicht besitzt. Auch die geschiedene Gattin des Bw ist dem Meldungsleger persönlich bekannt. Es herrschten zur Tatzeit einwandfreie Sichtverhältnisse. Er habe zu seinem Beifahrer noch gesagt "das war jetzt der A". Er habe darauf sein Dienstfahrzeug gewendet. Das hat, weil auf der B1 starker Verkehr herrschte, einige Zeit in Anspruch genommen. Er habe sodann das Fahrzeug vor dem Stadtturm auf Höhe der Salzburger Straße Nr.1 am Gehsteig stehengesehen und noch wahrgenommen, wie die geschiedene Gattin des Bw in das Fahrzeug am Fahrersitz einstieg. Diese ist sodann weitergefahren. Er habe deshalb die Nachfahrt fortgesetzt und das Fahrzeug auf Höhe der Kreuzung mit der Agersiedlungsstraße angehalten. Dort habe er von der geschiedenen Gattin des Bw den Führerschein und Zulassungsschein verlangt und sie gefragt, warum sie ihren Gatten mit dem Auto fahren läßt, obwohl sie wisse, daß er keinen Führerschein besitzt. An die Antwort könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe glaublich auch mit dem Bw gesprochen und ihn gefragt, ob die Adresse in St. Georgen/G. noch stimme.

Der Zeuge wirkte bei der Berufungsverhandlung glaubwürdig, sachlich und korrekt. Für den Oö. Verwaltungssenat bestehen keine Zweifel darüber, daß die vom Zeugen geschilderten Wahrnehmungen der Wahrheit entsprechen. Es ist davon auszugehen, daß dem Zeugen seine Wahrnehmungen auch ohne weiteres möglich waren. Schließlich fuhr er nur in einer geringen Entfernung an dem vom Bw gelenkten Fahrzeug vorbei. Hätte er den Bw als Lenker nicht wahrgenommen, wäre für ihn kein Grund gegeben gewesen, die Nachfahrt aufzunehmen. Daß der Zeuge schließlich dem Fahrzeug nachgefahren ist und daß es im Anschluß zu einer Anhaltung gekommen ist, ist unbestritten.

Folgende Gründe hindern den Oö. Verwaltungssenat, den Aussagen des Bw und seiner geschiedenen Gattin zu folgen. Was die Behauptung des Bw betrifft, daß seine geschiedene Gattin das Fahrzeug gelenkt hat, ist zu bedenken, daß der Bw aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung verantworten kann wie er will, ohne daß er deshalb Rechtsnachteile befürchten muß. Schließlich ist zu konstatieren, daß der Bw eine Unzahl einschlägiger Vormerkungen aufweist. Er ist ein notorischer "Schwarzfahrer". Es ist daher nicht verwunderlich, wenn er wieder einmal rückfällig geworden ist. Der Vertreter der Strafbehörde führte bei der Berufungsverhandlung aus, daß der Rückstand an Strafgeldern rund eine 3/4 Million Schilling beträgt. Diese Zahl blieb vom Bw unwidersprochen. Aus seinen Äußerungen bei der Berufungsverhandlung kann geschlossen werden, daß dieser, was das normgerechte Verhalten in Bezug auf die hier übertretene Vorschrift betrifft, vollkommen uneinsichtig ist. Er projiziert sein Fehlverhalten auf die Behörde.

Was die Aussage der geschiedenen Gattin des Bw betrifft, ist zu bedenken, daß sie auch ihre Aussagen unter Wahrheitspflicht abgelegt hat, bei deren Verletzung sie mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen hat. Der Oö. Verwaltungssenat ist jedoch zur Überzeugung gelangt, daß es ihr an der Bereitschaft zur Wiedergabe der Wahrheit mangelt. Die bei Laien vielfach anzutreffende Meinung, ein (geschiedener) Ehegatte könne nicht als Zeuge des anderen Ehegatten auftreten, ist vom Aspekt der Aussagepsychologie durchaus nicht abwegig. Zuneigung oder Abneigung, Freundschaft oder Feindschaft, gesellschaftliche oder soziale Bindungen können eine der Wahrheitsfindung hinderliche Voreingenommenheit des Zeugen hervorrufen (vgl. Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, S 243). Der Bw ist geschieden, lebt jedoch wieder bei seiner Exgattin. Es ist zu vermuten, daß sich die Zeugin mit dem Bw in einem seelischen Abhängigkeitsverhältnis befindet und sie diesen keineswegs belasten will. Der Oö. Verwaltungssenat ist davon überzeugt, daß sie mit ihrer Behauptung, sie sei die Lenkerin des Fahrzeuges gewesen, falsch ausgesagt hat.

Die dem Bw mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Übertretung ist somit nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Das polizeiliche Kennzeichen des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges war zu berichtigen, weil der Strafbehörde offenbar im Schuldspruch ein Schreibfehler diesbezüglich unterlaufen ist. Dies war zulässig, weil das polizeiliche Kennzeichen eines Fahrzeuges kein Tatbestandselement bildet.

Strafbemessung:

Die belangte Behörde hat die Strafbemessung wie folgt begründet: "Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs.1 und 2 VStG in ihrem gesamten Umfang entsprechend berücksichtigt. Insbesondere war als erschwerend zu werten, dass Sie bereits 14 mal !!! wegen Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung rechtskräftig bestraft worden sind. Mildernde Umstände lagen nicht vor.

Fällen der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen, wie dies das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne entsprechende Berechtigung darstellt, haben die Behörden mit aller Strenge entgegenzutreten.

Auch die Verhängung von Geldstrafen konnte Sie nicht davon abhalten, weiterhin Kraftfahrzeuge ohne Lenkberechtigung zu lenken. Die erkennende Behörde sieht daher nur noch die Möglichkeit, durch Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens sowohl hinsichtlich von Geld- als auch Freiheitsstrafe Sie in Hinkunft zu rechtskonformen Verhalten anzuhalten.

Außerdem ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen geeignet ist, einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten."

Mit den oa Ausführungen hat die Strafbehörde, was die Verhängung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe betrifft, die Strafbemessung ausreichend und zutreffend begründet. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist nicht zu konstatieren. Dies gilt allerdings nicht für die Verhängung der Freiheitsstrafe. Für die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf das nunmehr bemessene Maß waren für den Oö. Verwaltungssenat folgende Gründe ausschlaggebend:

Gemäß § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

Gemäß § 12 Abs.1 VStG beträgt die Mindestdauer der Freiheitsstrafe 12 Stunden. Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen darf nur verhängt werden, wenn dies wegen besonderer Erschwerungsgründe geboten ist. Eine längere als eine sechswöchige Freiheitsstrafe darf nicht verhängt werden.

Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist somit nur aus Gründen der Spezialprävention zulässig. Hinsichtlich der Verhängung einer Freiheitsstrafe ist eine zweifache Prüfung vorzunehmen:

1.) Ist dies im Sinne des § 11 VStG notwendig? Wird dies bejaht und sieht die Verwaltungsvorschrift eine Strafdrohung von über zwei Wochen vor:

2.) Bestehen besondere Erschwerungsgründe, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen gebieten? (vgl. Anmerkung 2 zu § 12 VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage).

Der Oö. Verwaltungssenat geht aufgrund der zahlreichen einschlägigen Vormerkungen und dem Grad des Verschuldens des Bw davon aus, daß die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe von zwei Wochen notwendig ist, um ihn von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Das Verschulden ist als schwer einzustufen, denn mit seinem neuerlichen Rückfall gibt der Bw eindeutig zu erkennen, daß er nicht gewillt ist, die durch die verletzte Norm rechtlich geschützten Werte wie Leben und Gesundheit von anderen Straßenverkehrsteilnehmern zu akzeptieren. Besondere Erschwerungsgründe, wie dies § 12 Abs.1 VStG erfordert, liegen jedoch nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates derzeit (noch) nicht vor. Es kann nämlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, wie sich der Bw verhalten hätte, wäre die Strafbehörde - was ohne weiteres zulässig gewesen wäre - bereits mit Freiheitsstrafen vorgegangen. Bei der erstmaligen Verhängung von einer Freiheitsstrafe bereits das Höchstmaß auszuschöpfen, ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates überschießend. Sollte die Freiheitsstrafe in der neu bemessenen Höhe nicht ausreichen, den Bw von weiteren Übertretungen gleicher Art abzuhalten, kann auch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Erschwerungsgründe nach § 12 Abs.1 VStG als vorliegend angesehen werden, was eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen rechtfertigen würde.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t

 

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