Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106241/2/Le/Km

Linz, 12.07.1999

VwSen-106241/2/Le/Km Linz, am 12. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des F F, vertreten durch Rechtsanwälte S, D & Partner, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.3.1999, VerkR96-2575-1998, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 160 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 des Verwaltungsstraf-gesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.3.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 9 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO 1960) eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 30.6.1998 um 12.45 Uhr als Lenker eines näher bezeichneten Rennrades auf der L P Straße im Bereich von Strkm. 11,322 einem Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befand, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn insofern nicht ermöglicht, da er mit dem am Schutzweg befindlichen Fußgänger kollidiert sei.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens, insbesonders die Zeugenaussagen des Schulbuslenkers G G und des H P wiedergegeben, die Beweiswürdigung dargelegt, die anzuwendende Rechtslage ausführlich wiedergegeben und schließlich die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.3.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Straferkenntnis zu beheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben; dies auch aus Gründen der geringen Strafhöhe sowie des fehlenden Antrages auf Durchführung einer solchen.

3.2. Demnach steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber fuhr zur Tatzeit mit seinem Rennrad von seinem Wohnort L zu seiner Arbeitsstelle in der V in L. Er benützte dabei die P Landesstraße. Im Ortsbereich von S kam es bei der Kreuzung mit der S Straße zu einem Zusammenstoß mit einer Schülerin, die gerade auf dem Schutzweg die Fahrbahn überqueren wollte.

Die Verhältnisse an Ort und Stelle stellen sich nach der Verkehrsunfallanzeige des Gendarmeriepostens S, insbesonders der Lichtbildbeilage (Beilage 6) wie folgt dar:

Der Fahrzeugverkehr auf der P Landesstraße hat im gegenständlichen Kreuzungsbereich Vorrang vor den von rechts auf der S Straße fahrenden Fahrzeugen. Aus der Fahrtrichtung des Berufungswerbers betrachtet befindet sich unmittelbar nach der Kreuzung mit der S Straße - die Fahrbahn der P Landesstraße überquerend - ein Schutzweg. Dieser ist mit einem gelben blinkenden Licht gekennzeichnet, wobei sich dieses gelbe Blinklicht oberhalb der Mitte der Landesstraße über dem Schutzweg befindet. Dieses gelbe Blinklicht ist aus der Fahrtrichtung des Berufungswerbers betrachtet weithin sichtbar.

Von der S Straße, aus der Fahrtrichtung des Berufungswerbers besehen also von rechts kommend, bog der Schulbuslenker G G nach rechts in die Fahrbahn der P Landesstraße (somit in die selbe Fahrtrichtung wie der Berufungswerber) ein; er konnte jedoch diesen Abbiegevorgang nicht vollenden, weil gerade Kinder im Begriff waren, die Fahrbahn auf dem Schutzweg zu überqueren. Er hielt an und die Kinder überquerten die Fahrbahn.

Plötzlich kam der Berufungswerber mit seinem Rennrad und fuhr eines der Schulkinder an, worauf dieses und er selbst zu Sturz kamen. Das Kind stand sofort auf und lief davon, ebenso die übrigen Kinder. Wie sich später herausstellte, war die Schülerin C E durch den Anstoß umgestürzt und leicht verletzt worden. Auch der Radfahrer (und nunmehrige Berufungswerber) wurde durch den Zusammenstoß bzw. durch den anschließenden Sturz auf die Fahrbahn leicht verletzt.

Aus der Aussage des Zeugen H P, der bei der unmittelbar neben der Unfallstelle befindlichen Bushaltestelle wartete, steht fest, daß der Schulbus nach rechts in die Landesstraße einbog und leicht schräg vor dem Zebrastreifen stehenblieb, da eine Gruppe von vier bis fünf Kindern den Zebrastreifen benutzen wollte. Er sah, wie der Buschauffeur mit der Hand die Kinder aufforderte, den Zebrastreifen zu überqueren. Als diese etwa in der Mitte der Landesstraße waren, kam plötzlich ein Radfahrer (= der Berufungswerber) aus Richtung S kommend und fuhr ca. in Fahrbahnmitte in die Kindergruppe.

Auch der Zeuge G G, der Lenker des besagten Schulbusses, gab an, nach dem Einbiegen nach rechts in die Landesstraße vor dem Schutzweg angehalten zu haben. Eine Gruppe von Kindern wollte den Schutzweg überqueren, was er ihnen ermöglicht hatte.

Er gab an, vor dem Einbiegen in die L von links kommend einen Radfahrer gesehen zu haben, der aber noch weit entfernt war.

3.3. Der Berufungswerber beschrieb in seinen Stellungnahmen vom 25.9.1998 sowie vom 12.1.1999 den Sachverhalt dermaßen, daß der Schulbus so knapp vor ihm in die Landesstraße eingefahren sei, daß er nur durch Verlenken seines Rades nach links, sohin von der Gefahrenquelle weg, unter gleichzeitigem dosierten Bremsen eine Kollision verhindern hätte können. Im Zuge dieses Auslenkens nach links mit gleichzeitigem dosierten Bremsen sei freilich seine Konzentration logischerweise auf den von rechts hereinkommenden Bus gerichtet gewesen. Daraus folge, daß er den vor ihm befindlichen Zebrastreifen in Anbetracht dieser Extremsituation nicht mehr mit der hinreichenden Aufmerksamkeit hätte beobachten können. Es ging für ihn darum, sein eigenes Leben, aber zumindest seine eigene körperliche Unversehrtheit zu retten. Eine Beobachtung des Zebrastreifens in dieser Extremsituation sei jedenfalls für den Einschreiter unzumutbar und könne daher eine gewisse Vernachlässigung der Beobachtung dieses Zebrastreifens in dieser Situation nicht als Verschulden zur Last gelegt werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Die Darstellung der Zeugen G und P ist glaubwürdig. Insbesonders der Zeuge P hatte keinerlei Interesse an einem bestimmten Verfahrensausgang. In Verbindung mit den in der Anzeige beschriebenen und auf der Lichtbildbeilage erkennbaren Verhältnissen an Ort und Stelle ist somit der unter 3.2. beschriebene Sachverhalt der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen.

Die unter 3.3. gerafft wiedergegebene Verantwortung des Berufungswerbers ist dagegen weniger glaubwürdig. Sie würde überdies, selbst dann, wenn sie zutreffen würde, an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nichts ändern.

4.3. Der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten (§ 9 Abs.2 StVO 1960).

Der Berufungswerber befand sich mit seinem Rennrad auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte. Es ist daher davon auszugehen, daß ihm die Fahrtstrecke bereits bekannt war und er somit gewußt hat, daß bei dieser Kreuzung ein Schutzweg ist. Darüber hinaus ist dieser Schutzweg weithin sichtbar durch gelbes Blinklicht als Schutzweg gekennzeichnet. Bei der gehörigen Aufmerksamkeit, mit der sich ein Fahrzeuglenker im Verkehr bewegen muß, hätte er somit dieses Warnzeichen erkennen und beachten müssen.

Im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 9 Abs.2 StVO hätte sich der Berufungswerber diesem Schutzweg sohin nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern dürfen, daß ihm ein Anhalten vor dem Schutzweg verläßlich möglich gewesen wäre. Diese Verpflichtung hat der Berufungswerber, wie der Unfall dokumentiert, jedoch nicht eingehalten. Er hat sich dem Schutzweg mit einer solchen Geschwindigkeit genähert, daß ihm ein Anhalten davor eben nicht mehr möglich war. Als Folge davon fuhr er in eine Gruppe von Schulkindern, wobei er ein Kind so anfuhr, daß dieses stürzte und leicht verletzt wurde.

Damit aber steht fest, daß der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

4.4. Die Tat ist dem Berufungswerber aber auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen:

Nach der Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei den Ungehorsamsdelikten, um welches es sich auch im vorliegenden Fall handelt, stellt der Gesetzgeber sohin fiktiv die gesetzliche Schuldvermutung in Form der Fahrlässigkeit auf, der sich der Beschuldigte jedoch dadurch entziehen kann, daß er glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Berufungswerber versuchte dies im vorliegenden Fall damit, daß er behauptete, daß ihm der Schuldbuslenker den Vorrang und auch die Sicht auf den Schutzweg genommen hätte.

Mit dieser Verantwortung gelingt es dem Berufungswerber jedoch nicht, ein fehlendes Verschulden seinerseits glaubhaft zu machen. Dies insbesonders aus folgenden Gründen:

Bereits aus dem oben beschriebenen Sachverhalt (siehe 3.2.) geht hervor, daß es der Berufungswerber vor dem Schutzweg unterlassen hatte, seine Fahrgeschwindigkeit (ausreichend) zu reduzieren. Es ist unbestritten, daß er vor dem Schutzweg nicht mehr stehenbleiben konnte.

Seine Verantwortung, daß ihm der Fahrer des Schulbusses die Sicht auf den Schutzweg genommen hätte, vermag ihn nicht zu entlasten. Vielmehr hat er damit - neben dem gelben Blinklicht - ein weiteres wichtiges Indiz auf das Vorhandensein von Fußgängern auf dem Schutzweg mißachtet: Ein aufmerksamer Fahrzeuglenker, der ein anderes Fahrzeug (hier: einen Schulbus) vor einem Schutzweg stehen sieht (auch wenn dies noch in einer leichten Schrägstellung aufgrund des noch nicht vollständig abgeschlossenen Einbiegevorganges stand) muß damit rechnen, daß ein solches Fahrzeug eben wegen Fußgängern auf dem Schutzweg vor diesen angehalten hat, um ihnen das sichere und gefahrlose Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

Dies hat eben der Berufungswerber - auch unter Mißachtung des Vorbeifahrverbotes nach § 17 Abs.3 StVO 1960, wonach das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg anhalten, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, .... verboten ist - jedenfalls nicht beachtet.

Somit ist auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

4.5. Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art sind gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen.

In Anbetracht dieses Strafrahmens und des Umstandes, daß durch die Tat ein Schaden und die Gefährdung der Schutzinteressen des § 9 Abs.2 StVO 1960 eingetreten sind, ist die verhängte Strafe als mild zu bezeichnen.

Der Berufungswerber hat es auch unterlassen, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen.

Unter Berücksichtigung aller Strafbemessungsgründe des § 19 VStG konnte daher unter diesen Umständen eine Herabsetzung der Strafe nicht erfolgen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 800 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 160 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung:

Anhalten vor Schutzweg; Fußgänger

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