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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106244/17/Sch/Rd

Linz, 07.02.2000

VwSen-106244/17/Sch/Rd Linz, am 7. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Michael H, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen die Fakten 1, 2, 3 und 4 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. März 1999, III/S 9056/98 V1P SE, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 21. Dezember 1999 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Bezüglich der Fakten 1, 2 und 4 wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis in diesen Punkten bestätigt.

II. Hinsichtlich des stattgebenden Teils der Berufung (Faktum 3) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Der Berufungswerber hat 20 % der hinsichtlich Fakten 1, 2 und 4 verhängten Geldstrafen, ds 1.200 S (entspricht 87,21 €), als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 8. März 1999, III/S 9056/98 V1P SE, über Herrn Michael H, ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960, 3) § 4 Abs.2 StVO 1960 und 4) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.000 S, 2) 2.000 S, 3) 2.000 S und 4) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) bis 4) jeweils 72 Stunden verhängt, weil er am 19. März 1998 um ca. 15.25 Uhr in Linz, Leonfeldner Straße vor Nr. 8 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt und

1) es als Lenker dieses Kraftfahrzeuges unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, sein Fahrzeug sofort anzuhalten;

2) es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er, obwohl es sich um einen Verkehrsunfall mit Personenschaden gehandelt habe, bei dem es zu einer amtlichen Aufnahme des Sachverhaltes durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu kommen gehabt habe, die Verkehrsunfallstelle vor der amtlichen Aufnahme mit seinem Kraftfahrzeug verlassen habe;

3) es als Lenker des Kraftfahrzeuges, somit als Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht einer Verletzten Hilfe geleistet habe, und

4) sei er als Lenker dieses Kraftfahrzeuges an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt gewesen und habe er somit als Person, deren Verhalten am Unfallort mit diesem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt (Fakten 1, 2, 3 und 4).

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 800 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufung:

Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

Gegen den nunmehrigen Berufungswerber wurde vom Bezirksgericht Linz ein Strafverfahren wegen der Vergehen gemäß §§ 88 Abs.1 und 94 Abs.1 StGB eingeleitet und mit Verfügung vom 13. Oktober 1998, AZ 17 U 333/98f, gemäß § 227 Abs.2 StPO eingestellt. Die Erstbehörde hat nach Einlangen der entsprechenden gerichtlichen Mitteilung das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber wegen Übertretung des § 17 Abs.1 StVO 1960 eingestellt, zumal offenkundig diesbezüglich von einer gerichtlichen Zuständigkeit im Sinne der eingangs erwähnten Bestimmung ausgegangen wurde (§ 88 Abs.1 StGB).

Nicht zur Einstellung gelangt ist allerdings das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung nach § 4 Abs.2 erster Satz StVO 1960, sohin die zur Last gelegte Verletzung der Hilfeleistungspflicht durch den Berufungswerber. Die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht nicht darauf ein, weshalb trotz des vom Gericht eingestellten Verfahrens wegen des Vergehens nach § 94 Abs.1 StGB eine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit gegeben sei.

Die Berufungsbehörde hat durch Einsichtnahme in den entsprechenden Gerichtsakt erhoben, dass das Bezirksgericht Linz ursprünglich wegen der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung und des Imstichlassens eines Verletzten nach §§ 88 Abs.1 und 94 Abs.1 StGB gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung erlassen hat, die aber nicht in Rechtskraft erwachsen ist. In der Folge hat das Gericht, wie bereits oben erwähnt, das Verfahren in beiden Punkten eingestellt.

Nach der gegebenen Sach- und Rechtslage muss davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit des Gerichtes nicht nur - wovon auch die Erstbehörde ausgegangen ist - für die Übertretung nach § 17 Abs.1 StVO 1960 (Vergehen nach § 88 Abs.1 StGB) sondern auch für die Unterlassung der Hilfeleistung bestand.

Abgesehen hievon konnte der Berufung aber kein Erfolg beschieden sein. Die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers zum Vorfallszeitpunkt steht außer Frage, ebenso der Umstand, dass er den Verkehrsunfall wahrgenommen hat. Diesbezüglich befinden sich entsprechende Angaben des Berufungswerbers selbst im vorgelegten Verwaltungsstrafakt, insbesondere die Niederschrift vom 25. März 1998. Im Rahmen dieser wurde auch die ursprüngliche Behauptung des Berufungswerbers das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben, zurückgenommen.

Da sohin ein Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden vorlag, an dem der Berufungswerber beteiligt war, wäre er zur Einhaltung der im § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen verhalten gewesen. Als zumindest bemerkenswert muss die Rechtfertigung des Berufungswerbers angesehen werden, wonach er der Meinung gewesen sei, nicht anhalten - und den übrigen Verpflichtungen nachkommen - zu müssen, da es sich bei dem Verkehrsunfall "nur um eine Versicherungsangelegenheit" gehandelt habe. Diese Argumentation entbehrt zum einen schon deshalb jeglicher Logik, da auch eine Regelung der Schäden über die Haftpflichtversicherung naturgemäß eine Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten voraussetzt, da ja sonst eine solche Abwicklung gar nicht möglich ist. Es stellt sich sohin die Frage, wie sich der Berufungswerber eine diesbezügliche Abwicklung vorstellt, wenn er nach einem Verkehrsunfall sofort die Unfallstelle verlässt. Zum anderen weist eine derartige Rechtfertigung entweder auf eine eklatante Unkenntnis der einschlägigen Vorschriften hin oder auf eine gleichgültige Einstellung diesen gegenüber.

Entgegen der Ausführung in der Berufungsschrift ist eine Kumulierung bei einzelnen Delikten nach § 4 StVO 1960 zulässig bzw geboten (vgl. etwa VwGH 28.6.1989, 89/02/0038).

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

Dazu kommt noch, dass beim Berufungswerber von der Schuldform des Vorsatzes ausgegangen werden muss. Obwohl er sich bewusst war, als Fahrzeuglenker einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, ist er seinen Verpflichtungen - mit der erwähnten bemerkenswerten Begründung - nicht nachgekommen. Angesichts der obigen Ausführungen in Verbindung damit erscheinen der Berufungsbehörde die verhängten Geldstrafen von jeweils 2.000 S nicht überhöht. Im Übrigen wird auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

Hinsichtlich des ebenfalls in Berufung gezogenen Faktums 5 des Straferkenntnisses ist bereits eine Entscheidung ergangen (VwSen-106243/19/Sch/Rd vom 23. Dezember 1999).

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n

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