Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221690/2/Gf/Km

Linz, 09.05.2000

VwSen-221690/2/Gf/Km Linz, am 9. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der P W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30. März 2000, Zl. Ge-560/99, wegen einer Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30. März 2000, Zl. Ge-560/99, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sie am 6. April 1999 in Niederneukirchen Glückwunschkarten im Umherziehen von Haus zu Haus feilgeboten habe, "ohne dass die Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländischem Brennholz, inländischer Butter und inländischen Eiern vorlag und ohne dass eine Bewilligung der Gemeinde 4491 Niederneukirchen vorlag"; dadurch habe sie eine Übertretung des § 367 Z. 18 i.V.m. § 53 Abs. 1 der Gewerbeordnung, BGBl.Nr. 94/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 59/1999 (im Folgenden: GewO), begangen, weshalb sie nach dem Einleitungssatz des § 367 GewO zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 7. April 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, mit 18. April 2000 datierte und am 25. April 2000 bei der belangten Behörde eingelangte Berufung. Da sich in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Kuvert, aus dem der Tag der Postaufgabe ersichtlich wäre, findet und andererseits das gegenständliche Rechtsmittel auch nicht im Wege einer Berufungsvorentscheidung als verspätet zurückgewiesen wurde, ist im Zweifel zugunsten der Beschwerdeführerin von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Tatbestand aufgrund einer Anzeige des Gendarmeriepostens St. Florian als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien drei einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin (Pension in Höhe von 8.000 S mtl., kein Vermögen, keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt die Rechtsmittelwerberin vor, die Tätigkeit für einen guten Zweck vorgenommen zu haben, da es sich um Glückwunschkarten mit Motiven einer behinderten Künstlerin gehandelt habe; jener bzw. einer Vertriebsorganisation sei der Erlös zugute gekommen, während sie selbst dabei nichts verdient habe.

Aus diesen Gründen wird - erkennbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Steyr zu Zl. Ge-560/99; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ sowie mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine den Betrag von 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z. 18 i.V.m. § 53 GewO begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus entweder ohne einer Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländischem Brennholz, inländischer Butter oder inländischen Eiern bzw. ohne eine Bewilligung der Gemeinde, die nur Gewerbetreibenden, die ihre Tätigkeit in kleinerem Umfang ausüben, zu deren besserem Fortkommen auf Ansuchen für das Feilbieten ihrer eigenen Erzeugnisse erteilt werden darf, ausübt.

Nach § 367 Z. 17 GewO ist u.a. in gleicher Weise derjenige zu bestrafen, der ein Gewerbe unzulässigerweise im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus ausübt.

Ein Vergleich dieser beiden Strafbestimmungen zeigt, dass § 367 Z. 18 i.V.m. § 53 GewO offenkundig eine lex specialis zur Generalnorm des § 367 Z. 17 GewO darstellt. Beide Vorschriften stehen jedoch jeweils unter dem expliziten Vorbehalt, dass die strafbare Handlung nicht den Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO erfüllt: Danach begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist allseits unstrittig, dass die Rechtsmittelwerberin einerseits weder eine der in § 53 Z. 1 GewO genannten Waren noch auf der anderen Seite "eigene Erzeugnisse" i.S.d. § 53 Z. 2 GewO zum Verkauf angeboten hat. Ihre Bestrafung nach der Sondervorschrift des § 367 Z. 18 i.V.m. § 53 GewO erweist sich daher jedenfalls als verfehlt.

Ob sie stattdessen nach § 367 Z. 17 GewO oder gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO zu belangen gewesen wäre, geht aus dem Sachverhalt nicht klar hervor; in der Begründung des Straferkenntnisses heißt es diesbezüglich nur, dass die Beschuldigte "zumindest im Tatzeitraum nicht die für diese Tätigkeit " gemeint: nach § 53 GewO "erforderliche Gewerbeberechtigung besaß". Die Klärung dieser Frage konnte aber letztlich schon deshalb dahingestellt bleiben, weil zwischenzeitlich die Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG bereits verstrichen ist.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem formalen Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum