Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106294/6/Fra/Ka

Linz, 31.05.1999

VwSen-106294/6/Fra/Ka Linz, am 31. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. März 1999, VerkR96-115-1999, wegen Übertretung des § 37 Abs.3 Z1 iVm § 1 Abs.3 FSG 1997, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuld- und Straffrage als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird insofern bestätigt. Aus Anlaß der Berufung wird der Kostenausspruch wie folgt korrigiert: "Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG 3.840 S als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens zu zahlen."

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 11, 12, 16, 19, 24 und 64 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 37 Abs.3 Z1 iVm § 1 Abs.3 FSG 1997 gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 30.000 S (EFS 6 Wochen) und eine Freiheitsstrafe von 6 Wochen verhängt, weil er am 30.12.1998 gegen 16.00 Uhr den Kombi in St. Wolfgang, auf der öffentlichen Verbindungsstraße von Bürglstein kommend in Fahrtrichtung Weinbach und anschließend weiter auf der Schwarzensee-Bezirksstraße gelenkt hat, obwohl er nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B war.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 11.400 S vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Es ist unbestritten, daß der Bw zur Tatzeit nicht im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B war. Unbestritten ist ebenso, daß der Bw zur Tatzeit am Tatort das in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt hat, obwohl für das Lenken dieses Kraftfahrzeuges gemäß § 1 Abs.3 FSG 1997 eine gültige Lenkberechtigung für die Klasse B erforderlich ist.

Der Bw bringt vor, daß er einen Bekannten, der ihn angerufen hatte, nach Hause habe fahren müssen. Es handelt sich um G aus Strobl-Weissenbach. Dieser habe nur mehr Blut erbrochen und hatte eine schwere Knieverletzung-Seitenbandriß. Er konnte auch keine Rettung verständigen, da er kein Arbeitsverhältnis habe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, den in objektiver Hinsicht unbestrittenen Tatbestand zu entschuldigen. Sinngemäß wendet der Bw einen Schuldausschließungsgrund gemäß § 6 VStG ein. Nach dieser Bestimmung ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten und erlaubt ist. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 VStG kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich um eine unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (vgl. VwGH 17.2.1992, 91/19/0328 uva). Daß sich Herr G in einer unmittelbar drohenden Gefahr für sein Leben oder Vermögen befand, wird vom Bw nicht einmal behauptet, geschweige denn belegt. Aus der Berufung kann erschlossen werden, daß sich Herr G die Fahrtkosten für die Rettung ersparen wollte. Ein Notstand trifft jedoch bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (VwGH 11.4.1986, 86/18/0051, 0052 ua). Es ist auch nicht einmal ansatzweise evident, daß die Beförderung des Herrn G durch den Bw das "einzige Mittel" war, um dessen Leben oder Gesundheit zu schützen, weshalb auch aus diesem Grund durch Annahme eines sogenannten rechtfertigenden Notstandes von der Straflosigkeit der Tat nicht ausgegangen werden kann. Sonstige die Schuld ausschließende Gründe sind ebenfalls nicht ersichtlich, weshalb die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet abzuweisen war.

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG unterbleiben, weil einerseits das Tatbild der Verwaltungsübertretung unbestritten ist und das Vorbringen des Bw in der oa rechtlichen Beurteilung als wahr unterstellt wurde. Sohin war maßgebend ausschließlich der rechtliche Aspekt, ob ein Schuldauschließungsgrund vorliegt. Zudem wurde eine Verhandlung in der Berufung nicht beantragt.

I.3.2. Strafbemessung:

Die belangte Behörde hat die Strafzumessung wie folgt begründet: "Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs.1 und 2 VStG. in ihrem gesamten Umfange entsprechend berücksichtigt. Erschwerend war der Umstand zu werten, daß bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung 8 und bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden 1 einschlägige Verwaltungsvormerkung aufscheint. Mildernde Umstände lagen nicht vor.

Fällen der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Verkehrsteilnehmern, wie dies das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne entsprechende Berechtigung darstellt, haben die Behörden mit aller Strenge entgegenzutreten. Ihr bisheriges Verhalten im Straßenverkehr hat gezeigt, daß die Verhängung von Geldstrafen alleine nicht geeignet ist, Sie vom weiteren unberechtigten Lenken von Kraftfahrzeugen abzuhalten. Es war daher insbesondere aus Gründen der Spezialprävention erforderlich, sowohl hinsichtlich der Geldstrafe als auch der Freiheitsstrafe den gesetzlichen Strafrahmen auszuschöpfen.

Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint - bei einem gesetzlichen Strafrahmen bis zu S 30.000, -- bzw. Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen, dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Grad des Verschuldens und auch Ihren persönlichen Verhältnissen (da Sie diese der Behörde nicht bekanntgaben, wird Ihre monatliche Nettopension auf S 10.000,-- geschätzt, weiters wird angenommen, daß Sie über kein Vermögen verfügen und keine Sorgepflicht haben) angepaßt und erforderlich, sie in Hinkunft vom Lenken von Kraftfahrzeugen ohne gültige Lenkberechtigung abzuhalten.

Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten geeignet ist."

Im Ergebnis sind die Erwägungen zur Strafbemessung zutreffend. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist nicht zu konstatieren. Der Oö. Verwaltungssenat hält es jedoch für erforderlich, was die Verhängung der Freiheitsstrafe betrifft, folgende Begründung hinzuzufügen:

Gemäß § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

Gemäß § 12 Abs.1 VStG beträgt die Mindestdauer der Freiheitsstrafe 12 Stunden. Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen darf nur verhängt werden, wenn dies wegen besonderer Erschwerungsgründe geboten ist. Eine längere als eine sechswöchige Freiheitsstrafe darf nicht verhängt werden.

Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist somit nur aus Gründen der Spezialprävention zulässig. Hinsichtlich der Verhängung einer Freiheitsstrafe ist eine zweifache Prüfung vorzunehmen:

1.) Ist diese im Sinne des § 11 VStG notwendig? Wird dies bejaht und sieht die Verwaltungsvorschrift eine Strafdrohung von über zwei Wochen vor:

2.) Bestehen besondere Erschwerungsgründe, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen gebieten? (vgl. Anm. 2 zu § 12 VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage).

Die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe von sechs Wochen wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist in den §§ 11 und 12 VStG gedeckt. Der Bw weist zahlreiche einschlägige Vormerkungen auf, sodaß die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe an sich aus spezialpräventiven Gründen notwendig ist. Auch die besonderen Erschwerungsgründe nach § 12 Abs.1 VStG liegen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates vor. Das Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist als schwer einzustufen, denn mit seinem neuerlichen Rückfall gibt der Bw eindeutig zu erkennen, daß er nicht gewillt ist, die durch die verletzte Norm rechtlich geschützten Werte wie Leben und Gesundheit von anderen Straßenverkehrsteilnehmern zu akzeptieren. Über den Bw wurde im Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, Zl. 6/369-18938-1996 bereits eine primäre Freiheitsstrafe im Ausmaß von 960 Stunden rechtskräftig verhängt. Auch diese Strafe konnten den Bw nicht davon abhalten, neuerlich einschlägig gegen das Gesetz zu verstoßen. Wegen des zweifelsfreien Vorliegens der Voraussetzungen nach den §§ 11 und 12 VStG wurde daher die primäre Freiheitsstrafe von sechs Wochen gesetzeskonform verhängt.

I.3.3. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist ua in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 64 Abs.2 leg.cit. ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 20 S zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 200 S anzurechnen.

Die Strafbehörde hat dem Bw einen Kostenbeitrag von 11.400 S vorgeschrieben. Dieser Beitrag setzt sich offensichtlich wie folgt zusammen:

10 % der verhängten Geldstrafe von 30.000 S = 3.000 S; Bemessungsgrundlage für die Freiheitsstrafe: 42 Tage x 200 S = 8.400 S. Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 11.400 S. Was den Kostenbeitrag für die Freiheitsstrafe betrifft, hat hier die Strafbehörde § 64 Abs.2 VStG unrichtig angewendet. Sie hat nämlich den Gesamtbetrag zur Berechnung der Kosten bei der Freiheitsstrafe und nicht - wie dies § 64 Abs.2 VStG fordert - lediglich den 10%igen Anteil vorgeschrieben. Der Bw hat daher als Kostenbeitrag für die Verhängung der Freiheitsstrafe nicht 8.400 S, sondern lediglich 840 S, somit insgesamt 3.840 S zu zahlen. Aus den genannten Gründen hatte der Oö. Verwaltungssenat den Kostenausspruch spruchgemäß zu korrigieren.

zu II. Gemäß § 65 VStG sind die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Der leitende Gedanke des § 65 VStG ist, daß es nicht begründet wäre, die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bestraften aufzuerlegen, wenn die Berufungsbehörde eine Änderung zugunsten des Beschuldigten vornimmt. Da der Kostenausspruch einen Teil des Straferkenntnisses darstellt und der Oö. Verwaltungssenat als Berufungsbehörde hinsichtlich dieses Teiles eine Änderung zugunsten des Bw vorgenommen hat, entfällt gemäß § 65 VStG für den Bw die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t

 

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