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VwSen-106345/2/Gu/Pr

Linz, 19.05.1999

VwSen-106345/2/Gu/Pr Linz, am 19. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des G. A. L., vertreten durch Rechtsanwälte J. L. und R. K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 21.4.1999, Zl.VerkR96-14733-1998 Sö, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens 80 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 103 Abs.2 KFG 1967, § 134 Abs.1 KFG 1967

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems auf ihr schriftliches Verlangen vom 17.12.1998 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt zu haben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am um in Österreich auf der A9 bei Km. in Richtung Kirchdorf an der Krems gelenkt hat.

Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 KFG 1967 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 400 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 40 S auferlegt.

In seiner vom rechtsfreundlichen Vertreter erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber nicht die Feststellung, daß die Auskunft verweigert wurde, sondern macht geltend, daß die Vorschrift des § 134 Abs.1 KFG 1967 mit europäischem Recht kollidiere. Das Recht des Beschuldigten von einem Auskunfts- bzw. Aussageverweigerungsrecht in Ansehung der Person eines nahen Verwandten Gebrauch zu machen, entspreche den Grundfesten des EU-Straf- und Strafverfolgungsrechtes. Dieses Recht habe darüber hinaus Grundrechtscharakter.

Die Vorschrift des § 134 Abs.1 KFG 1967 stamme aus einer Zeit als Österreich der Europäischen Union noch nicht beigetreten war. Nun sei Österreich beigetreten und habe sich daher in seiner Rechtspflege nach dem zu richten, was dem europäischen Standard entspreche. Falls dieser Rechtsansicht nicht beigetreten werde, sei er bereit, den Vorgang dem Europäischen Gerichtshof in Luxenburg zur Entscheidung vorzulegen.

Im Ergebnis beantragt er, wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Da nur Rechtsfragen zur Erörterung heranstanden, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Sinne des § 51e Abs.3 Z1 VStG entbehrlich.

Feststeht, daß das in Rede stehende Kraftfahrzeug sich am um Uhr in Österreich aufgehalten hat und auf der Pyhrnautobahn gelenkt worden ist.

Aufgrund dieses Inlandsbezuges lebten die Pflichten des Zulassungsbesitzers im Sinne des § 103 KFG 1967 voll auf, worunter auch jene zählt, auf Verlangen der Behörde Auskunft zu geben, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Die Nichterteilung der Auskunft ist aufgrund der Blankettstrafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen bedroht.

Durch die Nichterteilung der Auskunft ist die objektive Tatseite verwirklicht worden.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hat der Rechtsmittelwerber nicht dargetan, daß das Fahrzeug ohne seinen Willen, z.B. durch Diebstahl, oder gegen seinen erklärten Willen benutzt und damit in Österreich gelenkt worden sei. Er hat daher nichts dargetan, was ihn im Sinne des § 5 Abs.1 VStG als schuldbefreiend entlastet hätte.

Wenn der Rechtsmittelwerber sich bei der Verweigerung der Auskunft auf die Grundfesten des EU-Straf- und Strafverfolgungsrechtes beruft und Grundrechte anspricht, dann hat er sich wohl im Ausdruck vergriffen und damit die Europäische Menschenrechtskonvention gemeint, welche von Österreich im Jahre 1958 ratifiziert worden ist. Ohne daß der Rechtsmittelwerber einen konkreten Bezug nimmt, dürfte er dabei Art. 6 EMRK im Auge haben, aus dessen Kontext das sogenannte Selbstbezichtigungsverbot abgeleitet wird.

In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht übersehen werden, daß Grundrechte nicht absolut wirken und im Spannungsfeld zueinander und zu öffentlichen Interessen stehen können. Eingriffe in Grundrechte sind demnach nicht absolut verboten, sondern unter anderem im maßhaltenden Umfang im öffentlichen Interesse der Rechtspflege - so auch der Strafrechtspflege - zulässig.

In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in einem vergleichbaren Fall betreffend die Auskunftspflicht es als nicht rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staate aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedacht ist (vergl. EKMR Entscheidung vom 11.10.1989, Zl. 15.226/89, auszugsweise abgedruckt in ZVR 2/91 unter Nr. 23 der Spruchbeilage).

Nachdem der Rechtsmittelwerber nichts darzutun vermochte, was ihn entlastet hätte, war der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen.

Die Strafhöhe wurde nicht angefochten.

Der Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat war nicht unbedeutend, sodaß von der Rechtswohltat des § 19 Abs.1 VStG zu Recht nicht Gebrauch gemacht wurde.

Nachdem der Einschätzung der ersten Instanz bezüglich des monatlichen Einkommens von DM 1.500 und des Nichtvorliegens von Vermögen und des Nichtbestandes von Sorgepflichten nicht entgegengetreten worden ist und als Strafmilderungsgrund die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet wurde und sonstige Umstände, die eine Neugewichtung der Strafzumessungsgründe erforderlich gemacht hätten, nicht hervorgetreten sind, konnte der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie eine Geldstrafe an der Untergrenze des Strafrahmens ausgesprochen hat. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus all diesen Gründen mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Dutzendfall

 

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