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VwSen-106399/2/Le/Km

Linz, 13.07.1999

VwSen-106399/2/Le/Km Linz, am 13. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.5.1999, VerkR96-4024-1999 Bru, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 32 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 100 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.5.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 24 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO 1960) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 8.3.1999 um 14.40 Uhr im Ortsgebiet von L, gegenüber A, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen das Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt, obwohl er nicht dauernd stark gehbehindert war.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27.5.1999, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung verwies der Berufungswerber darauf, daß die Woche des 8.3.1999 die erste Woche nach den Semesterferien gewesen wäre, in der der volle Studienbetrieb an der Uni Linz aufgenommen wurde. Auch sei die neue Parkplatzregelung eingeführt worden, worauf eine außerordentlich prekäre Parkplatznot im Bereich der Uni geherrscht hätte. In der Situation, daß die Studenten regelrecht vom Uniparkplatz ausgesperrt waren, wäre es in der Nähe der Uni unmöglich gewesen, einen Parkplatz zu finden. Die Studenten, die auf das Auto angewiesen waren, wären dadurch genötigt gewesen, auf jeder nur irgendwie freien Fläche in der Nähe der Uni ihr Auto abzustellen. Als er zur Uni kam, wären alle Parkplätze in der Umgebung der Uni besetzt gewesen und die drei Behindertenparkplätze die einzigen freien Parkplätze gewesen. Er hätte sich genötigt gesehen, diese Parkplätze ausnahmsweise zu benutzen, die seiner Erfahrung nach so gut wie nie von Behinderten in Anspruch genommen würden, um noch irgend eine Aussicht zu haben, einigermaßen pünktlich in die Vorlesung zu kommen. Zu diesem Zweck hätte er den Behindertenausweis seiner Schwester benutzt, der zufällig im Auto gewesen sei.

Anhand dieser Begleitumstände fände er den neuerlich festgesetzten Strafbetrag unangemessen hoch. Seines Erachtens wäre eine Abmahnung völlig ausreichend. Es wäre viel besser, das Übel an der Wurzel zu bekämpfen, da es ja nicht sein könne, daß der Uniparkplatz, der auch für Studenten offen sein müßte, für hunderte nicht anwesende Bedienstete freigehalten werde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 2.500 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960, ist das Halten und Parken verboten im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13w.

Es ist unbestritten, daß der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat. Er hat dies selbst zugestanden.

Damit aber ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der angelasteten Verwaltungsübertretung erwiesen.

4.3. Mit seiner Argumentation versucht der Berufungswerber, sein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung in Frage zu stellen, indem er die Situation als Notstandssituation darstellt.

§ 6 VStG bestimmt dazu, daß eine Tat nicht strafbar ist, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (VwGH 27.5.1987, 87/03/0112, 17.2.1992, 91/19/0328 ua.).

Eine solche Notstandssituation lag in der vom Berufungswerber geschilderten Parkplatznot nicht vor.

Zu diesem Problembereich ist auch auf die Entscheidung des VwGH vom 11.9.1979, 1374/79 zu verweisen, wonach jeder Kraftfahrer damit rechnen muß, in bestimmten Gebieten, wozu der innere Stadtbereich zählt, keinen Parkplatz zu finden. Stellt er sich nicht darauf ein und hat er deshalb eine Notstandssituation selbst verschuldet, so kann von einem die Schuld ausschließenden Notstand nicht gesprochen werden.

Die geänderte Parkplatzsituation bei der Uni Linz ab dem Sommersemester 1999 wurde sowohl im Bereich der Universität als auch in den Medien bereits Wochen vorher bekanntgegeben, sodaß es Sache des Berufungswerbers gewesen wäre, sich darauf einzustellen.

Von einer Notstandssituation kann somit nicht gesprochen werden.

Dadurch, daß sich der Berufungswerber bewußt auf einen "Behindertenparkplatz" gestellt hat, hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung vorsätzlich begangen.

 

 

4.4. Die Strafbemessung ist nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorzunehmen.

§ 19 VStG bestimmt folgendes:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist nicht ersichtlich, ob die Tat irgendwelche Schädigungen hervorgerufen hat. Allerdings ist das geschützte Interesse, nämlich die Freihaltung von Parkflächen für behinderte Kraftfahrer, jedenfalls abstrakt gefährdert worden, weil eben ein Parkplatz für diese Personengruppe nicht mehr zur Verfügung stand.

Straferhöhend ist auch das Ausmaß des Verschuldens zu werten, da der Berufungswerber die Tat offensichtlich vorsätzlich begangen hat.

Der Umstand, daß er den Behindertenausweis seiner Schwester hinter die Windschutzscheibe gelegt hat, ist ein weiteres Indiz für die vorsätzliche Begehungsform.

Strafmindernd war dagegen das geringe Einkommen des Berufungswerbers, der noch Student ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung:

Behindertenparkplatz; Notstand

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