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VwSen-106470/3/Ga/La

Linz, 19.07.2000

VwSen-106470/3/Ga/La Linz, am 19. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J M in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. Juni 1999, Zl. VerkR96-161-1999/ah, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) und des Führerscheingesetzes 1997 (FSG), zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen und das angefoch-

tene Straferkenntnis in beiden Fakten bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen teilweise stattgegeben: Die mit dem angefochtenen Straf-

erkenntnis verhängten Ersatzfreiheitsstrafen werden zu 1. auf sechs Stunden und zu 2. auf fünfzehn Stunden herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 16 § 51 Abs.1, § 51c, § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 11. Juni 1999 wurde der Berufungs-werber für schuldig befunden, er habe am 3. Jänner 1999 gegen 5.45 Uhr das laut Zulassungsschein als Motorfahrrad zugelassene KFZ, mit bestimmtem Kennzeichen über die S Bundesstraße B im Ortschaftsbereich B zuletzt auf der O Bezirksstraße Richtung Stadtzentrum S gelenkt und dabei 1. innerhalb des Ortsgebietes S bis etwa auf Höhe der Ein- bzw Zufahrt zu den Postgaragen der O Bezirksstraße die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten, und 2. auf Grund der einge-

haltenen Geschwindigkeit von ca. 80 km/h (Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h habe erheblich überschritten werden können) das von ihm gelenkte Fahrzeug ohne entsprechende Lenkberechtigung für die Klasse, in die das Fahrzeug fiel (AV Leichtmotorrad oder A für Motorrad) gelenkt.

Dadurch habe er 1. § 20 Abs.2 erster Fall StVO und 2. § 1 Abs.3 FSG verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Berufungswerber

1. gemäß § 99 Abs.3a (gemeint: § 99 Abs.3 lit.a) StVO eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) und 2. gemäß § 37 Abs.1 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) je kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene (eine öffentliche Verhandlung nicht beantragende) Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Der Berufungswerber rügt Verfahrensmängel insbesondere durch Verletzung des Parteiengehörs und durch Missachtung von das Verwaltungsstrafverfahren gegen Jugendliche betreffende Vorschriften. Ihm ist entgegenzuhalten:

Von der konkreten Anlastung zu beiden Spruchpunkten wusste der Berufungs-

werber durch die persönliche Übernahme der Strafverfügung vom 19. Jänner 1999 am 29. Jänner 1999. Über diese Verfolgungshandlung wurde der Vater des Beru-

fungswerbers durch den am 28. Jänner 1999 hinausgegebenen Schriftsatz vom

26. Jänner 1999 (unter ausdrücklicher Nennung der §§ 59 und 60 VStG als Rechts-

grundlage) verständigt.

Mit dem daraufhin gegen die Strafverfügung erhobenen Einspruch vom 4. Fe-

bruar 1999 bekundete der Beschuldigte, dass er die ihm angelasteten Verwaltungs- übertretungen nicht begangen habe; außerdem erklärte er ausdrücklich, Aktenein-

sicht zu begehren. Um ihm die Akteneinsicht entgegenkommend zu ermöglichen, übersandte die belangte Behörde den ganzen Strafakt an das Gemeindeamt S mit dem Auftrag, dem Beschuldigten, die begehrte Einsicht einzu-

räumen. Das genannte Gemeindeamt gab die Verständigung des Beschuldigten über die Möglichkeit zur Akteneinsicht "während der Amtsstunden in der Gemeinde-

kanzlei" (ohne Festsetzung eines besonderen Termines; somit jederzeit) am 22. Februar 1999 hinaus. Nach der Aktenlage verschwieg sich der Beschuldigte jedoch (und auch sein gesetzlicher Vertreter nahm diese Möglichkeit zur Akteneinsicht nicht wahr). Zu schließen ist dies aus dem auf dem Ladungskonzept ersichtlichen handschriftlichen Vermerk "nicht erschienen". Nach einer rund zweimonatigen Wartezeit auf das Erscheinen des Beschuldigten zur angebotenen Akteneinsicht sandte das Gemeindeamt S den Strafakt über Urgenz an die belangte Behörde zurück. Daraufhin bot die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 30. April 1999 (hinausgegeben am 3.5.1999) dem Beschuldigten eine weitere Gelegenheit zur Akteneinsicht an, diesmal im Amtsgebäude der Bezirkshauptmann-

schaft unter Setzung einer Frist von zwei Wochen. Außerdem wurde der Beschuldigte aufgefordert, seinen Einspruch "eventuell näher zu begründen." Gleichzeitig wurde ihm in unmissverständlicher Formulierung angekündigt, dass das Strafverfahren dann, wenn er von der "jetzigen Möglichkeit" (seine Parteienrechte wahrzunehmen) nicht Gebrauch mache, ohne seine Anhörung weitergeführt werde. Dieses Aufforderungsschreiben wurde im Wege einer Ersatzzustellung dem Beschuldigten am 4. Mai 1999 zugestellt. Auf der im Akt verbliebenen Urschrift des Aufforderungsschreibens sind zwei handschriftliche Aktenvermerke ersichtlich: Mit dem ersten, am 12. Mai 1999 gefertigten Vermerk wurde festgehalten, dass - über Ersuchen - die Frist bis 30. Mai 1999 verlängert worden ist; mit dem zweiten, am 8. Juni 1999 gefertigten Vermerk wurde festgehalten, dass "bis dato" keine Recht-

fertigung abgegeben wurde. Daraufhin erließ die belangte Behörde das vorliegend angefochtene Straferkenntnis. Und schließlich ist aus dem vorgelegten Akt noch ersichtlich, dass der Vater des Beschuldigten, wiederum unter Anführung der Rechtsgrundlage (§§ 59 und 60 VStG), über die Erlassung des Strafverfahrens verständigt wurde.

Ausgehend von diesem, in der Begründung des Straferkenntnisses zusammen-

gefasst wiedergegebenen Akteninhalt, stellt der Oö. Verwaltungssenat fest:

Das h Tribunal hat keinen Grund für die Annahme, dass der geschilderte Akteninhalt den Verlauf und Inhalt des gegen den Beschuldigten geführten Ver-

waltungsstrafverfahrens in dieser Sache unvollständig oder nicht wahrheitsgetreu wiedergibt. Soweit sich das Verfahrensmängel behauptende Vorbringen nicht überhaupt als aktenwidrig erweist, hat der Berufungswerber von ihm nicht wahrge-

nommene Einsichten und Rechtfertigungsmöglichkeiten selbst zu vertreten.

Inhaltlich rügt der Berufungswerber, dass, auf den Punkt gebracht, das angefochtene Straferkenntnis keinen konkreten Tatort vorwerfe, die Geschwin-

digkeitsfeststellung durch Nachfahren unbestimmt dadurch geblieben sei, weil die wider ihn erhobene Anlastung die Streckenlänge der stattgefundenen Nachfahrt mit dem Streifenwagen (die als solche unstrittig ist) nicht angebe, und entgegen der Annahme der belangten Behörde im involvierten Mofa zur Tatzeit kein 75 ccm-Zylinder, sondern nur ein 50 ccm-Zylinder eingebaut gewesen sei.

Dieses Vorbringen vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Entgegen der Darstellung des Berufungswerbers enthält das angefochtene Straf-

erkenntnis (als noch innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte Verfolgungshandlung) - mit Bezug auf beide Fakten - einen im Sinne des Bestimmtheitsgebotes gemäß

§ 44a Z1 VStG ausreichend konkretisierten Tatort. Die Formulierung "über die Subener Bundesstraße B im Ortschaftsbereich B zuletzt auf der O Bezirksstraße Richtung Stadtzentrum S" im Zusammenhalt mit der daran anknüpfenden Beschreibung "innerhalb des Ortsgebietes S am Inn bis etwa auf Höhe der Ein- bzw. Zufahrt zu den Postgaragen der O Bezirksstraße" individualisiert den Vorfall in örtlicher Hinsicht vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen Verbotsvorschrift immerhin so konkret, dass weder (iSd Judikatur zum Bestimmtheitsgebot) die rechtliche Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben war noch für den Berufungswerber zweifelhaft erscheinen konnte, auf welche Tatörtlichkeit - hier ein durch mehrere bestimmte Kriterien umschriebener Straßenabschnitt - sich sein allfälliges Bestreitungsvorbringen zu beziehen hätte. Tatsächlich hat er mit seinem Berufungsvorbringen nicht dezidiert bestritten, dass der Vorfall sich auf eben diesem, so umschriebenen Straßenabschnitt ereignet hatte, sondern nur pauschal das Fehlen eines konkreten Tatortes behauptet.

Was hingegen die Nachfahrstrecke anbelangt, so konnte die belangte Behörde entsprechende Angaben aus der ihr vorgelegenen Anzeige des GP S vom 10. Jänner 1999 so ausreichend entnehmen, dass sie zu Recht aus der beschriebe-

nen Nachfahrstrecke (die mit der Anzeige übereinstimmend im allgemeinen Teil des Schuldspruchs und im Faktum 1. wiedergegeben wurde) auch die für eine verläss-

liche Geschwindigkeitsfeststellung unter den hier gegebenen Umständen erforder-

liche Mindestlänge von etwa 440 m (zu Gunsten des Berufungswerbers wurde der - für solche Nachfahrten zufolge von beim h Tribunal notorischen Sachverständigen-

meinungen heranzuziehende - Faktor 5,5 eingesetzt; ausreichende Ergebnisse werden in der Regel auch schon mit Faktor 5 erzielt) voraussetzen durfte. Ergän-zende Erhebungen iSd § 66 Abs.1 AVG des Oö. Verwaltungssenates haben für die im Spruch angeführten Straßenabschnitte (=Nachfahrstrecke) eine Länge von etwa 740 m (gerechnet: beginnend mit Ortsgebiet S entlang der O Bezirksstraße Richtung Stadtzentrum Schärding bis zum Anhalteort) ergeben. Dass dieses Ergebnis ziffernmäßig in der Bescheidbegründung keinen Niederschlag gefunden hat, beeinträchtigte zwar deren Informationswert, schlägt jedoch auf die Rechtmäßigkeit der Tatbestandsannahme in diesem Fall nicht durch.

Was die Frage der Hubraumgröße des zur Tatzeit im Mofa eingebaut gewese-

nen Motorzylinders angeht, hat die belangte Behörde die Erstverantwortung des Beschuldigten im Zuge seiner Anhaltung für glaubwürdig erachtet. Diesen Angaben steht nun die Behauptung in der Berufungsschrift gegenüber, es habe sich "später" herausgestellt, dass zur Tatzeit nur ein 50-ccm-Zylinder eingebaut gewesen sei. Dieses spätere Vorbringen des Beschuldigten aber, der sich zur Abwendung seiner Bestrafung nach Gutdünken in jede Richtung, ohne einer Wahrheitspflicht zu unterliegen, verantworten kann, hält der Oö. Verwaltungssenat für weniger glaubwürdig als seine Erstverantwortung. Im übrigen ist der Nachweis eines 75-ccm-Zylinders für die Tatbestandsmäßigkeit zu 2. kein wesentliches Sachverhaltselement. Hiefür genügt die durch Nachfahren ermittelte und, wie festzustellen war, erwiesene Fahrgeschwindigkeit von ca. 80 km/h. Die Schlussfolgerung, dass damit die Bauartgeschwindigkeit des Mofas von 45 km/h erheblich überschritten werden konnte, bedurfte im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf keiner näheren Begründung und hatte ihr der Berufungswerber auch nichts entgegengesetzt.

Aus allen diesen Gründen waren die Schuldsprüche zu 1. und 2. zu bestätigen.

Zum Ausmaß der verhängten Strafen hat der Berufungswerber konkret nichts vorgebracht. Insbesondere hat er auch den hier zu schätzen gewesenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (6.000 S monatlich netto; keine Sorgepflichten; kein Vermögen) nichts entgegengehalten. Zutreffend hat schon die belangte Behörde das Ausmaß der zu 2. verhängten Geldstrafe unter Anwen-

dung des § 20 VStG (der Beschuldigte ist Jugendlicher) und dabei unter Bedacht-

nahme auf den besonderen Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit des Beschuldigten auf die Hälfte der gesetzlichen Mindeststrafe herabgesetzt. Die Höhe der zu 1. festgesetzten Geldstrafe - auch für diese hatte der Milderungsgrund Berücksichtigung zu finden - ist nicht als ermessensmissbräuchlich zu erkennen. Weitere Milderungsgründe hatte der Berufungswerber nicht vorgebracht und waren solche auch vom Oö. Verwaltungssenat nicht aufzugreifen.

Allerdings scheinen die gleichzeitig festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen zu 1. und 2. im Hinblick auf das noch jugendliche Alter des Beschuldigten in diesem Ausmaß als zu streng, das heißt nicht ausreichend täteradäquat bemessen, weshalb sie auf die nun festgesetzten Ausmaße herabzusetzen waren.

Bei diesem Verfahrensergebnis waren Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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