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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106475/10/Sch/Rd

Linz, 06.03.2000

VwSen-106475/10/Sch/Rd Linz, am 6. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Dr. Volkmar H, vertreten durch H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Juni 1999, VerkR96-282-1999-OJ/KB, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 1. März 2000 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Bescheidspruch zu Faktum 2 wie folgt zu lauten hat:

"2) den Fahrstreifen nach rechts gewechselt, ohne sich vorher davon überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war."

II. Der Berufungswerber hat 20 % der verhängten Geldstrafen, ds 800 S (entspricht 58,14 €), als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 10. Juni 1999, VerkR96-282-1999-OJ/KB, über Herrn Dr. Volkmar H, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 18 Abs.1 StVO 1960 und 2) § 11 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 3.000 S und 2) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72 Stunden und 2) 24 Stunden verhängt, weil er am 3. November 1998 gegen 16.40 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen, auf der Westautobahn in Richtung Salzburg gelenkt habe und dabei

1) auf Höhe des Straßenkilometers 205,000 zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 120 km/h nur einen Abstand von ca. einen Meter eingehalten sowie anschließend das Vorderfahrzeug überholt habe, und

2) den Fahrstreifen nach rechts gewechselt habe, ohne sich vorher davon überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen sei, da die überholte PKW-Lenkerin zum Abbremsen ihres Fahrzeuges genötigt worden sei.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass der Berufungswerber im Rahmen des gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens die Tatvorwürfe unbestritten belassen hat und erst in der Berufungsschrift Einwendungen erfolgt sind. Nahezu acht Monate nach dem Vorfall wurde erstmals eine Darstellung aus der Sicht des Berufungswerbers abgegeben, wobei die Schilderungen dort so erfolgt sind, dass nicht der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Übertretungen gesetzt hätte, sondern vielmehr die Anzeigerin.

Dem ist allerdings Nachstehendes entgegenzuhalten:

Die Genannte hat den Sachverhalt einerseits in der am GP Laakirchen aufgenommenen Niederschrift vom 3. November 1998, lediglich rund 20 Minuten nach den Vorfällen, zu Protokoll gegeben und andererseits anlässlich einer zeugenschaftlichen Einvernahme am 25. März 1999 im Wesentlichen wiederholt. Auch im Rahmen der erwähnten Berufungsverhandlung wurde sie zeugenschaftlich einvernommen, wobei sie wiederum weitgehend detaillierte Schilderungen machte. Zur Zeugin selbst ist zu bemerken, dass diese bei der Berufungsbehörde einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat. Es sind nicht die geringsten Hinweise dahingehend zu Tage getreten, dass sie einen völlig aus der Luft gegriffenen Sachverhalt zur Anzeige gebracht hätte und - wovon ein sogenannter "Privatanzeiger" immer auszugehen hat - so auf sich zu nehmen, unter Umständen mehrmals Vorladungen zu Behörden zur Einvernahme zu erhalten. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung und auch jenen Erfahrungswerten, die der Berufungsbehörde zur Verfügung stehen, hält gerade dieser Umstand viele Verkehrsteilnehmer davon ab, von ihnen wahrgenommene Übertretungen zur Anzeige zu bringen.

Aufgrund der Angaben der glaubwürdigen Zeugin, denen es auch an Schlüssigkeit nicht mangelt, ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Genannte lenkte zum Vorfallszeitpunkt im Bereich der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit ihren PKW und führte ein Überholmanöver von mehreren LKW durch. In der Folge näherte sich von hinten der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten KFZ so weit an, dass die Zeugin zumindest zeitweise lediglich den Kühlergrill dieses Fahrzeuges, also nicht mehr dessen gesamte Vorderansicht, im Innenspiegel ihres KFZ wahrnehmen konnte. Einen solchen Abstand mit etwa einen Meter anzunehmen, ist äußerst realitätsnah. Es kommt nicht darauf an, ob es tatsächlich lediglich ein Meter oder allenfalls etwas mehr war. Ein solcher Abstand entspricht jedoch keinesfalls mehr dem Reaktionsweg, von dem auszugehen ist, dass jeder Inhaber einer Lenkberechtigung weiß, dass dieser das Minimum des Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren darstellt. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 120 km/h wäre der sich so ergebende Sicherheitsabstand mehr als 30 m.

Nachdem die Zeugin nach ihrem Überholmanöver den Fahrstreifen nach rechts gewechselt hatte, wurde sie vom Berufungswerber überholt. In der Folge hat auch dieser den Fahrstreifen nach rechts gewechselt, wobei die Zeugin diesen Fahrstreifenwechsel als sehr knapp vor ihrem Auto erfolgt geschildert hat. Sie sei, wie sie es ausdrückte, "geschnitten" worden. Darunter kann - legt man den allgemeinen Sprachgebrauch dieses Wortes im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr zu Grunde - nur ein sehr geringer Zwischenabstand verstanden werden. Dieser Begriff gehört im Übrigen auch zum Vokabular des Verwaltungsgerichtshofes in Erkenntnissen (vgl. etwa VwGH 23.11.1962, 1467/62). Hiebei ist es unerheblich, wie groß in Metern oder Zentimetern der Abstand tatsächlich war, das Schneiden eines anderen Verkehrsteilnehmers beim Fahrstreifenwechsel stellt eine Übertretung des § 11 Abs.1 StVO 1960 dar, so lange nicht besondere Sachverhaltselemente zu Tage treten, die auf ein mangelndes Verschulden des betreffenden Fahrzeuglenkers hinweisen. Solche sind im vorliegenden Fall aber nicht gegeben.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers bzw seines Vertreters anlässlich der Berufungsverhandlung spricht gerade der Umstand auch für die Glaubwürdigkeit der Zeugin, dass sie eben keine konkreten Meter- oder Zentimeterangaben machen konnte. Es wäre nämlich lebensfremd anzunehmen, dass in einer solchen Situation von einem sich gefährdet fühlenden Fahrzeuglenker noch fotographisch detaillierte Wahrnehmungen (mit Maßangaben) verlangt werden könnten. Er müsste sich im Falle solcher Angaben allenfalls sogar die Vorhaltung gefallen lassen, es wäre lebensfremd, dass ihm dieses möglich gewesen sei.

Wie bereits ausgeführt, hat die Zeugin bei der Berufungsverhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck gemacht und sind keinerlei Zweifel an der Schlüssigkeit ihrer Angaben zu Tage getreten. Damit war für die Berufungsbehörde der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinreichend klar ermittelt und bedurfte es keiner darüber hinausgehender Beweisaufnahmen. Dem Berufungswerber ist es durch seine Angaben nicht gelungen, die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin auch nur ansatzweise zu erschüttern. Diesbezüglich sei auch erwähnt, dass ein Zeuge bei seiner förmlichen Einvernahme im Verwaltungsstrafverfahren an die Wahrheitspflicht gebunden ist, wogegen sich ein Beschuldigter nach allen Seiten hin frei verantworten kann, also etwa auch die handelnden Personen vertauschen kann, ohne irgendwelche Sanktionen befürchten zu müssen.

In formeller Hinsicht ist noch zu bemerken:

Der letzte Halbsatz bezüglich Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde von der Berufungsbehörde aus dem Spruch entfernt, zumal nach der sich nach der Berufungsverhandlung ergebenden Beweislage davon auszugehen war, dass der Fahrstreifenwechsel schon beendet war, als der Berufungswerber sein Bremsmanöver gesetzt hat. Da das Gesetz nicht auf die Gefährdung oder Behinderung bestimmter Kategorien von Straßenbenützern und gar individualisierte Personen abstellt, erfordert das Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG nicht, jenes Fahrzeug und jenen Lenker im Bescheidspruch konkret anzuführen, welche von dem Fahrstreifenwechsel betroffen waren (VwGH 23.9.1985, 85/18/0286).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Rahmen eines verstärkten Senates in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 3.10.1985, Slg. 11894 A, mit der Frage des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z1 VStG auseinandergesetzt. Zufolge diesem Erkenntnis wird der erwähnten Vorschrift dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Durch die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Tatzeit und Tatörtlichkeit wird dieses den vorhin erwähnten Kriterien gerecht. Es ist dabei unerheblich, ob sich der Vorfall einige Minuten vor oder nach dem angeführten Zeitpunkt bzw naturgemäß nicht nur an einem bestimmten Autobahnkilometer ereignet hat bzw haben konnte. Der Berufungswerber war dadurch weder in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt noch war er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt. Zur entsprechenden Einwendung hinsichtlich Faktum 2 bezüglich eines angeblich fehlenden Tatzeitpunktes bzw Tatortes ist zu bemerken, dass diesbezüglich die Formulierung im Spruch "sowie anschließend das Vorderfahrzeug überholt und" den Bezug zur unmittelbaren Nachfolge an die Zeit- und Ortsangaben in der Präambel bzw in Faktum 1 herstellt. Es ist sohin kein Mangel an der Tatkonkretisierung zu erblicken.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Sowohl das massive Unterschreiten des Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren als auch das knappe Wechseln des Fahrstreifens nach einem Überholvorgang stellen massive Gefährdungen der Verkehrssicherheit dar. Für diese Aussage bedarf es lediglich der Erfahrung eines Fahrzeuglenkers im Straßenverkehr und nicht darüber hinaus noch der Anführung von Statistiken, wie der Berufungswerber vermeint. Im Übrigen sind nach dem Wissensstand der Berufungsbehörde solche durchaus schon längst von dazu berufenen Stellen erstellt worden, etwa in Bezug auf die Ursachen von Auffahrunfällen.

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen von 3.000 S bzw 1.000 S halten sohin einer Überprüfung anhand der obigen Kriterien ohne weiteres stand. Dazu kommt noch, dass der Berufungswerber bereits mehrmals wegen als einschlägig anzusehender Übertretungen, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Verletzungen des Rechtsfahrgebotes, bestraft werden musste, welche Tatsache einen Erschwerungsgrund darstellt. Es muss daher von einem gewissen Maß an Uneinsichtigkeit beim Rechtsmittelwerber ausgegangen werden, das Erwägungen im Hinblick auf eine allfällige Herabsetzung der Strafen nicht zulässt. Dem gegenüber lagen Milderungsgründe nicht vor. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen bzw wurde nichts dahingehend vorgebracht, dass der Berufungswerber allenfalls aufgrund eingeschränkter persönlicher Verhältnisse nicht in der Lage sein könnte, die verhängten Geldstrafen zu begleichen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n

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