Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106491/15/Le/La

Linz, 16.12.1999

VwSen-106491/15/Le/La Linz, am 16. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Klaus-Dieter F, S, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.6.1999, Zl. VerkR96-10772-1998 Pue, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben: Das Straferkenntnis wird in diesem Umfang aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Hierfür entfallen die Kostenbeiträge für das Strafverfahren erster Instanz und das Berufungsverfahren.

II. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass die bezeichnete Hausnummer der I von "50" auf "25" richtiggestellt wird.

III. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von insgesamt 280 S ( entspricht 20,35  €) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu III.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.6.1999 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretungen

1. des § 68 Abs.2 erster Satz Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO),

2. des § 7 Abs.1 erster Satz StVO,

3. des § 66 Abs.2 Z7 StVO,

4. des § 68 Abs.2 erster Satz StVO und

5. des § 7 Abs.1 erster Satz StVO

Geldstrafen in Höhe von

zu 1. 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden),

zu 2. 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden,

zu 3. 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden),

zu 4. 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) und

zu 5. 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 14.7.1998 gegen 16.55 Uhr in Traun, auf der I, Richtung W ein Fahrrad gelenkt, wobei er

  1. als Radfahrer verbotenerweise neben einem anderen Radfahrer gefahren sei,
  2. als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, weil er die gesamte Industriestraße nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei,
  3. verbotenerweise ein Fahrrad gelenkt habe, das nicht mit Reifen oder Felgen, deren Seitenwände ringförmig zusammenhängend weiß oder gelb rückstrahlend sind oder an jedem Rad mit mindestens zwei nach beiden Seiten wirksamen gelben Rückstrahlern von mindestens 20 cm2 Größe ausgerüstet war,
  4. als Radfahrer verbotenerweise neben einem anderen Radfahrer gefahren sei - vom Anhalteort wegfahrend, nach ca. 100 m und
  5. als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, weil er über die Fahrbahnmitte auf den linken Fahrstreifen wechselte und dort einige Meter im Zick-Zack-Kurs fuhr.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 2.7.1999 (fälschlich als "Einspruch" bezeichnet), mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er nur im Zuge eines Überholvorganges neben seiner Frau gefahren sei. Er sei immer so weit rechts gefahren, dass er mit dem Pedal nicht den rechten Randstein berührte und sei nur einmal in die Fahrstreifenmitte gefahren, um seine Frau zu überholen und einmal beim Vorbeifahren an einem parkenden Wohnwagenanhänger.

Nachdem er Inspektor S gesagt hatte, dass er die Katzenaugen des Hinterrades gerade verloren haben musste, da er sie zu Hause noch hatte, sagte Inspektor H dazu, dass er es gesehen hätte, wie er sie verloren habe.

Zum vierten Tatvorwurf verwies er auf die Begründung zum ersten.

Zum fünften Tatvorwurf brachte er vor, dass er nach links Richtung T abbiegen wollte und deshalb zur Fahrbahnmitte gefahren sei. Erst dann wäre ihm eingefallen, dass er nach Linz musste und so hätte er wieder zum rechten Fahrbahnrand gewechselt, nachdem er sich überzeugt gehabt hätte, ob er das nachkommende Gendarmerieauto nicht behinderte. Er sei weder am linken Fahrstreifen absichtlich zick-zack gefahren, noch hätte er sein Fahrrad wegen des Gegenverkehrs nach rechts verreißen müssen.

Zur Angabe von Inspektor H, er hätte ihn 200 m im Rückspiegel gesehen, führte er aus, dass ihn dieser auf Grund des Straßenverlaufes höchstens 50 bis 60 m gesehen haben könne.

Er wundere sich, dass die Behörde von seiner Frau Gertrude F keine Stellungnahme verlangt hätte. Überdies könnte sich die Behörde die Gegebenheiten der Straße anschauen, weil dann würde sie merken, dass an den Aussagen der fachlich geschulten Zeugen, die unter Wahrheitspflicht stehen, sehr zu zweifeln sei, da der Straßenabschnitt, der von der ersten Begegnung bis zum Anhalten weit nicht diese Länge habe, die erforderlich wäre, wenn man die Angaben der beiden Inspektoren berücksichtigen würde.

Weiters möchte er feststellen, dass die Beamten überaus uneinsichtig gewesen wären, als er sie auf ihr Fehlverhalten hingewiesen habe.

Da seine Glaubwürdigkeit bezweifelt werde, sei er gerne bereit, auch unter Eid auszusagen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1 . Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat für 13. Dezember 1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber teil; die belangte Behörde hatte sich entschuldigt. Als Zeugen wurde der Meldungsleger Inspektor Michael H sowie die Ehegattin des Berufungswerbers, Frau Gertrude F, gehört. Frau F wurde auf ihr Entschlagungsrecht und auf die möglichen strafrechtlichen Folgen einer falschen Zeugenaussage hingewiesen; sie wollte jedoch aussagen.

3.2. Als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber gab an, damals mit seiner Gattin auf der I mit den Fahrrädern unterwegs gewesen zu sein, wobei seine Gattin links neben ihm gefahren sei. Als ihnen ein Gendarmerieauto entgegenkam, sprach sie der am Steuer sitzende Gendarm an und forderte sie auf, nicht nebeneinander zu fahren, was der Berufungswerber mit den Worten "ja, ist eh schon gut" quittierte. Seine Gattin sei dann vorgefahren und in der Folge habe er sie - mit Handzeichen - überholt und sich vor ihr eingeordnet. Dann sei ein Wohnwagenanhänger abgestellt gewesen, dem sie hintereinander fahrend ausgewichen wären. Kurze Zeit später wären sie von der Gendarmerie zum Anhalten aufgefordert worden. Die Bezahlung eines Organmandates habe er abgelehnt, weil er sich keiner Schuld bewusst gewesen sei. Auf die fehlenden Rückstrahler am Hinterrad seines Mountainbikes sei er von Inspektor S angesprochen worden und habe er ihm gesagt, dass er diese im Gelände verloren haben müsse. Inspektor H hätte gesagt, dass er das "eh gesehen" habe. Dies müsse Inspektor S bestätigen können.

Nach der Amtshandlung wäre er mit seiner Gattin wieder weggefahren, wobei seine Frau vor ihm gefahren sei. Er hätte sie dann - mit Handzeichen - überholt und sich anschließend nach links eingeordnet, wobei ihm im Zuge dieses Abbiegevorganges eingefallen sei, dass er noch nach L fahren wollte und daher wäre er wieder nach rechts gefahren.

Die Gattin des Berufungswerbers, Frau Gertrude F, bestätigte im Wesentlichen die Aussagen ihres Gatten.

Lediglich beim Verlustort der fehlenden Katzenaugen gab Frau F an, dass ihr Gatte bei der Beanstandung gesagt hätte, dass er diese "da vorne" verloren habe.

Auch bei der Darstellung der Wegfahrt nach der Amtshandlung schilderte Frau F den Vorgang etwas anders als ihr Gatte: Demnach sei ihr Gatte vor ihr gefahren und er habe sich dann nach links eingereiht. Ihr sei dann eingefallen, dass sie nach L wollten und sie habe ihrem Mann zugerufen, dass sie nach L fahren wollten, worauf er wieder nach rechts herübergekommen sei.

3.3. Der Gendarmeriebeamte Inspektor Michael H schilderte den Sachverhalt als Zeuge wie folgt:

Er war mit seinem Kollegen Inspektor Martin S mit dem Gendarmerieauto auf der I unterwegs, als ihnen zwei Radfahrer nebeneinander fahrend entgegen kamen. Er sprach den links fahrenden Radfahrer, den nunmehrigen Berufungswerber, an, dass das Nebeneinanderfahren nicht erlaubt sei, worauf dieser antwortete "ja, ist eh schon gut". Weiterfahrend beobachtete er dann im Rückspiegel, wie die Radfahrer weiterhin nebeneinander fuhren. Er wendete daraufhin sein Dienstfahrzeug und fuhr den beiden Radfahrern nach. Ein Überholen war vorerst nicht möglich, weil Herr F bei der Fahrbahnmitte und zum Teil darüber fuhr. Nach dem Hause I 25 konnten sie dann die beiden Radfahrer überholen, worauf sie rechts zugefahren und ausgestiegen sind und die Radfahrer zum Anhalten aufgefordert haben. Auch zu diesem Zeitpunkt kamen die Radfahrer nebeneinander daher. Er bot Herrn F die Bezahlung eines Organmandates in Höhe von 200 S an, was aber dieser ablehnte. Daraufhin wurde Herr F aufgefordert, sich auszuweisen, was dieser erst nach längerem Zögern tat. Inspektor H musste dazu sogar die Festnahme androhen.

Sein Kollege Inspektor S stellte bei der Überprüfung des Fahrrades unter anderem fest, dass die Katzenaugen fehlten, worauf Herr F fragte, ob sie nicht gesehen hätten, dass ihm diese gerade heruntergefallen wären. Inspektor Hsagte dezidiert aus, dass im Zeitraum des Nachfahrens definitiv keine Katzenaugen vom Rad des nunmehrigen Berufungswerbers heruntergefallen waren.

Nach Beendigung der Amtshandlung stiegen die Gendarmeriebeamten ins Auto ein und beobachteten die Abfahrt der beiden Radfahrer. Herr F drehte sich nach ca. 30 m um, winkte den Beamten und fuhr dann auf die linke Fahrbahnseite und dort einige Male zick-zack, wobei er sich mehrmals nach den Beamten umdrehte. Er konnte gerade noch vor einem entgegenkommenden PKW das Fahrrad nach rechts verreißen. Die Beamten überlegten, ihn jetzt festzunehmen, gaben diese Absicht aber dann wieder auf, um die Sache nicht eskalieren zu lassen.

Inspektor Martin S hatte vor der Erstbehörde als Zeuge ausgesagt und genau dieselbe Darstellung gegeben. Diese Zeugenaussage wurde bei der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vollinhaltlich verlesen.

Der Zeuge Inspektor H gab weiters an, dass es durchaus möglich sein könne, dass ein PKW oder ein Wohnwagen am Fahrbahnrand abgestellt war. Der Vorwurf des Nebeneinanderfahrens hätte sich jedoch nicht auf dieses Ausweichen, sondern auf die Strecke davor und danach bezogen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Nach § 45 Abs.2 AVG hat die Behörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Diese Bestimmung normiert den Grundsatz der freien Beweiswürdigung aus. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess nach den Gesetzen der Logik; maßgebend ist dafür der innere Wert, die Überzeugungskraft der aufgenommenen Beweise.

Unter Anlegung dieser Prämissen ist die Zeugenaussage des Herrn Inspektor Höllmüller überzeugend: Er brachte seine Darstellung ernst und gewissenhaft vor und hinterließ dabei einen sicheren und verlässlichen Eindruck. Seine Aussage ist in sich widerspruchsfrei und entspricht den Denkgesetzen der Logik. Überdies wird sie durch die Zeugenaussage des Inspektor S vollinhaltlich bestätigt.

Dagegen ergaben sich in der Darstellung des Berufungswerbers und der Zeugenaussage seiner Gattin Gertrude F doch einige Widersprüche: So gab der Berufungswerber vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat an, die Katzenaugen auf der Fahrt in den T-A ("im Gelände") verloren zu haben. Seine Gattin sagte dagegen - in Übereinstimmung mit dem Gendarmeriebeamten! - aus, dass er bei der Amtshandlung gesagt habe, sie "da vorne" verloren zu haben. (Gemeint war damit der Bereich der I.)

Ein weiter Widerspruch liegt darin, dass der Berufungswerber angab, dass von der Amtshandlung seine Gattin zuerst weggefahren sei, während seine Gattin angab, dass ihr Mann vorne gefahren sei.

Hinsichtlich des fünften Tatvorwurfes gab der Berufungswerber an, sich nach links eingeordnet zu haben und erst dann sei ihm eingefallen, dass er nach L wollte und deshalb habe er sein Fahrrad wieder nach rechts gelenkt. Frau F dagegen gab an, dass sich ihr Gatte nach links Richtung T eingereiht habe und ihr sei dann eingefallen, dass sie nach L wollten und sie habe ihrem Mann dann zugerufen, worauf er wieder nach rechts herübergekommen sei.

Schließlich sagte Frau F aus, dass sie den Vorwurf (des Nebeneinanderfahrens) als lächerlich empfunden habe, weil es sich bei der I in diesem Bereich um eine breite Straße handle.

3.4. Damit sind einige Widersprüche in den Behauptungen des Berufungswerbers und seiner Gattin hervorgekommen, weshalb Zweifel an deren Glaubwürdigkeit bestehen.

Dagegen sind die Aussagen der Gendarmeriebeamten widerspruchsfrei und schlüssig.

Überdies entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Gendarmeriebeamte nur deshalb einschreiten, um Verkehrsteilnehmer zu einem korrekten Verhalten zu veranlassen. Wären im gegenständlichen Fall die Ehegatten wirklich nach der ersten Beanstandung ordnungsgemäß hintereinander gefahren, hätten die Gendarmeriebeamten keinerlei Grund dafür gehabt, umzukehren, den beiden Radfahrern nachzufahren und diese aufzuhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Ehegatten Fellner tatsächlich - wie bereits vor der ersten Beanstandung - auch weiterhin nebeneinander gefahren sind. Der Darstellung des Berufungswerbers konnte daher nicht gefolgt werden. Eine Vernehmung seiner Person unter Eid ist im Verwaltungsstrafgesetz nicht vorgesehen, weshalb sie auch nicht durchgeführt werden konnte.

Bei der weiteren Beurteilung der Angelegenheit ist daher von der Richtigkeit der Darstellung der Gendarmeriebeamten auszugehen.

4.3. Zu den Tatvorwürfen 1. und 2.:

Diese Tatvorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum zwischen der ersten Beanstandung (vom Dienstfahrzeug aus) und der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten. Inspektor H gab dazu an, der Berufungswerber sei links neben seiner Gattin und zum Teil über der Fahrbahnmitte gefahren, weshalb ein Überholen vorerst nicht möglich gewesen war.

Was die Fahrtstrecke anlangt, so ist nicht der Darstellung des Berufungswerbers zu folgen, wonach ihn der Gendarmeriebeamte höchstens 50 bis 60 m im Rückspiegel gesehen haben konnte. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass ihn der Gendarmeriebeamte zuerst im Rückspiegel sah, dann das Fahrzeug gewendet hat und ihm nachgefahren ist. Die auf Seite 3 der Anzeige geschätzte Strecke von 150 m ist daher durchaus plausibel.

§ 68 Abs.2 StVO bestimmt, dass Radfahrer nur auf Radwegen und in Wohnstraßen sowie auf sonstigen Straßen mit öffentlichem Verkehr bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern nebeneinander fahren dürfen; ...

Nach § 7 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

§ 99 Abs.3 lit.a StVO bestimmt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges ... gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes ... verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Die Tatvorwürfe 1. und 2. beziehen sich auf den Zeitraum zwischen der ersten Beanstandung und der Anhaltung durch die Gendarmerie. Inspektor H sagte als Zeuge aus, der Berufungswerber sei zum Teil über der Fahrbahnmitte gefahren.

Damit waren die beiden Verwaltungsübertretungen, nämlich das Nebeneinanderfahren und das Missachten des Rechtsfahrgebotes nebeneinander iSd § 22 Abs.1 VStG vorzuwerfen. Eine Konsumtion dieser beiden Delikte liegt hier offensichtlich deshalb nicht vor, weil der Berufungswerber das Rechtsfahrgebot exzessiv und nicht bloß durch (einfaches) Nebeneinanderfahren verletzt hat: Wie der Zeugenaussage zu entnehmen ist, ist er sogar über die Fahrbahnmitte gekommen, was bei einer so breiten Straße wie der Industriestraße (laut Darstellung der Zeugin Gertrude Fellner) bei einem (einfachen) Nebeneinanderfahren nicht erforderlich gewesen wäre; sogar das Gendarmeriefahrzeug wurde am Überholen gehindert.

Die wertabwägende Auslegung der formal durch eine Handlung erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass die Unterstellung der Tat unter lediglich den Tatvorwurf des Nebeneinanderfahrens nicht den deliktischen Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhaltes abgilt. Der Tatvorwurf des Nebeneinanderfahrens erfasst nicht den gesamten Unrechtsgehalt des Täterverhaltens, weshalb zusätzlich noch die Missachtung des Rechtsfahrgebotes vorzuwerfen (und eine gesonderte Strafe dafür zu verhängen) war.

Der Berufungswerber hat damit den objektiven Tatbestand der angelasteten Delikte erfüllt.

4.4. Zu den Tatvorwürfen 4. und 5.:

Diese Tatvorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum nach der Amtshandlung. Die Gendarmeriebeamten beobachteten, wie sich der Berufungswerber kurze Zeit nach der Abfahrt wiederum neben seiner Frau einordnete und dann sogar auf die linke Fahrbahnseite fuhr, wobei er eine Zick-Zack-Linie fuhr.

Mit der bereits unter 4.3. näher dargestellten rechtlichen Begründung sind auch die Tatvorwürfe 4. und 5. erklärt. Auch diesbezüglich hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt.

4.5. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im gegenständlichen Fall ist jedoch sogar vorsätzliche Begehung anzunehmen, weil der Berufungswerber bei der ersten Beanstandung (vom fahrenden Dienstwagen aus) bereits auf das Unerlaubte seines Verhaltens hingewiesen wurde und er dieses dennoch fortgesetzt hat.

Somit ist auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt.

4.6. Zur Korrektur der Hausnummer zur Bestimmung des Anhalteortes ist auszuführen, dass es sich hier um eine geringfügige Ungenauigkeit beim Tatvorwurf handelte. Bereits in der Anzeige war auf Seite 3 ausdrücklich die "I 25" genannt worden; dies bestätigten sowohl die Zeugen Inspektor Höllmüller und Frau Gertrude Fellner als auch der Berufungswerber selbst. Es dürfte sich dabei um einen Schreibfehler der Erstbehörde handeln.

Derart geringfügige Ungenauigkeiten können von Amts wegen jederzeit korrigiert werden (siehe VwGH vom 26.5.1999, Zl. 99/03/0127).

4.7. Zum Tatvorwurf 3.:

Bei diesem Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber vorgehalten, dass das Hinterrad seines Fahrrades nicht mit seitlichen Rückstrahlern ausgerüstet war.

Wenngleich es widersprüchliche Aussagen über den Verlustort dieser Rückstrahler (T-A oder I) gab, und es überdies unwahrscheinlich ist, dass gleich zwei Rückstrahler verloren werden, ist dies dennoch nicht gänzlich unmöglich. Überdies kann die Ausstattungsvorschrift nur so verstanden werden, dass bei Fahrtantritt die entsprechenden Rückstrahler am Fahrrad vorhanden sein müssen. Wenn diese während der Fahrt verloren gehen, so sind sie ehestmöglich zu ersetzen. Dies kann aber nicht so interpretiert werden, dass die Fahrt abgebrochen werden müsste, wenn die Rückstrahler verloren gehen.

Da dem Berufungswerber nicht nachzuweisen war, dass er seine Fahrt bereits ohne diesen Rückstrahlern angetreten hat, war der Tatvorwurf im Zweifel aufzuheben.

4.8. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. In Anbetracht der vorsätzlichen Begehungsform sind die verhängten Strafen keinesfalls überhöht. Der Berufungswerber soll dadurch auf das Unerlaubte seines Verhaltens hingewiesen und künftig - auch zu seinem eigenen Schutz als Radfahrer - zur Beachtung der Verkehrsvorschriften angeleitet werden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde zum Tatvorwurf 3. aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG für diesen Tatvorwurf nicht aufzuerlegen, weil der Berufung diesbezüglich Folge gegeben wurde.

Zu III.:

Hinsichtlich der Tatvorwürfe1., 2., 4 und 5. wurde jedoch die angefochtene Entscheidung bestätigt.

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist.

Da in diesen Tatvorwürfen Geldstrafen in Höhe von insgesamt 1.400 S verhängt wurden, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 280 S; der Verfahrenskostenbeitrag für das Strafverfahren der ersten Instanz beträgt 140 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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