Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106493/2/BI/KM

Linz, 04.08.1999

VwSen-106493/2/BI/KM Linz, am 4. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn DI D S, B, A, vom 12. Juli 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 30. Juni 1999, VerkR96-10030-1998 Sö, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "in Österreich auf der A bei km 10,600 in Richtung K" zu entfallen hat.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 120 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 600 S verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. , der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems auf ihr schriftliches Verlangen vom 21. September 1998 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt habe, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 28. Mai 1998 um 18.34 Uhr in Österreich auf der A bei km 10,600 in Richtung K gelenkt habe, indem er mit Schreiben vom 9. Oktober 1998 mitgeteilt habe, den Lenker nicht mehr zu wissen. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 60 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er habe sich zur Zeit der Zustellung des schriftlichen Verlangens der Erstinstanz im Umzug befunden und könne nach deutschem Recht seinen neuen Hauptwohnsitz erst der Behörde melden, wenn er die meiste Zeit an diesem Ort verbringe, was damals noch nicht der Fall gewesen sei. Hätte er sich aber auf Urlaub befunden, wäre er auch nicht erreichbar gewesen. Er sei sicher, daß es für so einen Fall eine Ausnahmeregelung gebe, was ihm aber unbekannt sei. Er berufe sich jedoch auf diese.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Laut Anzeige wurde der laut Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg auf den Rechtsmittelwerber - mit der offenbar "alten" Adresse K 5, S - zugelassene PKW am 28. Mai 1998 um 18.34 Uhr auf der P A bei km 10,600 in Fahrtrichtung K mit einer Geschwindigkeit von 134 km/h gemessen, obwohl dort nur eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erlaubt ist. Nach Abzug der für Radargeräte der Bauart Multanova 6 FA - hier wurde jenes mit der Nr. 1075 verwendet - vorgesehenen Toleranzen wurde eine tatsächliche Geschwindigkeit von 127 km/h der Anzeige zugrundegelegt.

Die Erstinstanz forderte den Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 21. September 1998 als Zulassungsbesitzer des genannten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 auf, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung dieses Schreibens, mitzuteilen, wer das Fahrzeug am 28. Mai 1998 um 18.34 Uhr gelenkt, verwendet bzw abgestellt habe. Dem Rechtsmittelwerber wurde auch zur Kenntnis gebracht, daß dem Lenker vorgeworfen werde, auf der A bei km 10.600, Gemeinde W, eine Geschwindigkeitsüberschreitung insofern begangen zu haben, als er im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit 100 km/h eine solche von 127 km/h eingehalten habe. Es wurde außerdem darauf hingewiesen, daß eine Nichterteilung oder Erteilung einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Die Zustellung des Schreibens erfolgte laut Rückschein am 30. September 1998 an die Mutter des Rechtsmittelwerbers.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1998 teilte der Rechtsmittelwerber mit, er könne nicht sagen, wer den PKW zum angefragten Zeitpunkt gelenkt habe. Er sei mit mehreren Personen in den Urlaub gefahren und sie hätten sich beim Fahren abgewechselt.

Nach nahezu 5 Monaten sei es ihm nicht mehr möglich, genaue Aussagen zum Lenker zu machen.

Mit Strafverfügung vom 15. Oktober 1998 wurde dem Rechtsmittelwerber eine Übertretung gemäß § 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 zur Last gelegt. Im rechtzeitig dagegen eingebrachten Einspruch machte er geltend, seine Mutter habe ihm das Auskunftsersuchen der Erstinstanz nachgeschickt, weil dieses an die falsche Adresse zugestellt worden sei. Außerdem sei er beruflich ortsabwesend und auch wegen seines Umzuges nicht erreichbar gewesen.

Anläßlich seiner Einvernahme am 15. April 1999 im Rechtshilfeweg beim Polizeipräsidium A teilte er mit, es hätten sich auf dieser Urlaubsfahrt vier Personen im PKW befunden, die sich während der Fahrt abgewechselt hätten, sodaß er nicht sagen könne, wer zum maßgeblichen Zeitpunkt der Lenker gewesen sei. Er sei damals Student mit ca 600 DM Einkommen gewesen. Das Auskunftsersuchen sei am 30. September 1998 bei seiner Mutter eingegangen und bereits am 9. Oktober beantwortet worden, wobei keine der drei Antwortmöglichkeiten zugetroffen hätte.

Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer KFZ - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Nach dem Wortlaut der zitierten Gesetzesbestimmung stellt die Lenkeranfrage allein auf einen bestimmten Zeitpunkt ab und nicht auf einen Ort des Lenkens. Daraus folgt, daß es dem auskunftspflichtigen Zulassungsbesitzer allein obliegt, die Zuordnung der angegebenen Zeit zu einem bestimmten Ort vorzunehmen und, wenn er das KFZ nicht selbst gelenkt hat, eine Auskunftsperson zu benennen. Die Angabe eines Ortes in der Lenkeranfrage ist somit im Gesetz nicht vorgesehen, ebensowenig der Grund für die Anfrage, zB eine Anzeige wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung. Aus dieser Überlegung waren auch die auf einen Ort des Lenkens bezugnehmenden Teile des Schuldspruchs gemäß § 44a Z1 VStG zu eliminieren.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf den Rechtsmittelwerber zugelassenen Kraftfahrzeuges und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodaß eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen. Auch die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft, nämlich zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Anfrage, ist gesetzlich vorgegeben und daher nicht von der Behörde erstreckbar.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich, sodaß nach dem Wortlaut des Gesetzes der Rechtsmittelwerber, verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zu bemerken ist außerdem, daß die Auskunft über die Adresse K 5 in S vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg stammt, sodaß die Rüge des Rechtsmittelwerbers, die Erstinstanz habe das Auskunftsersuchen an die falsche Adresse gesandt, nicht zielführend ist.

Das Auskunftsersuchen wurde laut datierter Unterschrift offensichtlich der Mutter des Rechtsmittelwerbers am 30. September 1998 zugestellt. Dessen Reaktion darauf, der Name des Lenkers könne nicht mehr festgestellt werden, erfolgte mit Schreiben vom 9. Oktober 1998, sohin rechtzeitig innerhalb der Frist von 2 Wochen; allerdings ist dieses Schreiben nicht als ordnungsgemäß erteilte Lenkerauskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 zu sehen, weil tatsächlich kein Lenker mit Name und Adresse angegeben worden war.

Der Rechtsmittelwerber verkennt in der Berufung insofern die Problemstellung, als ihm nicht der Vorwurf der Versäumung einer Frist gemacht wird - es braucht daher diesbezüglich auch nicht nach einer Ausnahmeregelung für auf Urlaub oder im Umzug begriffene Zulassungsbesitzer gesucht zu werden - , sondern vielmehr der Vorwurf, innerhalb der zweiwöchigen Frist keine den Anforderungen des Auskunftsersuchens gerecht werdende Auskunft über den tatsächlichen Lenker des PKW, , am 28. Mai 1998, 18.34 Uhr, erteilt zu haben.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal ihm auch nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Nichterteilung der Lenkerauskunft kein Verschulden trifft.

Vielmehr muß vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, daß er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den PKW so vielen Personen zum Lenken überläßt, daß ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, daß der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 30.000 S bzw 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers sowie das Fehlen von straferschwerenden Umständen ausreichend berücksichtigt und hat ihren Überlegungen auch dessen Einkommen als Student sowie das Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten zugrundegelegt.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder den Ausspruch einer Ermahnung lagen nicht vor.

Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den persönlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Sie liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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