Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106526/2/WEI/Bk

Linz, 10.07.2000

VwSen-106526/2/WEI/Bk Linz, am 10. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Juli 1999, Zl. VerkR 96-3827-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 2 iVm § 16 Abs 3 Z 4 Tiertransportgesetz-Straße - TGSt (BGBl Nr. 411/1994 idF BGBl Nr. 457/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens zu Punkt 1) entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) im Punkt 1) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 15.12.1998 im Laufe des Vormittags insgesamt 12 Rinder auf den für Tiertransporte geeigneten LKW mit dem Kennzeichen und 11 Rinder auf den Anhänger verladen und wurde anläßlich einer Kontrolle am Parkplatz neben der Bundesstraße 1 bei Km 255, 650, Gemeinde V, um 11.23 Uhr festgestellt, daß

1) die zulässige Gesamttransportdauer von sechs Stunden erheblich überschritten wurde, da bereits um 05.55 Uhr Tiere verladen wurden und somit längstens bis 11.55 Uhr beim Bestimmungsort (Schlachthof S) einlangen hätten müssen (die Kontrolle erfolgte um 11.23 Uhr im Gemeindegebiet von V).

2) ......."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 2 iVm § 16 Abs 3 Z 4 TGSt als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 16 Abs.3 Z.4 TGSt." eine Geldstrafe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden.

1.2. Gegen Punkt 1) dieses Straferkenntnisses, das dem Bw am 12. Juli 1999 zu eigenen Handen zugestellt worden war, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 12. Juli 1999, die am 14. Juli 1999 bei der belangten Behörde einlangte und mit der sinngemäß die Aufhebung des Schuldspruches und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Herabsetzung der Strafe angestrebt wird.

2. Die Berufung wendet sich ausdrücklich nur gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses, der die Übertretung nach dem Tiertransportgesetz-Straße zum Gegenstand hat. Dazu legt der Bw die Teilablichtung eines an ihn gerichteten Schreibens der S L M vom 17. Juni 1999 vor, in welchem u.a. ausgeführt wird:

"Wie Sie vielleicht wissen, widerspricht die österreichische Regelung EU-weitem Recht. Derzeit erfolgt eine Anpassung des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße an geltendes EU-Recht. Wir befinden uns derzeit quasi im rechtsfreien Raum."

Der Bw nimmt auf dieses Schreiben Bezug und vertritt die Ansicht, dass seine Bestrafung nach dem Tiertransportgesetz-Straße nicht zulässig sei. Ferner bekämpft er auch die Höhe der zu Punkt 1) verhängten Geldstrafe von S 10.000,--, die für ihn viel zu hoch sei. Der Gewinn seiner Firma im Jahr 1998 habe nur S 130.181,-- betragen. Dazu legt er die letzte nur wenig aussagekräftige Seite seiner Jahresabschlussrechnung für 1998 vor. Sein monatliches Durchschnittseinkommen betrage nur S 10.848,-- und er sei verheiratet und habe für 3 Kinder zu sorgen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass der angefochtene Schuldspruch schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 TGSt ist der Transport von Tieren auf der Straße auf der kürzesten verkehrsüblichen, veterinärmedizinisch vertretbaren und nach den kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften zulässigen Route durchzuführen. Der Lenker hat sich einer schonenden und rücksichtsvollen Fahrweise zu bedienen, die insbesondere eine Verletzung der transportierten Tiere vermeidet. Die Be- und Entladung ist in schonender und rücksichtsvoller Form durchzuführen; Verletzungen der Tiere sind zu vermeiden.

Nach § 5 Abs 2 TGSt dürfen Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt werden. Ein Schlachttransport darf jedenfalls durchgeführt werden, wenn bei Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften eine Gesamttransportdauer von sechs Stunden und eine Entfernung von 130 km nicht überschritten werden. Dabei werden die tatsächlich auf der Autobahn zurückgelegten Kilometer nur zur Hälfte bei der Berechnung der Entfernung berücksichtigt.

Gemäß § 16 Abs 3 Z 4 TGSt begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen,

wer einen Tiertransport durchführen lässt oder durchführt, der dem § 5 Abs 1 oder 2 widerspricht.

Durch die am 23. Juli 1999 kundgemachte Novelle im Art I des BGBl Nr. 134/1999 wurde die Z 4 des § 16 Abs 3 TGSt in lit a) und lit b) unterteilt. In Z 4 lit a) ist die bisherige Strafnorm enthalten und in Z 4 lit b) wird eine ergänzende Strafbestimmung hinsichtlich solcher Tiertransporte, die im Widerspruch zu EG-Richtlinien stehen, vorgesehen. Auf den gegenständlichen Fall ist diese Novelle, die an der Übertretungsnorm des § 5 Abs 2 TGSt nichts änderte, noch nicht anwendbar.

4.2. Mit Beschluss vom 24. September 1997, Zl. 96/03/0254-6, hat der VwGH gemäß Art 177 EGV (Art 234 EG) im Zusammenhang mit dem Transport lebender Schlachttiere eine Frage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) betreffend die Auslegung der Art 30, 34 und 36 EGV (jetzt Art 28 bis 30 EG) und sonstiger Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorgelegt, um zu klären, ob § 5 Abs 2 TGSt im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht und durch dieses verdrängt wird.

Der EuGH erkannte mit Urteil vom 11. Mai 1999, Rs. C-350/97 (Monsees), veröffentlicht in NL 99/3/8 und in WBl 1999, 306, zu Recht:

"Die Art. 30, 34 und 36 EG-V (nach Änderung jetzt Art. 28 EG bis 30 EG) sind so auszulegen, daß sie einen Mitgliedsstaat daran hindern, den Straßentransport lebender Schlachttiere zu beschränken, indem sie vorschreiben, daß diese Transporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb und nur unter der Bedingung durchgeführt werden dürfen, daß bei Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften eine Gesamttransportdauer von 6 Stunden und eine Entfernung von 130 km nicht überschritten wird, wobei die tatsächlich auf der Autobahn zurückgelegten Kilometer nur zur Hälfte der Berechnung der Entfernung berücksichtigt werden."

Die Auslegung der Bestimmungen des EG-Vertrages durch den EuGH ist bindend (vgl dazu VwGH 24.06.1998, 98/04/0112). Die Regelung der Übertretungsnorm des § 5 Abs 2 TGSt verstößt demnach gegen Gemeinschaftsrecht, weshalb sie wegen des dem Gemeinschaftsrecht zukommenden Anwendungsvorranges nicht anzuwenden ist (vgl VwGH 30.06.1999, 99/03/0191).

Die belangte Behörde hätte den in seiner Anwendbarkeit durch das Gemeinschaftsrecht verdrängten § 5 Abs 2 TGSt nicht als Grundlage für einen Schuldspruch und eine Bestrafung nach § 16 Abs 3 Z 4 TGSt heranziehen dürfen. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) aufzuheben und dieses Strafverfahren mangels einer strafbaren Übertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel im Strafverfahren zu Punkt 1) des gegenständlichen Straferkenntnisses gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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