Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106529/7/Kon/Pr

Linz, 07.02.2000

VwSen-106529/7/Kon/Pr Linz, am 7. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn H.-G. S., vertreten durch Z.-W. & P., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 2.7.1999, VerkR96-2047-1998, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3.2.2000, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Bestrafte hat 20 % der über ihn verhängten Strafe, ds 1.400 S (entspricht  101,74 €), als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben am 25.01.1998 um 07.07 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A im Gemeindegebiet von S.., Strkm. 59,150 in Richtung K. gelenkt und die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitbeschränkung" mißachtet, da Sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 59 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit. a Ziffer 10 lit. a StVO i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. a StVO. 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

7.000,-- 7 Tage 99 Abs. 3 lit. a

STVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

700,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 7.700,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung, wie nachstehend wiedergegeben, begründet:

"Die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde mittels eines stationär aufgestellten, geeichten Radargerätes festgestellt und ist dadurch erwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf § 19 VSTG. festzusetzen.

Erschwerend war das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zu werten, mildernd Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit.

Bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen und besonders in Tunnels (hier: 139 km/h statt 80 km/h) wird die Verkehrssicherheit erheblich reduziert, weil solch überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen. Im Hinblick auf die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung war die Strafe sowohl aus Gründen der Spezialprävention als auch der Generalprävention festzusetzen.

Durch die Wahl der Geschwindigkeit war die Verkehrssicherheit erheblich reduziert und der Schuldgehalt der Übertretung als erheblich einzustufen.

In Ihren Rechtfertigungsangaben führten Sie vor allem aus, dass bei Ihrer Gattin schwangerschaftsbedingt Übelkeit und Erbrechen eingetreten sei und Sie deshalb mit dieser weit überhöhten Geschwindigkeit den Tunnel befuhren.

Zum Beweis dafür legten Sie eine Kopie des Mutter-Kind-Passes vor, aus welchem jedoch nicht ersichtlich war, daß bei Ihrer Gattin eine Risiko-Schwangerschaft bestand. Auch der zugezogene Sachverständige (ROSR Dr. W. Sch., Amtsarzt) konnte aus den vorgelegten Unterlagen keine Gefahr für Mutter und Kind feststellen und führte auch in seinem Gutachten aus, daß Übelkeit und Erbrechen besonders in den ersten Schwangerschaftswochen kein seltenes Ereignis darstellen. Übelkeit und Erbrechen seien ein langsam an Intensität zunehmendes Krankheitsbild und könnten auch schon in geringer Form vor Tunneleinfahrt bestanden haben, woraus kein medizinischer Laie Lebensgefahr von Mutter und Kind ableitet. Somit hat die Behörde erwogen, daß Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten haben und sieht auch keine Veranlassung mehr, neuerliche ärztliche Gutachten einzuholen.

Schon durch die allgemeine Lebenserfahrung ist abzuleiten, daß bei Durchfahrt eines Tunnels mit dieser weit überhöhten Geschwindigkeit auch bei nicht schwangeren Personen Übelkeit auftreten kann.

Gemäß § 5 Abs.1 VSTG. genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand eine Verwaltungsübertretung, der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Geschwindigkeitsüberschreitungen sind leicht vermeidbar, indem der Lenker neben der Beobachtung der Außenwelt durch einen Blick auf den Geschwindigkeitsmesser - regelmäßig - insbesonders im Bereich von kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkungen, sich davon überzeugt, daß seine Fahrgeschwindigkeit dementsprechend angepaßt ist. Eine Nichtbeachtung bei gehörigen Aufmerksamkeit fällt daher bei verwirklichter objektiver Tatseite dem Lenker jedenfalls als Fahrlässigkeit zur Last.

Im übrigen erscheint die verhängte Geldstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie Ihren Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen (da hierüber keine Auskunft einlangte, mußte die Behörde von folgender Schätzung ausgehen: Einkommen: DM 1.500,-- kein Vermögen, Sorgepflichten für 1 Kind) angemessen. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ist gesetzlich begründet."

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin gegen seine Bestrafung das Vorliegen eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG eingewandt.

Hiezu führt er im Wesentlichen begründend aus, dass zur angegebenen Tatzeit seine Gattin als Beifahrerin schwanger gewesen wäre, ihr während der Autofahrt plötzlich übel geworden sei und sie angefangen hätte, sich zu übergeben. Eine allfällige Geschwindigkeitsüberschreitung sei daher durch den Schuldausschließungsgrund des Notstandes gemäß § 6 VStG aus der plötzlichen Gesundheitsstörung der Gattin gerechtfertigt und ihm diese Geschwindigkeitsüberschreitung sohin nicht vorwerfbar. Darin, dass sich der Gesundheitszustand seiner Gattin nachhaltig sowie unvermittelt schnell während des Befahrens des Tunnels verschlechtert habe und sodann zu einem unvermittelten Erbrechen geführt habe, sei gerade jene unmittelbar drohende Gefahr zu erblicken, welche die Notstandssituation rechtfertige. Für ihn als medizinischen Laien wäre in diesem Moment nicht erkennbar gewesen, ob es sich um eine Gesundheitsgefährdung im erheblichen Ausmaß oder lediglich um eine vorübergehende harmlose Gesundheitsbeeinträchtigung seiner Gattin oder seines ungeborenen Kindes gehandelt habe. Aus einer ex-ante-Betrachtung hätte er vielmehr schon aufgrund dieser plötzlichen Gesundheitsverschlechterung von einer ernsthaften Gesundheitsgefährdung ausgehen müssen.

Daneben wäre aber auch seine Notstandshandlung ebenfalls gerechtfertigt gewesen. Es hätte für ihn keine Möglichkeit bestanden, im Tunnel gefahrlos anzuhalten und sodann den gesundheitlichen Zustand seiner Gattin näher zu überprüfen. Vielmehr hätte hier ein sofortiges Anhalten im Tunnel zu einer wesentlich größeren Gefährdung auch der übrigen Verkehrsteilnehmer geführt. Ein Anhalten im Tunnel hätte angesichts der allgemein bekannten schlechten Luftqualität im Tunnel wohl keinesfalls zu einer Besserung einer derartig starken Übelkeit seiner Gattin geführt. Ein möglichst rasches Verlassen des Tunnels wäre daher das einzige Mittel zur Abwendung des Nachteiles gewesen. Eine andere Möglichkeit der Abhilfe angesichts eines unvermittelten Erbrechens hätte selbst für eine ex-post-Betrachtung nicht in Frage kommen können. Das Leben und die Gesundheit seiner Gattin sowie seines ungeborenen Kindes stellten selbstverständlich höherwertige Rechtsgüter bzw. Interessen als die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit dar.

Aber selbst dann, wenn tatsächlich keine Notstandsituation vorgelegen sein sollte, schlösse dies nicht von vorneherein das Vorliegen eines Putativnotstandes und sohin Straffreiheit aus. Nehme der Täter irrtümlich eine Notstandsituation an, so sei er entschuldigt, sofern der Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Notstandes nicht auf Fahrlässigkeit beruhten, also ihm nicht vorwerfbar seien. Gegenständlich könne ihm als medizinischen Laien nicht vorgeworfen werden, die letztlich sich herausstellende Harmlosigkeit der unvermittelt eingesetzten Übelkeit seiner Gattin während der Fahrt durch den Tunnel nicht erkannt zu haben. Ein diesbezüglicher Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines von ihm angenommenen Notstandes sei ihm keinesfalls vorwerfbar, zumal die Zwangslage von ihm selbst nicht verschuldet worden wäre.

Die belangte Behörde hätte daher schon bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Überschreitung der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit im Tunnel einerseits die einzige Möglichkeit gewesen wäre, plötzlich eintretende Gesundheitsbeeinträchtigung ehestmöglich abzuwenden, andererseits auch er von einem bedeutsamen Nachteil für Leib, Leben und Gesundheit seiner Gattin in erheblichem Ausmaß hätte ausgehen müssen.

Überdies sei der von der belangten Behörde ermittelte Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt worden. Zwar sei insgesamt zweimal ein Amtssachverständigengutachten eingeholt worden, diese seien jedoch unzureichend und unschlüssig, worauf er stets in seinen zahlreichen Stellungnahmen hingewiesen und diesbezügliche Ergänzungen beantragt habe.

So habe der Amtssachverständige nicht Stellung dazu bezogen, ob für ihn bereits vor der Tunneleinfahrt ein anschließendes Erbrechen seiner Gattin im Tunnel vorhersehbar gewesen wäre bzw. welcher Zeitraum in concreto zwischen der anfänglichen Übelkeit und dem unvermittelten Erbrechen verstrichen sei. Die Erkenntnis, dass Übelkeit und Erbrechen besonders in den ersten Schwangerschaftswochen kein seltenes Ereignis seien, reichten so für die Beurteilung, ob ihm als medizinischen Laien die Gefährlichkeit der Gesundheitsbeeinträchtigung bekannt sein hätte müssen, nicht aus. Aber selbst, wenn man davon ausgehe, dass auch im gegenständlichen Fall Übelkeit und Erbrechen langsam an Intensität zugenommen hätten, sei für den Standpunkt der belangten Behörde noch nichts gewonnen. Tatsache sei, dass der Bosrucktunnel eine Gesamtlänge von mehreren Kilometern aufweise und daher die Zurücklegung der Strecke bis zum Radarmessgerät bei ursprünglich eingehaltener Fahrgeschwindigkeit längere Zeit in Anspruch genommen hätte. Der Übergang einer "normalen" Übelkeit in einen derartig akuten Zustand seiner Gattin sei unvermittelt und plötzlich erfolgt.

Es entspreche wohl der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Zustand eines unvermittelten Erbrechens für jedermann einen körperlichen Ausnahmezustand darstelle, sodass aus einer ex-ante-Betrachtung zumindest eine erhebliche Gesundheitsgefährdung hätte angenommen werden müssen. Dies gelte im besonderen Maße, wenn man davon ausgehe, dass sich seine Gattin zum Tatzeitpunkt bereits im 3. Schwangerschaftsmonat befunden hätte. Obgleich er in seinen Stellungnahmen mehrmals darauf hingewiesen habe, sei dies vom Amtssachverständigen nicht berücksichtigt worden, sondern habe dieser lediglich in einer Allgemeinformulierung darauf hingewiesen, dass Übelkeit und Erbrechen besonders in den ersten Schwagerschaftswochen kein seltenes Ereignis darstellten. Diese letztendlich von der belangten Behörde übernommene Auffassung des Amtssachverständigen begründeten aber gerade unvollständige Sachverhaltsermittlung, welche eine ausreichende rechtliche Beurteilung erlaube.

Tatsache sei, dass seine Gattin nach diesem Vorfall wegen dieser heftig aufgetretenen Übelkeit in ärztlicher Behandlung gewesen wäre. Es werde daher diesbezüglich eine ärztliche Bestätigung vom 16.7.1999 vorgelegt, woraus sich eben insbesondere ergäbe, dass auch in dieser Schwangerschaftsphase eine Schwangere sehr wohl heftige Übelkeit verspüren könne.

Die belangte Behörde hätte daher nach vollständiger Ermittlung des Sachverhaltes zu dem Ergebnis kommen müssen, dass zum Tatzeitpunkt bei seiner Gattin heftige Übelkeit unvermittelt aufgetreten sei und daher die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung durch die vorliegende Notstandsituation gerechtfertigt bzw. allenfalls entschuldigt gewesen wäre.

In der Berufung wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verfahrensakt der belangten Behörde Einsicht genommen und weiters entsprechend dem Antrag in der Berufung eine öffentlich mündliche Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und einer medizinischen Amtssachverständigen für den 3.2. d.J. anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Aufzuzeigen ist, dass die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist und vom Beschuldigten weder vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat bestritten wird. Das Berufungsverfahren konnte sich daher auf die Prüfung der Frage beschränken, ob die vom Beschuldigten in der Berufung geschilderte Situation, auf die vom Beschuldigtenvertreter auch in der mündlichen Verhandlung verwiesen wurde, einen tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Notstand im Sinne des § 6 VStG zum Tatzeitpunkt begründete oder nicht.

Aufgrund der nachweislich bestandenen Schwangerschaft der Gattin des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt kann die von ihm geschilderte Situation, die von einem Übelkeitszustand seiner Gattin mit nachfolgendem Erbrechen während der Durchfahrt durch den Bosrucktunnel gekennzeichnet war, als den Tatsachen entsprechend angesehen werden.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, wobei sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Unter Notstand ist ein Fall von Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im Allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Es gehört dabei zum Wesen des Notstandes, dass die Gefahr zumutbarer Weise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (VwGH 17.6.1987, 85/01/0172, 3.3.1994, 93/18/0090 zitiert bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 789).

Die irrtümliche Annahme eines Notstandes (Putativnotstand) kann einen Täter nur entschuldigen, wenn der Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Notstandes nicht auf Fahrlässigkeit beruht, ihm also nicht vorwerfbar ist (VwGH 26.4.1993, 91/10/0196 u.a. zitiert wie oben angeführt).

Im Hinblick auf das Beschuldigtenvorbringen ist festzuhalten, dass nach der fachlichen Äußerung der beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen die an Intensität zunehmende und in Erbrechen ausmündende Übelkeit aus medizinischer Sicht normale Begleiterscheinungen eines Schwangerschaftszustandes sind. Diese fachliche Aussage steht im Einklang mit der Aussage des medizinischen Amtssachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren und ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates auch für medizinische Laien allgemeines Wissensgut auf somatologischem Gebiet dar. Aus rechtlicher Sicht ergibt sich daher, dass der Beschuldigte zu Unrecht von einer Notstandsituation ausgegangen ist und er mit dem nötigen Maß an Besonnenheit und ihm zumutbaren somatologischen Allgemeinwissen eine unmittelbar drohende Gefahr für Leib und Leben seiner schwangeren Gattin bzw. des ungeborenen Kindes nicht hätte anzunehmen brauchen. Zudem kommt, dass die überaus erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Tunnel keinesfalls die einzige und gebotene Alternative gewesen wäre, eine drohende Gefahr für das Leben und die Gesundheit seiner Gattin bzw. des ungeborenen Kindes hintanzuhalten. Vielmehr war gerade das der falsche Weg, da er durch die Geschwindigkeitsüberschreitung das Gefahrenpotenzial für sich, seine Gattin und die anderen Verkehrsteilnehmer im erheblichen Ausmaß erhöht hat. Vielmehr hat er dadurch sein Bemühen gefährdet, seine Gattin rechtzeitig einer medizinischen Versorgung zuzuführen. Der Beschuldigte sei nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auch einen längeren Bremsweg bewirkte und sich so die Gefahr eines Frontalzusammenstoßes mit einem wenngleich rechtswidrig überholenden Kraftfahrzeug des Gegenverkehrs wesentlich erhöhte.

Bei der von einem Autofahrer zu verlangenden Besonnenheit, die in der gebotenen Sorgfalt begründet ist, hätte dem Beschuldigten zu Bewusstsein kommen müssen, dass die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, immer noch das sicherste Mittel gewesen wäre, seine Gattin aus der vermeintlichen Gefahr befreien zu können.

Dem Beschuldigten ist es daher mit seinem Vorbringen nicht gelungen, sein Unverschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung darzulegen, sodass auch deren subjektive Tatseite als gegeben anzunehmen ist.

Der Schuldspruch der belangten Behörde ist sohin zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Unabhängig davon, dass vom Beschuldigten das Strafausmaß im Besonderen nicht bekämpft wird, ist er darauf hinzuweisen, dass jede Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Beachtung der objektiven Strafzumessungskriterien (§ 19 Abs.1) wie auch der subjektiven Strafzumessungskriterien (§ 19 Abs.2 VStG) vorzunehmen hat. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat war dabei keine gesetzwidrige, durch Nichtbeachtung der Strafzumessungskriterien erfolgte Ermessensausübung bei der Strafzumessung durch die belangte Behörde festzustellen.

Wenngleich keine Strafzumessungskriterien, so stünden auch die Strafzwecke der General- und Spezialprävention einer Herabsetzung der Strafe entgegen.

Aus diesen Gründen war auch der Strafausspruch der belangten Behörde zu bestätigen.

zu II.:

Der Ausspruch über Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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