Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106555/12/Br/Bk

Linz, 13.10.1999

VwSen-106555/12/Br/Bk Linz, am 13. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Juni 1999, Zl. VerkR96-8725-1999, nach der am 13. Oktober 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1999 - AVG iVm, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen einer Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 und § 37 Abs.1 Führerscheingesetz - FSG eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, weil sie am 24. April 1999 um 23.00 Uhr, das KFZ mit dem Kennzeichen auf der Uferstraße im Gemeindegebiet von St. Lorenz ungefähr ab Höhe des Hauses Nr. eine unbekannte Strecke gelenkt habe und sich dabei nicht im Besitz einer Lenkberechtigung der Gruppe B (richtig: Klasse B) befunden zu haben.

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die Anzeige der Gendarmerie, welcher die Berufungswerberin im Rahmen des ihr gewährten Parteiengehörs nichts entgegengesetzte, indem sie unentschuldigt die Gelegenheit zur Rechtfertigung bis zum 27. Mai 1999 nicht wahrgenommen habe.

In diesem Zusammenhang trifft der Oö. Verwaltungssenat die Feststellung, dass der Berufungswerberin von der Erstbehörde einerseits offenbar weder die Anzeige noch sonstige Beweismittel übermittelt wurden. Andererseits wurde für sie die Aufforderung zur Rechtfertigung erst ab 20. Mai 1999 zur Abholung beim Postamt bereit gehalten, sodass - was hier im Ergebnis dahingestellt bleiben kann - die Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör im erstinstanzlichen Verfahren nicht sichergestellt gelten kann (§ 40 VStG).

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet die Berufungswerberin eine Lenkeigenschaft und weist pauschal auf eine in diesem Zusammenhang von ihrem Freund (Herrn R) getätigten "Falschaussage" hin, derentwegen dieser vom BG Mondsee zur Verantwortung gezogen worden sei.

3. Die Erstbehörde hat ohne eine Berufungsvorentscheidung zu fällen, den Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Damit ist die h. Zuständigkeit begründet. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da hier der Tatvorwurf inhaltlich bestritten wurde, war in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte gemäß § 51e Abs.1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Ferner wurde der Akt des BG M beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung in den wesentlichen Auszügen verlesen. Ebenfalls wurde die aus dem Gerichtsakt bzw. aus der darin beinhalteten Gendarmerieanzeige sich ergebende, die Lenkeigenschaft der Berufungswerberin behauptende Person - H - zeugenschaftlich vernommen. Die Berufungswerberin ließ sich bei der Berufungsverhandlung durch ihren Lebensgefährten Edgar R vertreten, was mit der Geburt ihres Kindes erst vor wenigen Tagen begründet wurde.

4.1. Aus dem oben bezeichneten Gerichtsakt ergibt sich, dass der Zeuge S am 24. April 1999 mit der Freundin des Herrn R, der Berufungswerberin, als Beifahrer im Fahrzeug des R an der fraglichen Örtlichkeit unterwegs gewesen sein soll, um Zigaretten zu holen. Als ihm die Lenkerin mitteilte, nicht im Besitz eines Führerscheines zu sein, habe er das Auto zum Bootshaus zurückgelenkt.

In den Morgenstunden des nächsten Tages verursachte R mit seinem Fahrzeug einen Verkehrsunfall mit Sachschaden, wobei dieser sein Fahrzeug in diesem Zusammenhang bei der Gendarmerie als gestohlen meldete. Auf Grund dieser wahrheitswidrigen Angabe wurde R letztlich mit dem oben genannten Urteil des BG M am 16.6.1999 rechtskräftig wegen Vortäuschens einer mit Strafe bedrohten Handlung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 120 S verurteilt.

4.2. Im Zuge der telefonischen Erhebungen durch die Gendarmerie im Zusammenhang mit dem angeblichen Autodiebstahl wurde laut Aussage des Zeugen S vor dem Oö. Verwaltungssenat auch er als Verdächtiger (hinsichtlich des letztlich von R selbst verursachten Unfalls), bzw. als (möglicher) Lenker dieses Fahrzeuges befragt. In diesem Zusammenhang habe er die Angabe gemacht, dass er mit einem Auto in der fraglichen Nacht eine kurze Strecke mit einer weiblichen Lenkerin als Beifahrer unterwegs gewesen wäre. Dabei habe er diese Person als die Freundin des R geglaubt. Nach Vorhalt seiner diesbezüglich offenkundig vor der Gendarmerie gemachten Angaben aus dem Gerichtsakt, konnte diese der Zeuge h. nicht mehr schlüssig bestätigen.

Vielmehr stellte sich anlässlich der ausführlichen Vernehmung im Rahmen der h. Berufungsverhandlung heraus, dass der Zeuge S damals weder das Fahrzeug seines Freundes R, noch dessen Freundin, die Berufungswerberin, kannte.

Er habe damals in einer Bootshütte ein zwei Tage dauerndes Fest ausgerichtet. Daran nahm eine größere Anzahl junger Leute teil. Am Samstag den 24. April 1999, 23.00 Uhr befanden sich auch etwa fünfzehn Mädchen im Bootshaus, wobei er gegen 23.00 Uhr mit einer Frau - die er als die Freundin des R glaubte - in einem hellen Fahrzeug wenige hundert Meter zurücklegte, um Zigaretten zu holen. Diese Fahrt wurde jedoch dann wegen sichtlich fehlenden Fahrkönnens dieser Person auf seine Initiative beendet. In der Folge lenkte der Zeuge das Fahrzeug wieder zum Bootshaus zurück.

Er habe sich dabei aber weder Fahrzeugtype, Fahrzeugfarbe noch das Kennzeichen gemerkt. Ebenfalls legte der Zeuge im Rahmen der Berufungsverhandlung dar, dass er sich an diese Frauensperson, welche er aus zwischenzeitig nicht mehr nachvollziehbaren Umständen als die Freundin des R glaubte und die er damals jedoch weder vom Sehen her noch namentlich kannte, nicht mehr erinnern könnte. Zwischenzeitig kenne er die Lebensgefährtin des R. Er könne sie gegenwärtig nicht mehr mit Sicherheit als jene Person identifizieren, mit welcher er damals im Auto fuhr. Der Zeuge hinterließ trotz dieser unglaublich anmutenden Vorstellungen einen durchaus aufrichtigen und ehrlichen Eindruck. Er machte insbesondere nicht den Eindruck, dass er etwa jemanden zu Unrecht beschuldigen oder jemanden vor Strafverfolgung schützen wolle. Mehrfach wurde er auf die Bedeutung seiner Angaben und seine Wahrheitspflicht hingewiesen.

Im Ergebnis konnte der Zeuge nicht ausschließen, dass im Zuge der telefonischen Konfrontation im Zuge der Erhebung wegen der (unzutreffenden) Diebstahlsanzeige des R, der Name der Berufungswerberin von der Gendarmerie genannt wurde und er dann diese Person als jene zu benennen können glaubte, mit welcher er um Zigaretten fahren wollte bzw. eine kurze Wegstrecke zurücklegte.

Letztlich ergab die Einvernahme von S, dass dieser damals und auch noch zu Beginn der Berufungsverhandlung noch durchaus überzeugt war, mit der Berufungswerberin (der Freundin seines Freundes) und somit (auch) im Fahrzeug des R unterwegs gewesen zu sein. Diese Meinung vertrat der Zeuge vorerst auch noch vor dem Oö. Verwaltungssenat mit Nachdruck. Über Vorhalte durch den Vertreter der Berufungswerberin, warum er sich in diesem Punkt so sicher sei und er zu wissen glaube, dass es sich bei dieser Person um seine Freundin gehandelt haben soll, die er doch damals noch gar nicht kannte, wurde der Zeuge sichtlich unsicher und konnte eigentlich keinen Grund nennen, warum nicht auch ein Irrtum in der Person vorliegen könnte. Er vermochte in der Folge keine objektiven Anhaltspunkte dafür nennen, dass es sich damals einerseits tatsächlich nur um die Berufungswerberin gehandelt haben konnte und er andererseits im Auto seines Freundes R unterwegs war.

Nunmehr kennt er die Lebensgefährtin seines Freundes R, die vor wenigen Tagen ein Kind bekommen hat. Mit dem jetzigen Aussehen der Berufungswerberin, so der Zeuge, könne er die damalige Fahrzeuglenkerin nicht mehr identifizieren. Dies versuchte er über Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass hier ein offenkundiger Widerspruch und eine nicht gerade logisch anmutende Darstellung vorliege, mit einer zwischenzeitig (wahrscheinlich) geänderten Frisur oder Haarfarbe der Berufungswerberin zu erklären.

In diesen nunmehrigen Angaben und das sich daraus ergebende Gesamtbild kann ein Beweis für eine Lenkereigenschaft nicht mehr gestützt und somit der Schuldspruch letztlich nicht aufrecht erhalten werden.

Selbst wenn das Berufungsvorbringen im Hinblick auf einen Zusammenhang mit der zur Verurteilung führenden Falschangabe des R zeitlich nicht mit dem gegenständlichen Tatvorwurf in Einklang zu bringen ist (24.4.1999, 23.00 Uhr und 25.4.1999, 04.00 Uhr), erschüttert dies im Ergebnis nicht ihre Verantwortung.

Der Berufungswerberin war mangels eines schlüssigen Tatbeweises dennoch in ihrer Verantwortung zu folgen. Sie verantwortete sich im Übrigen stets gleichlautend und stellte jegliche Lenkeigenschaft bereits von Anfang an in Abrede (vgl. letzte Zeile der Anzeige, GZ P-657/99).

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Da bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen ist, war hier angesichts des Beweisergebnisses dessen Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Tatbeweis

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