Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106575/25/Le/La

Linz, 23.12.1999

VwSen-106575/25/Le/La Linz, am 23. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Christian F, H, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann P, S, M, gegen Spruchabschnitt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.8.1999, Zl. VerkR96-2621-1999-Ro, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.000 S (entspricht 145,35 €) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.8.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber im Spruchabschnitt 1. wegen Übertretung des § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von acht Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

(Die in den Spruchabschnitten 2. und 3. verhängten Strafen wurden nicht angefochten, sodass das Straferkenntnis diesbezüglich rechtskräftig geworden ist).

Im Einzelnen wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 13.5.1999 um 5.00 Uhr einen (näher bezeichneten) PKW im Ortsgebiet von W im I auf der M Bundesstraße B (an einer näher bezeichneten Straßenstelle gelenkt) und er habe sich hiebei auf Grund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,46 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 2.9.1999, mit der beantragt wird, der Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungs-verhandlung Folge zu geben, Punkt 1 des Straferkenntnisses aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass seit dem Inkrafttreten der 20. StVO-Novelle § 99 Abs.6 lit.a StVO unzweifelhaft klarstelle, dass das darin genannte beneficium nur dann nicht gewährt werde, wenn eine Übertretung nach Abs.1 vorliege, also das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholisierungsgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr oder im Falle des Vorliegens einer Alkotestverweigerung oder einer ungerechtfertigten Verweigerung der Blutabnahme.

Vergleiche man den Unrechtsgehalt des Lenkens eines Kraftfahrzeuges mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,79 mg/l mit dem Unrechtsgehalt der ihm gegenständlich zur Last gelegten Übertretung, nämlich dem Lenken eines PKW mit 0,46 mg/l ohne Verschulden eines Verkehrsunfalles, so müsste man erkennen, dass letzterer vielfach geringer sei und es daher nicht sachlich sein könne, denjenigen, der mit 0,79 mg/l Atemluftalkoholgehalt einen Verkehrsunfall verschuldet, nicht zu bestrafen, denjenigen, der mit 0,46 mg/l fährt und keinen Unfall hat, jedoch schon.

Die Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.a StVO wäre somit zwischen dem Inkrafttreten der 20. StVO-Novelle und dem 24.7.1999 verfassungswidrig gewesen, weswegen er anregte, der Unabhängige Verwaltungssenat möge an den Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, festzustellen, dass diese einfachgesetzliche Bestimmung gleichheits- und somit verfassungswidrig gewesen sei.

Diese Berufung wurde mit dem Schriftsatz vom 14.9.1999 ergänzt und führte der Berufungswerber darin aus, dass die 15-minütige Beobachtungszeit nicht abgelaufen sei. Er wäre nicht exakt um 5.00 Uhr angehalten worden, weil er zu diesem Zeitpunkt bei Stefan M zu Hause gewesen wäre und daher den PKW nicht gelenkt habe. Wäre die in der Bedienungsanleitung und in den Zulassungsbestimmungen des BEV zwingend vorgesehene Beobachtungszeit eingehalten worden, wäre das Alkomatmessergebnis unter 0,4 mg/l gelegen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat für 20.12.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt.

An dieser nahmen neben dem Berufungswerber und seinem Rechtsvertreter auch ein Vertreter der Erstbehörde teil. Der Meldungsleger, Herr RI Thomas S sowie der Freund des Berufungswerbers, Herr Stefan M, wurden als Zeugen einvernommen.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Der Berufungswerber besuchte ein Tennenfest in W und fuhr von dort am 13.5.1999 gegen 1/2 5 Uhr früh mit seinem PKW weg.

Nach eigener Darstellung, die vom Zeugen Stefan M bestätigt wurde, brachte er Herrn M nach Hause. Herr M wohnt in Weng, wenige 100 m vom späteren Anhalteort entfernt.

Der Berufungswerber und der Zeuge gaben übereinstimmend an, in der Küche des Hauses M noch einen Gespritzten getrunken zu haben.

Während der Berufungswerber angab, um 5.15 Uhr von Herrn M aufgebrochen zu sein (wobei er die Uhrzeit "5.15" noch auf der Küchenuhr, einer Digitaluhr mit Leuchtziffern, gesehen habe), gab der Zeuge M an, dass die beiden nach dem Gespritzten noch vor´s Haus gegangen wären, um eine Zigarette zu rauchen; in der Küche herrsche Rauchverbot. Danach sei der Berufungswerber weggefahren und er sei wieder in die Küche zurückgegangen, um die Gläser wegzuräumen. Dabei hätte er auf die Uhr gesehen (eine normale Küchenuhr mit Zeigern), die zu diesem Zeitpunkt 1/4 nach 5 Uhr gezeigt hätte.

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger gab an, bei der Anhaltung gewohnheitsmäßig auf seine Uhr gesehen und dabei festgestellt zu haben, dass es 5.00 Uhr war. Dies habe er sich bei Amtshandlungen der gegenständlichen Art schon angewohnt. Er habe den Berufungswerber zunächst zur Herausgabe von Führerschein und Zulassungsschein aufgefordert; dieser habe lange und umständlich nach diesen Papieren gesucht und habe schließlich mitgeteilt, dass er sie nicht mithabe. Dabei fiel dem Gendarmeriebeamten deutlicher Alkoholgeruch des Angehaltenen auf, weshalb er ihn um 5.05 Uhr zum Alkotest aufforderte. Auch diese Uhrzeit hätte er auf seiner Armbanduhr abgelesen.

Daraufhin habe sein Kollege, Abteilungsinspektor K die Beobachtung des Herrn F übernommen; er selbst sei zum Dienstwagen gegangen und habe den Alkomaten eingeschaltet. Wahrscheinlich auf Grund der niedrigen Außentemperatur habe das Gerät länger als die üblichen 15 Minuten gebraucht, um die Einsatzbereitschaft zu erreichen. In der Folge wurde dann der Alkomattest um 5.25 Uhr und 5.26 Uhr durchgeführt.

Er habe dabei auf die Uhr des Alkomaten und auf seine Armbanduhr gesehen; die Zeiten hätten zusammengepasst.

Der Berufungswerber erklärte weiters, dass er sich nach der Aufforderung zum Alkotest auf den Beifahrersitz hätte setzen müssen und die Beifahrertüre geschlossen worden sei. Nach etwa 5 Minuten wäre er zum Alkomattest aufgefordert worden und hätte er beim Dienstwagen in den Alkomat hineinblasen müssen. Er räumte allerdings ein, dass er keine Armbanduhr mitgehabt hat.

Der Gendarmeriebeamte erklärte die Aufforderung an Herrn F, sich in das Auto zu setzen, damit, dass es an diesem Morgen relativ kalt war und Herr F ziemlich leicht bekleidet war. Es sei ihm daher angeboten worden, zur Überbrückung der Wartezeit sich in das Auto zu setzen.

3.3. Auf Grund der Widersprüche in den Aussagen des Berufungswerbers und des Zeugen Stefan M in Bezug auf die Bauart der Küchenuhr und den Zeitpunkt des Aufbrechens aus der Küche des Herrn M (der Berufungswerber gab an, die Uhrzeit "5.15 Uhr" noch auf der Uhr gesehen zu haben, während Herr M angab, dass sie noch eine Zigarette vor dem Haus geraucht hätten; erst nach der Rückkehr in die Küche [nach dem Rauchen] habe er auf die Uhr gesehen und die Uhrzeit "1/4 nach 5 Uhr" abgelesen) ist davon auszugehen, dass die Aussage des Gendarmeriebeamten, RI S die richtige ist; diese Aussage wird auch von der Aussage des Zeugen Abteilungsinspektor K gestützt.

Es ist daher im weiteren Verfahren davon auszugehen, dass die Anhaltung tatsächlich um 5.00 Uhr erfolgte und die Aufforderung zum Alkotest um 5.05 Uhr.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass der Berufungswerber am 13.5.1999 um 5.00 Uhr angehalten und um 5.05 Uhr zum Alkotest aufgefordert wurde. Diesen Test hat er um 5.25 und 5.26 Uhr (mit zwei gültigen Versuchen) abgelegt.

Dadurch, dass der Alkomattest erst um 5.25 Uhr und um 5.26 Uhr durchgeführt wurde, ist die 15-minütige Wartezeit laut Bedienungsanleitung des Alkomaten jedenfalls eingehalten worden.

Das gegenteilige Vorbringen des Berufungswerbers ist somit nicht erwiesen.

4.3. Bei der Alkomatuntersuchung des Berufungswerbers wurde eine Alkoholisierung im Ausmaß von 0,47 mg/l bzw 0,46 mg/l festgestellt. Diese beiden Werte liegen knapp nebeneinander; bei der Beurteilung der Angelegenheit ist vom niedrigeren Wert, also 0,46 mg/l, auszugehen.

§ 5 Abs.1 StVO bestimmt, dass jemand, der sich in einem durch Alkohol ... beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen darf. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass der nunmehrige Berufungswerber gegen die gesetzliche Anordnung des § 5 Abs.1 StVO verstoßen hat, weshalb er den objektiven Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

Diese Tat ist ihm auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen, da Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG anzunehmen ist. Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Zu berücksichtigen war dabei auch die große Anzahl von Übertretungen straßenverkehrs- und kraftfahrrechtlicher Vorschriften (die jedoch zum gegenständlichen Delikt nicht einschlägig sind).

Milderungsgründe konnten nicht gefunden werden. Die Anwendung des § 20 VStG war somit nicht möglich.

4.5. Zur Anregung des Berufungswerbers, die Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.a StVO beim Verfassungsgerichtshof anzufechten:

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist wohl berechtigt, beim Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zu begehren, welches er in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Unabhängige Verwaltungssenat bei dieser Entscheidung die Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.a StVO nicht anzuwenden hat. Damit besteht keine Antragslegitimation.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 28.06.2000, Zl.: B 333/00

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt;

VwGH vom 26.01.2001, Zl.: 2000/02/0239

 

 

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