Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106610/3/Br/Bk

Linz, 04.10.1999

VwSen - 106610/3/Br/Bk Linz, am 4. Oktober 1999

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau S, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1. September 1999, Zl.: VerkR96-946-1999-GG, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 3.500 S (= 254,35 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 350 S (= 25,44 Euro). Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen einer Übertretung nach der StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen verhängt. Es liegt ihr zur Last, am 3. April 1999 um 08.30 Uhr, als Lenkerin mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf der A7 im Bereich einer Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 80 km/h) 133 km/h gefahren zu sein und somit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 53 km/h überschritten zu haben.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde im Hinblick auf die Strafzumessung im Ergebnis aus, dass angesichts der mit diesem Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung verbundenen Rechtsgutbeeinträchtigung, selbst wenn es zu keiner konkreten Gefährdung gekommen ist, dem gesetzlich geschützten Interesse der Verkehrssicherheit im hohen Ausmaß zuwider gehandelt wurde. Das Verschulden sei zumindest als grob fahrlässig zu bezeichnen. Eine Geldstrafe von 6.000 S sei daher trotz des Milderungsgrundes des Geständnisses und der bisherigen Unbescholtenheit angemessen.

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung. Darin führt sie sinngemäß aus, dass die verhängte Geldstrafe ihr Einkommen bei weitem übersteige. Unter Hinweis auf ihre Mitteilung vom 30. August 1999 an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt habe sie im Jahr 1998 ein Jahreseinkommen in der Höhe von 9.462,89 DM aus selbständiger und 5.417,04 DM aus nicht selbständiger Erwerbstätigkeit erwirtschaftet. Daraus würde sich ein durchschnittliches Monatseinkommen in der Höhe von ~ 1.240 DM ergeben. Ferner erklärt die Berufungswerberin die Verzögerung des Einlangens der von der Bezirkshauptmannschaft eingeforderten Mitteilung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht verschuldet zu haben.

Letztlich beantragt sie die Ermäßigung der Geldstrafe.

3. Die Erstbehörde hat ohne eine Berufungsvorentscheidung zu treffen, den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts der nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung und mangels eines gesonderten diesbezüglichen Antrages entbehrlich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich in Verbindung mit den Berufungsausführungen der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in hinreichender Deutlichkeit.

5. Die Berufungswerberin legt glaubwürdig dar, dass sie an diesem Tag bereits seit den frühen Morgenstunden von München aus unterwegs war. Trotz Abgespanntheit habe sie die Fahrt bis zum bereits nahen Freistadt fortsetzen wollen um dort einen Fahrerwechsel durchzuführen. Sie habe schließlich die Erste der kurz hintereinander aufgestellten Geschwindigkeitsbeschränkungen (100 km/h und 80 km/h) übersehen. Daher habe sie erst beim Verkehrszeichen 80 km/h zu bremsen begonnen und habe, um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden, auch keine Vollbremsung gemacht. Sie habe demnach erst im Bereich des Messpunktes zu bremsen begonnen und demnach die Fahrgeschwindigkeit noch nicht angepasst gehabt.

Aus der Anzeige ist ersichtlich, dass die Fahrbahn zu diesem Zeitpunkt trocken war jedoch starkes Verkehrsaufkommen geherrscht habe. Betreffend einer präziseren Beschreibung des Verkehrsaufkommens konnte über Rückfrage nicht mehr schlüssig festgestellt werden, ob sich dieses konkret auf die momentane Phase der Messung und des Messbereiches, oder auf die Beurteilung des Verkehrsgeschehens als Ganzes bezog (AV v. 29.9.1999). Eine konkrete Gefährlichkeit des hier verfahrensgegenständlichen Fahrverhaltens kann der Anzeige jedenfalls nicht entnommen werden. Davon ging letztlich auch die Erstbehörde nicht aus. An der Richtigkeit der Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin gibt es keinen Anlass für Zweifel.

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.1. Im gegenständlichen Fall blieben vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin in ungerechtfertigter Weise unberücksichtigt. Die Erstbehörde übermittelte am 9. August 1999 ein Schreiben an die Berufungswerberin worin sie diese zur Bekanntgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse binnen zwei Wochen aufforderte. Ein Zustelldatum dieses Schreibens lässt sich dem Behördenakt nicht entnehmen. Bereits mit Schreiben der Berufungswerberin an die Erstbehörde vom 30. August 1999 wurde dieser Aufforderung Rechnung getragen. Eingelangt ist dieses Schreiben bei der Erstbehörde bereits am 2. September 1999. Indem die Erstbehörde bei einer offenkundig zu knappen Fristsetzung, in der Folge im Straferkenntnis die mitgeteilten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr berücksichtigte, belastete sie den Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit (dies unter Bedachtnahme auf den Postlauf ins Ausland und insbesondere zur Urlaubszeit konnte vom 9. August 1999 bis 1. September 1999 eine offenbleibende Zeitspanne von zwei Wochen nur schwer gewahrt bleiben). Das Straferkenntnis befand sich nämlich am Tag des Einlangens der Antwort der Berufungswerberin noch in der Sphäre der Erstbehörde (es wurde am 2. September 1999 erst abgefertigt). Auch wenn der zuständige Sachbearbeiter die Kenntnisnahme dieses Schreibens erst am 8. September 1999 bestätigte, ändert dies nichts daran, dass gesetzte Fristen bzw. das dahinter stehende Ermittlungsziel nicht als bloß formaler Natur gesehen werden kann, sondern primär auf den Zweck und die Erfüllbarkeit hin kalkuliert und behandelt zu sein hat. Mit Blick darauf ist hervorzuheben, dass die Erstbehörde auch noch im Wege einer Berufungsvorentscheidung die Möglichkeit zur amtswegigen Berücksichtigung der von ihr mit Blick auf § 19 Abs.2 VStG eingeforderten Strafzumessungsfakten gehabt hätte.

6.1.2. Grundsätzlich trifft es wohl zu und damit kann den erstbehördlichen Ausführungen durchaus gefolgt werden, dass mit dem Schnellfahren in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung und im Ergebnis dadurch ein entsprechend hoher Tatunwert einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Aus dieser allgemeinen und in der Vielzahl der Fälle zutreffenden Betrachtung könnte die hier von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe durchaus argumentierbar sein.

6.1.3. Hier ist aber von wesentlich ungünstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen als die Erstbehörde ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat. Ebenfalls findet die Berufungsbehörde den ausschließlich strafmildernden Umständen (eine als reumütig zu bezeichnende Einsichtigkeit und die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit) einen höheren inhaltlichen Stellenwert für die Strafzumessung zuordnen zu können, sodass auch aus diesem Grund mit einer geringeren Geld- aber auch Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden kann. Es bedarf angesichts des offenbar auf Grund bloß fahrlässiger Tatbegehung nicht einer so gravierenden Geldstrafe um der Berufungswerberin ihr Fehlverhalten hinreichend bewusst zu machen und sie vor weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten. Dies belegte die Berufungswerberin glaubhaft bereits mit ihrem Vorbringen im erstbehördlichen Verfahren. Der Oö. Verwaltungssenat verweist in diesem Zusammenhang auf das do. Straferkenntnis vom 23. April 1999, Zl.: VerkR96-1052-1998.

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher die Auffassung hier mit einer Geldstrafe von 3.500 S dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können und erachtet diese Geldstrafe der Tatschuld angemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war angesichts der unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse im Verhältnis zur Geldstrafe im geringem Ausmaß zu reduzieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (= 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Einkommensverhältnisse; Berücksichtigung, Frist zur Bekanntgabe.

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