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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106627/2/Ki/Ka

Linz, 12.10.1999

VwSen-106627/2/Ki/Ka Linz, am 12. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W, vom 20.9.1999, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.2.1997, VerkR96/14714/1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG

Zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Friedburg-Lengau vom 8.9.1996 soll der nunmehrige Berufungswerber (Bw) sich am 8.9.1996, um 11.20 Uhr, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht vor dem Haus S geweigert haben, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, dass er ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Die Anzeige wurde an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn erstattet. Mit Schreiben vom 12.9.1996 hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn den Verwaltungsakt gemäß § 29aVStG an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abgetreten.

Mit Schreiben vom 23.9.1996, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 24.9.1996 hat der Berufungswerber (Bw) bekannt gegeben, dass er seinen Rechtsvertreter mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt habe. Der einschreitende Rechtsanwalt berief sich in diesem Schreiben ausdrücklich auf die mündlich erteilte Bevollmächtigung im Sinne des § 10 Abs.1 letzter Satz AVG iVm § 24. Er ersuchte, seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter Akteneinsicht zu gewähren und hiezu gegenständliche Akte kurzfristig an das Stadtamt Mattighofen zu übersenden. Dieser Schriftsatz wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 27.9.1996 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 27.1.1997 hat dann die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Bw in einer Aufforderung zur Rechtfertigung den ihm zur Last gelegten Sachverhalt vorgeworfen.

Am 24.2.1997 wurde in der Folge durch mündliche Verkündung gegen den Bw von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ein Straferkenntnis wegen der gegenständlichen Angelegenheit erlassen. Der Rechtsvertreter des Bw war bei der gegenständlichen mündlichen Verhandlung offensichtlich nicht zugegen und es finden sich auch keine Unterlagen, dass dieser zur Verhandlung geladen wurde.

Mit Schreiben vom 24.3.1997 hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Rechtsvertreter den Verwaltungsstrafakt zur weiteren Verwendung übermittelt.

Am 5.8.1999 richtete der Bw an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ein Schreiben, worin er mitteilte, dass bislang ein Straferkenntnis seinem Verteidiger nicht zugestellt wurde und er um dessen Zustellung oder um Zustellung einer Einstellverfügung nach § 45 Abs.2 2. Satz VStG ersuche.

Entsprechend diesem Antrag hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Schreiben vom 15.9.1999 eine Kopie des Straferkenntnisses vom 24.2.1997, VerkR96/14714/1996, an den Rechtsvertreter des Bw übermittelt und ihn gleichzeitig darauf hingewiesen, dass ihm dieses Straferkenntnis bereits mit der Übermittlung einer Aktenkopie mit dem Schreiben vom 24.3.1997 zur Kenntnis gelangte.

I.2. In seiner Berufung vom 20.9.1999 beantragt der Rechtsmittelwerber die Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses bzw die Einstellung des Verfahrens. Im Wesentlichen wird dies damit begründet, dass nunmehr Strafbarkeitsverjährung eingetreten sei. Durch die Übermittlung der Akte am 24.3.1997 sei der Zustellmangel nicht geheilt worden. Er selbst habe das ihm ausgehändigte Kurzerkenntnis nicht seinem Rechtsanwalt übermittelt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat Teile des gegenständlichen Verfahrensaktes in Kopie vorgelegt und in ihrem Vorlageschreiben vom 30.9.1999 ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber gegen das Straferkenntnis Berufung eingebracht habe. Aufgrund dieses Vorlageberichtes geht der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich trotz Nichtvorlage von Originalschriftstücken durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck davon aus, dass eine ordnungsgemäße Berufung gegen das Straferkenntnis eingebracht wurde und erachtet sich daher als für zuständig.

Da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 31 Abs.2 und Abs.3 VStG darf, wenn von dem Zeitpunkt an, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind, ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.

Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, indem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (§ 9 Abs.2 ZustG).

Im gegenständlichen Falle hat der Rechtsvertreter des Bw bereits am 23.9.1996 an die Behörde eine Bevollmächtigungsanzeige gesendet und sich dabei ausdrücklich auf die mündlich erteilte Bevollmächtigung im Sinne des § 10 Abs.1 AVG berufen. Diese Bevollmächtigung schließt auch eine für die betreffende Sache erteilte Zustellvollmacht ein und hätten demnach Zustellungen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nur mehr an den Bevollmächtigten des Bw ergehen dürfen. Dies bedeutet, dass auch das das Verfahren abschließende Straferkenntnis bei sonstiger Unwirksamkeit an den Rechtsvertreter des Bw zuzustellen gewesen wäre.

Wie aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich ist, hat wohl die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 24.3.1997 den Verwaltungsstrafakt dem Rechtsvertreter des Bw zur weiteren Verwendung übermittelt, dieser Vorgang vermochte jedoch, wie der Bw richtig argumentiert, den ursprünglich unterlaufenen Zustellmangel nicht zu heilen. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist die bloße Kenntnisnahme von einem Bescheid im Wege der Akteneinsicht nicht dem tatsächlichen Zukommen im Sinne des § 9 Zustellgesetz gleichzuhalten (vgl. VwGH 89/04/0111, 0112 vom 29.5.1990 ua). Aus den vorgelegten Kopien der Verfahrensunterlagen finden sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid (das Straferkenntnis) dem Rechtsvertreter des Bw zunächst tatsächlich zugekommen ist.

Die Zustellung des Straferkenntnisses an den Bw erfolgte offensichtlich erst am 15.9.1999, dh, dass das angefochtene Straferkenntnis vor diesem Zeitpunkt noch nicht rechtswirksam erlassen wurde.

Im Sinne der obzitierten Verjährungsbestimmung war die Erlassung des Straferkenntnisses im vorliegenden Falle jedoch unzulässig, zumal seit dem Zeitpunkt des gegenständlichen strafbaren Verhaltens des Beschuldigten bereits mehr als drei Jahre vergangen waren und somit ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden durfte.

Dieser Umstand war im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Die bloße Übersendung eines Verfahrensaktes an den Rechtsvertreter bewirkt keine Zustellung an diesen.

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