Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106653/2/BI/FB

Linz, 31.01.2000

VwSen-106653/2/BI/FB Linz, am 31. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, P, A, vom 20. Oktober 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. Oktober 1999, VerkR96-338-1999-Om, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird. Verfahrenskosten fallen nicht an.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 Abs.1 und 65 VStG, §§ 99 Abs.5 iVm 134 Abs.1 KFG 1967

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.5 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 800 S (2 Tage EFS) verhängt, weil er am 1. Jänner 1999 um 16.38 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A W, Gemeindegebiet S, bei Strkm 197.8 in Fahrtrichtung W gelenkt und dabei auf einer Autobahn vorschriftswidrig die Nebelschlussleuchten verwendet habe, obwohl keine Sichtbehinderung durch Regen, Nebel und dergleichen bestanden habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw verweist auf seine bisherige Verantwortung und macht weiters geltend, der Meldungsleger habe eingeräumt, dass bis km 216 Nebel geherrscht und mehrere Lenker die Nebelschlussleuchten verwendet hätten. Diese seien sicher nicht als notorische Verkehrssünder zu sehen, sondern hätten die Gefahr richtig eingeschätzt. Weiters habe GI D Hochnebel zwischen V und S bestätigt, was auf seiner Fahrtstrecke gelegen sei. Das Gesetz spreche von "Nebel", nicht ausdrücklich von "Bodennebel". Er habe nie gesagt, dass eine Sicht von 1000 m gegeben gewesen sei. Das häufige Auftreten von Nebelschwaden behindere die Sicht und rechtfertige das Verwenden von Nebelschlussleuchten. Der gegenteilige Schluss im Straferkenntnis entbehre jeder Logik und es liege kein schlüssiger Beweis dahingehend vor.

Überdies sei die Strafe wesentlich überhöht. Er sei über 40 Jahre berufsbedingt 50.000 bis 60.000 km jährlich gefahren und habe bislang keine Übertretung begangen. In NÖ werde für ein erstmaliges solches Delikt eine Ermahnung erteilt. Da viele Unfälle auf der Autobahn Auffahrunfälle seien, speziell bei Sichtbehinderung, könne ihm kein Fehlverhalten angelastet werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Laut Anzeige stellten BI H und GI D, Beamte des LGK f , Linz, am 1. Jänner 1999 um 16.38 Uhr auf der A fest, dass der Bw bei km 197.8 an seinem Kombi die Nebelschlussleuchten eingeschaltet hatte. Gleichzeitig geht aus der Anzeige hervor, dass zumindest ab km 216 (Höhe Ausfahrt S) keine Sichtbehinderung mehr bestanden habe, während zwischen M und S teilweise starker Nebel gewesen sei. Bei km 197.8 habe bei Dunkelheit keine Sichtbehinderung bestanden, sondern eine Sicht von mindestens 5 km bei trockener Fahrbahn. Der Bw habe ausgeführt, es würden mehrere Lenker Nebelschlussleuchten verwenden, was seiner Meinung nach gerechtfertigt sei, weil zuvor auf der Autobahn Nebel bestanden habe.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 4. Mai 1999 wegen Übertretung des KFG 1967 führt der Bw aus, er habe mit dem Meldungsleger bei der Anhaltung über die Sichtbehinderung diskutiert und ihn auf andere Lenker hingewiesen, die ebenfalls die Nebelleuchten eingeschaltet hatten. BI H habe nur gemeint, er könne sich nicht um alle kümmern. Bei einer Anfrage habe er vom ÖAMTC die Auskunft erhalten, dass bei einer Sichtweite unter 1000 m von einer Sichtbehinderung auszugehen sei. Dies sei bei der Anhaltung der Fall gewesen.

GI D bestätigte als Zeuge am 9. Juni 1999, er könne sich an die Diskussion erinnern und die Anfrage bei den Kollegen in Seewalchen habe ergeben, dass dort bis S Sichtbehinderung durch Nebel bestanden habe. Zwischen V und S habe Hochnebel geherrscht, aber nicht im Fahrbahnbereich.

BI H gab am 11. Juni 1999 als Zeuge an, am Ort der Anhaltung bei km 197.8 habe keinerlei Nebel bestanden und auch keine Sichtbehinderung. Der Nebel habe laut Auskunft bei km 216 geendet. Es sei richtig, dass während der Amtshandlung mehrere Lenker mit eingeschalteten Nebelschlussleuchten vorbeigefahren seien, bei denen eine Anhaltung nicht möglich gewesen sei, weil die Anhaltung des Bw auf einem Parkplatz erfolgt sei.

In seiner Stellungnahme vom 8. September 1999 führt der Bw auf der Grundlage der Zeugenaussagen aus, es ändere sich nichts an der Sichtbehinderung, wenn durch das Ziehen der Nebelschwaden kurze sich ständig ändernde Strecken der Autobahn kurzfristig eine Sicht über 1000 m freigegeben hätten. Überdies sei ihm nicht bekannt, dass eine Nebelschlussleuchte nur bei Bodennebel erlaubt sei. Er beantragt eine Wetterauskunft der Wetterdienststelle Salzburg.

Im daraufhin ergangenen Straferkenntnis vertritt die Erstinstanz die Auffassung, dass bei Hochnebel nicht von einer Sichtbehinderung durch Nebel gesprochen werden könne, wobei der Bw zugestanden habe, dass am Ort der Anhaltung eine Sicht über 1000 m bestanden habe. Bei der Verwendung der Nebelschlussleuchte ohne Sichtbehinderung könnten Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn geblendet werden. Die angebliche Ansicht des ÖAMTC sei nicht nachzuvollziehen und die beantragte Wetterauskunft werde nicht eingeholt, weil "genaue Auskünfte für den Vorfallszeitpunkt bei km 197,8 nicht zu erwarten" seien.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 99 Abs.5 2. Satz KFG 1967 dürfen Nebelschlussleuchten nur bei Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall, Nebel und dergleichen verwendet werden.

Zweck dieser Bestimmung ist es, anderen Verkehrsteilnehmern das Vorhandensein eines auf Grund von zB Nebel von hinten schlecht sichtbaren Kraftfahrzeuges erkennbar zu machen, sodass diese in die Lage versetzt werden, sich rechtzeitig auf dieses Kraftfahrzeug einzustellen wie zB ausreichend Abstand zu halten, die Nachfahr-Geschwindigkeit anzupassen uÄ.

Unter Nebel ist laut "Duden" eine Trübung der Luft durch zahllose kleinste Wassertropfen zu verstehen. Man unterscheidet Boden- und Hochnebel, wobei im Hinblick auf den Straßenverkehr wohl nur Bodennebel relevant sein kann, weil dadurch, je nach Intensität, die Sicht auf das Verkehrsgeschehen bzw andere Verkehrsteilnehmer eingeschränkt sein kann. Dem soll durch die Verwendung von Nebelschlussleuchten wirksam begegnet werden.

Das bedeutet, dass das Vorhandensein von Hochnebel allein die Verwendung von Nebelschlussleuchten nicht rechtfertigt, wenn trotz des Nebels ausreichende Sicht auf die vorne fahrenden Kraftfahrzeuge besteht. Der Begriff "ausreichende Sicht" ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates auf den Anhalteweg zu beziehen, weil erforderlichenfalls noch ein rechtzeitiges Zum-Stillstand-Bringen des nachfolgenden Fahrzeuges gewährleistet sein muss. Der Anhalteweg auf der Autobahn beträgt bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h mindestens 208 m (39 m Reaktionsweg und 169 m Bremsweg), sodass Sichtweiten unter dieser Grenze jedenfalls die Verwendung von Nebellicht rechtfertigen - dabei sind nie auszuschließende Geschwindigkeitsüberschreitungen nachfahrender Lenker noch nicht eingerechnet (zB bei 150 km/h beträgt der Anhalteweg bereits 270 m).

Im gegenständlichen Fall ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens davon auszugehen, dass jedenfalls bis km 216 (Ausfahrt S) der A dichter Nebel herrschte, danach, insbesondere am Anhaltungsort bei km 197.8, bestand offenbar bessere Sicht, allerdings eingeschränkt durch einzelne Nebelschwaden. Diese Darstellung des Bw entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung bezüglich der üblichen Nebelverhältnisse im Seengebiet, wobei aber zur Intensität der Nebelschwaden zum Vorfallszeitpunkt keine Aussage vorliegt. Auch der unabhängige Verwaltungssenat vermag keinen Sinn in der Einholung einer Wetterauskunft der Wetterdienststelle Salzburg oder Linz zu erkennen, zumal diese das Wetter im jeweiligen Flughafenbereich auf einen bestimmten Tag bezogen zu beschreiben in der Lage sind, aber sicher nicht die Dichte eventueller Nebelschwaden bei km 197.8 der A. Fest steht aber, dass außer dem Bw auch noch andere Lenker die Nebelschlussleuchten verwendet haben, was auch vom Meldungsleger bestätigt wurde.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass einem Gendarmeriebeamten eine Aussage darüber, ob eine durch Nebel bedingte Einschränkung der Sichtweite an einer bestimmten, von ihm eingesehenen Stelle der Autobahn vorhanden ist, zugemutet werden muss. Keiner der beiden Zeugen hat das Vorhandensein der vom Bw angeführten "Nebelschwaden" bestätigt, sondern wurde im Gegenteil jegliche Sichtbehinderung bei km 197.8 ausgeschlossen.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist durchaus vorstellbar, dass sich der bis km 216 erstreckende Nebel nicht sofort gänzlich aufgelöst hat, sondern wie in den Autobahn-Abschnitten zuvor einzelne Schwaden vorhanden waren, deren Verdichtung zu Bodennebel für den Lenker jedenfalls nicht auszuschließen war. Auf der Strecke im Seengebiet besteht oft die Situation, dass die Lenker Täler mit dichtem Nebel durchfahren, auf höher gelegenen Autobahnabschnitten in Gebiete ohne Nebel kommen, um bald darauf wieder in Nebel einzutauchen. Erfahrungsgemäß werden daher nicht bei jedem Wechsel der Sichtweiten die Nebelschlussleuchten bzw das Nebellicht ausgeschaltet, sondern vielmehr das gesamte Gebiet mit eingeschalteten Leuchten durchfahren, um rechtzeitig möglichen Gefahren vorbeugen zu können. So betrachtet erscheint die Vorgangsweise des Bw, die auch seiner Verantwortung entspricht, durchaus nachvollziehbar, wobei auch der Umstand, dass tatsächlich mehrere Lenker bei km 197.8 der A die Nebelschlussleuchten verwendet haben, ein Indiz für die Richtigkeit seiner Darstellung ist. Damit hat er aber in Kauf genommen, auf einzelnen Abschnitten der A, in denen kein Nebel herrschte, in Erwartung weiteren Nebels die Nebelschlussleuchten vorschriftswidrig zu verwenden, so offensichtlich auch bei km 197.8.

Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass dieses im gegenständlichen Fall insofern als geringfügig anzusehen ist, als die Beweggründe des Bw für die Verwendung der Nebelschlussleuchten nachvollziehbar und achtenswert im Sinne des § 34 Abs.1 Z3 StGB waren und somit sein tatbildmäßiges Verhalten hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH v 26. März 1993, 92/03/0113-0117, ua). Nachteilige Folgen wurden weder behauptet, noch ergaben sich solche aus dem Verfahrensakt, zumal wegen der größeren Anzahl von Nebelschlussleuchten verwendenden Lenkern sich andere Verkehrsteilnehmer auf die Leuchtkraft der Nebelschlussleuchten einstellen konnten.

Die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG waren daher erfüllt, wobei aber in Anbetracht, dass der Bw erneut in solche Situationen kommen kann, der Ausspruch einer Ermahnung geboten war, um ihn zur genaueren Beachtung der genannten Bestimmung anzuhalten. Zu betonen ist aber, dass hier nicht auf seine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, sondern allein auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.

Es war daher spruchgemäß - ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen - zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Geringfügiges Verschulden bei vorschriftsmäßiger Verwendung der Nebelschlussleuchten, wenn zuvor Nebel geherrscht hat, am Anhalteort wegen einzelner Nebelschwaden nicht ausgeschlossen werden kann, dass weiterhin Nebelbereiche bestehen und deshalb die Nebelschlussleuchte nicht ausgeschaltet wird -> Ermahnung.

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