Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106660/5/Sch/Rd

Linz, 11.07.2000

VwSen-106660/5/Sch/Rd Linz, am 11. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des S vom 11. Oktober 1999, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 16. September 1999, VerkR96-2132-1999, wegen Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 4 des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Präambel des Straferkenntnisses wie folgt ergänzt wird:

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GesmbH, zur Vertretung nach außen berufen und haben, wie am ...."

Des weiteren werden die zu Faktum 1 bis 3 zitierten übertretenen Verwaltungsvorschriften jeweils hienach bzw vor Zitierung des § 9 Abs.1 VStG 1991 um das Wort "Gefahrgutbeförderungsgesetz" ergänzt; Faktum 3 wird um die Wortfolge "als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers" ergänzt.

Die zu Faktum 3b übertretene Verwaltungsvorschrift lautet: "§ 13 Abs.5 iVm § 6 Z2 Gefahrgutbeförderungsgesetz iZm § 9 Abs.1 VStG 1991 und § 27 Abs.2 Z3 GGBG".

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 3.200 S (entspricht 232,55 €).

Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 4) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufung ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von insgesamt 6.400 S (entspricht 465,11 €), ds 20 % der zu Fakten 1 bis 3 verhängten Geldstrafen, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 und 62 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 16. September 1999, VerkR96-2132-1999, über Herrn S, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1a) § 7 Abs.2 Z7 und 8 GGBG, 1b) § 7 Abs.2 Z5 iVm § 6 Z4 GGBG, 2) § 7 Abs.2 Z7 und 8 jeweils GGBG iZm §§ 9 Abs.1 VStG und 27 Abs.1 Z1 GGBG, 3a) § 13 Abs.5 Z1 iVm § 6 Z4 GGBG, 3b) § 13 Abs.3 GGBG jeweils iZm § 9 Abs.1 VStG und § 27 Abs.2 Z13 GGBG, 4a) § 7 Abs.3 Z2 GGBG iVm §§ 9 Abs.1 VStG und 27 Abs.1 Z2 GGBG, 4b) § 13 Abs.1 Z1 GGBG, 4c) § 13 Abs.1 Z1 GGBG jeweils iZm §§ 9 Abs.1 VStG und 27 Abs.2 Z9 GGBG Geldstrafen von 1a) 10.000 S, 1b) 10.000 S, 2) 10.000 S, 3a) 1.000 S, 3b) 1.000 S, 4a) 10.000 S, 4b) 1.000 S, 4c) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1a) zehn Tagen, 1b) zehn Tagen, 2) zehn Tagen, 3a) einem Tag, 3b) einem Tag, 4a) zehn Tagen, 4b) einem Tag und 4c) einem Tag verhängt, weil, wie am 22. Jänner 1999 gegen 15.20 Uhr auf der Pyhrnpaßstraße B 138 bei Straßenkilometer 66,800 im Gemeindegebiet von W festgestellt worden sei,

1) er als Verantwortlicher der Fa. S, ein gefährliches Gut entgegen § 7 Abs.2 befördert habe, da die Beförderungseinheit, Klein-LKW, Kennzeichen, beladen mit einem "Mobiltank" mit ca. 990 l Heizöl extra leicht

a) nicht mit einem Feuerlöschmittel nach ADR RN 10240 Abs.1b ausgestattet gewesen sei;

b) nicht nach ADR RN 10500 gekennzeichnet und der Aufsetztank nicht mit der erforderlichen Anzahl von Gefahrzetteln versehen gewesen sei;

2) als der unter Punkt 1) angeführte Beförderer nicht dafür gesorgt habe, dass dem R als Lenker der vorangeführten Beförderungseinheit ein Beförderungspapier nach ADR RN 2002 Abs.3a und eine schriftliche Weisung über das Verhalten bei Unfällen nach ADR RN 10385 übergeben worden seien,

3) er als Zulassungsbesitzer der unter Punkt 1) angeführten Beförderungseinheit nicht dafür gesorgt habe, dass diese

a) mit orangefarbenen Tafeln nach ADR RN 10500 gekennzeichnet und

b) mit einem Feuerlöschmittel nach ADR RN 10240 Abs.1b ausgestattet gewesen sei,

4) er als Verantwortlicher der unter Punkt 1) angeführten Firma, die Absender der vorangeführten Beförderungseinheit ist, nicht dafür gesorgt habe, dass

a) dem Lenker R ein Beförderungspapier ADR RN 2002 Abs.3a und eine schriftliche Weisung nach ADR RN 10385 ausgehändigt worden sei,

b) die Beförderungseinheit nach ADR RN 10500 mit orangefarbenen Tafeln gekennzeichnet worden sei und

c) das Versandstück (Mobiltank) mit der erforderlichen Anzahl von Gefahrzetteln versehen gewesen sei.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 4.400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.3 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass weder die Berufungsschrift vom 11. Oktober 1999 noch der in der Folge erstattete Schriftsatz vom 28. Juni 2000 eine eindeutige Zuordnung der Berufung lediglich auf das Strafausmaß bezogen zulässt. Betrachtet man die Berufungsanträge für sich, so richten sich diese zwar primär gegen das Strafausmaß. Im Kontext allerdings mit dem Berufungsvorbringen muss das Rechtsmittel wohl als Berufung dem Grunde nach verstanden werden, da die dortigen Ausführungen bei einer Überprüfung lediglich des Strafausmaßes nicht Berücksichtigung finden könnten. Die Berufungsbehörde sah sich daher gehalten, keine Einschränkung des Berufungsumfanges anzunehmen.

In formeller Hinsicht ist weiters auszuführen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 12.5.1989, 87/17/0152) die Bezeichnung des Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses mit den Worten "als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher" einer näher bezeichneten GmbH nicht ausreicht. Vielmehr muss die Stellung des Beschuldigten zu dieser Gesellschaft zum Ausdruck gebracht werden, hier also jene des Berufungswerbers als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Zur entsprechenden Ergänzung bzw Berichtigung des Spruches eines Strafbescheides ist die Berufungsbehörde nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (vgl. etwa VwGH 29.6.1995, 94/07/0178).

Die Annahme der Geschäftsführerfunktion des Berufungswerbers fußt auf einem vom Oö. Verwaltungssenat beigeschafften Auszug aus dem Firmenbuch.

Des weiteren hatte der Oö. Verwaltungssenat Berichtigungen bei den jeweils angeführten übertretenen Verwaltungsvorschriften vorzunehmen, zumal durch das Weglassen der Zitierung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes unmittelbar nach jeder Vorschrift der sinnstörende Eindruck vermittelt wird, es handle sich hiebei um Übertretungen des VStG.

Zur Berichtigung bezüglich Faktum 3b ist zu bemerken, dass die von der Erstbehörde angeführte Bestimmung des § 13 Abs.3 GGBG keine Pflichten des Zulassungsbesitzers enthält, vielmehr sind diese im Absatz 5 dieser Bestimmung enthalten.

In der Sache selbst ist zu bemerken:

Zum stattgebenden Teil der Berufung:

Gemäß § 27 Abs.1 Z2 GGBG ist der Absender strafbar, wenn er gefährliche Güter entgegen § 7 Abs.3 zur Beförderung übergibt. In der letztzitierten Bestimmung ist angeordnet, dass der Absender gefährliche Güter nur zur Beförderung übergeben darf, wenn

1) die Voraussetzungen des Abs.2 Z1, 2 und 3 erfüllt sind und

2) er dem Beförderer die vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere ..."mitgeteilt" hat.

Die von der Erstbehörde gewählte Formulierung, der Absender habe nicht dafür gesorgt, dass dem Lenker (ist zudem nicht der Beförderer, vgl. § 3 Z7 GGBG) Beförderungspapier und schriftliche Weisung ausgehändigt worden seien bzw die Beförderungseinheit nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet und das Versandstück mit Gefahrzetteln versehen gewesen sei, erfasst nicht die oa gesetzliche Verpflichtung des Absenders. Das strafbare Verhalten ist nämlich die Übergabe gefährlicher Güter zur Beförderung ohne Einhaltung der entsprechenden im Einzelnen anzuführenden Vorschriften.

Der Berufung hatte daher in diesem Punkt, unbeschadet dessen, dass das Rechtsmittel hierauf nicht eingeht, Erfolg beschieden zu sein.

Zu den eigentlichen Ausführungen in der Berufungsschrift bzw der ergänzenden Stellungnahme vom 28. Juni 2000 - die Tatvorwürfe werden an sich nicht bestritten - ist Folgendes zu bemerken:

Eingangs wird auf die Bestimmung des § 22 Abs.1 VStG hingewiesen, wonach, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

Dieses gesetzliche Kumulationsprinzip gebietet die Verhängung mehrerer Verwaltungsstrafen, wenn ein Täter mehrere Delikte begeht bzw ein und dasselbe Delikt in mehreren Funktionen, wie etwa hier als Zulassungsbesitzer, Beförderer etc zu verantworten hat.

Im Gefahrgutbeförderungsgesetz sind in den §§ 7 und 13 die Pflichten der Beteiligten angeführt. Das Gesetz enthält hier keine ausdrückliche Regelung, dass ein Beteiligter, wenn er mehrere Funktionen ausübt, lediglich einmal, also in einer Funktion, zu bestrafen wäre.

Anders verhält es sich beim Lenker. In § 27 Abs.3 GGBG ist ausdrücklich angeführt, dass der Lenker, wenn er auch Verpacker, Befüller oder Verlader ist, nicht in jeder dieser Eigenschaften, sondern nur einmal, belangt werden darf.

Eine solche Regelung enthält das Gesetz - wie erwähnt - für die übrigen Beteiligten nicht, sodass die eingangs erwähnte Bestimmung des § 22 Abs.1 VStG anzuwenden ist.

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass im Bereich des gerichtlichen Strafrechtes die einschlägigen Rechtsgrundlagen zum Konkurrenzproblem anders gelagert sind als die oa verwaltungsstrafgesetzlichen. Da von den Behörden allerdings das VStG anzuwenden ist, erübrigen sich solche vergleichenden Erwägungen.

In diesem Zusammenhang wird abschließend noch darauf verwiesen, dass die Erstbehörde bei genauer Anwendung des Kumulationsprinzips nach hsg. Dafürhalten zu Faktum 2 zwei Verwaltungsstrafen (je 10.000 S) zu verhängen gehabt hätte; der Berufungsbehörde erschien eine "Aufteilung" der einen verhängten Strafe jedoch entbehrlich, da sich diese, wie bereits oben dargelegt, als gesetzliche Mindeststrafe darstellt und von der Verhängung zweimal jeweils der halben Mindeststrafe mangels Sinnhaftigkeit Abstand genommen wurde.

Gemäß § 20 VStG können Mindeststrafen bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Solche Milderungsgründe wären etwa die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Täters oder achtenswerte Beweggründe. Diese liegen hier aber nicht vor. Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten bzw die wirtschaftlichen Auswirkungen von Verwaltungsstrafen haben diesbezüglich keine Berücksichtigung zu finden.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n