Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106662/17/Fra/Ka

Linz, 22.12.1999

VwSen-106662/17/Fra/Ka Linz, am 22. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung der Frau J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 27.9.1999, VerkR96-13719-1998-Pre, wegen Übertretung des FSG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.12.1999, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungs-werberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 1 Abs.3 FSG 1997 gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 30.000 S (EFS 42 Tage) verhängt, weil sie am 1.10.1998 um 17.59 Uhr den PKW, Kz.: , im Ortsgebiet von Siegertshaft, auf öffentlichen Straßen, zumindest auf der Siegertshafter-Gemeindestraße, nächst dem Feuerwehrzeughaus Siegertshaft in Fahrtrichtung Palting und weiter in Richtung Auerbach, vom Wohnhaus Siegertshaft 28 kommend, gelenkt hat, obwohl sie nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung für die Klasse B war.

Ferner wurde gemäß 3 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Über die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (§ 51c 2. Satz VStG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.12.1999 erwogen:

2.1. Strittig ist die Lenkereigenschaft. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - stützt das Straferkenntnis auf die Aussagen der Zeugen Insp. und Bez.Insp. , Gendarmeriebeamte des GPK P. Beide Zeugen gaben im erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen an, die Bw als Lenkerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges zur Tatzeit am Tatort im Zuge eines Außendienstes gesehen zu haben. Die Bw hingegen behauptet, sich zur Tatzeit nicht im Ortsgebiet Siegertshaft aufgehalten zu haben, sondern in G bei Salzburg. Der gegenständliche PKW sei aufgrund beruflicher Zwecke von Herrn M genutzt worden, der sich ebenfalls in Salzburg aufgehalten habe. Der Zeuge W M gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 4.3.1999 im Wesentlichen an, am 1.10.1998 die Bw und seinen Arbeitskollegen um ca. 6.15 Uhr bis 6.30 Uhr mit dem PKW Peugeot abgeholt und nach Salzburg gebracht zu haben. Um ca. 17.00 Uhr habe er mit der Bw und seiner Freundin in G gegessen. Was die Bw tagsüber gemacht habe, konnte er nicht angeben. Weiters führte der Zeuge aus, dass, als er die Bw und deren Lebensgefährten, Herrn L, nach Hause gebracht hat, die Beamten beim Parkplatz vor dem Wirt gestanden und diese, als er vorbeigefahren ist, weggefahren seien.

Frau Ursula Schiefer gab bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme am 2.11.1998 an, dass die Bw von der Früh bis am Abend bei ihr in der Wohnung in Grödig gewesen sei.

Der Zeuge Albert L wurde von der Erstinstanz nicht einvernommen, was die Bw insoferne bemängelt, als sie der Meinung ist, die belangte Behörde sei ihrer Pflicht zur amtswegigen Beweisführung nicht nachgekommen. Die Erstbehörde begründete nicht, weshalb sie die Einvernahme dieses Zeugen für entbehrlich gehalten hat. Der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, dass sich die belangte Behörde nicht dazu entschließen konnte, den Angaben der Bw und der Aussagen der von ihr namhaft gemachten Zeugen den Vorzug zu geben und diesen mehr Beweiskraft zuzumessen, als den präzisen und schlüssigen Angaben der unter Wahrheitspflicht stehenden Meldungsleger.

Aufgrund der widersprüchlichen Zeugenaussagen und des entsprechenden Berufungsantrages war der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gehalten, Beweis aufzunehmen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die am 15.12.1999 durchgeführt wurde.

Zu dieser Verhandlung wurden sowohl die Belastungszeugen als auch die von der Bw nominierten Entlastungszeugen geladen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit Sicherheit davon überzeugt werden, dass die Bw das gegenständliche Kraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat.

2.2. Bez.Insp. K, GPK P, gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen im Wesentlichen an, dass er zur Tatzeit aufgrund eines Verkehrsunfalles eine Verkehrsumleitung durchzuführen hatte. Er habe in einer Entfernung von ca. 30 m gesehen, wie die Bw an der Tatörtlichkeit den gegenständlichen PKW gelenkt hat. Die Bw sei ihm von mehreren Amtshandlungen bekannt. Der PKW sei nach rechts in Richtung Auerbach abgebogen. Zeitgleich habe er einen Funkspruch erhalten, dass der verunfallte LKW geborgen war und die Verkehrsumleitung beendet werden könne. Er sei daher mit seinem Kollegen Hofbauer dem PKW nachgefahren, verlor diesen jedoch aus den Augen. Darauf fuhren sie zum Haus S zurück. Dort habe er an der Stelle, an der er um ca. 17.40 Uhr den gegenständlichen PKW abgestellt gesehen habe, einen trockenen Fleck festgestellt. Er habe auch die Vermieterin von Frau J, nämlich Frau W, über deren Verbleib gefragt. Diese habe ihm zur Antwort gegeben, Frau J wird wohl ihren Freund von der Arbeit abholen.

Insp. Hofbauer vom GPK P gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen im Wesentlichen an, bei der oa Verkehrsumleitung am Fahrbahnrand stehend gesehen zu haben, wie die Bw den gegenständlichen PKW an der Tatörtlichkeit gelenkt habe. Die Entfernung betrug seiner Schätzung nach 25 m + - (Anmerkung: bei der erstinstanzlichen Einvernahme hat Bez.Insp. H die Entfernung noch mit ca. 30 bis 40 m angegeben). Das Fahrzeug war aus seiner Sicht gesehen von rechts gekommen. Vor dem Zeichen "Vorrang geben" sei es langsamer geworden, dann nach rechts in Richtung Auerbach abgebogen. Die Bw habe er von der Seite gesehen. Ob sich weitere Personen im Fahrzeug befunden haben, wisse er nicht mehr. Er kenne die Bw schon von diversen Amtshandlungen. Sie seien dem Fahrzeug sofort nachgefahren, haben es jedoch aus dem Auge verloren. Im Anschluss daran sind sie zum Haus S zurückgefahren, wo die Bw wohnt. Vor der Verkehrsumleitung sind sie ebenfalls bei diesem Haus vorbeigefahren, und er habe gesehen, dass davor ein Fahrzeug abgestellt war. Ob es sich um das Gegenständliche handelte, wisse er nicht mehr. Nach der Verfolgungsfahrt sind sie wieder zu diesem Haus zurückgekehrt und er habe gesehen, dass dort kein Fahrzeug mehr abgestellt war. An der Stelle, wo er vor der Verkehrsumleitung ein Fahrzeug abgestellt gesehen habe, sei ein trockener Fleck vorhanden gewesen. Rundherum sei der Boden aufgrund des eingesetzten Nieselregens schon feucht gewesen. Zu Beginn des einsetzenden Nieselregens vom Vertreter des Bw näher dazu befragt, gab der Zeuge an, dass es zu regnen begonnen habe, als die Verkehrsumleitung beendet wurde. Das Nachfahren habe ca. 10 Minuten (+ - 3 bis 4 Minuten) gedauert.

Den oa Zeugenaussagen stehen die Aussagen von Frau S, des Herrn Wolfgang M und des Herrn L wie folgt gegenüber:

Herr M gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen im Wesentlichen an, dass er am Tattag die Bw und Herrn L - den Lebensgefährten der Bw - in der Früh abholte. Sie seien nach Salzburg gefahren. Dort habe er bis ca. 17.00 Uhr mit Herrn L auf einer Baustelle gearbeitet. Die Bw sei weggefahren. Was sie untertags gemacht habe, wisse er nicht. Nach Arbeitsende sei er mit Herrn L zu seiner Freundin, Frau S, nach G gefahren. Dort haben sie etwas gegessen. Nach dem Essen sei er mit der Bw und Herrn L zu einer Sparvereinsitzung nach Maxglan und nach dieser Sitzung am späteren Abend zurück nach Siegertshaft gefahren. Das gegenständliche Fahrzeug sei untertags auf der Baustelle in Salzburg abgestellt gewesen. Die Schlüssel hatte er bei sich. Ob es noch einen Zweitschlüssel gebe wisse er nicht.

Herr L gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen an, dass Herr M sowohl ihn als auch seine Lebensgefährtin - die Bw - am 1.10.1998 in der Früh von Siegertshaft abholte. Sie seien zu einer Baustelle nach Salzburg gefahren. Das Fahrzeug sei bei der Baustelle abgestellt gewesen. Was die Bw untertags gemacht habe, wisse er nicht. Er habe bis 17.00 Uhr mit Herrn M auf der Baustelle gearbeitet. Im Anschluss seien sie nach Grödig gefahren, wo Herr M mit seiner Freundin, Frau S, wohnt. Anschließend seien sie zur Sparvereinsitzung und dann wieder zurück nach Siegertshaft gefahren. Beim Wirt in Siegertshaft habe er ein Gendarmerieauto stehen gesehen. Nach der Vorbeifahrt an diesem Fahrzeug seien auch die Gendarmeriebeamten weggefahren. Das gegenständliche Kraftfahrzeug sei auf die Bw zugelassen, gekauft hätten sie es beide. Er habe das Fahrzeug Herrn M geliehen, weil er keinen Führerschein habe.

Frau S gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen an, dass die Bw am Tattag von der Früh bis am Abend bei ihr zu Besuch war. Mit welchem Verkehrsmittel die Bw zu ihr gekommen sei, wisse sie nicht. Die Bw sei jedenfalls den ganzen Tag bei ihr gewesen. Um ca. 17.15 Uhr seien die Herren M und L zum Essen gekommen und im Anschluss daran zur Sparvereinsitzung nach Salzburg gefahren.

2.3. Beweiswürdigung:

Aufgrund der Aussagen S, M und L konnte der Oö. Verwaltungssenat nicht mit Sicherheit davon überzeugt werden, dass die Meldungsleger tatsächlich die Bw als Lenkerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges zur Tatzeit am Tatort identifizieren konnten. Folgende Umstände legen diese mangelnde Überzeugung nahe: Einerseits ist die Entfernung zu berücksichtigen, aus der die Gendarmeriebeamten das Fahrzeug wahrnehmen konnten. Der Oö. Verwaltungssenat nimmt diesbezüglich wegen der differierenden Angaben eine Entfernung von ca. 30 m an. Zu bedenken ist weiters, dass die Sicht aufgrund der Tatzeit (1.10., 17.59 Uhr) und des einsetzenden Regens nicht ideal war. Weiters ist zu bedenken, dass Herr M ähnlich lange Haare und eine ähnliche Haarfarbe hat wie die Bw, sodass unter diesen Umständen, sollte Herr M das Fahrzeug gelenkt haben, eine diesbezügliche Verwechslung nicht auszuschließen ist. Die Aussagen der Meldungsleger, dass sie nach Ende der Nachfahrt einen trockenen Fleck vor dem Hause Siegertshaft Nr.28 festgestellt haben, konnten den Oö. Verwaltungssenat nicht überzeugen. Wenn man den Angaben des Herrn Insp. H - siehe oben - folgt, hat es, als sie zum Haus Siegertshaft Nr.28 zurückkehrten, bereits ca. 1/4 Stunde geregnet. Sollte das gegenständliche Fahrzeug ca. 20 Minuten vor der Tatzeit tatsächlich vor dem Haus abgestellt gewesen sein - Insp. H sprach nur von "einem Fahrzeug" - so erscheint es nicht der Lebenserfahrung entsprechend, dass nach rund einer Viertel Stunde eingesetzten Regens diese Stelle immer noch trocken war. Den Meldungslegern wird keinesfalls eine falsche Zeugenaussage unterstellt. Aufgrund der oa Umstände scheint jedoch eine eindeutige Identifizierungsmöglichkeit des Lenkers als wenig wahrscheinlich. Sollte Herr M der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen sein, so wären die Entlastungszeugen, was den Aufenthalt des Herrn M zum Tatzeitpunkt betrifft, diesbezüglich zwar unwahr, dennoch könnte ausgehend von diesem Aspekt nicht generell auf die Unglaubwürdigkeit der Zeugenaussagen S, M und L betreffend die Anwesenheit der Bw zur Tatzeit in Salzburg geschlossen werden. Ob nun Herr M tatsächlich das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, ist - weil nicht entscheidungsrelevant - nicht zu untersuchen. Dennoch muss gesagt werden, dass, weil die Annahme des trockenen Fleckes - siehe oben stehende Beweiswürdigung - nicht glaubhaft ist und Insp. H auch nicht eindeutig sagen konnte, ob es sich bei dem abgestellten PKW vor dem Hause Siegertshaft Nr. 28 um das gegenständliche Fahrzeug gehandelt hat, auch ein Wahrnehmungsmangel hinsichtlich des gegenständlichen Kennzeichens möglich war (schließlich konnte lediglich das hintere Kennzeichen beim Rechtsabbiegen in einer Entfernung von ca. 30 m beim Rechtsabbiegen gesehen werden).

Dem Oö. Verwaltungssenat sind daher nach Aufnahme der Beweise und deren Würdigung Zweifel an der Lenkeigenschaft der Bw verblieben, weshalb nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" entschieden wurde.

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

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