Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106668/2/BI/FB

Linz, 22.05.2000

VwSen-106668/2/BI/FB Linz, am 22. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, M, T, vom 28. Oktober 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. Oktober 1999, VerkR96-3576-1997-Ja, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG, §§ 11 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 idF der 19. StVO-Novelle, BGBl.Nr.518/94

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 11 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Juli 1997 um 7.08 Uhr als Lenker des PKW, Kz., in L, U, linkseinbiegend in die R, die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt habe, sodass sich andere Straßenbenützer auf den Vorgang (Fahrtrichtungsänderung) nicht einstellen hätten können.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw führt aus, er habe auf der Unteren Donaulände unter rechtzeitigem Blinken auf den Einbiege-Fahrstreifen zur Rechten Donaustraße gewechselt und sich mit anderen Fahrzeugen eingereiht. Durch den Gegenverkehr habe er stehen bleiben müssen, wobei beim Stillstand seines Fahrzeuges der Blinker ausgeschaltet gewesen sei. Nach Abwarten des Gegenverkehrs habe er, als er sich in Bewegung gesetzt habe, den Blinker betätigt und damit durch mindestens 3 bis 4maliges Blinken links die Fahrtrichtungsänderung angezeigt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Vornahme eines Ortsaugenscheins am 17. Mai 2000 an der genannten Kreuzung zur Klärung der Sicht des Meldungslegers (Ml) von seinem Standort nächst des Hauses U 14.

Aus der Anzeige ist ersichtlich, dass der Ml Insp. W am 8. Juli 1997 um 7.08 Uhr von seinem Standort nächst U 14 wahrgenommen hat, dass beim PKW , der von der U nach links in die R eingebogen sei, die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt worden sei, obwohl sich hinter ihm mindestens 4 Fahrzeuge befunden hätten, die sich auf den Abbiegevorgang einstellen hätten müssen. Niemand sei dadurch gefährdet worden; eine Anhaltung sei nicht möglich gewesen.

Der Bw hat sich im Rahmen der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 selbst als Lenker bezeichnet und im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 17. November 1997 ausgeführt, er sei auf dem täglichen Weg zu seiner Dienststelle gewesen und zeige grundsätzlich Fahrtrichtungsänderungen rechtzeitig an, so auch die am Vorfallstag.

Der Ml hat bei seiner Zeugenaussage vom 13. Jänner 1998 ausgeführt, "die Beschuldigte" habe die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt, obwohl sich hinter "ihr" mehrere Fahrzeuge befunden hätten. "Sie" habe seinen Standort passiert, sodass er eindeutig habe feststellen können, dass weder der vordere noch der hintere Blinker in Betrieb gewesen sei.

In seiner Stellungnahme hat der Bw ausgeführt, bei der U seien zwei Fahrstreifen in Richtung N und einer zum Abbiegen in die R vorhanden. Dass der Beamte von einer "Lenkerin" spreche, sei verwunderlich, weil er kurz geschnittenes Haar habe und einen Bart trage. Er stelle die Zuverlässigkeit des Ml in Frage. In der Strafverfügung werde ihm außerdem eine Verfehlung "linkseinbiegend" zur Last gelegt, was mit den Angaben des Ml nicht übereinstimme, wonach sich "die Lenkerin" in einer Reihe von Fahrzeugen befunden habe.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates kann darin, dass der Ml bei seiner etwa sechs Monate nach der Anzeige erfolgten Zeugenaussage von einer Lenkerin spricht, nicht von seiner gänzlichen Unglaubwürdigkeit ausgegangen werden, allein weil der Bw für ihn eindeutig als Mann erkennbar sein musste.

In der Anzeige wurde unter der Rubrik "Lenker - 1 = männlich, 2 = weiblich, 4 = unbekannt" dieser mit der Zahl 4, also unbekannt, bezeichnet. Wenn daher der Ml bei seiner Zeugenaussage von einer Frau als Lenkerin spricht, so ist dem keine besondere Bedeutung beizumessen, weil nicht anzunehmen ist, dass die Erinnerung mit der Zeit deutlicher wird, wenn der Ml zuerst nicht erkannt hat, ob der Lenker männlich oder weiblich war.

Die Sachverhaltsschilderung des Ml in seiner Zeugenaussage widerspricht seiner Darstellung in der Anzeige insofern nicht, als er schon dort klarstellte, dass er aus seinem Blickwinkel beim Haus U 14 sah, dass der unbekannte Lenker des genannten PKW im Zuge des Linkseinbiegens in die R nicht blinkte, obwohl er sich in einer Kolonne mit mindestens vier Fahrzeugen hinter ihm befand. Die Zeugenaussage erklärt noch deutlicher, dass weder der vordere noch der hintere Blinker am genannten PKW in Betrieb war, was im Vorbeifahren am Ml für diesen deutlich wurde - es kann somit auch nicht von einem Funktionsfehler eines Blinkers gesprochen werden und es ist auch keine Rede davon, dass der Bw etwa beim Einordnen auf den Fahrstreifen zum Linkseinbiegen nicht geblinkt hätte. Einen Widerspruch in den Aussagen des Ml vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu erkennen und es besteht auch kein Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit insofern, als vom beschriebenen Standort aus uneingeschränkte Sicht auf die einbiegenden Fahrzeuge bestand und einem mit der Wahrnehmung der Vorgänge des Straßenverkehrs betrauten Polizeibeamten grundsätzlich zuzumuten ist, festzustellen, ob bei einem PKW der Blinker eingeschaltet ist (vgl VwGH v 29. Mai 1974, 1391/73, ua).

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 11 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

Im gegenständlichen Fall hat der Bw seinen PKW auf der U vor der ungeregelten Kreuzung mit der R auf dem dafür vorgesehenen Fahrstreifen eingeordnet, wobei, wie im Frühverkehr üblich, Fahrzeuge hinter ihm fuhren, deren Lenker ebenfalls beabsichtigten, nach links einzubiegen. Im dortigen Bereich besteht Gegenverkehr in Form von geradeaus fahrenden und von nach rechts in die als Einbahn geführte R einbiegenden Fahrzeugen und weiters besteht dort ein ungeregelter Schutzweg, den der Bw beim Linkseinbiegen kreuzte. Zur Vorfallszeit befand sich noch nicht - wie jetzt - in der Fahrbahnmitte der U eine Verkehrsinsel, sondern es wäre dem Bw zumindest theoretisch möglich gewesen, die Fahrtrichtung - bei Überfahren der dortigen Fahrstreifen-Bodenmarkierungen - zu wechseln, um geradeaus in Richtung N weiterzufahren.

Nach der glaubwürdigen Sachverhaltsschilderung des Ml hat der Bw im Zuge des Linkseinbiegens nicht geblinkt, wobei auch dieser bestätigt hat, es sei richtig, dass er beim Stillstand des Fahrzeuges, also während des Wartens auf freie Fahrt nicht blinkte.

In dieser Verkehrssituation war somit für den Gegenverkehr unklar, ob der auf dem Linksabbiegestreifen befindliche PKW seiner Position auf der Fahrbahn gemäß weiterfahren würde oder von seinem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen hat. Allerdings bestand für den Gegenverkehr kein Anlass, sich auf das Fahrverhalten des Bw einstellen zu müssen, weil dieser ohnehin gegenüber den Richtungsbeibehaltenden wartepflichtig war und die Rechtseinbiegenden nicht beeinträchtigt hätte. Für den auf der U in Fahrtrichtung des Bw zur N fließenden Verkehr war das Nichtblinken des PKW nach links wegen der nachfolgenden Fahrzeuge nicht erkennbar und die Lenker hatten sich nicht auf den Bw einzustellen, weil der PKW auch nicht rechts blinkte. Die hinter dem PKW des Bw zum Linkseinbiegen eingeordneten Lenker waren ohnehin gegenüber dem Gegenverkehr wartepflichtig, sodass auch für diese ein Einstellen-Müssen auf das Verhalten des Bw nicht erforderlich war.

Für die den Schutzweg, den der Bw im Fall des Linkseinbiegens bzw im Fall der Geradeaus-Weiterfahrt auf der U zu kreuzen hatte, zu queren beabsichtigenden Fußgänger war ebenfalls kein Grund gegeben, sich auf den Bw einstellen zu müssen, weil dieser ohnehin gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 einem solchen Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen gehabt hätte. Abgesehen davon war in der Anzeige und in der Aussage des Ml von Fußgängern nicht die Rede.

Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass im gegenständlichen Fall das Nichtanzeigen der Fahrtrichtungsänderung durch den Bw insofern nicht der zur Last gelegten Bestimmung zuwiderlief, als allein deshalb kein Verkehrsteilnehmer gezwungen war, sich auf eine durch das Nichtblinken geänderte Verkehrssituation einzustellen. Auch aus den Angaben des Ml ergibt sich kein konkreter Hinweis diesbezüglich.

Für jeden Lenker eines Kraftfahrzeuges ist nachvollziehbar, dass bei länger dauerndem Geradeausfahren, zB auf dem Linksabbiegestreifen wegen des morgendlichen Staus, ordnungsgemäß zum Linkseinbiegen eingeschaltete Blinker in ihre Ausgangsstellung "zurückspringen" - was den Lenker allerdings nicht der Verpflichtung enthebt, bei Bedarf dafür zu sorgen, dass trotzdem ein beabsichtigter Wechsel der Fahrtrichtung oder des Fahrstreifens nach außen erkennbar bleibt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

In der Verkehrssituation des Bw musste sich kein anderer Straßenbenützer darauf einstellen, dass der Bw beim Linkseinbiegen nicht blinkte (wohl aber beim Einordnen auf den Fahrstreifen zum Linkseinbiegen - vermutlich Blinker "zurückgesprungen") -> Einstellung.

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