Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106682/2/Fra/Ka

Linz, 13.01.2000

VwSen-106682/2/Fra/Ka Linz, am 13. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn C gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 20.10.1999, VerkR96-2445-1999, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Strafnorm auf § 134 Abs.1 KFG richtiggestellt wird; der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 280,00 Schilling (entspricht  20,35 Euro) zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 44a Z3 VStG; § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.400 S (EFS 28 Stunden) verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz.: trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 5.5.1999, VerkR96-2445-1999, zugestellt am 17.5.1999, unterlassen hat, der Behörde binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 27.3.1999 um 16.07 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird als Grund für die gegenständliche Lenkeranfrage die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich angeführt, wonach der Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges am 27.3.1999 um 16.07 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn, Strkm.49.600, in Fahrtrichtung Suben, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 32 km/h überschritten hat.

Die gegenständliche Lenkeranfrage habe der Bw vertreten durch Herrn Rechtsanwalt L, dahingehend beantwortet, dass sich in der Familie des Bw mindestens vier Personen befinden, welche diesen PKW benutzen. Der Bw meint in dieser Stellungnahme, dass es die Behörde doch wohl selbst für unzumutbar halten werde, dass er sich noch nach sechs Wochen daran erinnern soll, wer seinen PKW gefahren hat.

In seinem rechtzeitig gegen die darauf von der Strafbehörde erlassene Strafverfügung vom 8.6.1999, VerkR96-2445-1999, erhobenen Einspruch wiederholt der Bw seine oa Rechtfertigung und beruft sich auf sein gesetzlich verankertes Recht, gegen nahe Familienangehörige keine Angaben machen zu müssen.

Nach Anführung der gesetzlichen Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses weiters aus, es sei aufgrund des Akteninhaltes offensichtlich, dass der Bw als Zulassungsbesitzer die geforderte Auskunft nicht erteilt habe, weil er bloß mitgeteilt hat, dass er sich an den Fahrer nicht mehr erinnern könne und sich im Übrigen auf sein Aussageverweigerungsrecht berufe. Die belangte Behörde verweist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Auskunftspflicht verletzt wird, wenn der Zulassungsbesitzer zwei oder mehrere Personen als mögliche Lenker nennt. Es sei auch nicht Aufgabe der Behörde, die Auskunftserteilung durch zusätzliche Beweismittel (z.B. Radarfoto) zu erleichtern, sondern der Zulassungsbesitzer bzw Fahrzeughalter habe entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.1.1996, 93/3/0156, ist auch ausdrücklich klargestellt worden, dass diese Verpflichtung auch für ausländische Zulassungsbesitzer bzw Fahrzeughalter gilt, deren Fahrzeuge sich zu dem Zeitpunkt, auf den sich die Anfrage bezieht, in Österreich befunden haben.

Entgegen der scheinbar in Deutschland vorherrschenden Auffassung habe es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits mit seiner Entscheidung vom 11.10.1989, Zl.15226/89, für zulässig erklärt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist. Nach der geltenden österreichischen Rechtslage treten Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zurück. Da sich der gegenständliche Vorfall in Österreich ereignet habe, sei eben auch österreichisches Recht anzuwenden. Im Übrigen sind österreichische Zulassungsbesitzer in aller Regel auch nach mehreren Monaten noch in der Lage, den Lenker ihres Kraftfahrzeuges (gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Terminkalenders) zu ermitteln. Warum dem Bw dies nach sechs Wochen nicht mehr zumutbar sein solle, sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar. Zum Verschulden verweist die Behörde auf § 5 Abs.1 VStG und stellt fest, dass der Bw Umstände, welche sein Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsstrafvorschrift ausschließen würden, von ihm im Verfahren nicht vorgebracht wurden.

3.1. Über die dagegen rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter des Bw bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

Der Bw bemängelt, dass ihm ein konkreter Vorwurf bisher nicht gemacht worden sei. Im Schreiben vom 5.5.1999 (gemeint: die gegenständliche Lenkeranfrage) werde lediglich nebulös behauptet, es sei am 27.3.1999 zu "einer Übertretung von Verkehrsvorschriften" gekommen. Erst jetzt bequeme sich die Behörde zur Information.

Dazu verweist der Oö. Verwaltungssenat auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass in der Lenkeranfrage nicht angeführt werden muss, zu welchem Zweck die Auskunft verlangt wird. Der belangten Behörde kann daher insofern kein rechtlicher Verstoß vorgeworfen werden, abgesehen davon, dass aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nunmehr der Zweck der Anfrage eindeutig angegeben ist.

Der Bw bringt weiters vor, bisher sei nicht nachgewiesen, dass es sich überhaupt um seinen PKW gehandelt und die angeblichen Beweismittel auch rechtens waren. Da sich in seiner Familie auch mehrere Fahrzeuge befinden, die wechselseitig von Familienmitgliedern benutzt wurden, sei es mehr als unzumutbar, von ihm zu verlangen, dass er sich nach mehreren Monaten noch an eine konkrete Fahrzeugbenutzung erinnern soll, was normalerweise für ihn belanglos sei. Wenn eine österreichische Behörde diesbezüglich päpstlicher sein will als der Papst, dann soll sie es sich einmal vorhalten lassen, wieso sie es nicht fertiggebracht habe, binnen drei Wochen nach dem angeblichen Vorfall einen ordentlichen Anhörungsbogen mit konkretem Tatvorwurf und konkreten Beweismitteln zu übersenden. Der Behörde gehe es offensichtlich nicht mehr um die Ahndung des Verkehrsverstoßes, sondern um den "viel einfacheren" Vorwurf der angeblichen Nichtauskunftserteilung. Inwieweit eine solch dargestellte Rechtsverfolgung noch als seriös bezeichnet werden könne, bleibe jedem selbst überlassen.

Diesem Vorbringen wird entgegengehalten, dass - siehe oben - Grund für die gegenständliche Lenkeranfrage eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich war. Darin ist eindeutig das Kennzeichen des gegenständlichen Kraftfahrzeuges angeführt. Laut dieser Anzeige wurde die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Radarmessgerät festgestellt. Es liegt somit kein Zweifel vor, dass dieses Beweismittel rechtens ist. Wenn der Bw dennoch meint, es sei nicht nachgewiesen, ob es sich überhaupt um seinen PKW gehandelt hat, ist diese Feststellung nicht substantiiert. Zum Vorwurf des Bw, die Behörde mache es sich deshalb leichter, weil sie nicht mehr das Grunddelikt ahnde, sondern den "viel einfacheren" Vorwurf der Nichtauskunftserteilung der gestellten Lenkeranfrage, ist festzustellen, dass aufgrund der Offizialmaxime der Strafbehörde keine andere Wahl blieb, als dieses Delikt zu ahnden. Das Grunddelikt konnte sie deshalb nicht weiter verfolgen, weil ja der Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges nicht bekannt ist.

Zum Auskunftsverweigerungsrecht hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis bereits zutreffend Stellung genommen, ebenso zur Erfüllung des Tatbestandes in objektiver und subjektiver Hinsicht. Da der Bw auch im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht hat, die die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG entkräften würde, hat er den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten.

3.2. Zur Strafbemessung hat die belangte Behörde nach Zitierung der Strafbemessungskriterien im Sinne des § 19 VStG ausgeführt, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift vor allem dazu dient, dass Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in den Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten und daher der Lenker nicht festgestellt werden konnte. Es entspreche der täglichen Erfahrung, dass die Einhaltung von für die Verkehrssicherheit bedeutenden Bestimmungen, insbesondere Geschwindigkeits-beschränkungen, ohne wirksame Kontrolle und Bestrafung nicht möglich ist. Die verletzte Verwaltungsvorschrift diene daher in erster Linie der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit dem Schutz jener überwiegenden Anzahl von Verkehrsteilnehmern, welche sich vorschriftsmäßig verhalten. Die verhängte Strafe entspreche auch den persönlichen Verhältnissen des Bw. Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Bw monatlich ca. 15.000 S verdient, über kein Vermögen verfügt und sorgepflichtig für drei Personen ist. Als strafmildernd wertete die belangte Behörde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw. Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe konstatierte sie nicht.

Mit dieser Begründung hat die belangte Behörde den ihr zustehenden Ermessensspielraum bei der Strafbemessung nicht überschritten. Der gesetzliche Strafrahmen wurde nicht einmal zu 5 % ausgeschöpft. Unter Zugrundelegung der oa Kriterien kann eine Überschreitung des Ermessensspielraumes nicht konstatiert werden.

4. Die Strafnorm war gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 44a Z3 VStG richtig zu stellen.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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