Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106724/7/Sch/Rd

Linz, 20.03.2000

VwSen-106724/7/Sch/Rd Linz, am 20. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Leopold H vom 19. November 1999, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8. November 1999, VerkR96-772-1998-Ja, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 8. November 1999, VerkR96-772-1998-Ja, über Herrn Leopold H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 11. März 1998 um 16.40 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in P auf Höhe des Hauses Marktplatz Nr., Fahrtrichtung Gutauer Straße, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.000 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass beim Berufungswerber zum Messzeitpunkt, das war der 11. März 1998 um 18.30 Uhr, eine Alkoholkonzentration der Atemluft von 1,01 mg/l festgestellt wurde. Als relevanter Lenkzeitpunkt ist derselbe Tag um 16.40 Uhr anzunehmen.

Der Berufungswerber verantwortet sich damit, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen sei. Das Messergebnis erkläre sich vielmehr dadurch, dass er nach dem Lenken bei sich zu Hause Alkohol konsumiert habe, und zwar in Form von drei Bier und drei (doppelten) Cognac.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. etwa VwGH 25.4.1985, 85/02/0019, hat, wer sich auf einen sogenannten "Nachtrunk" beruft, die Menge des solcher Art konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen.

Gemäß § 46 AVG iVm § 24 VStG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Daraus erhellt, dass naturgemäß auch Angaben des Beschuldigten grundsätzlich Beweiskraft zukommt. Im konkreten Fall wurde vom Berufungswerber sogleich bei seinem ersten Kontakt mit der Gendarmerie, als er nämlich zu Hause aufgesucht und mit ihm die Alkomatuntersuchung gemacht wurde, ein Nachtrunk in Form von drei Bier und drei Cognac behauptet. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kommen Angaben, die in einem sehr engen zeitlichen Verhältnis zu einem Vorfall gemacht werden, der Wahrheit am nächsten bzw sind sie glaubwürdiger als spätere, nach einiger Überlegenszeit bzw allfälliger Beratung, getätigte Aussagen. In diesem Lichte kann auch die im späteren Verfahren erfolgte Einschränkung lediglich auf Cognac-Konsum gesehen werden.

Wenngleich also diese Nachtrunkverantwortung im Laufe des Verfahrens insofern relativiert wurde, als der nachträgliche Bierkonsum in Abrede gestellt wurde, ist die Erstbehörde bei der von ihr veranlassten amtsärztlichen Gutachtenserstellung schlüssig von drei Halben Bier (= 1,5 l) und drei Cognac (= 0,12l) als Nachtrunkmenge ausgegangen. Die Amtssachverständige kommt ausgehend vom Messergebnis und unter Berücksichtigung der abzuziehenden Nachtrunkmenge auf einen Alkoholgehalt des Berufungswerbers zum Lenkzeitpunkt von 0,45 mg/l.

Die Erstbehörde hat diesen Sachverhalt im Zusammenhang mit Art und Menge des Nachtrunkes auch der Entscheidung - vgl. die entsprechenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses - zu Grunde gelegt und ist von der durch die medizinische Amtssachverständige errechneten Alkoholbeeinträchtigung mit einem Gehalt der Atemluft des Berufungswerbers zum Lenkzeitpunkt von 0,45 mg/l ausgegangen.

Gegen das erwähnte Gutachten wurden in der Berufungsschrift Einwände vorgebracht, weshalb vom Oö. Verwaltungssenat eine neuerliche Begutachtung durch eine medizinische Amtssachverständige (des Amtes der Oö. Landesregierung) veranlasst wurde. Diese kommt in ihrer schlüssigen fachlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass der Konsum von drei Halben Bier und drei doppelten Cognac - wie vom Berufungswerber behauptet - bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von 2,1 Promille bewirke. Damit ergibt sich, dass die Nachtrunkmenge den mittels Alkomaten festgestellten Messwert erklären kann. Diesfalls wäre dann beim Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt keine Alkoholbeeinträchtigung vorgelegen.

Die Berufungsbehörde sieht keine Veranlassung, an der Schlüssigkeit dieser fachlichen Stellungnahme zu zweifeln, weshalb ihr der Vorzug zu geben war gegenüber der von der Erstbehörde veranlassten Begutachtung.

Im Rahmen der vom Oö. Verwaltungssenat der Erstbehörde eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Äußerung zu der erwähnten Stellungnahme wurden hiegegen Einwände vorgebracht. Insoweit diese die Art der Berechnung des Alkoholwertes des Berufungswerbers betreffen, ist zu bemerken, dass solche im Rahmen von Verfahren bei der Berufungsbehörde durch medizinische Amtssachverständige regelmäßig nach der Widmark-Formel erfolgen. Auch im vorliegenden Fall fußt die fachliche Stellungnahme hierauf, sodass sie der Berufungsentscheidung bedenkenlos zu Grunde gelegt werden konnte. Es wird auch keine Veranlassung gesehen, Mutmaßungen darüber anzustellen, weshalb es bei den beiden von Sachverständigen durchgeführten Berechnungen zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen ist.

Wie bereits oben erwähnt, hat die Erstbehörde im Rahmen ihres Verfahrens die Nachtrunkbehauptungen des Berufungswerbers ganz offenkundig als glaubwürdig (oder nicht zu widerlegen) angesehen und schließt sich auch der Oö. Verwaltungssenat deren Ansicht an. Es ist daher unerklärlich, weshalb die Erstbehörde ihre Meinung im Berufungsverfahren völlig geändert hat. In der von ihr abgegebenen Stellungnahme wird ausgeführt, "dass den Angaben des Beschuldigten kaum Glauben geschenkt werden könne. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dieser innerhalb des Zeitraumes von 17.08 Uhr bis 18.00 Uhr eine derartige Menge von Flüssigkeit zu sich nehmen kann ...". Diese Meinungsänderung kann von der Berufungsbehörde nicht nachvollzogen werden. Für den Berufungswerber spricht nämlich, dass er seine Nachtrunkbehauptungen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit vorgebracht hat und überdies die angegebenen Alkoholmengen einer Überprüfung durch die Amtssachverständige standgehalten haben, zumal sie das Messergebnis zu erklären vermögen. Es ist zwar ein derartig massiver Alkoholkonsum innerhalb eines hier gegebenen relativ kurzen Zeitraumes (etwa eine Stunde zwischen Fahrtende und Eintreffen des Gendarmeriebeamten) nicht ohne weiteres erklärlich, genauso wenig kann aber ausgeschlossen werden, dass der Berufungswerber grundsätzlich sehr dem Alkohol zuspricht und ihm daher rascher Alkoholkonsum auch in größeren Mengen aufgrund schon erfolgter Gewöhnung physisch möglich ist, zumindest kann das Gegenteil nicht bewiesen werden.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel einzustellen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

 

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