Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230703/2/Gf/Km

Linz, 01.03.1999

VwSen-230703/2/Gf/Km Linz, am 1. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der E K, vertreten durch die RAe Dr. F F und Mag. Dr. W F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. August 1998, Zl. III/S-38557/92-2, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch anstelle von "§ 31 (1) i.V.m. § 107 (1) 4 FrG" bzw. "§ 107 (1) Ziff. 4 FremdenG" nunmehr "§ 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992" bzw. "§ 82 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992" zu heißen hat.

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 400 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. August 1998, Zl. III/S-38557/97-2, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 2.000,-- S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil sie sich als Fremde ohne Aufenthaltsbewilligung, Sichtvermerk oder Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhalte; dadurch habe sie eine Übertretung des § 31 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 86/1998 (im folgenden: FrG), begangen, weshalb sie gemäß § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 4. Februar 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Februar 1999 - und damit jedenfalls fristgerecht - bei der belangten Behörde eingegangene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der der Rechtsmittelwerberin angelastete Tatbestand aufgrund entsprechender behördlicher Wahrnehmungen als erwiesen anzusehen sei und von ihr auch nicht bestritten werde. Entschuldigender Notstand sei ihr deshalb nicht zuzubilligen gewesen, da es ihr durchaus zumutbar wäre, mit ihrem Sohn auszureisen und die entsprechende Unterhaltsverpflichtung ihres Gatten vom Ausland aus in Anspruch zu nehmen.

Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit und die familiäre Situation der Beschwerdeführerin als mildernd zu berücksichtigen sowie - infolge unterlassener entsprechender Mitwirkung - deren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sie gegen den von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich erlassenen Aufenhaltsverbotsbescheid vom 16. Juni 1998, Zl. St-404/97, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und dieser ihrer Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juli 1998, Zl. AW-98/18/0215, die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.

Deshalb und auch aus dem Grund, weil ihr unterhaltspflichtiger Gatte als Kraftfahrer seinen Erziehungspflichten für ihren gemeinsamen, in Österreich geborenen und seither ständig hier aufhältigen Sohn, der erst die Pflichtschule besuche, alleine nicht nachkommen könne, sei ihr nicht zuzumuten gewesen, das Bundesgebiet zu verlassen.

Schließlich sei eine Ausreise in ihren Heimatstaat auch tatsächlich nicht möglich, weil von Rumänien keine Einreisebewilligungen mehr ausgestellt werden.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straf- erkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Linz zu Zl. III/S-38557/97; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie seitens der Verfahrensparteien ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin angelastet, sich deshalb unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, weil ihr "weder eine Bewilligung gem. § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde noch eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt".

Im Hinblick auf den Tatzeitraum - 19. April 1993 bis 21. November 1997 - ist jedoch zunächst festzuhalten, daß die gegenständliche Tat nicht (wie mit dem gegenständlichen Straferkenntnis) unter § 107 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 31 Abs. 1 FrG, sondern (weil diese gemäß § 111 Abs. 1 FrG erst am 1. Jänner 1998 in Kraft getretene Rechtsvorschrift für die Beschuldigte nicht i.S.d. § 1 Abs. 2 VStG günstiger ist) unter die - allerdings im wesentlichen gleichlautende - Bestimmung des § 82 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 des Fremdengesetzes 1992, BGBl.Nr. 838/1992, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 436/1996 (im folgenden: FrG 1992), zu subsumieren war, wie dies durch die als erste Verfolgungshandlung zu qualifizierende Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Dezember 1997, Zl. S-38557/97-2, zunächst auch zutreffend erfolgte.

4.2. Gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 FrG 1992 beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der sich ohne Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. 466/1992, oder ohne Sichtvermerk einer Sicherheitsbehörde oder ohne Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz, BGBl.Nr. 8/1992, im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Soweit sich die Einwände der Beschwerdeführerin auf den Tatzeitraum beziehen - ihre Reflexion auf die anschließend von der Sicherheitsbehörde verfügte Ausweisung und deren Bekämpfung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat somit gegenständlich außer Betracht zu bleiben -, stellt sie gar nicht in Abrede, für diesen weder über eine Aufenthaltsbewilligung (nach dem Aufenthaltsgesetz), über einen Sichtvermerk oder über eine Aufenthaltsberechtigung (nach dem Asylgesetz) verfügt zu haben; sie bringt vielmehr lediglich vor, sich seit dem rechtskräftigen Abschluß ihres Asylverfahrens (19. April 1993) "immer wieder bemüht (zu haben), eine Aufenthaltsberechtigung vom Ausland her zu erwirken" - wobei die diesbezüglich vorgelegte Bestätigung der Konsularabteilung der Österreichischen Botschaft in Budapest jedoch erst vom 29. August 1997 datiert -, und daß ihr Ehegatte und ihr am 11. Februar 1992 in Österreich geborener Sohn über eine gültige Aufenthaltsbewilligung verfügen. Letzteres wurde auch von der belangten Behörde im Zuge der Berufungsvorlage nicht bestritten, sodaß dieser Umstand dem gegenständlichen Verfahren als zutreffend zugrundegelegt werden kann.

4.3. Von der Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Verwaltungsübertretung ausgehend ist somit zunächst die Frage zu klären, ob der Rechtsmittelwerberin der Schuldausschließungsgrund des entschuldigenden Notstandes zuzubilligen ist.

Dies ist jedoch im Lichte der zu § 6 VStG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verneinen, weil danach unter "Notstand" nur ein solcher Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen ist, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht, wobei es sich hiebei um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln muß; bloß die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, reicht demnach also nicht hin (vgl. z.B. die zahlreichen Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Eisenstadt 1996, 788 ff).

Daß aber im Tatzeitraum eine derartige schwere unmittelbare Gefahr für eines der vorangeführten Rechtsgüter der Beschwerdeführerin oder ihres minderjährigen Sohnes gedroht hätte, wird mit der gegenständlichen Berufung nicht dargetan, im Gegenteil: In dieser wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ihr Ehegatte ihnen gegenüber unterhaltspflichtig ist. Dafür, daß diese Geldleistungen von ihr (und ihrem Sohn, wenn dieser aus erzieherischen Gründen bei seiner Mutter leben sollte) nicht auch im Ausland bezogen werden könnten, ist aber schlechthin überhaupt kein Grund ersichtlich. Selbst wenn nämlich vom rumänischen Staat tatsächlich keine Einreisebewilligungen mehr ausgestellt werden sollten, könnte die Rechtsmittelwerberin, die nach eigenen Angaben über einen gültigen Reisepaß verfügt, zumindest in einen anderen Staat - etwa nach Ungarn, von wo aus sie ihren Antrag auf Aufenthaltsbewilligung gestellt hat - ausreisen und so ihren illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet unschwer beenden.

4.4. Und schließlich kommt auch der Strafausschließungsgrund des § 21 Abs. 1 VStG nur dann zum Tragen, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 12.9.1986, 86/18/0059).

Von einem bloß geringfügigen Verschulden in diesem Sinne kann aber offensichtlich keine Rede sein, wenn sich - wie hier - die Beschuldigte über viereinhalb Jahre ohne Aufenthaltsbewilligung und Sichtvermerk sowie ohne Aussicht darauf, eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu erhalten - ihr Asylverfahren wurde am 19. April 1993 rechtskräftig abgeschlossen und die Rechtsmittelwerberin hat bei ihrer Einvernahme am 21. November 1997 dezidiert angegeben "in Rumänien keinerlei Probleme, auch keine politischen" zu haben und dort "weder von der Polizei noch vom Gericht gesucht" zu werden (vgl. die Niederschrift der BPD Linz zu Zl. Fr-77449) - , im Bundesgebiet aufgehalten, sie es aber erst nach über drei Jahren nach rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens unternommen hat, einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung zu stellen. 4.5. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in dessen Spruch anstelle von "§ 31 (1) i.V.m. § 107 (1) 4 FrG" bzw. "§ 107 (1) Ziff. 4 FremdenG" nunmehr "§ 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992" bzw. "§ 82 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 400 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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