Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106773/2/Fra/Ka

Linz, 20.01.2000

VwSen-106773/2/Fra/Ka Linz, am 20. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.12.1999, VerkR96-5447-1999-Om, wegen Übertretung des Art.IV Abs.5 Z1 BGBl.1977/615 in der Fassung der Novellen BGBl.1984/253, BGBl.1997/I/103 und BGBl.1998/I/93, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des Art.IV Abs.5 Z1 der 4. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl.Nr.615/1977, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr.93/1998, eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er am 1.7.1999 um 12.40 Uhr das Motorrad mit dem Beiwagen in Marchtrenk, auf der Linzer Straße in westliche Richtung gelenkt hat, wo bei einer Verkehrskontrolle auf Höhe der Kreuzung mit der Kindergartenstraße in Marchtrenk festgestellt wurde, dass er als Lenker des einspurigen Kraftrades den Sturzhelm nicht bestimmungsgemäß verwendet hat und auch keine Ausnahmegenehmigung von der Helmtragepflicht für ihn in Betracht kam. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Über die dagegen rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

Der Bw bringt vor, dass er für das von ihm gelenkte Motorrad mit Beiwagen (Klasse 4) mit einem Eigengewicht von unter 400 kg laut Gesetzestext keinen Sturzhelm tragen müsse. Das Gesetz verlange von Lenkern eines Kraftrades oder eines Kraftwagens mit einem Eigengewicht von mehr als 400 kg das Tragen eines Sturzhelmes. Sein Fahrzeug habe jedoch nur ein Eigengewicht von 390 kg. Der Rechtsexperte vom ÖAMTC, Herr Dr. , sei auch der gleichen Ansicht wie er.

Der oa Ansicht des Bw ist folgende Rechtslage entgegen zu halten:

Gemäß Art.IV Abs.1 des Bundesgesetzes vom 30.11.1977, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (4. Kraftfahrgesetz-Novelle) und zivilrechtliche Bestimmungen über den Gebrauch von Sturzhelmen getroffen werden, BGBl.Nr.615/1977 in der Fassung BGBl.Nr.253/1984 war der Lenker eines einspurigen Kraftrades und eine mit einem solchen Fahrzeug beförderte Person je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet.

Der erste Satz im Abs.1 des Art.IV der 4. KFG-Novelle in der Fassung BGBl.Nr.253/1984 wurde mit BGBl.I Nr.103/1997 dahingehend geändert, dass nunmehr der Lenker eines Kraftrades oder eines Kraftwagens mit drei Rädern und einem Eigengewicht von mehr als 400 kg, ausgenommen Fahrzeuge mit geschlossenem, kabinenartigen Aufbau, und einem mit einem solchen Fahrzeug beförderte Person je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet sind.

Art.IV Abs.5 der 4. Kraftfahrgesetz-Novelle in der oa Fassung wurde mit BGBl.I Nr.93/1998 wie folgt geändert:

Art.IV Abs.5 lautet:

"(5) wer,

1. als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder

2. als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person

die im Abs.1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 300 S zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen."

Bis zur Novelle BGBl.Nr.253/1984 waren somit ua Lenker von einspurigen Krafträdern zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet. Seit der Novelle BGBl.I Nr.103/1997, in Kraft getreten am 1.8.1997, sind nunmehr Lenker von (allen) Krafträdern und von in dieser Novelle angeführten Kraftwagen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet.

Nach § 3 Abs.1 Z.1.3. des KFG 1967 idF BGBl.I Nr. 103/1997 sind Motorräder mit Beiwagen (Klasse L 4) Krafträder. Der Bw fällt daher als Lenker des gegenständlichen Kraftrades unter die oa Sturzhelmpflicht.

Der Bw ist jedoch aus folgenden Gründen nicht strafbar:

Aus der Bestimmung des Art.4 Abs.5 der 4. Kraftfahrgesetz-Novelle in der geltenden Fassung ergibt sich, dass der Angehaltene einen Anspruch auf ein Organmandat hat. Ein Strafverfahren ist nur dann einzuleiten, wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird. Aus der Aktenlage sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Bw bei der Anhaltung eine Organstrafverfügung angeboten worden wäre und bejahendenfalls, dass er die Zahlung des Strafbetrages verweigert hätte. Aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Marchtrenk geht lediglich hervor, dass der Bw darauf hingewiesen wurde, dass die Übertretung bezüglich Sturzhelm bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Anzeige gebracht wird.

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde ua von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat und Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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