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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106775/2/Ki/Ka

Linz, 13.01.2000

VwSen-106775/2/Ki/Ka Linz, am 13. Jänner 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Z, vom 20.12.1999, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.12.1999, VerkR96-3574-1998-GG, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 9. Dezember 1999, Zl. VerkR96-3574-1998-GG, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe als an einem Verkehrsunfall beteiligter Lenker des PKW, Kennz. , in Linz, S nächst dem Haus Nr., Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Laternenmast der Straßenbeleuchtung) beschädigt und es unterlassen, die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Er habe dadurch § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw eindeutig und zweifelsfrei Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs im Zuge eines Verkehrsunfalls beschädigt habe und er seiner Verpflichtung, nämlich unverzüglich die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter zu verständigen, nicht nachgekommen sei. Da zum Unfallszeitpunkt Tageslicht geherrscht hätte, hätte er auch ausreichend Licht gehabt zu bemerken, dass sowohl der Laternenmast als auch der angrenzende Maschendrahtzaun und der dazugehörige Aluminiumsteher beim Unfall beschädigt worden ist. Der Argumentation des Bw, er habe sich in einem Schockzustand befunden, wurde entgegen gehalten, dass er nach dem Verkehrsunfall sehr wohl dispositionsfähig war. Wie wäre es sonst erklärbar, dass er seinen Vater offensichtlich unverzüglich verständigen konnte. Es sei einem Kraftfahrer, der die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt und dazu auch entsprechend ausgebildet ist, ein solches Maß an Charakter und Willensstärke abzuverlangen, dass er den Schrecken über einen Unfall und der etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag und trotz einer derartigen affektiven Erschütterung weiterhin in der Lage ist, seinen Pflichten nachzukommen.

Die Tat habe das Interesse des Erhalters der Straße, deren Einrichtungen bei dem Verkehrsunfall beschädigt wurde und die "Interessen anderer Verkehrssicherheit" geschädigt. Es sei davon auszugehen, dass elektrische Leitungen durch den Verkehrsunfall eine Beschädigung aufweisen, dass diese entsprechend abzusichern wären, damit niemand in dessen Stromkreis gerät.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 20.12.1999 Berufung mit dem Antrag, die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Im Wesentlichen wird bemängelt, dass aus dem Straferkenntnis nicht hervorgehe, welche Rechtsnorm der Straßenverkehrsordnung er übertreten hätte. Es sei lediglich eine Strafnorm, welcher jeglicher Bezug zu einer übertretenen Grundnorm fehle, rechtswidrig angewendet worden.

Weiters erfolgt eine Rechtfertigung dahingehend, dass der Bw aufgrund der heftigen Frontalkollision derart heftig gegen das Lenkrad geprallt sei und sich in die Sicherheitsgurte eindrückte, dass er einen Schock erlitten hätte, welcher ihn an jeglicher subjektiven Dispositionsfähigkeit gehindert habe. Aufgrund seines wirren Geisteszustandes sei es ihm lediglich möglich gewesen, nach einiger Zeit, seinen Vater, zu welchem er seit seiner Geburt ein inniges Verhältnis habe, telefonisch zu kontaktieren und ihn um rasche Hilfe zu bitten. Weitere Dispositionen, insbesondere sich in dieser Situation an einen § 31 Abs.1 iVm § 9 (gemeint wohl § 99) Abs.2 lit.e StVO 1960 zu erinnern und gemäß diesem sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu kontaktieren, sei ihm, was nicht nur lebensnah, sondern auch den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen entspreche, aufgrund des bereits erwähnten außerordentlichen Schockzustandes nicht möglich gewesen.

Nachdem sein Vater den Laternenmast begutachtet habe und es ihm unmöglich gewesen sei, absolut auszuschließen, dass ein Fremdschaden eingetreten sein konnte, seien beide unverzüglich zur nächsten Polizeidienststelle gefahren und hätten dort den Unfall gemeldet. Dies habe sich ca. 1 Stunde (+ 30 Minuten Anfahrtszeit zur Polizeidienststelle) nach der gegenständlichen Kollision ereignet. Schon alleine aufgrund der äußerst kurzen vergangenen Zeitspanne, in der sich im Wesentlichen der gesundheitliche Zustand verbesserte sowie die Unfallstelle gereinigt und das KFZ auf einen Transporter aufgeladen wurde, um weitere Verkehrsteilnehmer nicht zu beeinträchtigen, könne ihm keinesfalls vorgeworfen werden, dass er nicht unverzüglich die Meldung erstattet habe. Um ein Delikt zu begehen, müsse außer der objektiven Tatseite auch die subjektive Tatseite gegeben sein und sei hiefür Wissen und Willen nötig.

Unter "ohne unnötigen Aufschub" könne nur verstanden werden, dass die Meldung über einen Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden sei, nach Durchführung der am Ort notwendigen, durch das Gebot der Verkehrssicherheit erforderlich erscheinenden Maßnahmen bzw nach vergeblichem Versuch des Identitätsnachweises zu erfolgen habe.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wird nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Der Beschuldigte verursachte am 3.11.1998 um 16.15 Uhr im Bereich des Schatzweges 181 in Linz einen Verkehrsunfall, bei welchem einerseits sein Fahrzeug stark beschädigt und überdies ua ein Laternenmast aus Beton leicht verschoben wurde. Wie Erhebungen durch den Polizeibeamten ergaben, waren bei dem Laternenmast die Verankerung und ein Kabel beschädigt und es ist offensichtlich die gesamte Straßenbeleuchtung ausgefallen.

Der Bw hat zunächst seinen Vater verständigt, welcher sich zur Unfallstelle begeben hat. Dort wurde offensichtlich zunächst eine Absicherung bzw eine Säuberung der Unfallstelle vorgenommen und ein Abschleppwagen organisiert. Da das Fahrzeug des Beschuldigten nicht mehr fahrbereit war, wurde es auf einen Abschleppwagen geladen.

In der Folge begaben sich der Beschuldigte und sein Vater zum Wachzimmer Dornach der Bundespolizeidirektion Linz, wo sie um 17.55 Uhr die Meldung vom Verkehrsunfall erstatteten. Dieser Sachverhalt geht im Wesentlichen aus der Anzeige der BPD Linz (Wachzimmer Dornach) vom 3.11.1998 hervor.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in einer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Gemäß § 31 Abs.1 StVO 1960 dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, Geländer, Begrenzungspfeiler, Randsteine, radableitende Randbegrenzungen, Straßenbeleuchtungseinrichtungen, Schneegatter, Verkehrsspiegel und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial) nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden.

Es bleibt unbestritten, dass der Beschuldigte beim gegenständlichen Verkehrsunfall eine Straßenbeleuchtungseinrichtung beschädigt hat. Dazu wird zunächst ausgeführt, dass der Bw mit seinem Vorbringen, das Straferkenntnis sei nicht gemäß § 44a Z2 VStG im Hinblick auf die übertretene Verwaltungsvorschrift spezifiziert, im Recht ist. Im Straferkenntnis wurde als verletzte Rechtsvorschrift ausschließlich § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 bezeichnet. Tatsächlich wäre jedoch auch die Vorschrift des § 31 Abs.1, und zwar in Verbindung mit der im Straferkenntnis zitierten Norm, anzuführen gewesen. Darüber hinaus entspricht der Spruch des Straferkenntnisses auch insoferne nicht den Kriterien des § 44a Z1 VStG, als keinerlei Angaben über die Tatzeit enthalten sind. Die beiden angeführten Mängel im Spruch des Straferkenntnisses würden jedoch für sich nicht zu einer Aufhebung durch die Berufungsbehörde führen, da diesbezüglich eine entsprechende Konkretisierung im Berufungsbescheid zulässig wäre, dies auch hinsichtlich der Tatzeit, da diese jedenfalls dem Bw innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (siehe Strafverfügung vom 30.11.1998 der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, VerkR96-3574-1998) vorgeworfen wurde.

Auch mit der Argumentation, der Beschuldigte habe sich nach dem Verkehrsunfall in einem Schockzustand befunden, wäre nichts im Sinne des Berufungsbegehrens zu gewinnen. Wie die Bezirkshauptmannschaft Freistadt in der Begründung des Straferkenntnisses völlig zu Recht und auch konform mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt hat, ist einem Kraftfahrer, der die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt und dazu auch entsprechend ausgebildet ist, ein solches Maß an Charakter und Willensstärke abzuverlangen, dass er den Schrecken über einen Unfall und der etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (vgl. etwa VwGH 94/02/0511 vom 7.4.1995).

Zu Recht argumentiert der Bw jedoch, dass es ihm zu Unrecht angelastet wurde, er habe es unterlassen, die Meldung ohne unnötigen Aufschub zu erstatten. Wohl ist der Begriff "unnötiger Aufschub" laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 90/02/0049 vom 28.11.1990) streng auszulegen, jedenfalls ist die Auslegung aber ausschließlich an objektiven Kriterien zu messen.

Bezogen auf den vorliegenden Fall argumentiert zwar die Bezirkshauptmannschaft Freistadt völlig zu Recht, dass eine Unterlassung der Meldepflicht das Interesse des Erhalters der Straße schädigt, zumal davon auszugehen ist, dass elektrische Leitungen entsprechend abzusichern sind, damit niemand in den Stromkreis gerät. Andererseits ist es auch einem objektiv sorgfältigen Kraftwagenlenker in der Situation des Bw zuzubilligen, dass dieser zunächst sich darum kümmert, dass sein beschädigtes Fahrzeug entsprechend versorgt wird und dass überdies eine Reinigung bzw sonstige Sicherung der Unfallstelle erfolgt, damit niemand zu Schaden kommt. Dass er in diesem Falle zunächst seinen Vater verständigt hat, damit dieser ihm zu Hilfe kommt, ist durchaus verständlich. In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Gesetzgeber sehr wohl unterscheidet, unter welchen Voraussetzungen eine sofortige Verständigung der Sicherheitsdienststellen bzw unter welchen Voraussetzungen bloß eine Verständigung ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen hat. Bei einer objektiven Betrachtungsweise vermag die erkennende Berufungsbehörde unter Berücksichtigung der konkret vorliegenden Kriterien nicht zu erkennen, dass eine Verständigung der Polizei noch vor Ablauf eines Zeitraumes von zwei Stunden, wobei auch noch eine ca. 30 minütige Anfahrtszeit zu berücksichtigen ist, nicht als gesetzeskonform angesehen werden könnte.

Im Hinblick darauf, dass der für die zunächst durchaus vernünftigen Dispositionen des Bw beanspruchte Zeitraum den Aufschub der Meldung in diesem Fall als durchaus gerechtfertigt erscheinen lässt und die durch das Gesetz geschützten Interesse letztlich auch keinesfalls nachteilig berührt worden sind, wird die Meldung um ca. 17.55 Uhr nicht als verspätet erachtet, weshalb im Ergebnis der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Eine Unfallsmeldung kann in einem Falle bloßen Sachschadens dann als rechtzeitig

angesehen werden, wenn diese innerhalb einer Zeitspanne von zwei Stunden erfolgt

und in der Zwischenzeit Maßnahmen zur Bergung des Fahrzeuges bzw zur

Absicherung der Unfallstelle getroffen wurden.

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