Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106791/2/BI/FB

Linz, 24.01.2000

VwSen-106791/2/BI/FB Linz, am 24. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A S, N, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W S, A, K, vom 13. Dezember 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. November 1999, VerkR96-14596-1999, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 800 S (entspricht 58,14 €) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 80 S (entspricht 5,81 €), ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 103 Abs.3 iVm 134 Abs.1 KFG 1967

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 5.000 S (168 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über Aufforderung vom 6. September 1999 (zugestellt am 10. September 1999) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber erteilt habe, wer den PKW am 28. August 1999 um 13.35 Uhr gelenkt habe. Er habe am 20. September 1999 lediglich mitgeteilt, dass M D, ca 28 Jahre, wh. K, Jugoslawien, der Lenker gewesen sei, ohne die genaue Anschrift des Genannten mitzuteilen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber (Bw) macht im Wesentlichen geltend, er habe die angeführte Lenkerauskunft erteilt und auch die Frist eingehalten. Die "Aufforderung zur Rechtfertigung" der Erstinstanz vom 1. Oktober 1999 habe sich inhaltlich als Verbesserungsauftrag dargestellt, für die wieder eine zweiwöchige Frist galt. Er habe daher nochmals eine schriftliche Rechtfertigung abgegeben. Hätte er tatsächlich das Delikt bereits begangen gehabt, hätte sich eine solche Aufforderung zur Rechtfertigung erübrigt.

Die Lenkerauskunft umfasse nur den Namen und die Anschrift des Lenkers, nicht aber auch dessen Geburtsdatum. Die Zustelladresse "K" in Jugoslawien sei ausreichend und ermögliche der Behörde eine allfällige Verfolgungshandlung gegen den Lenker. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe, weil er als Zeitsoldat ein Einkommen von nur 8.000 S im Monat beziehe und daher lediglich eine Strafe von 500 S angemessen erachte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Lenker des auf den Bw zugelassenen PKW wurde zur Anzeige gebracht, weil er am 28. August 1999 um 13.35 Uhr auf der A W, km 237.900 in Richtung W mit einer Geschwindigkeit von 198 km/h mittels Radargerät MUVR 6F Nr.691 gemessen worden war, obwohl dort die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gilt. Nach Abzug der vom Hersteller des Geräts vorgesehenen Toleranzwerte (5% vom Messwert) wurde eine Geschwindigkeit von 188 km/h der Anzeige zugrundegelegt.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 6. September 1999 wurde der Bw als Zulassungsbesitzer des genannten PKW gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer den PKW am 28. August 1999, 13.35 Uhr gelenkt bzw verwendet habe. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Als Grund der Aufforderung wurde eine Geschwindigkeitsübertretung auf der A bei km 237.900, Gemeinde S, in Richtung W angegeben und auf das für die Auskunft angeschlossene Beiblatt verwiesen. Die Lenkeranfrage wurde laut Rückschein am 10. September 1999 hinterlegt.

Das Beiblatt wurde mit 21. September 1999 an die Erstinstanz retourniert und enthielt die Auskunft des Bw, dass M D, ca 28 Jahre, K, Jugoslawien, das Fahrzeug gelenkt habe.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Oktober 1999 wurde dem Bw seitens der Erstinstanz erstmals zur Last gelegt, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 begangen zu haben, weil er einen Lenker genannt hatte, ohne dessen genaue Anschrift mitzuteilen.

In der Stellungnahme vom 15. Oktober 1999 teilte der Bw, nunmehr anwaltlich vertreten, mit, er "wiederhole nochmals Name und Anschrift des Lenkers: M D, K 12316, P B 3, Republik Jugoslawien".

Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

Die Auskunft hat gemäß § 103 Abs.2 2. Satz KFG 1967 den Namen und die Anschrift der betreffenden Person zu enthalten.

Unter "Anschrift" ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die ladungsfähige Adresse, dh Straße, Hausnummer und Wohnort zu verstehen. Gerade bei Orten im Ausland, deren geografische Lage nicht allgemein bekannt ist, ist die alleinige Ortsbezeichnung ohne Angabe einer Straßenbezeichnung und Hausnummer nicht ausreichend (vgl VwGH v 23. März 1983, 83/03/0049, 0060 ua).

Dieser Anforderung entspricht die Lenkerauskunft vom 20. September 1999 keineswegs. Richtig ist, dass die Altersangabe (in Ermangelung der Kenntnis des genauen Geburtsdatums) diesbezüglich unbeachtlich ist, ein solcher Tatvorwurf wurde dem Bw jedoch ohnehin nie gemacht.

Innerhalb der gesetzlich festgelegten und daher nicht im Ermessen der Behörde gelegenen Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Lenkeranfrage, dh bis 24. September 1999, wurde eine vollständige Auskunft nicht erteilt. Es war daher auch nicht die Aufgabe der Erstinstanz, eine Zustellung an den angegebenen Lenker zu "probieren", um zu sehen, ob dieser auch ohne Straßenbezeichnung auffindbar sein würde (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Von einem Verbesserungsauftrag war im Schreiben der Erstinstanz vom 1. Oktober 1999 nicht die Rede, sondern wurde damit eindeutig und auch laienhaft verständlich eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Last gelegt, dh die Erstinstanz erachtete - zu Recht - das strafbare Verhalten bereits als abgeschlossen. Die (aus welchem Grund auch immer) verspätete Bekanntgabe von Straßenbezeichnung, Hausnummer und sogar Postleitzahl vermochte die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes nicht mehr rückgängig zu machen.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass die Lenkeranfrage ausreichend konkret und deutlich formuliert war, sodass nicht anzunehmen war, dass der Bw - damals noch nicht anwaltlich vertreten - sie nicht verstanden hätte, was ohnehin nicht behauptet wurde. Auch die Gewährung einer Frist von zwei Wochen für die Erteilung der Auskunft war eindeutig und zweifelsfrei. Abgesehen davon muss vom Inhaber einer Lenkerberechtigung erwartet werden können, dass er den Begriff "Lenkerauskunft" kennt und nach logischen Gesichtspunkten in der Lage ist, eine solche zu erkennen. Auch war im Schriftverkehr mit der Erstinstanz nirgends von "Verbesserung" die Rede, sodass der geltend gemachte "Irrtum" nicht nachvollziehbar ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt aus diesen Überlegungen die Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifelsfrei erfüllt und, da ihm nicht gelungen ist, im Sinne des § 5 Abs.1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 30.000 S bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses - zutreffend - die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd angenommen.

Auf Grund der Strafhöhe und den (ebenfalls zutreffenden) Ausführungen der Erstinstanz über den nicht geringen Unrechtsgehalt der Übertretung liegt nahe, dass die Erstinstanz den Bw, sollte er tatsächlich selbst Lenker des PKW gewesen sein, nicht durch Verhängung einer niedrigeren Strafe wegen Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht besser stellen wollte als den tatsächlichen Lenker bei einer Strafe wegen Übertretung der StVO 1960. Bei einer Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 handelt es sich jedoch um ein eigenständiges Delikt mit eigenem Unrechts- und Schuldgehalt völlig unabhängig von dem einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. Auch für die Vermutung, der Bw selbst könnte den PKW zum Tatzeitpunkt gelenkt haben, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Erstinstanz hatte auch die Möglichkeit einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gegen den angegebenen Lenker, sodass die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht in dieser Härte zutreffen.

Unter Bedachtnahme auf diese Überlegungen, den genannten Milderungsgrund, das Fehlen von erschwerenden Aspekten und die nunmehr (glaubwürdig) behaupteten finanziellen Verhältnisse des Bw (Einkommen als Zeitsoldat 8.000 S, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass mit der nunmehr herabgesetzten Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Lenkerbekanntgabe ohne Straßenbezeichnung erfüllt Tatbestand des § 130 Abs.2 KFG; Unrechts- und Schuldgehalt hat nichts mit dem einer Übertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO zu tun, Verfolgungshandlung gegen Lenker war durch nachträgliche Auskunft rechtzeitig möglich -> Strafe herabgesetzt.

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