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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106825/2/Ga/Fb

Linz, 10.02.2000

VwSen-106825/2/Ga/Fb Linz, am 10. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J J M jun. in B gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 23. Dezember 1999, VerkR96-2115-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) in zwei Fällen, zu Recht erkannt:

Zu 1. wird die Berufung abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit bestätigt. Der Berufungswerber hat zu 1. einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat von 100 S (entspricht 7,27 €) zu leisten.

Zu 2. wird der Berufung hingegen stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, 64 f Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit Spruchpunkt 1. des bezeichneten Straferkenntnisses vom 23. Dezember 1999 wurde der Berufungswerber der Übertretung des § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihm vorgeworfen: Er habe am 21. Mai 1999 um 15.40 Uhr als Lenker eines durch das Kennzeichen bestimmten Pkw auf der B D bei Strkm 221,000, Fahrtrichtung L, beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er lediglich einen Abstand von 1 m eingehalten habe. Über ihn wurde gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Über die dagegen erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Die Strafbehörde stellte in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses das Ermittlungsverfahren in Übereinstimmung mit der Aktenlage dar und nahm, darauf gestützt, die Beweiswürdigung in schlüssiger Weise vor. Dabei wog sie die beiden Zeugenaussagen schwerer als die Beschuldigtenrechtfertigung.

Der Berufungswerber wendet im Wesentlichen ein, es enthalte das Straferkenntnis keine Geschwindigkeitsangabe und deshalb dürfe ihm die in Rede stehende Verwaltungsübertretung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dazu komme, dass sich die im Schuldspruch enthaltene Angabe eines Abstandes "von 1 m" auf die in diesem Punkt widersprüchlichen Zeugenaussagen nicht stützen könnten. So habe der eine Zeuge (Fahrlehrer als Beifahrer) angegeben, der Abstand des nachfahrenden Autos habe 1 bis 2 m betragen, während der andere Zeuge (Fahrschüler als Fahrzeuglenker) in seiner Aussage lediglich von einem "knappen Abstand" gesprochen habe. Es hänge jedoch der Sicherheitsabstand von der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges ab. Dabei gelte als Regel, dass hinter Fahrzeugen wenigstens der Reaktionsweg-Abstand eingehalten werden müsse, dies sei bei 50 km/h 15 m, bei 30 km/h 9 m und bei Schritttempo 1,2 m. Vorliegend sei die Einschätzung des Abstandes nur mittels der Rückspiegel erfolgt. Ob aber jemand im Stande sei, ohne technisches Gerät den Abstand eines hinter ihm fahrenden Autos einzuschätzen, sei anzuzweifeln.

Dem ist entgegenzuhalten: Anders als es der Berufungswerber offenbar interpretiert, verlangt das Tatbild einer Übertretung der Gebotsnorm des § 18 Abs.1 StVO nicht die Angabe der gefahrenen Geschwindigkeit im Tatvorwurf der Verfolgungshandlung. Dessen ungeachtet durfte die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf der Grundlage der Anzeige sowie der Aussagen der beiden förmlich vernommenen Zeugen, davon ausgehen, dass im tatörtlichen Bereich bei Strkm 221,000 (laut Anzeige: auf Höhe des Schlosses P in der Gemeinde M) vom vorausfahrenden Fahrzeug (das Fahrschulfahrzeug) eine Geschwindigkeit von etwa 45 bis 50 km/h gefahren wurde.

So besteht Übereinstimmung in den Zeugenaussagen und den Ausführungen des Berufungswerbers über den Umstand einer Baustelle. Vom Berufungswerber wird auch nicht bestritten, dass im Baustellenbereich eine 50 km/h-Beschränkung ausgeschildert war. Dafür jedoch, dass, wie der Berufungswerber behauptet, das Fahrschulauto im Baustellenbereich "fast zum Stillstand gekommen" sein soll, ist weder der Anzeige des GP M noch den Zeugenaussagen ein Hinweis zu entnehmen. Konkrete Angaben zu diesem Beinahe-Stillstand machte der Berufungswerber nicht. In seiner Beweiswürdigung nimmt der Oö. Verwaltungssenat auch darauf Bedacht, dass es der Lebenserfahrung im Fahrschulalltag entspricht, wonach gerade der Fahrlehrer dem unmittelbaren Verkehrsgeschehen sowie dem Verhalten seines Fahrschülers im Zuge der von ihm betreuten Fahrt, noch dazu in einem vom Üblichen abweichenden Baustellenbereich, eine über dem Durchschnitt liegende Aufmerksamkeit widmet.

Im Ergebnis hält der Oö. Verwaltungssenat die Zeugenaussagen zur Geschwindigkeit des Fahrschul-Pkw für glaubwürdig.

Nun gesteht der Berufungswerber selbst zu, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h ein Reaktionsweg-Abstand von 15 m eingehalten werden müsse. War aber vorliegend, wie dargelegt, von einer Fahrgeschwindigkeit von 45 bis 50 km/h auszugehen, so erweist sich der vom Fahrlehrer bezeugte Abstand des nachfahrenden Autos von nur 1 bis 2 m als im Sinne der verletzten Rechtsvorschrift jedenfalls als zu gering. Mit der Aussage des Fahrlehrers in diesem Punkt korrespondiert jene des Fahrschülers, der bezeugte, dass das nachfahrende Auto "ganz knapp hinter mir" gewesen sei.

Warum der Fahrlehrer den von ihm - nicht bloß flüchtig - im Rückspiegel beobachteten Abstand des nachfahrenden Autos nicht richtig einzuschätzen in der Lage gewesen sein sollte, bleibt unerfindlich. Gerade ein Fahrlehrer ist, objektiv besehen, schon auf Grund seiner Ausbildung und besonderen Routine, wie andere erfahrene Verkehrsteilnehmer in der Regel auch, durchaus in der Lage, einen Abstand wie hier via Rückspiegel richtig einzuschätzen; ein - vom Berufungswerber im Übrigen nicht näher konkretisiertes - "technisches Gerät" bedurfte es nach den Umständen dieses Falles hiezu nicht.

Im Ergebnis dieser Beweiswürdigung waren Zweifel am Tathergang zu 1. nicht mehr zu hegen. Die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit erfolgte zu Recht. Dies ist auch für die im Übrigen unbekämpft gebliebene subjektive Tatseite festzustellen.

Zur Höhe der verhängten Strafe hat der Berufungswerber nichts vorgebracht. Ein Ermessensfehler im Grunde des § 19 VStG war vom Oö. Verwaltungssenat diesbezüglich nicht aufzugreifen.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden. Dadurch war dem Berufungswerber der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der zu 1. verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.

Unter Spruchpunkt 2. wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO für schuldig befunden. Über ihn wurde eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) kostenpflichtig verhängt. Näherhin wurde ihm vorgeworfen, er habe - unter den zu 1. wiedergegebenen konkreten Umständen - im Bereich von Strkm 221,710 verbotenerweise überholt, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden konnten, weil er beim Wiedereinreihen auf den rechten Fahrstreifen keinen entsprechenden Abstand zum überholten Fahrzeug eingehalten habe.

Über die auch dieses Faktum tatseitig bestreitende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach einschlägiger Judikatur besteht der nach § 16 Abs.1 lit.a StVO strafbare Tatbestand darin, dass der Lenker eines Fahrzeuges einen Überholvorgang, ungeachtet dessen, dass andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten, durchführt, dh mit dem Überholen beginnt oder dieses nicht abbricht, so lange dies noch möglich ist. Der Inhalt dieser Vorschrift bezieht sich tatbestandsmäßig nicht auf eine am Ende eines Überholvorganges eingetretene Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer - wenngleich dies die Folge eines unerlaubten Überholmanövers sein kann -, sondern auf ein, dem überholenden Fahrzeuglenker erkennbares Gefährden- oder Behindern-Können bzw einen Platzmangel (vgl VwGH 17.4.1991, ZfVB 1992/3/1069, uam).

Auf den Berufungsfall angewendet bedeutet dies, dass, weil die dem Schuldspruch zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme in Übereinstimmung mit der Aktenlage sich nur auf das Wiedereinreihen auf den rechten Fahrstreifen am Ende eines Überholvorganges, mag dieser auch unerlaubt gewesen sein, bezog und Gegenverkehr jedoch nicht festgestellt wurde, die Tatbestandsmäßigkeit der hier angelasteten Übertretung zu Unrecht als erfüllt beurteilt wurde, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Bei diesem Ergebnis konnte auf sich beruhen, ob dem Berufungswerber in diesem Fall eine Übertretung nach § 21 Abs.1 VStG anzulasten gewesen wäre, oder er sich womöglich eines (gerichtlich strafbaren) Nötigungsdeliktes schuldig gemacht habe.

Dieses Verfahrensergebnis entlässt den Berufungswerber zu 2. auch aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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