Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230731/2/Gf/Km

Linz, 06.10.1999

VwSen-230731/2/Gf/Km Linz, am 6. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des A L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 9. August 1999, Zl. Sich96-32-1999, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 9. August 1999, Zl. Sich96-32-1999, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 28 Stunden) verhängt, weil er sich am 1. Jänner 1999 gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhalten und so eine Amtshandlung gestört habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 158/1998 (im folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 16. August 1999 zugestellte Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber eine am 27. August 1999 - und damit rechtzeitig - unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung erhoben.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Sich96-32-1999; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Parteien nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der sich gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

Diese Bestimmung stellt nach § 82 Abs. 2 SPG eine lex specialis zum Straftatbestand der "Störung der öffentlichen Ordnung" (§ 81 Abs. 1 SPG) dar.

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates bedeutet dies, dass eine Strafbarkeit gemäß § 82 Abs. 1 SPG nur dann eintreten kann, wenn eine über den Tatbestand des § 81 Abs. 1 SPG hinausgehende, qualifizierende Ordnungsstörung in dem Sinne vorliegt, dass sich diese - wie schon aus dem verbum legalium "aggressiv" hervorgeht - intentional gegen die Persönlichkeitssphäre des einschreitenden Sicherheitsorganes richtet.

3.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Rechtsmittelwerber angelastet, sich "trotz vorausgegangener Abmahnung aggressiv verhalten" zu haben, indem er sich "lautstark äußerte und heftig gestikulierte", wobei er trotz weiterer Abmahnungen "zunehmend lauter und aggressiv" geworden sei.

Unter Zugrundelegung der oben unter 3.1. dargelegten Abgrenzung ist nun zunächst evident, dass bloß lautstarke Äußerungen die Persönlichkeitssphäre des Sicherheits-organes von vornherein nicht zu tangieren vermochten.

Aber auch hinsichtlich des Tatvorwurfes des heftigen Gestikulierens ergibt sich weder aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, dass sich dieses nicht in einer bloßen Ordnungsstörung erschöpfte, sondern darüber hinaus intentional den Anschein eines drohenden Eingriffes in die körperliche Integrität des amtshandelnden Organes erweckte; dies insbesondere deshalb, weil nähere Feststellungen dazu, worin dieses heftige Gestikulieren konkret bestanden hat, überhaupt fehlen.

Bei dieser Sachlage ist daher unter Zugrundelegung der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer die von der belangten Behörde intendierte Tat, nämlich eine qualifizierte Ordnungsstörung i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG, nicht angelastet werden kann.

3.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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