Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106878/2/BI/FB

Linz, 09.03.2000

VwSen-106878/2/BI/FB Linz, am 9. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P S, M, N, vom 1. Februar 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 17. August 1999, VerkR96-3720-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 1.400 S (entspricht 101,74 €), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 7.000 S (140 Stunden EFS) verhängt, weil er am 23. Mai 1999 um 13.33 Uhr als Lenker des PKW, Kz. , auf der A I bei km 61.662, Gemeindegebiet S, Fahrtrichtung S, die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 72 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 700 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber (Bw) macht im Wesentlichen geltend, das Straferkenntnis sei ihm am 25. Jänner 2000 zugestellt und die Verjährungsfrist nicht eingehalten worden. Er habe am 26. Jänner 2000 den zuständigen Bearbeiter, Herrn A, angerufen, der ihn über ein Schreiben der Erstinstanz informiert habe, das er nicht bekommen habe. Der Rückschein sei mit "S" unterschrieben gewesen und Herr A habe ihm diesen zur Kontrolle der Unterschrift gefaxt. Wie vermutet, habe aber diese Unterschrift nicht mit seiner übereingestimmt, zumal er sich auch zu diesem Zeitpunkt schon über Tage an seiner Arbeitsstelle in K befunden habe. Auch hätten sich weder seine Frau noch sein Sohn an eine Zustellung eines Briefes erinnern können. Durch eine gleichnamige Familie im Haus sei es auch schon zu zahlreichen Verwechslungen gekommen. Er sei erst acht Monate nach der ihm vorgeworfenen Übertretung auf die Strafverfolgung aufmerksam geworden und durch den bewiesenen Nichterhalt einer Mitteilung innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist gelte seine Berufung als begründet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker eines PKW mit deutschem Kennzeichen am 23. Mai 1999 beanstandet wurde, weil er um 13.33 Uhr auf der I bei km 61.662 in Fahrtrichtung S mit einer Geschwindigkeit von 209 km/h mittels geeichtem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 7655, (Reichweite laut Zulassung 30 m bis 500 m) vom Meldungsleger BI M auf eine Entfernung von 398 m gemessen wurde. Der Anzeige beigelegt ist der am Vorfallstag gültige Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, aus dem als Datum der letzten Eichung vorher der 28. Mai 1998 und die Nacheichfrist bis 31. Dezember 2001 hervorgeht, sowie das Messprotokoll über die Durchführung der vorgeschriebenen Einstiegstests (Gerätefunktions- und Zielerfassungskontrolle vor Messbeginn um 13.28 Uhr) durch den Meldungsleger. Die Messung fand vom Standort bei km 62.060, Gemeindegebiet O, aus statt, wobei der Meldungsleger als Beamter der Autobahngendarmerie R für die Durchführung solcher Messungen geschult und auch entsprechend geübt war.

Aus der Anzeige geht hervor, dass sich der vom Bw gelenkte PKW bei der Messung allein im Messbereich befunden hat und dem Bw auch bei der Anhaltung das Messergebnis gezeigt worden ist. Er habe die Übertretung nicht abgestritten, sondern ausgeführt, er wisse wohl, dass er in Österreich nicht schneller als 130 km/h fahren dürfe, jedoch seien die Autobahnen in sehr gutem Zustand und er habe sich auch der Verkehrssituation angepasst.

Vom Messwert wurde der vorgeschriebene Toleranzabzug von 3 % vorgenommen und eine Geschwindigkeit von 202 km/h der Anzeige und dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt. Der Bw hat bei der Anhaltung seine Adresse mit B, G, angegeben.

Seitens der Erstinstanz erging mit Schreiben vom 31. Mai 1999 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Bw als Beschuldigten, wobei die Adresse gemäß der Anzeige und das Geburtsjahr angegeben war. Der Rückschein wurde mit der Unterschrift "S" und dem Vermerk des Zustellers samt Datum 10. Juni 1999 zurückgesandt, allerdings erfolgte keine Reaktion auf die Aufforderung, sodass das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging. Da der Bw inzwischen verzogen war, erfolgte zunächst dessen Ausforschung beim Einwohnermeldeamt B. Es wurde unter Nennung aller früheren Adressen mitgeteilt, dass der Bw seit 1. Juli 1998 in B, G, gemeldet war und mit 19. Juli 1999 nach N, M, verzogen ist.

Das Straferkenntnis wurde laut Akt am 25. Jänner 2000 dem Bw zugestellt.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf eine Lenker eines Fahrzeuges ua auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte im gegenständlichen Fall durch ein dafür geeignetes (vgl VwGH v 8. September 1998, 98/03/0144, ua) und ordnungsgemäß geeichtes Lasermessgerät durch einen geschulten und geübten Beamten der Autobahngendarmerie innerhalb der zugelassenen Reichweite und gemäß den Verwendungsbestimmungen. Es besteht kein Zweifel an der Richtigkeit und Korrektheit des Messergebnisses sowie an dessen eindeutiger Zuordnung zum vom Bw gelenkten PKW und wurde auch der dem Tatvorwurf zugrundegelegte Geschwindigkeitswert durch Abzug der vorgeschriebenen Toleranzwerte ermittelt. Es besteht sohin kein Zweifel an der Heranziehbarkeit des im Spruch genannten - im Übrigen nicht bestrittenen - Geschwindigkeitswertes als Grundlage für den Tatvorwurf.

Zum Einwand des Bw, es sei bereits Verjährung eingetreten, ist zu sagen, dass gemäß den Bestimmungen des § 31 Abs.1 und 2 VStG die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Die Verjährungsfrist beträgt im gegenständlichen Fall sechs Monate, gerechnet ab dem Vorfallstag 23. Mai 1999.

Gemäß § 32 Abs.1 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (zB Ladung, (Ersuchen um) Vernehmung, Strafverfügung ua), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Die mit 31. Mai 1999 datierte und an den Bw als Beschuldigten gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung wurde am 2. Juni 1999, also innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, von der Erstinstanz abgesendet, wobei eine eigenhängige Zustellung weder für diese Aufforderung noch für ein Straferkenntnis gesetzlich vorgesehen ist. Abgesehen davon, dass der unabhängige Verwaltungssenat nicht finden kann, dass die Unterschrift auf dem Rückschein dieser Aufforderung vom Namenszug auf dem zur Berufung gehörigen Kuvert - die Berufung selbst scheint von jemandem anderen unterschrieben worden zu sein, es ist aber keine der Unterschriften einer bestimmten Person zuzuordnen - differiert, ist es rechtlich unbeachtlich, ob der Bw tatsächlich Kenntnis von der Aufforderung zur Rechtfertigung erlangt hat - nach den vorliegenden Unterschriften und der Auskunft des Einwohnermeldeamtes Bleicherode ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das nicht der Fall gewesen sein sollte, zumal selbst bei der behaupteten (aber nicht belegten) Gleichheit des Familiennamens (nicht des Vornamens!) unter derselben Adresse unwahrscheinlich ist, dass dieser angebliche andere "S" auch noch im selben Jahr wie der Bw geboren sein soll.

Maßgeblich ist allein, dass seitens der Erstinstanz mit dem Absenden der Aufforderung zur Rechtfertigung an den Bw an die angegebene Adresse eine formell richtige und vor allem rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt wurde, die zweifellos die Verjährungsfrist unterbrochen hat. Das Argument des Bw, es sei bereits Verjährung eingetreten, geht daher ins Leere.

Auf dieser Grundlage war davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei von der Schuldform des Vorsatzes (dolus eventualis) auszugehen ist, zumal die Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit für den Lenker ohne Schwierigkeiten auf dem Tacho analog zum Druck auf das Gaspedal abzulesen ist.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bei deren Uneinbringlichkeit bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die finanziellen Verhältnisse des Bw mangels Angaben durch ihn mit umgerechnet ca 20.000 S monatlich (ca 2.800 DM) und dem Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen. Mildernd wurde - zutreffend - die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, erschwerend kein Umstand.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist, obwohl der Bw der Einkommensschätzung durch die Erstinstanz nicht widersprochen hat und diese schlüssig erscheint (er ist Maschinenbauingenieur), im Zweifel von zusätzlichen Sorgepflichten für die Gattin und ein Kind auszugehen. Vor allem ist das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, die den Schluss auf völlige Gleichgültigkeit des Bw gegenüber den Geschwindigkeitsbestimmungen in Österreich zulässt, sehr wohl als straferschwerend zu berücksichtigen.

In diesem Licht vermag der unabhängige Verwaltungssenat keinen Anhaltspunkt dafür zu finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte.

Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung wie auch den finanziellen Verhältnissen des Bw, dem es im Übrigen freisteht, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Raten zu zahlen, anzusuchen.

Ein Grund für eine Herabsetzung der Strafe war nicht zu finden und wurde auch nicht behauptet. Die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte im Verhältnis zur Geldstrafe.

Die verhängte Strafe liegt noch im mittleren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und soll den Bw bei weiteren Fahrten in Österreich zur Beachtung der jeweiligen Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Verjährung entgegen der Behauptung des Bw nicht eingetreten -> Bestätigung.

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