Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106895/2/SR/Ri

Linz, 20.03.2000

 

VwSen-106895/2/SR/Ri Linz, am 20. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine sechste Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Berufung des W K, geb., A-S-Straße, Linz wh, gegen die Höhe der Strafe des Straferkenntnisses (Spruchpunkt 2) des Polizeidirektors der Stadt L vom 28. Februar 2000, Zahl S-3171/00-1, wegen Übertretung nach dem Führerscheingesetz 1997 (FSG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung zu Spruchpunkt 2 wird teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von 30.000,00 Schilling (entspricht 2.180,19 Euro) bestätigt, die Freiheitsstrafe auf 2 Wochen herabgesetzt wird und die angewendete Strafbestimmung "§ 37 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 37 Abs. 3 FSG" zu lauten hat.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 11, § 12, § 44a Z3 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Behörde erster Instanz wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt für schuldig befunden und bestraft:

"Sie haben am 18.01.2000 um 23.20 Uhr in L, A-S-Str., R. stadtauswärts, bis zum Haus Nr. den PKW mit Kennzeichen L-, 1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, da eine Messung mittels Atemalkoholmeßgerätes einen Meßwert von 0,75 mg/l ergeben hat, 2) ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten, gültigen, Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, zu sein, 3) haben Sie das KFZ gelenkt und sich vor Inbetriebnahme nicht zumutbar vom vorschriftsmäßigen Zustand überzeugt, da folgender Mangel festgestellt wurde: defekte Kennzeichenbeleuchtung.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 1) 5/1 StVO, 2) 1/3 FSG, 3) 10/2/1 i.V.m. 14/6 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling

Falls diese uneinbringlich

ist, Ersatzarrest von

Arreststrafe von

 

  1. 50.000,--
  2. 30.000,--
  3. 500,--

 

28 Tage EA

----------------

12 Std. EA

 

-------------------

6 Wochen PA

-------------------

 

Ferner haben Sie gem. § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu zahlen:

8.050,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 200 S angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 88.550 Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d Abs.1 VStG)."

2. Gegen dieses dem Bw am 28. Februar 2000 mündlich verkündete Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. März 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz persönlich eingebrachte, ausschließlich auf die Höhe der Freiheitsstrafe (Spruchpunkt 2) bezogene, Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass die Strafhöhe dem Verschulden entspräche, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt und die Milderungs- (Einsichtigkeit) und Erschwerungsgründe (21 einschlägige Bestrafungen) gegeneinander abgewogen worden wären.

2.2. Dagegen wendet der Bw ein, dass er "sehr große finanzielle Ausgaben (Schulden) und große Geldstrafen (Polizei) offen habe, die er monatlich ratenweise zurückzahle. Durch die 6 Wochen Arreststrafe würde er sämtliche Arbeiten, die er jahrelang aufgebaut habe verlieren und könnte weder die Polizeischulden noch die sonstigen Zahlungen leisten."

2.3. Die Behörde erster Instanz hat den bezughabenden Akt vorgelegt und in Form eines Aktenvermerkes ua. ausgeführt, dass der Bw trotz 21 einschlägiger, rechtskräftiger Verwaltungsstrafen nicht zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen gewesen wäre. Da sich der Bw laufend geradezu unbeeindruckt über die Geldstrafe hinwegsetzte und die rechtlich geschützten Werte nicht achten würde, wäre für die Erstbehörde eine andere Bestrafung als die Verhängung der Höchststrafe unter Einbeziehung des Primärarrestes nicht in Frage gekommen. Bestätigt würde diese Ansicht in der Einstellung des Bw, die bei der Verhandlung am 28.2.2000 zu Tage getreten sei. Der Bw hätte geäußert, dass er "sowieso weiterhin ohne Führerschein fahren würde, da es nicht anders gehen würde".

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der Bundespolizeidirektion L zu Zahl S-3171/00-1. Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte gemäß § 51e Abs. 3 Z 2 VStG von einer Berufungsverhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 37 Abs. 3 Ziffer 1 FSG ist eine Mindeststrafe von 5.000 Schilling für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3 zu verhängen.

§ 37 Abs. 2 FSG (auszugsweise):

Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Unstrittig steht fest, dass der Bw innerhalb des gesetzlichen Betrachtungsrahmens (§ 55 VStG - Tilgung der Strafe) einundzwanzig Mal gemäß § 64 Abs. 1 KFG bzw. § 1 Abs. 3 FSG rechtskräftig bestraft worden ist.

Geht man davon aus, dass gemäß § 37 Abs. 2 FSG die Behörde erster Instanz das Ermessen hat, bereits ab der zweiten Bestrafung wegen der gleichen Zuwiderhandlung, die Geldstrafe neben der Freiheitsstrafe zu verhängen, dann stellt die gewählte Vorgangsweise grundsätzlich keinen Ermessensfehler dar (VwGH 14.6.1973, 1737/72; VwGH 22.3.1989, 85/18/0298).

Vergleichsweise ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 11 VStG heranzuziehen. Da unwidersprochen feststeht, dass der Bw mehr als zweimal wegen der gleichen Zuwiderhandlung bestraft worden ist und eine Strafdrohung von über zwei Wochen Freiheitsstrafe vorgesehen ist, waren die besonderen Erschwerungsgründe zu prüfen (VwGH vom 15.11.1993, 93/10/0086; 30.5.1994, 93/10/0040; 15.9.1997, 97/10/0102; 27.10.1997, 97/10/0074).

Der Verwaltungssenat verkennt nicht, dass die Geldstrafe stets Vorrang haben soll und eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden darf, wenn die Geldstrafe zur Erreichung des spezialpräventiven Strafzwecks ausnahmsweise nicht ausreicht.

Der Bw wurde zwischen 24. Februar 1998 und 29. September 1999 neun Mal mit der Höchststrafe bestraft. Trotzdem die Geldstrafe von 30.000 S sechs Mal im Jahr 1999 verhängt worden ist, hat sich der Bw nicht einsichtig gezeigt und weiterhin gleichartige Zuwiderhandlungen gesetzt. Da somit aus diesem Verhalten und dem sonstigen Vorleben nicht auf eine günstige Zukunftsprognose geschlossen werden kann, bedarf es der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe.

§ 12 Abs. 1 VStG (auszugsweise):

Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen darf nur verhängt werden, wenn dies wegen besonderer Erschwerungsgründe geboten ist.

Aus § 12 Abs. 1 VStG ist abzuleiten, dass die Verhängung einer zwei Wochen übersteigenden Freiheitsstrafe die Ausnahme sein soll. Das Vorliegen mehrfacher gleichartiger Vorstrafen kann als besonderer Erschwerungsgrund gewertet werden. Wenn auch die zahlreichen einschlägigen Zuwiderhandlungen auf die Zulässigkeit einer hohen erstmaligen Freiheitsstrafe hinweisen, so darf die Spezialprävention nicht außer Acht gelassen werden. Würde man bei der erstmaligen Verhängung der Freiheitsstrafe gleich die Höchststrafe von 6 Wochen für zulässig erachten, dann könnte der spezialpräventive Strafzweck nicht mehr erreicht werden.

4.2. Auch bei der Verhängung einer Freiheitsstrafe ist auf § 19 VStG Bedacht zu nehmen. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz (VwGH 6.2.1974, 1012/73; 20.4.1988, 87/02/0154; 15.2.1991, 90/18/0227). Die zitierte Judikatur ist uneingeschränkt auf das FSG anzuwenden. Der (besondere) Erschwerungsgrund des wiederholten einschlägigen Verstoßes gegen das KFG und FSG steht keinem aus dem Akt ersichtlichen Milderungsgrund gegenüber. Der im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführte Milderungsgrund "Einsichtigkeit" ist bei der Strafbemessung nicht heranzuziehen, da laut Aktenlage der Bw im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber der Behörde erster Instanz ausgeführt hat, dass "er sowieso weiterhin ohne Führerschein fahre, da es nicht anders ginge".

Die im Akt ausführlich und übersichtlich angeführten, einschlägigen Verwaltungsstrafen in Zusammensicht mit dem gegenständlichen Verfahren zeigen deutlich, dass der Bw nicht geneigt ist, zukünftig von gleichartigen vorsätzlichen Verwaltungsübertretungen Abstand zu nehmen. Der Hinweis des Bw in der Berufung, dass er "gerade dabei sei, sich einen Chaufeur" zu nehmen, verstärkt diese Ansicht.

4.3. Die Strafe war daher bei Beachtung der obigen Grundsätze auf 2 Wochen Freiheitsstrafe zu reduzieren.

4.4. § 44a VStG (auszugsweise):

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

......

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung

......

Nach Lehre und Judikatur kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu: Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nicht nur berechtigt, sondern zur Vermeidung einer in einem Verstoß gemäß § 44a Ziffer 1 bis 3 VStG gelegenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit verpflichtet, eine entsprechende Änderung in einem Schuldspruch vorzunehmen. Es war daher die Spruchergänzung durchzuführen.

5. Gemäß § 65 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Geldstrafe, Freiheitsstrafe, besonderer Erschwerungsgrund

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