Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105417/2/BI/FB

Linz, 05.02.1999

VwSen-105417/2/BI/FB Linz, am 5. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, A, L, vom 5. April 1998 gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. September 1996, III/ S 18.285/96- 3, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch vollinhaltlich bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 200 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt werden.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 20 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat im oben angeführten Straferkenntnis ua im Punkt 2) über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 14. Juni 1996 um 14.00 Uhr in L von der H kommend in Fahrtrichtung W Straße stadtauswärts, Anhaltung: W Straße 52, das Kraftfahrzeug, Kennzeichen , gelenkt und als Lenker des Kraftfahrzeuges auf der Fahrt folgendes Dokument nicht mitgeführt habe: den Zulassungsschein. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im Punkt 2) keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, im April 1996 habe seine damalige Lebensgefährtin eine achtmonatige Haftstrafe antreten müssen und er habe die Wohnung verloren und sei auch ohne Arbeit dagestanden. Da auch noch zu dieser Zeit seine beiden Söhne gegen ihn aufgehetzt worden seien, sei er in tiefe Depressionen verfallen und es sei ihm damals ziemlich alles egal geworden. Er war und sei immer noch arbeitslos, müsse aber einen Unterhalt von 3.000 S monatlich leisten, was er aber nicht einhalten könne. Außerdem sei er zur Zeit im Krankenhaus, um einem Leiden, das er schon seit zwei Jahren habe, auf den Grund zu kommen. Er ersuche, der Berufung stattzugeben und die Strafe aufgrund seiner Einkommens- und Mittellosigkeit neu zu bestimmen und herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber als Lenker des auf seinen Neffen W S zugelassenen PKW am 14. Juni 1996 um 14.00 Uhr in L von der H kommend auf der W Straße stadtauswärts beim Haus Nr. 52 vom Meldungsleger RI K angehalten wurde, wobei der Rechtsmittelwerber bei der anschließenden Kontrolle weder einen Führerschein noch einen Zulassungsschein vorweisen konnte. Der Rechtsmittelwerber hat laut Anzeige angegeben, er habe das Fahrzeug nur von der H zum Haus W Straße 52 gelenkt, weil er dort auf einen KFZ-Mechaniker warten wollte.

Die damalige Verantwortung hat der Rechtsmittelwerber bislang nicht bestritten, sondern diese im wesentlichen mit seiner Gleichgültigkeit aufgrund seiner damaligen Lebenssituation begründet. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 105 Abs.2 lit.b KFG 1967 hat der Lenker den Zulassungsschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Unbestritten ist, daß dem Rechtsmittelwerber bei der Anhaltung nicht bekannt war, wo sich der Zulassungsschein des PKW befindet, und daß er ihn nicht mitgeführt hat. Bei der Bestimmung des § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG. Demnach genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall hat der Lenker auf der Fahrt den Zulassungsschein mitzuführen und erfüllt die Nichtbefolgung dieses Gebotes bereits den gesetzlichen Tatbestand, selbst wenn das Nichtmitführen des Zulassungsscheins keinerlei Folgen nach sich zieht, weil zB über Funk genaue Informationen über den Zulassungsbesitzer eingeholt werden können; es sei denn, der Rechtsmittelwerber hätte glaubhaft gemacht, daß ihn an der Nichtbeachtung des genannten Verbotes kein Verschulden trifft. Zur vom Rechtsmittelwerber dargelegten damaligen Lebenssituation ist auszuführen, daß auch für den unabhängigen Verwaltungssenat durchaus nachvollziehbar ist, daß der Rechtsmittelwerber durch die Häufung der damaligen Ereignisse aus der Bahn geworfen wurde. Allerdings ist in dieser Verantwortung kein Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgrund für das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zu erblicken. Es ist dem Rechtsmittelwerber dadurch insbesondere nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dem Rechtsmittelwerber mußte bewußt sein, daß beim Lenken eines PKW das Mitführen des Zulassungsscheins vorgeschrieben ist, sodaß das Nichtmitführen jedenfalls fahrlässig erfolgte. Der Rechtsmittelwerber hat daher ohne Zweifel den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bei Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht. Laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Strafbehörde "zahlreiche" rechtskräftige Übertretungen nach § 64 Abs.1 KFG 1967 als erschwerend gewertet. Aus dem Verfahrensakt geht jedoch hervor, daß diese Vormerkungen zum Großteil mittlerweile getilgt sind. Innerhalb der letzten fünf Jahre sind Vormerkungen nach dem Meldegesetz bzw EGVG und eine nicht einschlägige Übertretung nach dem KFG 1967 ersichtlich, sodaß erschwerend im gegenständlichen Fall kein Umstand, allerdings auch kein Milderungsgrund zu berücksichtigen waren. Entgegen der Einkommensschätzung der Erstinstanz ist von der glaubwürdig dargelegten Arbeits- und Mittellosigkeit des Rechtsmittelwerbers, jedoch dem Bestehen einer Unterhaltspflicht in Höhe von 3.000 S monatlich auszugehen. Auf dieser Grundlage war die Strafe neu zu bemessen.

Die nunmehr festgesetzte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG im wesentlichen dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers in den Hintergrund zu treten hatten. Selbst wenn jemand über kein Einkommen verfügt, berechtigt ihn dies nicht dazu, sich straflos über die Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes hinwegzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war deshalb höher festzusetzen, weil bei deren Bemessung die finanziellen Verhältnisse außer Betracht zu bleiben haben. Es steht dem Rechtsmittelwerber überdies frei, bei der Erstinstanz um Ratenzahlung anzusuchen. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: ungünstige persönliche Verhältnisse rechtfertigen Verwaltungsübertretung nicht; Einkommen ungünstiger als von Strafbehörde geschätzt -> Strafherabsetzung

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