Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105444/5/Sch/Rd

Linz, 26.05.1998

VwSen-105444/5/Sch/Rd Linz, am 26. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Dipl.Ing. G vom 20. April 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. April 1998, VerkR96-254-1998-SR/KB, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 1 aufgehoben und das Verfahren eingestellt wird. Bezüglich Faktum 2 wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt; im übrigen wird die Berufung abgewiesen.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z3 und 21 Abs.1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 2. April 1998, VerkR96-254-1998-SR/KB, über Herrn Dipl.Ing. G, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 52 lit.a Z1 StVO 1960 und 2) § 14 Abs.4 FSG Geldstrafen von 1) 500 S und 2) 500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 12 Stunden und 2) 12 Stunden verhängt, weil er am 8. Jänner 1998 um 17.25 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Linz, Riesenhofstraße 6 - Mitterbergerweg - Keimlgutstraße - Emil-Futter-Straße gelenkt habe, wobei er 1) als Lenker seines Fahrzeuges entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" gefahren sei und 2) als Besitzer des ungültig gewordenen Führerscheines diesen nicht unverzüglich bei der Behörde abgeliefert habe. Der Führerschein war ungültig, da er auf dem Lichtbild nicht mehr erkennbar gewesen sei. Dieser Sachverhalt sei zum oben angeführten Zeitpunkt festgestellt worden. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 100 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Das erstbehördliche Verwaltungsstrafverfahren wurde durch Beischaffung und Einsichtnahme in die für das Fahrverbot relevante Verordnung sowie durch einen Lokalaugenschein ergänzt. Anläßlich des Augenscheines wurde festgestellt, daß auf Höhe des Hauses Linz, Riesenhofstraße 6, rechtsseitig in Blickrichtung Mitterbergerweg ein Vorschriftszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" mit der Ausnahme für den Anliegeverkehr angebracht ist. Das Fahrverbot umfaßt also, da das Verkehrszeichen geschätzte ca. 50 Meter vor der Kreuzung mit dem Mitterbergerweg aufgestellt ist, auch noch einen Teil der Riesenhofstraße. Demgegenüber ist diese Straße in der erwähnten Verordnung des Magistrates (richtig: des Bürgermeisters) der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 1974, GZ 101-5/19, namentlich nicht angeführt. Die Kundmachung deckt sich also im örtlichen Geltungsbereich nicht mit der Verordnung. Des weiteren ist in derselben nur der Anliegeverkehr bei schnee- und eisfreier Fahrbahn ausgenommen, welcher Hinweis auf der entsprechenden Zusatztafel beim Verkehrszeichen fehlt. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind Straßenverkehrszeichen dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Differiert der Aufstellungsort eines Straßenverkehrszeichens von der getroffenen Verordnungsregelung um 5 Meter, kann von einer gesetzmäßigen Kundmachung der Verordnung nicht die Rede sein (VwGH 3.7. 1986, 86/02/0038). Eine Verordnung bindet die Verwaltungsbehörde aber nur dann, wenn sie gehörig kundgemacht ist (VwGH 20.6.1980, 1035/78). Aufgrund der vom O.ö. Verwaltungssenat erhobenen Gegebenheiten kann im vorliegenden Fall von einer gehörigen Kundmachung der Verordnung nicht mehr ausgegangen werden, wobei zusätzlich zur Divergenz zwischen Verordnung und Aufstellungsort des Verkehrszeichens noch kommt, daß der Straßenerhalter bei der Kundmachung (Zusatztafel) den vom Verordnungsgeber ausgenommenen Anliegeverkehr dadurch noch erweitert hat, indem er die Einschränkung auf schnee- und eisfreie Fahrbahnverhältnisse nicht kundgemacht hat. Lediglich der Vollständigkeit halber wird noch darauf verwiesen, daß in der erwähnten Verordnung als erlassende Behörde der Magistrat der Landeshauptstadt Linz angeführt ist. Beim gegenständlichen Fahrverbot handelt es sich aber um keine Verkehrsbeschränkung, die im eigenen Wirkungsbereich einer Gemeinde erlassen werden könnte (vgl. § 94d StVO 1960). Träger des übertragenen Wirkungsbereichs, zu dem auch die Bezirksverwaltung gehört, ist aber der Bürgermeister. Die Verordnung ist sohin augenscheinlich von einer unzuständigen Behörde erlassen worden, welcher Umstand wohl bei einer Anfechtung der Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu deren Aufhebung führen würde.

Der Berufung hatte daher hinsichtlich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aus diesen rein formellen Erwägungen heraus Erfolg beschieden zu sein, ohne auf das Vorbringen im Rechtsmittel selbst und insbesondere dessen Wahrheitsgehalt und Stichhältigkeit eingehen zu müssen bzw können.

Zum weiteren Punkt des Straferkenntnisses ist zu bemerken, daß die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Erstbehörde davon ausgeht, daß der Berufungswerber, wie vom Meldungsleger festgestellt, auf dem Lichtbild im Führerschein nicht mehr einwandfrei erkennbar war. Zum einen kann nicht angenommen werden, daß ein geschulter Sicherheitswachebeamter in einer Anzeige Angaben macht, die nicht den Tatsachen bzw seinen Wahrnehmungen entsprechen. Zum anderen entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß ein Lichtbild etwa 35 Jahre nach seiner Ausstellung die abgebildete Person nicht mehr so einwandfrei erkennbar wiedergeben kann, wie diese aktuell aussieht. Der Berufungswerber selbst dürfte letztlich auch dieser Ansicht gewesen sein, da er, wie vom O.ö. Verwaltungssenat erhoben wurde, zwischenzeitig die Ausstellung eines neuen Führerscheins beantragt und diesen auch erhalten hat.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Berufungsbehörde ist zu der Ansicht gelangt, daß hier noch ein Anwendungsfall der erwähnten Bestimmung vorliegt. Zum einen ist es nicht lebensfremd, daß ein Führerscheininhaber kein erhöhtes Augenmerk auf die Aktualität des Lichtbildes in dem Dokument legt, ohne daß damit zwangsläufig ein beträchtliches Maß an Verschulden verbunden sein müßte. Zum anderen waren die Folgen der Übertretung deshalb geringfügig, da letztlich ohne weiteres festgestellt werden konnte, daß der Berufungswerber auch tatsächlich rechtmäßiger Besitzer des erwähnten Führerscheins war. Des weiteren hat er zwischenzeitig über Antrag einen neuen Führerschein erhalten, sodaß sich wohl für längere Zeit die Frage der Erkennbarkeit des Berufungswerbers anhand des Führerscheins nicht mehr stellen wird. Die Erteilung einer Ermahnung erschien der Berufungsbehörde aber unbeschadet dessen angebracht, da die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens außer Zweifel steht und er künftighin auf die erwähnte Bestimmung ein gewisses Augenmerk legen soll. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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