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VwSen-105445/7/GU/Mm

Linz, 04.06.1998

VwSen-105445/7/GU/Mm Linz, am 4. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Herrn E. V., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 9. April 1998, Zl. VerkR96-5973-1997-SHW, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 26. Mai 1998 in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 500 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 20 Abs.2 StVO 1960, § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.; § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 16.9.1997 den PKW auf der K. L., Gemeinde P., in Fahrtrichtung R. gelenkt zu haben die auf einer Freilandstraße erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 44 km/h überschritten zu haben.

Wegen Verletzung des § 20 Abs.2 StVO 1960 wurde ihm in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 Prozent der verhängten Strafe auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren, geltend, daß er zum angegebenen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt habe und das Fahrzeug auch von keiner anderen Person gelenkt worden sei. Sein Fahrzeug sei kein Kombi sondern ein F.C., mit der Farbe braun. Dies sei eine klassische Limousine, welche mit einem Heckspoiler versehen gewesen sei, sodaß der PKW mit einem Kombi nicht verwechselt hätte werden können. Er habe ein Fahrtenbuch geführt, woraus ersichtlich sei, daß er den PKW zum angegebenen Zeitpunkt am Tatort nicht gelenkt habe. Aus all diesen Grün-den beantragt er die Einstellung des Verfahrens. Aufgrund der Berufung wurde am 26. Mai 1998 in Gegenwart des Beschuldigten die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten. Ferner wurde der meldungslegende Meßbeamte als Zeuge vernommen, in die vom Beschuldigten als Fahrtenbuch bezeichneten Aufzeichnungen vom 16.9.1997 Einsicht genommen, in die im Akt erliegenden händischen Aufzeichnungen des meldungslegenden Zeugen betreffend einen Auszug über die am Tattag und Tatort gemessenen Fahrzeuge, in den Eichschein des verwendeten Meßgerätes, das Meßprotokoll vom Tattag, in den im Akt erliegenden Auszug aus dem Zulassungsakt betreffend das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen Einsicht genommen und diese Aufzeichnungen bzw. Auszüge aus Urkunden zur Erörterung gestellt. Ferner wurde in das, den Beschuldigten betreffende Verzeichnis die Verwaltungsstrafen der BH Braunau vom 24.4.1998 Einsicht genommen und im Rahmen der Wiedergabe des erstinstanzlichen Verfahrensganges auf die auf Anfrage der BH Braunau vom 1.10.1997 ergangene Lenkerauskunft verwiesen. Demnach steht folgender Sachverhalt fest: Am 16.9.1997 führte der Gendarmeriebeamte Inspektor K. W., auf der als "Raserstrecke" bekannten K. L. mit einem geeichten Lasermeßgerät Geschwindigkeitsmessungen durch. Zu diesem Zweck hatte er sein Dienstmotorrad in einem Abstand von 2 - 3 m parallel zum Straßenrand aufgestellt und das Lasermeßgerät zur Vermeidung von Unstabilitäten am Schirm des Motorrades aufgelegt, wobei die Meßrichtung auf den aus Richtung R. kommenden bzw. auf den in Richtung R. abfließenden Verkehr gerichtet war.

Nach Vornahme der Gerätefunktionskontrolle und der Zielerfassungskontrolle kamen 200 Fahrzeuge zur Messung, wobei der Beamte fünf Abmahnungen aussprach, 16 Organmandate verhängte (offensichtlich von dem aus Richtung Ried ankommenden Verkehr) und 6 Anzeigen erstattete. Darunter stammte jene, gegen den Lenker des braunen Kombis mit dem Kennzeichen , welchen er auf einer Entfernung von 277 m auf der Freilandstraße mit einer Geschwindigkeit von 149 km/h gemessen hatte, was nach Abzug der Meßtoleranz eine Geschwindigkeit von 144 km/h ergab. Über diesen Vorgang, wie über ähnliche Meßvorgänge, machte sich der Meldungsleger im Anschluß an die Messung die händische Aufzeichnung mit dem Inhalt: Nach eingelangter Anzeige richtete die BH Braunau mit Begehren vom 1.10.1997 an E. V., den Beschuldigten, in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des vorher genannten Fahrzeuges unter Hinweis auf die Tatzeit, Tatort und die verdächtige Handlung, eine Anfrage zur Lenkererhebung, welche vom nachmaligen Beschuldigten mit Datum 1997 dahingehend beantwortet wurde, daß er der Lenker gewesen ist.

In dem anschließend gegen den Beschuldigten eingeleiteten Verfahren bestritt der Beschuldigte, wie auch in der Berufung, Besitzer eines Kombis zu sein. Sein Kraftfahrzeug sei ein PKW in der Form einer klassischen Limousine mit Heckspoiler, und zwar ein brauner F. C.

Aus den von ihm in einem Vormerkbuch aufscheinenden händischen Aufzeichnungen scheinen mehrere Zahlenreihen mit verschiedenen Datumsangaben auf, welche nach Angaben des Berufungswerbers an bestimmten Tagen Kilometerstände für Fahrten an bestimmten Tagen ausweisen, für die er Reisekosten geltend machen konnte. Ein lückenloses Fahrtenbuch, aus dem die lückenlos gefahrenen (so auch bei Privatfahrten zurückgelegten) Kilometerstände aufweisen, liegt nicht vor. Für (offenbar gemeint 1997) scheint eine Eintragung mit der Zahl 274.738 auf, welche durchgestrichen ist.

Der Berufungswerber will am 1997 auf einen Anruf der Redaktion der Kronen Zeitung hin, von einem bestimmten Vorfall ein Foto zu machen, sein Kraftfahrzeug wohl von seiner Wohnung wegbewegt haben und behauptet, noch im Ortsgebiet von M. umgekehrt und nach Hause gefahren zu sein und anschließend das in Rede stehende Fahrzeug nicht bewegt zu haben.

Bei der Würdigung der Beweise kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß die Aussage des meldungslegenden Zeugen, der einen Ablesefehler beim Kennzeichen des gemessenen Fahrzeuges ausschloß, gegenüber der leugnenden Verantwortung des Beschuldigten, das höhere Maß der Wahrscheinlichkeit für sich hatte und kein Grund plausibel erscheint, warum er einen fremden Lenker, der bei ihm keine Feindseligkeit verursachen konnte, weil er ihm zum Zeitpunkt der Messung noch unbekannt war, entgegen seinen Wahrnehmungen oder bei Zweifel oder Unschärfen seiner Wahrnehmung zur Anzeige bringen sollte. Dazu kam, daß die Farbe des Fahrzeuges auf das Kennzeichen genau zutraf. Abgesehen davon, daß die Bezeichnung Kombi lt. Zulassungsurkunde ohnedies zutraf, wobei allerdings die Bezeichnung Kombi vom Zeugen aufgrund seiner dienstlichen Erfahrung (etwa 80 % aller zugelassenen als PKW erscheinenden Fahrzeuge sind lt. Zulassungsscheinen als Kombis beschrieben) erfolgte. Einerseits war die Farbe des gemessenen Fahrzeuges mit "braun" markant und im Verein mit dem Kennzeichen die Beweiskraft verstärkend zumal nach der Lebenserfahrung und den durch die Presse ergangenen Veröffentlichungen über das Farbenspektrum aller zugelassenen Kraftfahrzeuge, die Farbe braun nur einen ganz geringen Anteil an den im Verkehr befindlichen PKWs und Kombis besitzt. Auch angesichts der gesamten Dauer des Einsatzes des Meßgerätes und der Zahl der gemessenen Fahrzeuge erschien die Aussage des meldungslegenden Zeugen, daß nur ein relativ mäßiges Verkehrsaufkommen herrschte und, wie er bei seiner Vernehmung vor der I. Instanz am 12.12.1997 angab, zum Meßzeitpunkt der in Rede stehende Kombi alleine in Richtung R. fuhr, überzeugend und eine Verwechslung nach menschlichem Ermessen ausschließend.

Da sich der Beschuldigte, auf die Lenkeranfrage hin, sich selbst als Lenker bezeichnete und nachträglich versuchte, über den Begriff Kombi aus der Sache herauszukommen und darüber hinaus die ins Treffen geführten Aufzeichnungen der Kilometerstände, die er mit dem in Rede stehenden Fahrzeug verband, nicht lückenlos waren, vermochte seine im Verwaltungsstrafverfahren einsetzende leugnende Verantwortung, das Fahrzeug am Tatort nicht gelenkt zu haben, nicht zu überzeugen.

In der Zusammenschau der Umstände kam der O.ö. Verwaltungssenat daher zum Ergebnis, daß der Beschuldigte den Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf nämlich der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 leg.cit. eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren. Eine Übertretung dieser Norm ist gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 10.000,-- im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu ahnden. Gemäß § 5 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand eine Verwaltungsübertretung eintritt, eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind leicht vermeidbar, indem auf den entsprechenden Straßenstücken auf den Geschwindigkeitsmesser geblickt wird. Insoferne erscheint der Grad des Verschuldens bei Mißachtung dieser Sorgfaltspflicht jedenfalls als grobe Fahrlässigkeit.

Da die objektive und subjektive Tatseite als erfüllt erschienen, war der Schuldspruch zu bestätigen. Was die Strafbemessung anlangt, so war zu bedenken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Tat, das ist die durch die Geschwindigkeitsüberschreitung bewirkte Erhöhung des Gefährdungspotentials war einerseits angesichts des erheblichen Maßes der Geschwindigkeitsüberschreitung andererseits aber aufgrund des mäßigen Verkehrsaufkommens von mittlerem Gewicht. Die subjektive Tatseite, wog in Folge grober Fahrlässigkeit beträchtlich, sodaß schon aus diesem Grunde ein Absehen von einer Bestrafung mangels gesetzlicher Voraussetzung des § 21 Abs.1 VStG nicht in Betracht kam.

Unter Bedachtnahme auf die Einkommensverhältnisse als Langzeitarbeitsloser, mit einem Monatseinkommen von rund 10.000,--, wobei er gelegentlich als Pressefotograf auftritt und der Sorgepflicht für die Gattin, konnte der Beschuldigte, auch wenn er eventualiter die Strafhöhe nicht angefochten hat, bei amtswegiger Prüfung der Verhältnisse in der Zusammenschau der Umstände und unter Bedachtnahme auf eine einschlägige Vormerkung vom 11.10.1993 sich nicht als beschwert erachten, wenn die I. Instanz den Strafrahmen mit einem Viertel ausgeschöpft hat.

Auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Aus all diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Dies zog die gesetzliche Folge nach sich, daß der erfolglose Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 u. 2 VStG. einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Beweiswürdigung; lückenhaftes Fahrtenbuch, braunes-daher seltenes-Kraftfahrzeug i.V. mit passendem Kennzeichen

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