Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105461/17/Ga/Fb

Linz, 18.12.1998

VwSen-105461/17/Ga/Fb Linz, am 18. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H M, vertreten durch Dr. J P, Rechtsanwalt in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. März 1998, VerkR96-8175-1997, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. November 1998 zu Recht erkannt: Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung teilweise stattgegeben: Die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) wird auf 5.000 S (auf 120 Stunden), der auferlegte Kostenbeitrag auf 500 S herabgesetzt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 19, 51 Abs.1, 51c, 64f VStG.

Entscheidungsgründe: Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am 2. Mai 1997 um 16.24 Uhr ein durch das Kennzeichen bestimmtes Motorrad auf der K-Landesstraße in Fahrtrichtung H gelenkt und dabei im Gemeindegebiet von P bei km 7,002 die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 61 km/h überschritten. Dadurch habe er § 20 Abs.2 StVO verletzt. Über ihn wurde gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden) kostenpflichtig verhängt. Mit näherer Begründung beantragte der Berufungswerber Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Herabsetzung der Geldstrafe auf 4.000 S. Zur Klärung von Tatfragen wurde am 5. November 1998 die öffentliche mündliche Verhandlung, verbunden mit Augenschein am Tatort, mit der Beschuldigtenpartei und ihrem Rechtsfreund, der belangten Behörde sowie einem technischen Amtssachverständigen durchgeführt. Als Zeuge war der Meldungsleger geladen; er wurde förmlich vernommen. Von folgendem Verfahrensstand war auszugehen:

Dem Verwaltungsstrafverfahren liegt die Anzeige des GP F vom 7. Mai 1997 zugrunde, wonach der nunmehrige Berufungswerber zum angegebenen Zeitpunkt und Ort mit dem Motorrad, Ducati, Kennzeichen , als Lenker dieses Fahrzeuges die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 61 km/h überschritten habe. Eine weitere Anzeige mit in wesentlichen Elementen gleichem Sachverhalt wurde gegen M W gerichtet (vgl die h Entscheidung zu VwSen-105461 vom 15.12.1998). Die Messungen wurden vom Gendarmeriebeamten GrInsp K W vom GP F mit einem Lasermeßgerät vorgenommen: Der Meßstandort habe sich bei Strkm 6,614 der K-Landesstraße befunden, die Überschreitung sei im Anfahren aus einer Entfernung von 388 m festgestellt, die Verkehrsfehlergrenze für derartige Messungen sei beachtet worden. Gegen seine Bestrafung brachte der Berufungswerber vor, es sei ein von ihm beantragtes Gutachten eines technischen Amtssachverständigen nicht eingeholt worden. Er macht geltend, daß das wider ihn geführte Verfahren in untrennbarem Zusammenhang mit dem gegen seinen Bekannten M W anhängigen Verfahren stehe. Auch in diesem Verfahren sei ausgeführt worden, daß bei den aktenkundigen Meßdistanzen die Messung von zwei in einem Abstand von 50 m hintereinander fahrenden Motorrädern mit diesem Geschwindigkeitsniveau unmöglich sei. Schon vor der Strafbehörde wendete der Beschuldigte rechtfertigend ein, daß er nach dem Anhaltezeichen des Gendarmeriebeamten keine Vollbremsung, sondern bloß eine mittelmäßige Bremsung habe durchführen müssen. Bei dieser Bremsung mit einer Verzögerung von etwa 3,5 m/sec² betrage der reine Bremsweg aus der vorgeworfenen Geschwindigkeit schon 285 m. Unter Bedachtnahme aber, so das Berufungsvorbringen, auf den Tiefenabstand von 50 m zu dem hinter ihm fahrenden M W, der auf eine Distanz von 295 m gelasert worden sei, und weiters auf die Zeitspanne, die der Meldungsleger für das Weglegen des Meßgerätes und die Vornahme der Anhaltung benötigt habe, sei ihm in Wahrheit nur noch ein Bremsweg von 120 m zur Verfügung gestanden. Daher wäre nur bei Einleitung einer "absoluten" Vollbremsung, die einer Verzögerung von rd 7,9 m/s² entspreche, möglich gewesen, das Motorrad zum Stillstand zu bringen. Gerade eine solche Vollbremsung habe er jedoch nicht vorgenommen. Angezweifelt wurde auch, daß unter den hier angenommenen Umständen zwei Motorräder binnen zwei Sekunden bei Einhaltung der Bedienungsanleitung gemessen werden können. Schließlich problematisierte der Berufungswerber die Messung auf den Körper eines Motorradlenkers und machte geltend, daß wegen der geringen Differenz des Meßwinkels zwischen den beiden Motorrädern und der Streuung des Meßstrahles nicht mehr einwandfrei habe festgestellt werden können, welches der beiden Fahrzeuge tatsächlich gemessen worden sei.

Auf Grund des sachlichen Zusammenhanges der in beiden Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen wurde die Verhandlung gemäß § 51e Abs.5 VStG gemeinsam durchgeführt.

In der Vernehmung gaben beide Berufungswerber übereinstimmend an, daß sie in einem Abstand von ca 50 m die im Schuldspruch genannte Strecke befahren hätten; M sei vorangefahren. Beide hätten die Stelle, wo der Beamte postiert war, bereits einmal in Richtung R passiert. Bei einem Wirtshaus bald nach der Kurve, außerhalb der Sichtweite, hätten sie umgekehrt und seien dann in die im Schuldspruch genannte Fahrtrichtung zurückgefahren. Daß eine Kontrolle vorgenommen werde, sei zunächst nicht aufgefallen. Es sei jedoch gelungen, vor dem Gendarmen anzuhalten; eine Vollbremsung sei dazu nicht erforderlich gewesen. Entgegen den Unterlagen, wonach die Motorräder über eine Leistung von 80 PS verfügten, hätten beide Motorräder laut Zulassungsschein nur eine Leistung von 33 kW (ca 44 PS) aufgewiesen. Der Zeuge GrInsp W führte aus, er habe, im Zuge einer Routinekontrolle, sein Motorrad parallel zu der Straße direkt angrenzend an den Baumbestand im Abstand von etwa 4,5 m zur Fahrbahn abgestellt und seinen Standplatz mit dem Meßgerät links vom Motorrad gewählt. Bei der Messung habe er das Gerät am Motorradschirm aufgelegt, um Fehlmessungen durch Verwackeln zu vermeiden. Da von seinem Standort bis zur ca 900 m entfernten Kurve die Sicht frei sei, habe er ein Motorrad, das dort auftaucht, geschwindigkeitsmäßig bereits einschätzen können. Das verwendete Lasergerät habe die Typenbezeichnung LT 20.20 TS/KM-E. Vor Beginn der Messungen mache er regelmäßig die vorgeschriebenen Null-Messungen und die anderen Verrichtungen zum Zwecke der vertikalen und horizontalen Zielerfassung. Dieser Gerätetyp zeige Abstand und Geschwindigkeit nicht nur im Display, sondern auch im Zielfernrohr an. Er habe zunächst das erste Fahrzeug gemessen, dabei sei die Geschwindigkeit im Display eingespielt worden. Er habe dann aber nicht absetzen müssen, sondern sofort auf die Entfernung (Meterangabe) umschalten können. Geschwindigkeit und Entfernung vom erstgemessenen Fahrzeug habe er sich gemerkt und er habe gleich die zweite Messung durchgeführt. Bei der zweiten Messung habe er sich dann Geschwindigkeit und Entfernung nicht mehr merken müssen, weil diese Daten im Gerät gespeichert gewesen seien. Sodann habe er das Gerät auf die Sitzbank des Motorrades abgelegt und sei auf die Fahrbahn hinausgetreten, um die Anhaltung durchzuführen. Beide Messungen seien relativ schnell vor sich gegangen, er traue sich zu, innerhalb von drei sec zwei Motorräder in einer solchen Situation zu lasern. Die Motorräder visiere er regelmäßig ganz vorne an, ein Anvisieren des Lenkers schließe er eher aus. Dies sei nämlich schwierig, weil sich die Lenker ab höheren Geschwindigkeiten auf dem Motorrad in der Regel eher flach machten. Ihm sei jedoch bekannt, daß auch Messungen mit Körperanvisierung zulässig sind. Auf sein Haltezeichen habe sich das Anhalten beider Motorräder völlig normal abgespielt. Sie seien auf Höhe seines Standplatzes auf der anderen Fahrbahnseite zum Stehen gekommen. Zum Zeitpunkt der Messung seien beide Lenker etwas versetzt hintereinander gefahren; dadurch erst habe er beide messen können. Bei der Annäherung - vom ersten Ansichtigwerden bis zum Stehenbleiben - sei ihm bei keinem der Fahrzeuge ein besonderes Motorgeräusch aufgefallen. Dem Vorhalt des Berufungswerbers, daß zum Vorfallszeitpunkt das DienstMotorrad nicht an der angegebenen Stelle und auch nicht in der beschriebenen Weise, sondern ca drei Meter von dieser Stelle entfernt Richtung Waldgrundstück und nicht parallel zur Fahrtrichtung, sondern im rechten Winkel zur Fahrbahn abgestellt gewesen sei, entgegnete der Zeuge, daß er die Messungen an genau dieser Stelle schon seit vier Jahren durchführe und er das Motorrad dort immer in der beschriebenen Weise abstelle, um zu verhindern, daß die roten Streifen an den Flanken des Motorrades schon aus der Entfernung wahrgenommen werden. Nach seiner Erinnerung hätten im übrigen beide Fahrer schon begonnen, die Geschwindigkeit zu verringern, als er zur Fahrbahn hinausgetreten sei und nicht erst, als er das Handzeichen zum Anhalten gegeben habe.

Der Amtssachverständige wies schon im Zuge der Einvernahme der Berufungswerber darauf hin, daß in Österreich Motorräder auf Grund der strengen Abgas- und Lärmbestimmungen meist in gedrosselter Version ausgeliefert würden. Es sei aber gang und gäbe, daß die eingebauten Drosseln entfernt oder Maßnahmen ergriffen werden, um die Leistungsstärke zu erhöhen. Diese Darstellung gründe sich auf seine Berufserfahrung. So wisse er aus Berichten von Ducati-Händlern, daß die Leistungssteigerung bei Ducati-Motoren durch Änderungen der Auspuffanlage und des Vergasers bewirkt würden. Der behördlichen Genehmigung solcher Änderungen stünden aber die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen über Lautstärke und Abgase entgegen.

Zum Beweisthema führte der Amtssachverständige aus, daß die maximalen Verzögerungen, die von geübten Lenkern mit Motorrädern auf trockener Fahrbahn erreicht werden, ca 9,5 m/sec² betrügen. Bei mittelstarker Betriebsbremsung auf trockener Fahrbahn würden gut 6 m/sec² an Verzögerungen erreicht. Aus einer Geschwindigkeit von 163 km/h ergebe sich bei einer Verzögerung von 6 m/sec² ein Bremsweg von 171 m. Lege man der Berechnung des Anhalteweges eine Reaktionszeit von 0,8 sec, eine Bremsschwellzeit von 0,2 sec und eine Bremsansprechzeit von 0,2 sec, zusammen die Verlustzeit von 1,2 sec zugrunde, so ergebe sich ein Anhalteweg von 225 m. Wenn also das zweite Ergebnis aus einer Entfernung von 295 m gemessen wurde, so sei es - zeitlich gesehen - ohne weiteres möglich gewesen, daß beide Lenker ihre Motorräder beim Standort des Beamten zum Stillstand bringen konnten. Konfrontiert mit dem Einwand des Rechtsfreundes, wonach das gutachtliche Vorbringen vom - aus Sicht der Beschuldigten - ungünstigsten Zeitpunkt ausgehe, nämlich vom Meßzeitpunkt, aber eigentlich doch vom Reaktionsaufforderungszeitpunkt für die Lenker auszugehen sei, gab der Sachverständige an, daß zwischen dem Meßzeitpunkt, also in einer Entfernung von 295 m, und dem errechneten Bremsweg von 171 m für die Reaktion noch 124 m verblieben. Diese Wegstrecke von 124 m werde unter Beibehaltung der Geschwindigkeit, also ungebremst, in einer Zeitspanne von 2,45 sec zurückgelegt. In dieser Zeitspanne müsse der Beamte die beiden Lenker dazu veranlaßt haben, sein Anhaltezeichen zu beachten und die Lenker müßten innerhalb dieser Wegstrecke bzw der Zeitspanne auf die Anhaltung reagieren können. Aus technischer Sicht sei dieser Ablauf möglich. Dem Vorhalt, daß der Verzögerungswert von 6 m/sec² jedoch schon einer starken Bremsung entspreche, entgegnete der Sachverständige, daß auf trokkener Fahrbahn, wenn mit beiden Teilen der Betriebsanlage gebremst werde, Verzögerungswerte von 6 m/sec² relativ leicht zu erreichen seien.

Einem Beweisantrag stattgebend holte der Oö. Verwaltungssenat die Zulassungsdaten beider Motorräder zum Stichtag 2. Mai 1997 ein. In diesen Daten ist für beide Fahrzeuge eine Motorleistung von je 33 kW bzw Bauartgeschwindigkeit von je 168 km/h angegeben. Hiezu stellungnehmend führte der Berufungswerber iZhg mit der in diesen Daten aufscheinenden geringeren Motorleistung bzw Höchstgeschwindigkeit diverse technische Argumente gegen die - 6 Richtigkeit der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeit ins Treffen und brachte vor, daß das verwendete Meßgerät nicht im Sinne der Richtlinie 83/189/EWG notifiziert sei. Das gewonnene Meßergebnis dürfe daher nicht als Grundlage einer Bestrafung herangezogen werden. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen: Unstrittig steht fest, daß der Berufungswerber am 2. Mai 1997 um 16.24 Uhr im Bereich des Tatortes das bezeichnete Motorrad gelenkt hat und seine Geschwindigkeit vom Meldungsleger mit einem Lasermeßgerät der Type LTI 20.20 TS/KM-E gemessen wurde. Dieses Gerät war zur Tatzeit iSd Maß- und Eichgesetzes geeicht. Standort des Meldungslegers war bei Strkm 6,614 der K-Landesstraße, die Geschwindigkeit wurde im Anfahren aus einer Entfernung von 388 m festgestellt. Demgemäß wurde der Berufungswerber auf Höhe des Strkm 7,002 der K-Landesstraße - eine Freilandstraße, auf der gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geschwindigkeit von max. 100 km/h zulässig ist - gemessen. Laut Gendarmerieanzeige vom 7. Mai 1997 und Angabe des Meldungslegers vor der belangten Behörde wurde eine Geschwindigkeit von 166 km/h gemessen. Nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze betrug die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 61 km/h.

Ausgehend zunächst davon, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung der Geschwindigkeit eines Fahrzeuges ist (vgl VwGH 2.3.1994, 93/03/0238 ua), hat der Meldungsleger im Rahmen seiner Vernehmung nachvollziehbar den Meßvorgang geschildert und auch ausdrücklich erklärt, daß er vor Beginn der Messungen die laut Bedienungsanleitung vorgeschriebenen Kontrollen am Meßgerät durchgeführt hat. Auch traue er sich ohne weiteres zu, innerhalb von drei sec zwei Motorradfahrer in einer Situation wie der hier beschriebenen zu messen, vor allem auch deshalb, weil beim verwendeten Gerät Abstand und Geschwindigkeit nicht nur im Display, sondern auch im Zielfernrohr angezeigt werden. Der Oö. Verwaltungssenat gewann in der Verhandlung den Eindruck, daß der Zeuge ein erfahrener und kompetenter Gendarmeriebeamter ist; der Inhalt seiner bestimmt und widerspruchsfrei vorgetragenen Aussage wird als maßgebend für diese Entscheidung festgestellt.

Der Einwand des Berufungswerbers, er hätte bei Zutreffen der ihm vorgeworfenen Geschwindigkeit sein Fahrzeug nach dem Anhaltezeichen nur durch eine Vollbremsung zum Stillstand bringen können, wird durch die Aussage des Amtssachverständigen entkräftet, wonach es unter den gegebenen Umständen ohne weiteres möglich gewesen sei, die Motorräder beim Standort des Beamten durch eine mittelstarke Betriebsbremsung zum Stillstand zu bringen. Bei einer Bremsung mit beiden Teilen der Betriebsbremsanlage eines Motorrades werden auf trockener Fahrbahn - andere Fahrbahnverhältnisse wurden nicht eingewendet - Verzögerungswerte von 6 m/sec² relativ leicht erreicht. Die Aussagen des Amtssachverständigen werden als fachlich fundiert, folgerichtig und nachvollziehbar bewertet; auch sie werden der rechtlichen Beurteilung als maßgebend zugrunde gelegt.

Der Berufungswerber als Beschuldigter konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn verwendet werden, vorliegend jedoch sind die Angaben des Meldungslegers - bekräftigt durch das Ergebnis des Sachverständigenbeweises - glaubwürdiger. In diesem Licht ist auch das Vorbringen des Berufungswerbers, wonach das von ihm verwendete Motorrad lediglich eine Leistung von 33 kW aufgewiesen habe bzw mit dieser Leistung die Höchstgeschwindigkeit im Bereich der angegebenen Fahrstrecke nicht habe erreicht werden können, zu werten. Daß lt Zulassungsunterlagen das bezeichnete Motorrad eine Leistung von nur 33 kW aufgewiesen habe, ist verfahrensevident. Dazu hat der Amtssachverständige ausgeführt, daß in Österreich Motorräder aufgrund der strengen Abgas- und Lärmbestimmungen meist in gedrosselter Version ausgeliefert werden. Der Sachverständige hat aber auch dargelegt, es sei gang und gäbe, daß die eingebauten Drosseln entfernt oder andere Maßnahmen ergriffen werden, um die Leistungsstärke zu erhöhen. Diese Aussage deckt sich mit der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach es kaum Schwierigkeiten bereitet, solche Drosseln zu entfernen. Über Wunsch werden dergleichen Maßnahmen auch von Werkstätten vorgenommen. Daß der Meldungsleger diesbezüglich nichts wahrgenommen hat, ist nachvollziehbar, hat er sich augenscheinlich doch auf die Geschwindigkeitsmessung konzentriert bzw fehlte zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der unmittelbare Vergleich zwischen Original und dem offensichtlich geänderten Motorrad. Der neu vorgebrachten Argumentation, wonach das Meßergebnis nicht als Grundlage der Bestrafung herangezogen werden dürfe, weil das verwendete Lasermeßgerät nicht entsprechend der Richtlinie 83/189/EWG notifiziert sei, ist folgendes entgegenzuhalten: Der EuGH hat klargestellt, daß, selbst wenn die auf Meßgeräte anwendbaren nationalen Bestimmungen nicht notifiziert wurden, dies zwar einen Verfahrensfehler bei ihrem Erlaß darstellt, sodaß sie nicht anwendbar sind, soweit sie die Verwendung oder den Vertrieb eines mit diesen Vorschriften nicht konformen Produktes behindern. Aber diese Unterlassung hat nicht zur Folge, daß jede Verwendung eines Produktes, das mit den nicht mitgeteilten Vorschriften konform ist, rechtswidrig ist (RS.T-226/97 Lemmens vom 16.6.1998). In diesem Urteil, dem ein praktisch parallel gelagerter Sachverhalt zugrunde lag, ist der EuGH zu folgendem Schluß gelangt: "Die Mißachtung der in Art. 8 der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28.3.1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften festgelegten Verpflichtung, eine technische Vorschrift für Alkoholmeter mitzuteilen, hat nicht zur Folge, daß einem Angeklagten, dem Trunkenheit am Steuer vorgeworfen wird, der mit einem nach dieser Vorschrift zugelassenen Alkometer gewonnene Beweis nicht entgegengehalten werden kann." Für die vorliegende Konstellation bedeutet dies, daß ein Straferkenntnis auf der Grundlage der mit einem Geschwindigkeitsmesser festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann nicht rechtswidrig ist, wenn die technischen Vorschriften, denen das Gerät jedoch entspricht, (EG-)pflichtwidrig nicht als Entwurf notifiziert wurden. Zusammenfassend steht der Rechtfertigung des Berufungswerbers eine ordnungsgemäße Messung der Geschwindigkeit mit einem Lasermeßgerät gegenüber, an deren Richtigkeit und Rechtmäßigkeit der Oö. Verwaltungssenat nicht zweifelt, weshalb aus allen diesen Gründen das dem Berufungswerber angelastete Fehlverhalten als erwiesen zu gelten hat. Weil auch schuldseitig - im Grunde des § 5 Abs.1 VStG war hier Fahrlässigkeit anzunehmen - schon behauptungsmäßig nichts zur Entlastung dargetan wurde, war insgesamt der Berufung gegen die Tatbestandsmäßigkeit der Erfolg zu versagen und der Schuldspruch daher zu bestätigen.

Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) ist festzuhalten, daß die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich nicht nur eine abstrakte, sondern idR auch konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit bedeutet. Gerade die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ist oft genug Ursache für schwerste Verkehrsunfälle. Schon aus generalpräventiver Sicht war das unbestreitbar beträchtliche Gewicht des Unrechtsgehaltes in diesem Fall durch eine entsprechend strenge Strafe zu würdigen.

Nicht auf die Aktenlage stützen konnte die belangte Behörde die Berücksichtigung der "bisherigen Unbescholtenheit" des Berufungswerbers als Milderungsgrund. Zwar sind die aus dem Strafakt ersichtlichen Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO keine hier einschlägigen Vorstrafen, sie verhindern aber immerhin die Annahme des besonderen Milderungsgrundes iSd § 34 Z2 StGB. Andererseits war verfehlt, das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung (61 km/h) als besonderen Erschwerungsgrund zu werten, betrifft doch, wie eben festgehalten, das Ausmaß der Überschreitung den Unrechtsgehalt und somit das objektive Gewicht des Regelverstoßes, nicht aber die Intensität der Verantwortung. Dennoch aber war, auch unter Bedachtnahme auf die eher durchschnittlichen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, das Strafausmaß gleich von 70 % der Höchststrafe zu hoch gegriffen. Der Oö. Verwaltungssenat hält die nun festgesetzte Geldstrafe für tat- und täterangemessen. Die Herabsetzung rechtfertigt in diesem Fall auch die Minderung der Ersatzfreiheitsstrafe. Bei diesem Verfahrensergebnis waren Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner Beschlagwortung: Nichtnotifizierung eines Lasermeßgerätes gem. EU-Normen steht einer Verwertung als Beweis im Verwaltungsstrafverfahren nicht entgegen.

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