Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105501/2/Ki/Shn

Linz, 26.05.1998

VwSen-105501/2/Ki/Shn Linz, am 26. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Erich W, vom 12. Mai 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 6. Mai 1998, VerkR96-3255-1995-OJ/KB, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 6. Mai 1998, VerkR963255-1995-OJ/KB, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 3.7.1995 um 09.55 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, Kennzeichen und, im Gemeindegebiet von Hellmonsödt auf der B126 in Richtung Bad Leonfelden gelenkt und dabei bei Str.km 12,550 nach einem Überholmanöver den Fahrstreifen nach rechts gewechselt hat, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist (verletzte Rechtsvorschrift § 99 Abs.3 lit.a iVm § 11 Abs.1 StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 300 (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 12. Mai 1998 Berufung. Die Berufungsargumentation zielt dahin, daß der zur Last gelegte Tatvorwurf bestritten wird.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung war im Hinblick auf den durch die lange erstinstanzliche Verfahrensdauer bedingten bevorstehenden Eintritt der Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs.3 VStG) nicht mehr zielführend.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem Verfahrensakt ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige zugrunde, wonach der Bw zur festgestellten Tatzeit mit dem verfahrensgegenständlichen Sattelkraftfahrzeug auf Höhe der sogenannten "Novakkurve" einen vor ihm fahrenden PKW überholt und die PKW-Lenkerin durch das Wiedereinordnen des Sattelkraftfahrzeuges geschnitten und dadurch zu einer Notbremsung genötigt haben soll. Der Bw hat diesen Vorgang laut Anzeige des Gendarmerieposten-kommandos Hellmonsödt vom 23. Juli 1995 zugegeben, sich in der Folge jedoch dahingehend gerechtfertigt, daß sich zwei PKW vor seinem Sattelzug befunden hätten, die offensichtlich zusammenwarteten und ca mit 30 km/h die Straße befuhren. Im Ausgang "Novak-Kurve", als er bereits Sicht in die Gerade hatte, habe er ordnungsgemäß zum Überholen angesetzt. Als er sich auf gleicher Höhe mit dem ersten Fahrzeug befunden habe, hatte die Überholte ihre Geschwindigkeit trotz des Überholvorganges erhöht. Als Indiz der richtigen Darstellung argumentiert der Bw, daß er mit seinem vollbeladenen Sattelkraftfahrzeug den Überholvorgang nie hätte durchführen können, wenn die Anzeigerin nicht tatsächlich 30 km/h gefahren wäre. Er habe den Überholvorgang ordnungsgemäß abgeschlossen. Jene PKW-Lenkerin, welche vom gegenständlichen Vorfall betroffen gewesen sein soll, hat als Zeugin im erstinstanzlichen Verfahren ausgesagt, daß es nicht stimme, daß sie bei der 70 km/h Beschränkung die ihr vorgeworfene Geschwindigkeit von nur 30 km/h gefahren sein sollte, sie sei vorschriftsmäßig die 70 km/h gefahren. Auch habe sie die Geschwindigkeit nicht erhöht, als der Angezeigte zum Überholen angesetzt bzw den Überholvorgang durchgeführt hatte, da sie bei der Novakkurve, welche eine scharfe Linkskurve ist, ohnehin habe bremsen müssen.

I.5. In freier Beweiswürdigung der unter Punkt I.4. erwähnten Zeugenaussage vertritt die Berufungsbehörde die Auffassung, daß diese Aussage nicht schlüssig ist. Die Zeugin führt einerseits aus, daß sie vorschriftsmäßig die 70 km/h gefahren sei, andererseits gibt sie an, daß sie bei der Novakkurve (scharfe Linkskurve) ohnehin abbremsen mußte. Diese Aussage spricht eher doch dafür, daß die Angaben des Bw im Hinblick auf die von der Zeugin eingehaltene Geschwindigkeit der Tatsache entsprechen könnten. Weiters spricht für die Richtigkeit der Rechtfertigung des Bw, daß dieser kaum vor einer unübersichtlichen Kurve den Überholvorgang begonnen haben wird, sondern es ist die Angabe, er habe im Ausgang der Kurve, als er bereits Sicht in die Gerade hatte, zum Überholen angesetzt, durchaus schlüssig.

Es ist der hiesigen Berufungsbehörde zwar hinlänglich bekannt, daß der Bw immer wieder mit auffälligen Verhaltensweisen im Straßenverkehr in Zusammenhang gebracht wird. Im vorliegenden konkreten Fall wird jedoch seiner Rechtfertigung zumindest in dubio pro reo Glauben geschenkt.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 11 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Wie das oben dargelegte Ermittlungsverfahren ergeben hat, trifft das dem Bw zur Last gelegte Verhalten zwar in objektiver Hinsicht zu. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß dieses Verhalten durch die überholte PKW-Lenkerin dahingehend provoziert wurde, daß sie, nachdem sie vorerst ihr Fahrzeug vor der Linkskurve abgebremst hat, dieses nach der Kurve wiederum beschleunigte. Zwar könnte man nun argumentieren, daß der Bw seinen Überholvorgang hätte abbrechen können, diesbezüglich wäre jedoch eine Klärung der Umstände des Einzelfalles notwendig. Diese Klärung wurde jedoch im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgenommen und es wäre auch im Berufungsverfahren im Hinblick auf den unmittelbaren bevorstehenden Eintritt der Strafbarkeits-verjährung eine entsprechende Klärung, welche im Rahmen einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle erfolgen müßte, nicht mehr zielführend. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt daher die Auffassung, daß - in dubio pro reo - in subjektiver Hinsicht die Schuld des Bw an dem ihm zur Last gelegten Verhalten nicht erwiesen werden kann, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Im Falle der Nichtbehebung des durch Hinterlegung zugestellten Auftrages um Lenkerauskunftserteilung stellt die Nichterteilung der Auskunft kein strafbares Verhalten dar.

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