Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105508/2/Le/Km

Linz, 11.11.1998

VwSen-105508/2/Le/Km Linz, am 11. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Mag. K F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8.4.1998, VerkR96-8491-1997/ah, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt, daß die Wendung "bzw. diesen erkennbar benützten wollte" mit der Maßgabe im Spruch zu entfallen hat.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 200 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8.4.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 9 Abs.2 iVm § 99 Abs.3a der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 3.11.1997 um ca. 15.55 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen SD-38 NF im Stadtgebiet S stadteinwärts auf der P Straße gelenkt, wobei er auf Höhe des Stadtfriedhofes als Fahrzeuglenker einem Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befand bzw. diesen erkennbar benützen wollte, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe, weil er vor dem Schutzweg nicht angehalten habe.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschuldigte bei dieser Verwaltungsübertretung von einem Gendarmeriebeamten sowie von einem Autolenker, der neben ihm vor dem Schutzweg angehalten hatte, beobachtet worden sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 6.5.1998, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, daß der Aussage des Zeugen W keine Bedeutung zukomme, da dieser keine Aussage über die Marke des Fahrzeuges treffen könne. Auch der Zeugenaussage des Herrn S komme keine Glaubwürdigkeit zu, da die Aussagen W und S völlig im Widerspruch stehen würden. Nachdem Herr S mit seinem Kollegen die Verfolgung seines Pkw unmittelbar nach dem Überfahren des Schutzweges aufgenommen habe, sei es völlig unglaubwürdig, das polizeiliche Kennzeichen abgelesen zu haben. Erst in T wäre sein Pkw gestoppt worden und hätte er im Zuge der Fahrzeugkontrolle eindeutig feststellen können, daß Herr Schraml das Kennzeichen an seinem Auto abgelesen und in seinem Notizbuch vermerkt habe. Verwunderlich bleibe, daß Herr S sein Fahrzeug nicht unmittelbar nach dem Überqueren des Schutzweges angehalten hat, in welchem Fall er die Möglichkeit gehabt hätte, die angebliche Fußgängerin zu bemerken und deren Daten als Zeugin festzuhalten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. § 9 Abs.2 StVO bestimmt, daß der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen hat. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere der Anzeige des Gendarmeriepostens Schärding vom 4.11.1997 und den Aussagen der Zeugen Franz W und Gr.Insp. M S geht hervor, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt den Schutzweg beim Stadtfriedhof überquert hat, obwohl sich bereits eine Fußgängerin - aus der Sicht des Berufungswerbers von rechts kommend - auf dem Schutzweg befand.

Dies hatte der Gendarmeriebeamte Gr.Insp. S von seinem Standort bei der Einfahrt zum Friedhofsparkplatz, wo er den Verkehr regelte, beobachten können. Der Zeuge W hatte angegeben, daß er sich dem verfahrensgegenständlichen Schutzweg näherte und vor diesem anhielt, weil erkennbar eine Frau den Schutzweg überqueren wollte, und zwar von rechts nach links. Nach dem er angehalten hatte, betrat die Frau den Schutzweg, um die Straße zu überqueren. Sie konnte dies jedoch nicht, weil ein Pkw an seinem angehaltenen Fahrzeug vorbeifuhr. Die Fußgängerin mußte daher auf dem Schutzweg stehenbleiben.

Diese Aussage wurde von Herrn Gr.Insp. S bestätigt, der auch das Kennzeichen des Pkw des nunmehrigen Berufungswerbers ablesen konnte.

Aus der Anzeige geht weiters hervor, daß der Berufungswerber, nachdem er von der Gendarmerie angehalten worden war, zugegeben hatte, daß er mit einer Geschwindigkeit von 5-10 km/h gefahren sei, jedoch keine Frau am Schutzweg gesehen habe.

Der Berufungswerber bestreitet somit nicht, den Schutzweg überfahren zu haben, er stellt aber in Abrede, daß eine Fußgängerin zu diesem Zeitpunkt den Schutzweg benützt hat.

Damit steht aber seine Darstellung im Widerspruch zu den beiden Zeugenaussagen W und S. Bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise kommt der unabhängige Verwaltungssenat ebenso wie die Erstbehörde zur Ansicht, daß den Aussagen dieser beiden Zeugen mehr Glauben zu schenken ist als der Verantwortung des Berufungswerbers, der in der Substanz lediglich bestritten hat, daß sich ein Fußgänger am Schutzweg befand, wobei er lediglich angegeben hat, einen solchen nicht gesehen zu haben. Zwei Zeugen haben dagegen die Fußgängerin am Schutzweg gesehen.

Es ist dem Berufungswerber mit seinen weitschweifigen Ausführungen auch nicht gelungen, die Glaubwürdigkeit dieser beiden Zeugen zu erschüttern, da er in seiner Verantwortung insgesamt nur Vermutungen und Theorien aufgestellt und sich in unwesentlichen Details verloren hat: So ist es etwa für die Übertretung des § 9 Abs.2 StVO völlig irrelevant, die Personalien der Fußgängerin zu erheben oder den Zeitpunkt festzustellen, wann der Gendarmeriebeamte das Kennzeichen notiert hat.

Es ist durch das Ermittlungsverfahren bewiesen, daß der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat. 4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung des § 9 Abs.2 StVO kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gerade Fußgänger gehören zu den schwächsten Verkehrsteilnehmern die bei Zusammenstößen mit Kraftfahrzeugen immer wieder schwere und schwerste Verletzungen davontragen, weshalb Kraftfahrzeuglenker zu deren Schutz höchste Vorsicht walten lassen müssen. Genau zu diesem Zweck wurde die Bestimmung des § 9 Abs.2 in die StVO aufgenommen; ihre Übertretung indiziert einen sehr hohen Unrechtsgehalt.

4.5. Die geringfügige Korrektur des Tatvorwurfes war erforderlich, da die Vorschrift des § 9 Abs.2 StVO zwei Alternativen kennt, nämlich die erste, daß sich der Fußgänger bereits auf dem Schutzweg befindet und die zweite, daß er diesen erkennbar benützen will. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kam klar hervor, daß die Fußgängerin im gegenständlichen Fall bereits auf dem Schutzweg war, weshalb die zweite Alternative aus dem Tatvorwurf zu eliminieren war. Dies konnte ohne Verletzung von Rechten des Berufungswerbers erfolgen. Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 200 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Schutzweg, Fußgänger

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