Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105521/5/Fra/Rd

Linz, 20.08.1998

VwSen-105521/5/Fra/Rd Linz, am 20. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.4.1998, VerkR96-7205-1997, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Spruchpunktes 1 (§ 16 Abs.2 lit.a StVO 1960) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird hinsichtlich des Spruchpunktes 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) infolge Verfolgungsverjährung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren nach Punkt 1 einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen. Für den Berufungswerber entfällt zum Verfahren nach Punkt 2 die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1) wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 800 S (EFS 36 Stunden), 2) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 5.000 S (EFS 144 Stunden) und 3) wegen Übertretung des § 42 Abs.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er am 8.4.1997 um 4.15 Uhr den PKW auf der Bundesstraße 1, aus Richtung Straßwalchen kommend in Richtung Vöcklamarkt gelenkt hat, wobei er 1) im Ortschaftsbereich Schwaigern bei Strkm 266,200 auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise 2 LKW-Züge überholt hat, 2) im Ortschaftsbereich Floßstatt, Gemeinde Frankenmarkt, entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 55 km/h überschritten hat, 3) als Zulassungsbesitzer nicht binnen einer Woche die Änderung eines Umstandes, durch den eine behördliche Eintragung im Zulassungsschein berührt wird, nämlich die Verlegung seines Hauptwohnsitzes, der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, angezeigt hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Punkte 1 und 2 des Straferkenntnisses, sodaß eine Berufungsentscheidung nach Punkt 3 dieses Straferkenntnisses entfällt.

Zu Punkt 1 (§ 16 Abs.2 lit.a StVO 1960):

Der Bw bestreitet nicht, daß er zu der im Spruch angeführten Zeit und an der angeführten Örtlichkeit mit dem in Rede stehenden Fahrzeug als Lenker unterwegs war. Er behauptet jedoch, es sei unrichtig, zwei vor ihm fahrende LKW-Züge im Bereich des verordneten Überholverbotes zwischen Strkm 266,308 und 266,074 überholt zu haben. Tatsächlich habe er bereits eine geraume Strecke vor Strkm 266,308 zum Überholen des unmittelbar vor ihm fahrenden LKW-Zuges angesetzt. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, daß er den Überholvorgang noch vor Strkm 266,308 abgeschlossen hätte, wenn nicht der von ihm überholte LKW plötzlich selbst beschleunigt und auf den vor ihm fahrenden LKW, der zunächst eine geraume Strecke vor ihm unterwegs war, aufgeschlossen hätte. Da sich sohin der Sicherheitsabstand zwischen den beiden LKW-Zügen für ihn völlig unvorhergesehen derart verminderte, daß er sich zwischen den beiden Fahrzeugen nicht mehr auf die rechte Fahrspur einreihen konnte, sei er genötigt gewesen, auch den zweiten LKW-Zug zu überholen. Erst das Überholmanöver des zweiten LKW, zu welchem er durch die Beschleunigung des ersten LKW genötigt worden sei, erfolgte innerhalb des verordneten Überholverbotes. Zu Unrecht gründe die erkennende Behörde die Feststellung, er hätte im Bereich des Überholverbotes zwei mit gleichbleibender Geschwindigkeit hintereinander fahrende LKW-Züge überholt, allein auf die Aussage des erhebenden Gendarmeriebeamten GI W. Diese Aussage sei nicht geeignet, seine Darstellung in ausreichendem Maße zu entkräften. Zum einen führe der genannte Zeuge ausdrücklich an, nicht sagen zu können, an welcher Stelle er den Überholvorgang begonnen hätte, andererseits gehe auch weder aus der Anzeige noch aus der Aussage des Zeugen hervor, aus welcher Beobachtungsposition dieser sein Überholmanöver wahrgenommen habe. In seiner Aussage gibt er lediglich an, daß er sich auf der B1 im Bereich des beschilderten Überholverbotes im Ortschaftsbereich Schwaigern befunden habe, als er bemerkt habe, daß er (der Bw) zwei mit gleichbleibender Geschwindigkeit hintereinander fahrende LKW-Züge überholt hätte. Es sei anzunehmen, daß sich der Zeuge in seiner Fahrtrichtung gesehen, hinter ihm befunden habe, da er ja in der Folge die Verfolgung seines Fahrzeuges aufnahm. Aus einer derartigen Beobachtungsposition habe der Zeuge weder beurteilen können, ob die beiden von ihm überholten LKW-Züge tatsächlich mit gleichbleibender Geschwindigkeit hintereinander fuhren, noch habe er beobachten können, in welchem Tiefenabstand die beiden LKW unterwegs waren, bzw ob sich der Tiefenabstand während seines Überholmanövers verändert habe oder nicht. Die erkennende Behörde hätte zumindest ermitteln müssen, von welcher Beobachtungsposition aus der genannte Zeuge sein Fahrmanöver beobachtet hat. Erst nach Klärung dieser Frage sei eine Beurteilung möglich, ob die Aussage des Zeugen W überhaupt nachvollziehbar ist. Die erkennende Behörde hätte ihm daher den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 nicht anlasten dürfen, zumal er einzig und allein durch das Fahrverhalten des von ihm überholten LKW genötigt gewesen sei, den Überholvorgang bis innerhalb des verordneten Überholverbotes fortzusetzen. Wenngleich er den Überholvorgang erst innerhalb des Überholverbotes abschließen habe können, treffe ihn daher kein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung, weshalb von einer Bestrafung des Faktums abzusehen gewesen wäre.

Die oa Ausführungen des Bw sind aus folgenden Gründen für ihn nicht zielführend: Wenn der Bw anführt, daß die Aussage des erhebenden Gendarmeriebeamten GI W nicht geeignet ist, seine oa Darstellung in ausreichendem Maße zu entkräften, ist dem entgegenzuhalten, daß der Meldungsleger in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 4. Juni 1997 angab, daß er sich mit seinem Kollegen auf der B1 im Bereich des beschilderten Überholverbotes im Ortschaftsbereich Schwaigern befunden habe, als sie (gemeint: er und sein Kollege Bachleitner) bemerkten, daß der vom Bw gelenkte PKW zwei mit gleichbleibender Geschwindigkeit hintereinander fahrende LKW-Züge überholte. An welcher Stelle der Bw den Überholvorgang begonnen hat, könne er nicht sagen, jedenfalls habe sich der Überholvorgang auf den gesamten Bereich des Überholverbotes ausgedehnt und zwischen dem ersten und dem zweiten LKW-Zug wäre sehr wohl Platz zum Einordnen gewesen, weshalb es nicht notwendig war, daß der Bw auch den zweiten LKW-Zug überholte. Nicht von Relevanz und daher nicht klärungsbedürftig ist somit die Frage, an welcher Stelle der Bw den Überholvorgang begonnen hat. Nicht nachvollziehbar ist die Forderung des Bw nach Ermittlung der Frage, von welcher Beobachtungsposition aus der genannte Zeuge sein Fahrmanöver beobachtet hat. Der Bw bringt hiezu keinen konkreten Punkt vor, der die Strafbehörde oder auch den Oö. Verwaltungssenat zu veranlassen hätte, diesbezügliche Ermittlungen anzustellen, denn die Aussage des Zeugen in bezug auf den festgestellten Überholvorgang ist eindeutig und klar und es sind derartige Beobachtungen einem geschulten Organ der Straßenaufsicht wohl zuzumuten. Im übrigen weiß der Bw selbst nicht, in welcher Position sich der Zeuge in Relation zu seinem Fahrzeug befand (arg.: "es ist anzunehmen, daß sich der Zeuge in meiner Fahrtrichtung gesehen hinter mir befunden hat, ..."), sodaß seine Forderung auf einen unzulässigen Erkundungsbeweisantrag, dem nicht nachzugehen ist, hinausläuft. Nicht nachvollziehbar ist auch die Schlußfolgerung des Bw, daß er, weil vom ersten LKW Steine herunterfielen, genötigt war, möglichst beide LKW zu passieren. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, daß vom ersten LKW Steine herunterfielen, so hätte der Bw den Überholvorgang abbrechen und einen entsprechenden Sicherheitsabstand einhalten müssen.

Da sich somit die Berufung als unbegründet erwies, war spruchgemäß zu entscheiden.

Was die Strafe anlangt, so kann eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Bemessung nicht erkannt werden. Die Erstbehörde hat zutreffend die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd gewertet. Im Verfahren sind keine erschwerenden Umstände hervorgekommen. Weiters hat sie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wie folgt berücksichtigt: 16.000 S netto monatliches Einkommen, keine Sorgepflichten und kein Vermögen.

Der Oö. Verwaltungssenat fügt hinzu, daß im gegenständlichen Fall von keinem geringfügigen Unrechts- und dadurch indizierten Schuldgehalt auszugehen ist. Zumal der Strafrahmen lediglich zu 8 % ausgeschöpft wurde, kann schon aus spezialpräventiven Gründen eine Herabsetzung nicht vorgenommen werden.

Zu Punkt 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960):

Dem Bw wird im angefochtenen Straferkenntnis eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortschaftsbereich Floßstatt zur Last gelegt. Dieser Schuldspruch entspricht insofern nicht den Kriterien des § 44a Z1 VStG, als die Tatstrecke der nötigen Bestimmtheit entbehrt. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt dem Tatort bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat iSd § 44 Z1 leg.cit. eine besondere Bedeutung zu. Dem oa Gebot wird auch dann nicht entsprochen, wenn der Tatort ungenau bezeichnet wird. Dies ist im gegenständlichen Straferkenntnis der Fall. Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Oö. Verwaltungssenat berechtigt bzw verpflichtet ist, eine diesbezügliche Spruchergänzung vorzunehmen, zumal in der Anzeige des GP Frankenmarkt die Tatstrecke durch konkrete Angaben von Strkm definiert ist. Eine derartige Ergänzung kann jedoch nicht vorgenommen werden, weil keine taugliche Verfolgungshandlung vorliegt: Erste Verfolgungshandlung ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 1997, die mangelhaft ist, weil die Tatstrecke nicht konkretisiert wurde. In der Niederschrift über die Vernehmung des Bw vom 23. Mai 1997 wurde als Gegenstand der Vernehmung lediglich die oa Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 1997 angeführt. Im Rechtshilfeersuchen vom 26. Mai 1997 an das Gemeindeamt Frankenmarkt wird als Vernehmungsgegenstand lediglich ersucht, den Zeugen GI W zu den Einspruchsangaben einzuvernehmen. Es scheidet sohin auch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers GI. W als taugliche Verfolgungshandlung aus. Mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17. Juni 1997 wird lediglich die zeugenschaftliche Niederschrift vom 4. Juni 1997 dem Bw übermittelt. Die Niederschrift über die Vernehmung des Bw vom 7. Juli 1997 nimmt wiederum lediglich Bezug auf die vorhin angeführte Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme. Das Rechtshilfeersuchen vom 14. Juli 1997 gibt als Vernehmungsgegenstand lediglich die Einvernahme des Zeugen hinsichtlich der Angaben des Bw - dieser bestreitet die Tat - an. Die Zeugeneinvernahme des AI B vom 21. August 1997 scheidet wiederum als taugliche Verfolgungshandlung aus, weil der Zeuge zur Tatörtlichkeit nur "glaublich" etwas aussagen kann. In der Niederschrift über die Vernehmung des Bw vom 22. September 1997 wird wiederum lediglich auf die Aussage des AI B Bezug genommen. Die nachfolgenden Verfolgungshandlungen sind bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzt worden, weshalb diesbezüglich keine Beurteilung auf ihre Tauglichkeit zu erfolgen hat. Weiters ist festzuhalten, daß dem Bw laut den Niederschriften über seine Vernehmung nie der ganze Akt, also auch die Anzeige mit den Anführungen der Strkm vorgehalten wurde, sodaß er gehindert war, auf den diesbezüglich mangelhaft konkretisierten Tatvorwurf Beweise anzubieten. Im Spruch des Strafbescheides sowie in den Verfolgungshandlungen muß die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß kein Zweifel bestehen kann, wofür er bestraft worden ist (vgl. VwGH 13.6.1984, Slg. 11.466 A (vS)). Diese aus der ständigen Judikatur des VwGH zur Tatortkonkretisierung entwickelten Grundsätze lassen sich aus den im gegenständlichen Fall während der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzten Verfolgungshandlungen nicht ableiten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war, ohne daß noch darauf einzugehen gewesen wäre, ob das gegenständliche Nachfahren ein taugliches Beweismittel für die dem Bw zur Last gelegte Geschwindigkeitüberschreitung bildet.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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