Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105600/2/BI/FB

Linz, 19.02.1999

VwSen-105600/2/BI/FB Linz, am 19. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J S, O, S, vom 22. Juni 1998 gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 12. Juni 1998, VerkR96-1701-1998, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes verhängte Strafe, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 96 Stunden herabgesetzt werden. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 20 VStG, § 37 Abs.1 Z3 FSG. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.3 Z1 FSG eine Geldstrafe von 5.000 S (120 Stunden EFS) verhängt und ihm weiters einen Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

2. Gegen die Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber begründet die Berufung dahingehend, er habe aus einer Notlage heraus den Kompressor mit dem Bus transportiert, da der vorgesehene LKW kurzfristig ausgefallen sei. Die vorgesehene Straßenbohrung, für die der Kompressor benötigt worden sei, hätte dadurch nicht vor dem Wochenende fertiggestellt werden können und die vorbereiteten Baugruben links und rechts der Straße wären über das Wochenende offen geblieben. Neben aufwendigen Absperrmaßnahmen hätte auch eine Gefahr für Straßenbenützer bestanden. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 37 Abs.3 Z1 FSG sieht eine Mindeststrafe von 5.000 S vor und reicht bis 30.000 S. Ein Unterschreiten der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe wäre nur im Rahmen der im § 20 VStG normierten außerordentlichen Strafmilderung möglich. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Im gegenständlichen Fall wurde seitens der Erstinstanz das vom Rechtsmittelwerber selbst bekanntgegebene Einkommen von 12.000 S netto monatlich und die Sorgepflichten für ein Kind zugrundegelegt. Als mildernd wurden das Geständnis und die Unbescholtenheit berücksichtigt, erschwerend waren keine Umstände. Laut Anzeige wurde der Rechtsmittelwerber als Lenker einer Kombination, bestehend aus einem LKW Ford Transit mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 3.300 kg mit einem Anhänger in Form eines Kompressors Atlas Copco mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 1.300 kg, vom Meldungsleger RI M auf der S Bezirksstraße aus Richtung S in Richtung K fahrend angetroffen. Der Rechtsmittelwerber besitzt einen Führerschein für die Klassen A und B, nicht aber einen für eine derartige Kombination mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 4.600 kg erforderlichen Führerscheinklasse E. Bei der Anhaltung hat der Rechtsmittelwerber laut Anzeige angegeben, er habe nicht gewußt, daß er den Anhänger nicht mitführen dürfe. Er ist Hilfsarbeiter; die von ihm gelenkte Kombination ist auf die F BaugesmbH in L zugelassen.

Wenn der Rechtsmittelwerber nunmehr ausführt, er habe den Kompressor mit dem Bus transportieren müssen, weil der dafür vorgesehene LKW kurzfristig ausgefallen sei, so ist dazu auszuführen, daß gegen einen Transport des Kompressors mit dem Bus nichts einzuwenden ist, allerdings unter der Voraussetzung, daß der Lenker die für ein Kraftfahrzeug mit über 3.500 kg höchstzulässige Gesamtmasse erforderliche Lenkerberechtigung der Gruppe E besitzt. Ob der vorgesehene LKW eine Lenkerberechtigung der Gruppe E entbehrlich gemacht hätte, vor allem, ob auch diese Kombination vom Rechtsmittelwerber gelenkt worden wäre oder ob ein dafür vorgesehener Lenker auch kurzfristig ausgefallen ist, läßt sich aus der Berufung nicht ersehen.

Der alleinige Umstand, daß die Anhaltung am 30. April 1998 um 17.30 Uhr erfolgte und es sich dabei um den Donnerstag vor dem 1. Mai und dem darauffolgenden arbeitsfreien Wochenende handelte, wobei die erforderlichen Baugruben bereits ausgehoben waren, läßt eine Notlage, aus der heraus das Lenken der angeführten Fahrzeugkombination ohne erforderliche Lenkerberechtigung erfolgt sein soll, noch nicht nachvollziehbar erscheinen. Die Absperrung von Baustellen dürfte für die LSH F BaugesmbH ein durchaus vertrauter Vorgang sein, wobei auch nicht einzusehen ist, warum eine solche Absperrung aufwendig sein sollte und warum bei ordnungsgemäßer Absperrung eine Gefahr für andere Straßenbenützer bestanden hätte. Abgesehen davon wäre der Rechtsmittelwerber als Hilfsarbeiter für diese Situation nicht verantwortlich gewesen. Ihm mußte aber wohl bewußt sein, daß seine Lenkerberechtigung nur die Klassen A und B umfaßte. Außerdem ist im Führerscheindokument genau umschrieben, welche Kraftfahrzeuge er lenken darf, woraus sich sofort ersehen hätte lassen, daß eine Kombination mit der höchstzulässigen Gesamtmasse von 4.600 kg nicht mehr darunter fällt. Aus diesen Überlegungen vermag sich der unabhängige Verwaltungssenat dem Argument einer "Notsituation" nicht anschließen. Die diesbezüglichen Berufungsausführungen gehen daher ins Leere.

Dem Rechtsmittelwerber zu Gute zu halten ist aber zum einen sein reumütiges Geständnis und zum anderen seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, die bereits wesentliche Strafmilderungsgründe darstellen. Dazu kommt noch, daß es trotz Vollendung der Tat zu keinem Schaden gekommen ist (§ 34 Abs.1 Z13 StGB) und daß die Tat wohl nur aus Unbesonnenheit begangen wurde (§ 34 Abs.1 Z7 StGB). Es liegen somit Milderungsgründe vor, die erheblich überwiegen, zumal erschwerende Umstände auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu finden waren. Auf dieser Grundlage wird eine Herabsetzung der Strafe im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung noch für gerechtfertigt erachtet. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Sie soll diesen dazu anhalten, in Hinkunft den Umfang seiner Lenkerberechtigung zu beachten. Es steht dem Rechtsmittelwerber auch frei, bei der Erstinstanz um die Bezahlung der Geldstrafe in Raten, anzusuchen. Sollte es im Hinblick auf den Arbeitsplatz erforderlich sein, besteht jederzeit die Möglichkeit des Erwerbs einer Lenkerberechtigung der Klasse E. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Außerordentliche Strafmilderung durch beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber dem Fehlen von Erschwerungsgründen gerechtfertigt.

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