Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105657/5/Fra/Ka

Linz, 29.01.1999

VwSen-105657/5/Fra/Ka Linz, am 29. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 24.6.1998, VerkR96-4477-1997, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er am 28.11.1997 um 23.35 Uhr als Lenker des PKW, Kz.: , auf der B 3 Donaustraße von Perg kommend, Fahrtrichtung Grein, im Bereich von Strkm.204,000 bis 201,000 auf einer Freilandstraße um 30 km/h schneller als 100 km/h gefahren ist. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch Nachfahren in gleichmäßigem Abstand mit dem Dienstkraftwagen , 2.) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.400 S (EFS 60 Stunden) verhängt, weil er bei dieser Fahrt im Bereich von Strkm. 199,600 bis 197,900 auf einer Freilandstraße um 40 km/h schneller als 100 km/h gefahren ist. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch Nachfahren in gleichmäßigem Abstand mit dem Dienstkraftwagen ., 3.) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.400 S (EFS 60 Stunden) verhängt, weil er bei dieser Fahrt im Bereich von Strkm.198,000 bis 197,800 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h mißachtet hat, indem er eine Geschwindigkeit von 110 km/h fuhr. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch Nachfahren in gleichmäßigem Abstand mit dem Dienstkraftwagen ., 4.) wegen Übertretung des § 102 Abs.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 200 S (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er sich als Lenker vor Antritt dieser Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt hat, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da die Bauartgeschwindigkeit der Reifen nicht neben dem Armaturenbrett ersichtlich gemacht wurde. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Perg - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). 3. Der Bw ficht das Straferkenntnis zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes an und führt hiezu im wesentlichen aus: Zum Faktum 1 bringt der Bw vor, daß die Feststellung, er habe die höchstzulässige Geschwindigkeit um 30 km/h überschritten, unrichtig sei. Der Zeuge habe anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung am 31.3.1998, PA-1112-328/98, Stadtamt Traun, angegeben, daß er den Tachometer beobachtet und wahrgenommen habe, daß dieser tatsächlich eine Geschwindigkeit von 110 km/h angezeigt habe. Der Zeuge H habe diese Aussage bestätigt. Er habe ebenfalls auf den Tachometer gesehen und hier letztlich anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 9.2.1998, Zl.027, Stadtamt Steyregg, angegeben, er hätte eine Geschwindigkeit am Tachometer des Einschreiters im Ausmaß von 110 km/h erkannt. Aktenkundig sei auch, daß die Gendarmeriebeamten einen Abstand zu seinem Fahrzeug von ca. 150 m eingehalten haben. Es sei daher ein für die Geschwindigkeit zu großer Abstand zu seinem Fahrzeug eingehalten worden. Bei Geschwindigkeiten von 91 bis 120 km/h sollte der Abstand von 100 m nicht überschritten werden. Zum Faktum 2 verweist der Bw auf seine Ausführungen zum Faktum 1 und ergänzt, daß, weil eine Aufschließung bei Strkm.199,600 aktenkundig erfolgt ist, somit von einem gleichbleibenden Abstand des verfolgenden Dienstwagens zu seinem PKW keine Rede sein könne. Es sei daher die Feststellung, wonach er in diesem Straßenabschnitt eine um 40 km/h höhere Geschwindigkeit als die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten habe, unrichtig. Zum Faktum 3 bringt der Bw vor, daß auch die diesbezüglichen Feststellungen der Strafbehörde unrichtig seien. Darüber hinaus sei auch die Meßstrecke weitaus zu gering. Bei Geschwindigkeiten von 61 bis 90 km/h soll eine Meßstrecke von mindestens 300 m eingehalten werden. Bei Geschwindigkeiten von 110 km/h (wie von der Behörde angeführt) sei eine Meßstrecke von 500 m erforderlich. Auch die Bestrafung hinsichtlich der Fakten 2 und 3 sei widersprüchlich. So werde ihm in Faktum 2 zur Last gelegt, er hätte eine Geschwindigkeit von 140 km/h eingehalten, andererseits verweise die Behörde im Faktum 3 darauf, daß zwischen Strkm.198,000 bis 197,800 nunmehr eine Geschwindigkeit von 110 km/h eingehalten wurde. Hieraus ergebe sich zwangsläufig die Unrichtigkeit der behördlichen Feststellung. Zum Faktum 4 bringt der Bw vor, daß er die montierten Reifen in einer Reparaturwerkstätte am 23.11.1997 gekauft habe. Dort sei auch die Montage der Reifen vollzogen worden. Seitens der Reparaturwerkstätte sei er nicht darauf hingewiesen worden, daß für die Bauartgeschwindigkeit seines Fahrzeuges höherwertige Reifen erforderlich wären. Da die Reparaturwerkstätte diesbezüglich nicht gewarnt habe, habe er auf das Vorhandensein eines für die Bauartgeschwindigkeit seines Fahrzeuges entsprechenden Reifenwertes vertraut. Es sei daher der Tatbestand der Zumutbarkeit im Sinne des § 102 KFG nicht gegeben. Der Bw beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Aktenkundig ist, daß die dem Bw zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Nachfahren in gleichmäßigem Abstand mit einem Dienstkraftwagen der Bundesgendarmerie festgestellt wurden. Der Oö. Verwaltungssenat hat ein Gutachten darüber eingeholt, ob unter Zugrundelegung der in der Anzeige des GP Perg vom 29.11.1997, GZ P 1965/97-Hei, gemachten Feststellungen die dem Bw zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen aus technischer Sicht nachvollzogen werden können. Diesem Ersuchen entsprechend hat der KFZ-technische Sachverständige K nach Erstattung eines entsprechenden Befundes in seinem Gutachten vom 12.1.1999, BauME-010191/575-98/Kep, festgestellt: Zu Faktum 1: Geht man davon aus, daß der Bw ca. 110 km/h gefahren ist, bei einer Nachfahrt mit 150 m Abstand eine Geschwindigkeitsänderung des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht mehr genau festgestellt werden kann. Die Angaben des Bw, daß eine Nachfahrt mit ca. 100 m Abstand bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h technisch nachvollziehbar ist, kann aus der Sicht der Verkehrstechnik als richtig angesehen werden. Zum Faktum 3, wonach dem Bw vorgeworfen wird, von Strkm.198,000 bis Strkm.197,800 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 40 km/h überschritten zu haben, führt der Sachverständige in seinem Gutachten aus, daß bei einer Nachfahrt mindestens zwei Mal der Abstand sowie die gefahrene Geschwindigkeit kontrolliert werden muß. Dies bedeutet, daß hiefür eine Zeitdauer von mindestens 10 sec. benötigt wird. Im ggstl. Fall, bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h würde dies eine Mindestnachfahrstrecke im konstanten Abstand von 305 m bedeuten. Die tatsächliche Nachfahrstrecke betrug jedoch nur 200 m. Aus technischer Sicht ist es nur unzureichend möglich, eine Geschwindigkeit durch eine Nachfahrt festzustellen, wobei der Zeitraum der Messung unter 10 sec. liegt. Aus verkehrstechnischer Sicht ist es nicht möglich, bei einer Nachfahrt in einem Abstand von 150 m (siehe Anzeige) eine Geschwindigkeit von 150 km/h so genau zu erfassen, daß der ermittelte Wert für ein Strafverfahren ausreichend wäre. Unter Zugrundelegung des oa Gutachtens, welches plausibel ist, können somit die dem Bw zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt werden. Auch die vom Bw zugestandene Überschreitung von 10 km/h ist unter Berücksichtigung der Voreilung, die vielen Tachometern anhaftet, kein schlüssiger Beweis für eine allenfalls geringfügige Überschreitung (bis ca. 10 km/h). Zudem ist im ggstl. Zusammenhang zu berücksichtigen, daß dem Bw laut Faktum 2 eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Strkm.199,600 bis 197,900 und im Faktum 3 die Überschreitung einer durch Verordnung festgesetzten höchstzulässigen Geschwindigkeit von Strkm.198,000 bis 197,800 zur Last gelegt wird. Geht man beim Faktum 2 in bezug auf die Tatörtlichkeit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes betreffend das Ende der Fahrtstrecke bei Strkm.197,900 aus, ist es nicht möglich, die durch Verordnung kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h beginnend ab Strkm.198,000 überschritten zu haben. Geht man von der Richtigkeit des Tatvorwurfes in Ansehung der Tatörtlichkeit laut Faktum 3 aus, gilt das oben angeführte bei Faktum 2. Daraus folgt, daß unter der Prämisse der Beweisbarkeit dieser Schuldsprüche jedenfalls einer wegen Verfolgungsverjährung einzustellen wäre. Die Aufklärung des aufgezeigten Widerspruches in bezug auf die Tatörtlichkeiten kann jedoch - siehe oben - unterbleiben. Zum Faktum 4 ist folgendes festzustellen:

Übertretungen nach § 102 Abs.1 KFG 1967 können in Ansehung der im ersten Halbsatz des ersten Satzes normierten Verpflichtung jeweils nur in Verbindung mit anderen, im einzelnen zu bezeichnenden "hiefür in Betracht kommenden Vorschriften" begangen werden (VwGH 28.9.1988, 88/02/0055). Als hiefür in Betracht kommende Vorschrift wäre dem Bw im ggstl. Fall § 4 Abs.4e KDV 1967 mit den dort angeführten Tatbestandsmerkmalen anzulasten gewesen. Da während der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb auf das Vorbringen des Bw in bezug auf die subjektive Tatseite nicht mehr einzugehen war. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. 4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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