Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105665/2/BI/KM

Linz, 29.07.1998

VwSen-105665/2/BI/KM Linz, am 29. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn DI K S, H, O, Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, M, I, vom 9. Juli 1998 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Mai 1998, S-4935/98-3, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß die Lenkerauskunft der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu erteilen gewesen wäre.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 600 S, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 3.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. (D), trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Oktober 1997, Zl. VerkR96-13616-1997, nicht binnen zwei Wochen, nämlich in der Zeit von 14. Oktober 1997 bis 27. Oktober 1997, der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 5. Juli 1997 um 13.57 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe bereits in seiner Rechtfertigung vom 29. Oktober 1997 ausführlich darauf hingewiesen, daß er sich nicht mehr erinnern könne, wer zum fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug gelenkt habe. Es sei bei ihm üblich, das Fahrzeug übers Wochenende Freunden zu überlassen. Es sei auch für einen "maßgerechten Menschen" geradezu unmöglich, in dieser Situation anzugeben, wer das Fahrzeug fast vier Monate vor Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme gelenkt habe. Es möge daher die objektive Tatseite vorliegen, keinesfalls aber die subjektive, nämlich das Verschulden. Die Erstinstanz habe sich nur auf die objektive Tatseite gestützt und die Übertretung als erwiesen angenommen, obwohl ihm kein Verschulden, nicht einmal der leichteste Grad der Fahrlässigkeit, vorgeworfen werden könne. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Lenker des deutschen PKW, Kz. , angezeigt wurde, weil er am 5. Juli 1997 um 13.57 Uhr auf der W A, km 168,525 im Gemeindegebiet A in Richtung S eine Geschwindigkeit von 153 km/h trotz der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren sei. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem Überkopfradar der Marke 08 TPX Microsp, SerienNr. 242, wobei vom Meßwert von 161 km/h ein Toleranzabzug von 5 % vorgenommen wurde. Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg nannte als Halter (Zulassungsbesitzer) des genannten PKW den Rechtsmittelwerber.

An diesen erging seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Tatortbehörde die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, als Zulassungsbesitzer der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug, Kz. , am 5. Juli 1997 um 13.57 Uhr auf der A bei km 168,525 im Gemeindegebiet von A in Richtung S gelenkt habe. Das Schreiben enthielt den Hinweis, daß die Auskunft Name, Geburtsdatum und Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse. Könne die verlangte Auskunft nicht erteilt werden, so möge jene Person benannt werden, die die Auskunft erteilen könne. Es wurde auch auf die Strafbarkeit einer Nicht-, unrichtigen oder nicht fristgerechten Auskunftserteilung hingewiesen. Der Rechtsmittelwerber hat das Schreiben laut Rückschein am 13. Oktober 1997 eigenhändig übernommen und mit Schreiben vom 29. Oktober 1997 (Poststempel 30. Oktober 1997) ausgeführt, er könne die Frage nicht beantworten; es stehe aber fest, daß er selbst zu diesem Zeitpunkt dort nicht gefahren sei. Es komme öfter vor, daß er im Freundeskreis seinen Audi A8 am Wochenende verborge. Auch der Einspruch gegen die daraufhin ergangene Strafverfügung vom 13. November 1997 enthielt diese Angaben. Das wegen Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ergangene Straferkenntnis vom 4. Dezember 1997, VerkR96-13616-1997-Hu, wurde mit Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. Februar 1998, VwSen-105163/5/BI/FB, wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land behoben, worauf das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 27 VStG an die Bundespolizeidirektion Linz - der Sitz der die Lenkerauskunft begehrenden Behörde ist in Linz - abgetreten wurde, die das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erließ.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben der Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltunggerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr.23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Da der Rechtsmittelwerber das Auskunftsverlangen nachweislich am 13. Oktober 1997 übernommen hat, begann mit diesem Tag die im Gesetz vorgegebene und daher nicht erstreckbare zweiwöchige Frist, die demnach am 27. Oktober 1997 endete. Innerhalb dieser Frist hat der Rechtsmittelwerber nicht reagiert und erst mit 30. Oktober 1997 ein Schreiben zur Post gegeben, in dem er letztlich die verlangte Auskunft nicht erteilte. Nach dem Wortlaut der oben zitierten Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 ist davon auszugehen, daß, wenn der Zulassungsbesitzer die Frage nach dem tatsächlichen Lenker zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht beantworten kann, er die Person zu benennen hat, die die verlangte Auskunft erteilen kann. Daraus folgt, daß es dem Rechtsmittelwerber, wenn er selbst den Pkw nicht zum im Auskunftsersuchen genannten Zeitpunkt gelenkt hat, jedenfalls zumutbar war, entweder in seinem Freundeskreis entsprechende Erkundigungen einzuholen, um den Lenker zu benennen - wobei es ihm offensteht, sich über die Personen, an die er seinen PKW verborgt, Aufzeichnungen zu machen, wenn es so viele sind - oder eine Person zu benennen, die die verlangte Auskunft erteilen kann. Der Rechtsmittelwerber hat jedoch innerhalb der ihm gesetzten Frist gar nicht auf das Auskunftsersuchen reagiert, obwohl daraus eindeutig hervorging, daß die Nichterteilung der verlangten Auskunft nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung darstellt.

Die im Berufungsvorbringen enthaltenen Argumente, es fehle an der subjektiven Tatseite, weil es auch einem "maßgerechten Menschen" unmöglich sei, vier Monate - tatsächlich waren es etwas über drei Monate, nämlich vom 5. Juli bis zum 13. Oktober 1997 - nach einem Vorfall den Lenker eines Fahrzeuges zu benennen, gehen deshalb ins Leere, weil nach dem hier anzuwendenden österreichischen Recht ein ausländischer Zulassungsbesitzer, um eine Auskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG erteilen zu können, entsprechende Aufzeichnungen zu führen hat, wenn er ohne diese zu einer Auskunftserteilung nicht imstande ist. Selbst wenn der Rechtsmittelwerber selbst tatsächlich seinen PKW nicht in Österreich gelenkt hätte, wäre ihm die Führung solcher Aufzeichnungen zuzumuten gewesen, wenn einer seiner Freunde mit seinem PKW in Österreich unterwegs ist. Allerdings bestehen beim unabhängigen Verwaltungssenat auch hinsichtlich dieser Verantwortung Zweifel, weil es sich beim 5. Juli 1997 um einen Samstag gehandelt hat und der PKW von L Richtung S fahrend gemessen wurde, obwohl bei einem Ausborgen des PKW in Deutschland doch eher von der Gegenrichtung auszugehen wäre. Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Aus diesem Grund müssen in dieses Konzept alle die östereichischen Straßen benützenden, dh auch ausländische, Kraftfahrzeuge einbezogen werden. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der verlangten Auskunft war unmißverständlich. Der Rechtsmittelwerber hat daher bei der Nichterteilung der Auskunft innerhalb der vorgesehenen Frist schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die nunmehrige Spruchergänzung ist gesetzlich begründet.

Zur Strafbemessung ist auszuführen: Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung zutreffend die bisherige Unbescholtenheit als mildernd und keinen Umstand als straferschwerend berücksichtigt. Die Schätzung von ca. 4.000 DM Einkommen netto monatlich, Sorgepflicht für die Gattin und Vermögenslosigkeit wurde nicht angefochten und wird daher auch der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz bei der Strafbemessung den ihr zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt ebenso wie den oben angeführten wirtschaftlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Tatvorwurf keine Auskunft iSd § 103 Abs.2 KFG erteilt zu haben, wer den PKW gelenkt hat oder wer Auskunft erteilen kann, ist nicht eindeutig umschrieben -> § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VstG; außerdem ist bei einer vom Zulassungsbesitzer genannten Auskunftsperson unzulässig, wieder nach einer Person zu fragen, die die Auskunft erteilen kann, weil diese Person "die Auskunftspflicht trifft", dh sie den tatsächlichen Lenker zu benennen hat (Wortlaut § 103 Abs.2 KFG).

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